selfpublisher spielen kaum noch Rolle

  • Besonders bemerkenswert:


    Es fällt auf, dass Amazon im Vergleich zum Vorjahr offensichtlich den Bewertungsalgorithmus geändert hat, ...


    "Offensichtlich", so so. Ein selbstverlegtes Buch zählt also wie ein halbes "richtig" verlegtes oder was? Wie kommt das Team um Wolfgang Tischer zu dieser Schlussfolgerung? Vielleicht hat sich nichts geändert - und Amazon verkauft einfach weniger selbstverlegte eBooks?


    Tatsächlich ist das Bewertungssystem, das den Amazon-Rängen zugrundeliegt (wir haben ja auch schon im Forum darüber diskutiert), ein Mythenbuch mit mindestens siebentausend Siegeln. Was da genau gerechnet wird, wissen vermutlich nur sehr, sehr wenige Leute. Aber die Begründung dafür, warum Amazon jetzt geschraubt haben soll, bleiben Tischer & Co. schuldig.


    Davon abgesehen bin ich auch ansonsten etwas erstaunt. Das "Literaturcafé" ist in den letzten Jahren zu einer Anlaufstelle für Selbstpublizierer geworden; fast zwei Drittel aller Beiträge rankten sich mehr oder weniger um dieses Thema, mit dem deutlichen Tenor, diese Entwicklung forcieren zu wollen. Und was lese ich jetzt als Schlussatz?:


    Amazon vertraut auf verlegerische Kompetenz.


    Kann es sein, dass es vor allem die Leser sind, die auf "verlegerische Kompetenz" vertrauen? Dass sich die Buchkäufer einfach nicht mehr von diesen Ich-verkaufe-meine-bescheuerten-Texte-Nerds und ihrem Rezensentenklüngel verarschen lassen? Oder dass, anders gesagt, das Strohfeuer, das die "Selfpublisher" - unter Federführung des "Literaturcafés" - entfacht haben, einfach erloschen ist?


    Fragen über Fragen. :grin

  • Original Tom


    Tatsächlich ist das Bewertungssystem, das den Amazon-Rängen zugrundeliegt (wir haben ja auch schon im Forum darüber diskutiert), ein Mythenbuch mit mindestens siebentausend Siegeln.


    Nun übertreib mal nicht. Das ist ne ganz einfache Rechnung


    Man nehme Umsatz pro Autor und Buch, pro Genre und setze es mit der Abverkaufshäufigkeit pro Zeit in Relation.


    Wenn man die Zahlen dazu hätte, könnte man sich das Ranking selbst errechnen

  • Hallo, hef.


    Zitat

    Nun übertreib mal nicht. Das ist ne ganz einfache Rechnung


    Ich übertreibe nicht. Und es ist keine ganz einfache Rechnung.


    Tatsächlich habe ich mich - u.a. für mehrere Fachartikel - intensiv mit der Berechnung des Amazon-Verkaufsrangs befasst, und ich habe auch mit Amazon zu diesem Thema korrespondiert, außerdem viele Tests durchgeführt und die Zahlen analysiert. Das Berechnungsverfahren ist ein Betriebsgeheimnis, und was darüber verlautbart wird, beschränkt sich auf Informationen wie jene, dass versucht wird, das aktuelle wie das langfristige Verkaufsgeschehen gegeneinander zu gewichten.


    Der Amazon-Rang ist kein Schnappschuss wie die wöchentlichen Spiegel-Bestsellerlisten, die ja tatsächlich nur die Verkäufe innerhalb einer Woche berücksichtigen. Was Amazon da macht, ist weitaus komplexer, da die Verkäufe über längere Zeiträume und dann mit unterschiedlichen Faktoren berücksichtigt werden. Andererseits lassen sich an den Rangsprüngen tatsächlich konkrete Verkaufszahlen ablesen bzw. abschätzen, was sich u.a. das Tool "NovelRank" zunutze macht. Aber das gelingt nur sehr eingeschränkt und ist längst nicht exakt.


    Die Vermutung, die das "Literaturcafé" da veröffentlicht hat, bezieht sich auf die Verkaufsränge in der Liste "Kindle-Shop", die sämtliche eBooks vereint, die Geld kosten. Die Ränge stützen sich definitiv auf verkaufte Stückzahlen und nicht auf Umsätze.


  • Habe ich doch alles oben geschrieben. Das Ranking wird so und nicht anders berechnet. Nur ohne die Parameter, wie alles korelliert, wirst du nie eine Berechnung erstellen können.
    Also, son dolles Geheimnis wäre das ohne die Parameter, die Amazon selbst bestimmt nicht.


    Mathematik ist vielseitig, aber nicht unberechenbar.

  • Hallo zusammen,


    In dem Artikel des Literaturcafe, der oben zitiert wurde, geht es um die Jahresbestseller USA. Wie sich die errechnen, wie diese Liste aussieht, enthält uns der Autor aber vor. Guter Journalismus sieht für mich so aus, dass ich die Behauptungen, die ich in die Welt hinausposaune, verifiziert habe und belegen kann. Das ist hier aber nicht der Fall. Das hier ist Mutmaßungs-Journalismus.




    Tom - Es ist tatsächich so, dass es im Selfpublishing-Bereich viel Schrott gibt, genauso wie viele gute Sachen veröffentlicht werden. Die Verlagsbranche ist gerade im Umbruch, nicht zuletzt deshalb, weil Amazon das Selfpublishing so einfach gemacht hat und sich durch neue Techniken für Autoren völlig neue Publikationsmöglichkeiten ergeben. Mir fiel auf, dass bei diesen ganzen Diskussionen sehr oft die "verlegerische Kompetenz" wie eine Monstranz herumgereicht wird versus Stümperhaftigkeit bei den Selfpublishern.


    Schaue ich mir aber als Vielleser so manches Verlagsprogramm an, dann mache ich so manches Mal hinter diese "verlegerische Kompetenz" ein ganz großes Fragezeichen, um nicht einen garstigen Ausdruck gebrauchen zu müssen. Kann es sein, dass Verlage mit ihrer "verlegerischen Kompetenz" genauso wie Amazon einfach nur möglichst viel Kasse machen wollen, egal womit?


    Wenn ich mir heute bei Amazon die Top100 der deutschsprachigen ebooks ansehe, dann stelle ich fest, dass in den Top10 sechs
    Selfpublishing Titel sind. Keine Bedeutung sieht für mich anders aus. Darüber hinaus halte ich die Leser für kompetent und mündig genug, zweizeilige Jubelrezensionen und solche mit Gehalt auseinanderzuhalten. Fairerweise muss man auch erwähnen, dass auch Verlage relativ schmerzfrei darin sind, zweifelhafte Werke in den Himmel zu loben.


    Wenn die Verlagsprogramme tatsächlich so brillant wären, wie oft suggeriert wird, dann würde sich diese Diskussion in Luft auflösen, denn dann würden die Leser doch ausschließlich diese wunderbaren Bücher kaufen und Selfpubisher würde es mangels Nachfrage nicht geben.


    LG Helmut

  • Naja, ich sehe das als vollkommen logische Entwicklung.
    Die Möglichkeit, via eBook sehr leicht selbst zu veröffentlichen und dies als Kunde zu kaufen, war neu und wurde intensiv getestet.
    Viele Autoren sahen die große Chance, endlich und verdient reich und berühmt zu werden und viele Leser freuten sich über den billigen Lesestoff.
    Langsam wird nun den Autoren klar, dass 999 von 1000 weder reich noch berühmt werden und die Leser merken, dass 999 von 1000 selbstvermarkteten Büchern nicht mal geschenkt lesenswert sind - viele nicht mal lesbar. Die paar Perlen herauszufiltern kostet Zeit und gute Nerven.


    Beide Seiten verlieren das Interesse. Das war abzusehen. :wave

  • Zitat

    Original von helmutp


    Wenn ich mir heute bei Amazon die Top100 der deutschsprachigen ebooks ansehe, dann stelle ich fest, dass in den Top10 sechs
    Selfpublishing Titel sind. Keine Bedeutung sieht für mich anders aus.


    Wie sähe diese Liste aus, wenn die Preise ähnlich wie die Verlagspreise wären?

  • Zitat

    Original von Mulle
    Beide Seiten verlieren das Interesse. Das war abzusehen. :wave


    Sehe ich auch so.


    Als Leser wünsche ich mir diese Gatekeeper, wie sie ihm Artikel genannt werden. Das müssen noch nicht einmal die Lektorate großer Publikumsverlage sein, sondern einfach Instanzen oder Personen, denen ich traue: kleine Verlage, deren Programm ich schätze, Herausgeber von Magazinen, die eine gute Kurzgeschichte veröffentlicht haben. vertrauenswürdige und unbestechliche Blogs, die über ein Buch berichten, Blogger, die interessant sind. Es kann Autoren durchaus nicht schaden, erst einmal kleinere Brötchen zu backen, und im kleineren Rahmen positiv aufzufallen. Indirekt kann mich das durchaus zu selbstverlegten Büchern führen, wenn ein Autor gleichzeitig in einer dieser persönlichen "Trust Center" positiv aufgefallen ist.


    Reines Selbstmarketing eines Autors wird mich nie zu einem selbstveröffentlichten Buch greifen lassen, denn auf den Schnack "kein Verlag hat sich getraut, mein Buch zu veröffentlichen" falle ich nicht rein. In Einzelfällen möglich, mangelnde Qualität ist aber wahrscheinlicher.

  • Zitat

    Original von Googol
    ...
    Als Leser wünsche ich mir diese Gatekeeper, wie sie ihm Artikel genannt werden. Das müssen noch nicht einmal die Lektorate großer Publikumsverlage sein, sondern einfach Instanzen oder Personen, denen ich traue: kleine Verlage, deren Programm ich schätze, Herausgeber von Magazinen, die eine gute Kurzgeschichte veröffentlicht haben. vertrauenswürdige und unbestechliche Blogs, die über ein Buch berichten, Blogger, die interessant sind.


    Als Forum schaffen wir auch nicht immer, dieses Vertrauen zu erzeugen. Hier werden ab und zu on Demand Texte wohlwollend rezensiert, von denen man eher abraten sollte. Kommt die Belobigung vom Autor selbst, ist es Werbung, kommt sie zum gleichen Autor von einem Mitglied, wird es geduldet.

  • Zitat

    Original von SabineW


    Wie sähe diese Liste aus, wenn die Preise ähnlich wie die Verlagspreise wären?


    SabineW - das weiß ich nicht und verzeih mir, wenn ich sage, dass das ein etwas unfairer Vergleich ist.


    Der niedrigere Preis ist nun mal das effektivste Marketinginstrument der Selfpublisher, die eben keine Werbemillionen mobilisieren können, um sich in den Massenmedien zu präsentieren.


    Lass mich deshalb mit einer Gegenfrage antworten: wie sähe diese Liste aus, wenn die Bücher ähnliche Preise hätten und sich nur über Mund- zu Mund-Propaganda verbreiten würden?

    LG Helmut

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Als Forum schaffen wir auch nicht immer, dieses Vertrauen zu erzeugen. Hier werden ab und zu on Demand Texte wohlwollend rezensiert, von denen man eher abraten sollte. Kommt die Belobigung vom Autor selbst, ist es Werbung, kommt sie zum gleichen Autor von einem Mitglied, wird es geduldet.


    Ich denke, ein Forum wie die Büchereulen ist einfach zu groß und inhomogen, um dieses Vertrauen in seiner Gesamtheit zu schaffen. Einzelne Eulen aber durchaus. Vertraue ich dem Geschmack eines Rezensenten und bin mir sicher dass es sich nicht um eine Gefälligkeit handelt, dann lasse ich mir auch ein selbstverlegtes Buch empfehlen. Ist in der Praxis aber noch nie passiert.

  • Zitat

    Original von helmutp
    Schaue ich mir aber als Vielleser so manches Verlagsprogramm an, dann mache ich so manches Mal hinter diese "verlegerische Kompetenz" ein ganz großes Fragezeichen, um nicht einen garstigen Ausdruck gebrauchen zu müssen.


    :write


    Ich halte grundsätzlich nicht viel von Self-Publishing, aber bei einigen "verlaglich abgesegneten" und demzufolge in Druckform erschienenen Texten frage ich mich auch immer wieder, ob die dafür zuständigen Lektoren oder Agenten (oder beide) blind, inkompetent oder vom Mars sind.

    :flowersIf you don't succeed at first - try, try again.



    “I wasn't born a fool. It took work to get this way.”
    (Danny Kaye) :flowers

  • Zitat

    Original von helmutp
    Der niedrigere Preis ist nun mal das effektivste Marketinginstrument der Selfpublisher, die eben keine Werbemillionen mobilisieren können, um sich in den Massenmedien zu präsentieren.


    Dass hinter Verlagsprodukten riesige Werbebudgets stehen und überall geworben wird, stimmmt ja aber auch nicht. Wie viele superdupergehypte Spitzentitel pro Progamm gibt es? Einen? Zwei?


    So eine Art Gatekeeper gibts doch auch bei den Selfpublishern. Nämlich die Massen an Lesern, die (wie sonst ja auch) dahin schwirren, wo schon andere hingegangen sind, und alles potenzieren. (Wie so etwas bei einem selbstverlegten Buch anfangs begonnen hat - keine Ahnung.)


    Eins von tausend MS wird in Verlagen angenommen, der Rest geht unter. Eins von tausend Ebooks wird ein Erfolg und zieht weitere Lesermassen an, der Rest geht unter.


    Mir ist also nicht ganz klar, inwiefern das Selbstverlegen bei Amazon erfolgversprechender sein soll.

  • Hallo Buchdoktor,


    Zitat

    Original von Buchdoktor: Zitat: Original von Googol ... Als Leser wünsche ich mir diese Gatekeeper, wie sie ihm Artikel genannt werden. Das müssen noch nicht einmal die Lektorate großer Publikumsverlage sein, sondern einfach Instanzen oder Personen, denen ich traue: kleine Verlage, deren Programm ich schätze, Herausgeber von Magazinen, die eine gute Kurzgeschichte veröffentlicht haben. vertrauenswürdige und unbestechliche Blogs, die über ein Buch berichten, Blogger, die interessant sind. Als Forum schaffen wir auch nicht immer, dieses Vertrauen zu erzeugen. Hier werden ab und zu on Demand Texte wohlwollend rezensiert, von denen man eher abraten sollte. Kommt die Belobigung vom Autor selbst, ist es Werbung, kommt sie zum gleichen Autor von einem Mitglied, wird es geduldet.


    Du machst hier ein großes Fass auf, wenn Du die Vertrauensfrage stellst ;-).
    Brisanter als die Lobhudelei auf on-Demand-Produkte halte ich die oftmals uneingeschränkt wohlwollenden Meinungen zu Verlagsprodukten, deren Qualität augenscheinlich zweifelhaft ist und die im besten/schlimmsten Fall (?) einer Testleserunde entstammen und kostenlos an die Leser gegangen sind.
    Im Ergebnis verhält es sich bei Selfpublishing-Produkten nicht anders als bei Büchern aus den großen Verlagshäusern: Ich vertraue auf die Meinungen derer hier im Forum, die mich mit ihren Empfehlungen weiterbringen, die ein eigenständiges Denken und Reflektieren zeigen und deren Ansichten ich teile bzw. denen ich argumentativ folgen kann. Sollte sich unter diesen Empfehlungen nun ein selbstverlegtes Buch befinden, das mich anspricht, werde ich ohne Befürchtungen zugreifen und ggf. meine Eindrücke hier im Forum wiedergeben. Ob ich damit letztlich den Anschein einer Gefälligkeit erwecke, ist mir völlig gleich.

  • Ich finde nicht, dass die Bedeutung der Selbstveröffentlicher abgenommen hat (es ist ohnehin eine Art kleines Subsystem auf dem Buchmarkt). Als Beleg für eine solche Aussage taugt der Artikel auch nicht, dafür werden zu wenig nachprüfbare Quellen genannt.


    Natürlich kann ich selbst nur eigene Beobachtungen verkünden, aber die Zahl der verkauften E-Books von Selbstveröffentlichern erhöht sich stetig. Was sich ändert, ist die Gesamtzahl der E-Books. Da wird es für Einzelne immer schwieriger, sichtbar zu sein. Offenbar funktionieren die bisher gerne verwendeten Kostenlos-Aktionen nicht mehr, vielleicht ist das der Grund für die "Krise". Durch das spezielle Amazon-Werbungssystem war das ein gutes Werkzeug, um sich sichtbar zu machen und damit seine Chance zu bekommen.


    Mit der Qualität hat das meiner Meinung nach wenig zu tun. Bei den Selbstveröffentlichern gibt es solche und solche. Manche lassen ihre Bücher teuer und sorgfältig lektorieren, andere schmeißen sie gleich so auf den Markt. Aber bei ein paar haarsträubenden Beispielen, z.B. grauenhafte Übersetzungen aus dem Englischen, sehe ich, dass diese trotzdem (teilweise sogar ganz gut) gekauft werden. Als ob die Leseproben nicht gelesen würden und nur nach Titel und Cover gekauft wird. Falls da nicht der Autor selbst kauft, wundert mich das schon. Ich denke mal, viele Leser schauen nicht danach, ob es einen Verlag gibt oder nicht, sie kaufen eher nach Interesse. Früher habe ich auch nicht auf so was geachtet.

  • Zitat

    Zu dieser Diskussion noch eine Bereicherung in Form eines ZEIT-Artikels


    Ich weiß nicht, was daran bereichernd ist, wenn man sich immer wieder auf die - wenigen - Ausnahmen kapriziert. Ja, Jonas Winner behauptet unermüdlich, über 100.000 Exemplare seiner "Berlin Gothic"-Reihe verkauft zu haben, und diese Zahlen tauchen überall auf, in wechselnden Höhen. Wie auch die Meldungen über Emily Bold, oder - als noch nicht vom Plagiat die Rede war - das Märchen von der schreibenden Stewardess Martina Gercke, die plötzlich Bestsellerlisten beherrschte, von denen kein Mensch weiß, wie sie errechnet werden - aber sie werden von einem Unternehmen berechnet, das großes Interesse daran hat, sich in diesem Bereich durchzusetzen. Unterm Strich bedeuten diese Erfolgsgeschichten wenig bis nichts, denn sie stehen denjenigen hunderttausender "Selfpublisher" gegenüber, deren Texte - zu recht - niemand lesen will, weil es sich um unausgegorenen Käse handelt, um fades Epigonentum oder leicht durchschaubare Versuche, vermeintliche "Erotik" dem Wichser-kaufen-alles-Strohfeuer zu überantworten. Außerdem hat diese ganze "Szene" etwas Inzestiöses, denn der normale Buchkäufer nimmt sie nahezu überhaupt nicht wahr. Diejenigen, die schreiben, veröffentlichen, besprechen und kaufen sind nach meinem Dafürhalten oft dieselben. So, wie der Lesebühnen-Hype, der sich inzwischen auf ein gesundes Niveau heruntergeschrumpft hat (um noch ein halbes Dutzend Leute übrig zu lassen, die nach wie vor Erfolg haben, etwa Horst Evers), auch von der Clique selbst ausgelöst und getragen wurde.


    Aber das ist ein "Problem", dass das Phänomen "Kunst" schon so gut wie immer mit sich herumträgt. Leute glauben, sie könnten das auch, und reduzieren ihre Wahrnehmung auf die Handvoll Selbstmacher, denen das wirklich gelungen ist.


    Um nicht missverstanden zu werten - ich halte diese Möglichkeiten für eine wertvolle und sehr praktische Bereicherung des Marktes. Ich werde die Selbstpublikation vermutlich nutzen, wenn die Verträge älterer Titel auslaufen und sich kein Verlag mehr findet, weil sie ausgereizt sind - das ist eine schöne Möglichkeit, das MHD von Romanen zu vertagen. Es gibt zweifelsohne - in allen Bereichen - immer Leute, die etwas wirklich Gutes anzubieten haben und das Argument, die Verlage wären fett, faul und träge, mit voller Überzeugung vortragen (und nicht als fade Ausrede, während sie weiterhin Formablehnungen sammeln). Aber ein schlechter Text wird nicht dadurch gut, dass man ihn einfach veröffentlicht und die Freunde gute Rezensionen schreiben lässt. Genau das jedoch denken viele "Selfpublisher". Es fehlt an einem absoluten Mindestmaß "verlegerischer Kompetenz", wie das Literaturcafé richtig feststellt. Das ist Karaoke.


    Und Mulle hat recht: Anfangs gibt es immer eine irre Euphorie - das war so, als BoD an den Start ging, und das wird auch so sein, wenn die nächste Erfindung kommt. Tatsächlich gibt es dann auch ein paar Konsumenten, die sich für die neuen Möglichkeiten interessieren. Aber Nachfrage kann man nicht herbeireden, auch wenn man noch so viel in den Communities herumfeiert. Leute wollen gute Geschichten lesen, die gut erzählt sind. Nicht irgendwelche. Und sie kaufen nicht aus Mitleid - oder weil irgendeine Technik neu ist. Die Technik ist nur ein Seitenaspekt.

  • Zitat

    Original von Tom


    Außerdem hat diese ganze "Szene" etwas Inzestiöses, denn der normale Buchkäufer nimmt sie nahezu überhaupt nicht wahr. Diejenigen, die schreiben, veröffentlichen, besprechen und kaufen sind nach meinem Dafürhalten oft dieselben.


    Verstehe. Dafür, dass der normale Buchkäufer sie nahezu überhaupt nicht wahrnimmt, sind die 100000+ verkauften Exemplare von Nika Lubitschs "Der 7. Tag" doch schon ganz ordentlich. Den Bekanntenkreis von Frau Lubitsch kenne ich nicht, aber es kann natürlich sein, dass das alles nur Gefälligkeitskäufe waren.


    Gruß Helmut