'Das Haupt der Welt' - Seiten 193 - 291

  • Dragomira hat sich also in Widukind von Herfort (ich verwechsle ihn ständig mit dem aus Corvey) verliebt, und nun auch zum ersten Mal, nach sechs Jahren, ihren Sohn Wilhelm kennengelernt.


    Bei Wilhelm finde ich es ganz toll, dass er auch slawisch sprechen kann, da merkt man die Erziehung seines Onkels. :grin


    Ansonsten muss ich beim Lesen immer aufpassen, mich nicht von einer Reportage über Otto Spoilern zu lassen, die ich vor ein paar Monaten gesehen habe. (Warum merkst du dir die ganzen Fakten, Kopf?! :rolleyes)

  • Tugomir macht sich als Heiler einen Namen und wird auch zu Geros Tochter Alveradis gerufen, die am Wechselfieber erkrankt ist und die von ihrem Vater verheiratet werden soll. Allerdings behandelt er sie auch nicht besser als er alle anderen Menschen behandelt. Gero ist ein richtiger Fiesling.


    Otto wird in diesem Buch gleich aus drei Perspektiven betrachtet: seiner eigenen, Tugomirs und auch immer wieder erfährt man, wie Thankmar ihn wahrnimmt. Man sieht hieran gut, wie sehr er sich im Laufe der Geschichte entwickelt.
    Auch, wenn ich Otto immer noch nicht so recht mag, lernt man ihn doch auf diese Weise besser kennen. Er bemüht sich hart zu sein, aber im Inneren ist er das ganz und gar nicht.


    Wilhelm soll die Kirchenlaufbahn einschlagen und nach Utrecht gehen, um dort ausgebildet zu werden. Tugomir sorgt dafür, dass er seine Mutter endlich kennenlernt. Dragomira hat sich im Kanonissenstift eingelebt und sich in den Priester Widukind verliebt. Sie kommt, glaube ich, besser mit dem Leben unter den Sachsen zurecht als ihr Bruder.

  • Nun habe ich den dritten Leseabschnitt auch fast durch.


    Dragomiras Entwicklung gefällt mir sehr. Sie ist zu einer sehr interessanten Person geworden. Für Büchernarren habe ich sowieso eine Schwäche.


    Erschreckend fand ich Tugomirs Gewaltausbruch, als Semela scheinbar Rada 'missbrauchen' will. Er hätte den jungen Mann ja fast umgebracht.
    Ich bin gespannt, ob diese Seite Tugomirs noch öfter eine Rolle spielt.
    Was mich ein bißchen wundert ist, das Tugomir so gar keinen Gegenwind von der Kirche bekommt. Seine Glaubens- und Heilvorstellungen sind ja ganz konträ zum Christentum.

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL

  • Torshavn : Das Tugomir von der Kirche nichts zu befürchten hat erklärt sich glaub ich ganz einfach damit das er Rückendeckung von Heinrich, Otto und Thankmar hat. Damals war das Christentum noch eine sehr junge Religion, die sich besser gut mit dem König gestellt hat. Außerdem war die Inquisition ja noch weit entfernt, und grade das einfache Volk hatten die alten Naturgötter noch lange nicht durch den "Buchgott" (sehr schöner Begriff) ersetzt. Das sieht man schön an der Frau der Tugomir hilft, und die sich mit "Wodan sei dank" (oder so ähnlich) bei ihm bedankt... auch der Mönch, dessen Namen ich mir nicht merken kann ist Tugomir ja trotzdem freundschaftlich zugetan, obwohl der bekennender Heide ist...


    Dragomiras Entwicklung gefällt mir auch sehr, sie hätte es auch wirklich schlimmer treffen können....

  • Zitat

    Original von Maharet
    Torshavn : Das Tugomir von der Kirche nichts zu befürchten hat erklärt sich glaub ich ganz einfach damit das er Rückendeckung von Heinrich, Otto und Thankmar hat. Damals war das Christentum noch eine sehr junge Religion, die sich besser gut mit dem König gestellt hat. Außerdem war die Inquisition ja noch weit entfernt, und grade das einfache Volk hatten die alten Naturgötter noch lange nicht durch den "Buchgott" (sehr schöner Begriff) ersetzt. Das sieht man schön an der Frau der Tugomir hilft, und die sich mit "Wodan sei dank" (oder so ähnlich) bei ihm bedankt... auch der Mönch, dessen Namen ich mir nicht merken kann ist Tugomir ja trotzdem freundschaftlich zugetan, obwohl der bekennender Heide ist...


    Dragomiras Entwicklung gefällt mir auch sehr, sie hätte es auch wirklich schlimmer treffen können....


    Bruder Waldered :-)

  • Na, wenn sich Tugomir an der kleinen Alveradis nicht noch mal die Finger verbrennt ;-) Ich bin jetzt schon gespannt, wie sich der Konflikt Udo / Tugomir weiterentwickelt, denn dass sich Alveradis und Tugomir an dem Krankenbett nicht das letzte Mal gesehen haben, da bin ich mir eigentlich sicher.


    Tugomir Entscheidung, Wilhelm zu seiner Mutter zu bringen, war sehr klug. Wilhelm war in einer schwierigen Phase und ich gebe Tugomir vollkommen Recht, dass das für Otto schewr nach hinten hätte losgehen können, wenn der Junge mit all den Fragen und Unsicherheiten im Bauch entwurzelt worden wäre.


    Im Gegensatz zu den meisten anderen hier wird mir Dragomira zunehmend wurscht. Ja, schön, dass sie es in Möllenbeck gut hat, aber dass sie sich in Widukind verliebt hat, reicht mir als Konflikt nicht, um mich wirklich für sie zu interessieren. Aber das kann ja wieder werden ...


    Otto bekommt jetzt zwar langsam ein wenig mehr Gesicht, trotzdem kann ich noch nicht sehen, wie aus ihm noch "Otto der Große" werden soll.


    Grundsätzlich habe ich aber auch das Gefühl, dass in diesem Buch weniger "passiert", als in früheren Gablés. Vielleicht liegt das daran, dass Tugomir (noch) weiter weg ist von der "großen Politik", aber obwohl ich immer noch ganz vertieft und gefesselt bin von der Unmittelbarkeit, mit der Gablé erzählt, stehe ich beim Lesen nicht so unter Strom wie bei anderen ihrer Bücher.

  • Zitat

    Original von colimuc
    Tugomir Entscheidung, Wilhelm zu seiner Mutter zu bringen, war sehr klug. Wilhelm war in einer schwierigen Phase und ich gebe Tugomir vollkommen Recht, dass das für Otto schewr nach hinten hätte losgehen können, wenn der Junge mit all den Fragen und Unsicherheiten im Bauch entwurzelt worden wäre.


    Diese Tat macht,in meinen Augen, sehr deutlich wie 'mächtig' tugomir inzwischen geworden ist, wie viel Einfluss er beim einfachen Volk gewonnen hat, gerade bei den Daleminzern. Ich glaube das hat auch Otto begriffen, als Semela ihm vorgeführt wird, und er Tugomirs Pläne erfährt.
    Ich bin sehr gespannt wie sich das weiterentwickelt.


    Zitat

    Grundsätzlich habe ich aber auch das Gefühl, dass in diesem Buch weniger "passiert", als in früheren Gablés. Vielleicht liegt das daran, dass Tugomir (noch) weiter weg ist von der "großen Politik", aber obwohl ich immer noch ganz vertieft und gefesselt bin von der Unmittelbarkeit, mit der Gablé erzählt, stehe ich beim Lesen nicht so unter Strom wie bei anderen ihrer Bücher.


    Ich denke, das wird sich ändern sobald Otto den Thron besteigt, was ja durch Heinrichs Schlaganfall absehbar geworden ist. Ich finde es klasse, das sich Gable so viel Zeit beim Erzählen nimmt. Es kommt mir ein bißchen so vor, als würde sie in Ruhe die Figuren aufs Spielfeld bringen, bevor es dann richtig los geht. Ich bin wirklich espannt.

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL

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  • Dragomira hat im Kloster wohl endlich ihren Platz gefunden, ich bin gespannt, ob sie Widukind wirklich heiratet und diesen sicheren Platz aufgibt, der König hat seine zweite Geisel ja auf jeden Fall nicht vergessen, auch wenn sie das geglaubt hat.


    Ich finde auch, es war eine gute Entscheidung von Tugomir Wilhelm zu seiner Mutter zu bringen und von Otto das auch zuzulassen!

  • Zitat

    Original von Dori
    Dragomira hat sich also in Widukind von Herfort (ich verwechsle ihn ständig mit dem aus Corvey) verliebt, und nun auch zum ersten Mal, nach sechs Jahren, ihren Sohn Wilhelm kennengelernt.


    Bei Wilhelm finde ich es ganz toll, dass er auch slawisch sprechen kann, da merkt man die Erziehung seines Onkels. :grin


    Ich finde eigentlich, dass Dragomira es echt verdient hätte Widukind zu heiraten!
    Die Szene, als Wilhelm so auf die losstürzt und fast erdrosselt, fand ich sehr schön! :)
    Ja, das mit der Erziehung ist sicher nicht ohne. Das meinte ich ja im vorangegangenen Abschnitt!


    Zitat

    Original von Torshavn


    Dragomiras Entwicklung gefällt mir sehr. Sie ist zu einer sehr interessanten Person geworden. Für Büchernarren habe ich sowieso eine Schwäche.


    Ja, allerdings! :) Mich hat es ein wenig erschreckt, dass Tugomir sie so gar nicht verstehen kann! Er wusste doch um ihre Stellung und ihren Ruf bei den Slawen... Und jetzt kann sie mal was richtig gut (ich würd ja gern die Bilder sehen, die sie so malt!) und ist sicher und wird geliebt, etc...


    Zitat

    Original von Maharet
    Torshavn : Das Tugomir von der Kirche nichts zu befürchten hat erklärt sich glaub ich ganz einfach damit das er Rückendeckung von Heinrich, Otto und Thankmar hat. Damals war das Christentum noch eine sehr junge Religion, die sich besser gut mit dem König gestellt hat. Außerdem war die Inquisition ja noch weit entfernt, und grade das einfache Volk hatten die alten Naturgötter noch lange nicht durch den "Buchgott" (sehr schöner Begriff) ersetzt. Das sieht man schön an der Frau der Tugomir hilft, und die sich mit "Wodan sei dank" (oder so ähnlich) bei ihm bedankt... auch der Mönch, dessen Namen ich mir nicht merken kann ist Tugomir ja trotzdem freundschaftlich zugetan, obwohl der bekennender Heide ist...


    Ja, das stimmt. Man darf nicht vergessen, dass wir hier erst 900 irgendwas sind, was mir aber leicht passiert.
    Die meisten anderen Gablé Bücher spielen ja viele Jahrhunderte später!
    Ich kenn mich mit den anderen Göttern (germanische??) auch gar nicht aus leider. Echt schade. Sollte ich mal vertiefen!!
    Ich muss sagen, dass mir dieses Dulden echt ganz gut gefällt...
    Auch wenn jetzt Tugomir schon sagt, dass es echt besser wäre, wenn man einfach andere Religionen tolerieren würde. Sehr weise!
    Das Wort "Buchgott" finde ich sehr nett und naja, es ist ja irgendwie auch wahr... Immerhin sind die Naturgötter zu dieser Zeit öfters mal "aufgetreten" bzw man konnte viele Sachen als Zeichen etc von ihnen deuten, sei es Sturm, Hochwasser etc. ;)


    Zitat

    Original von colimuc
    Na, wenn sich Tugomir an der kleinen Alveradis nicht noch mal die Finger verbrennt ;-) Ich bin jetzt schon gespannt, wie sich der Konflikt Udo / Tugomir weiterentwickelt, denn dass sich Alveradis und Tugomir an dem Krankenbett nicht das letzte Mal gesehen haben, da bin ich mir eigentlich sicher.


    Grundsätzlich habe ich aber auch das Gefühl, dass in diesem Buch weniger "passiert", als in früheren Gablés. Vielleicht liegt das daran, dass Tugomir (noch) weiter weg ist von der "großen Politik", aber obwohl ich immer noch ganz vertieft und gefesselt bin von der Unmittelbarkeit, mit der Gablé erzählt, stehe ich beim Lesen nicht so unter Strom wie bei anderen ihrer Bücher.


    Hm, daran hab ich auch schon gedacht, dass da was passieren könnte! Erschreckend finde ich, dass sie Malaria hat!! Wie kommt sie denn dazu?
    Ist ja immerhin sehr weit weg vom Süden!! :gruebel


    Ja, es stimmt. Es passiert weniger. Ein paar Personen, die ich zwischendurch echt mochte, mag ich nun wieder weniger, obwohl nicht viel passiert. Lol!
    ZB Editha. Ich mag insgesamt wie sie so ist, ABER nicht wie sie Tugomir sieht und Wilhelm...
    Ich mag das immer nicht, wenn man jemanden nicht mag, nur weil er ein Bastard ist oder nicht in allem mit jmd übereinstimmt wie zB Tugomir mit anderen Göttern etc...
    Das Buch zieht mich insgesamt aber auch weniger in seinen Bann, das stimmt!!


    Lustig fand ich die Szene, als Tugomir sich fragt, warum die Sachsen vorher ohne ihn nicht alle gestorben sind! :lache
    Oder als er sich überlegt, dass die Sachsen zu dumm sind zu merken, dass die Slawen nach 6 Jahren echt die Sprache gelernt haben :grin Wow. Sowas!


    Und ich finds schön, dass Tugomir und Thankmar wirklich Freunde geworden sind!! :-)


  • Dass Tugomir sich wundert, dass seine Schwester nicht in ihr altes Leben zurück will, erstaunt mich gar nicht. Ihm ist bestimmt gar nicht aufgefallen, wie gering ihr Ansehen zu Hause war, die Frauen scheinen bei den Slawen ja noch weniger Bedeutung gehabt zu haben, wie bei den Sachsen.


    Genauso die Diener oder hier die Sklaven. Die hohen Herren haben ihre Bediensteten doch immer nur als Teil des Inventars gesehen und meistens keinen Gedanken dran verschwendet, dass sie auch Menschen sind, die alles mitbekommen, was so geredet wird und es auch gerne mal zu ihrem Vorteil nutzen.


    Zitat

    Und ich finds schön, dass Tugomir und Thankmar wirklich Freunde geworden sind!!


    Auch wenn Tugomir das immer noch nicht wirklich zugeben will, dass es auch Sachsen gibt, die er mag. :lache

  • Zitat

    Original von Zwergin


    Ja, allerdings! :) Mich hat es ein wenig erschreckt, dass Tugomir sie so gar nicht verstehen kann! Er wusste doch um ihre Stellung und ihren Ruf bei den Slawen... Und jetzt kann sie mal was richtig gut (ich würd ja gern die Bilder sehen, die sie so malt!) und ist sicher und wird geliebt, etc...



    Dass Tugomir sich wundert, dass seine Schwester nicht in ihr altes Leben zurück will, erstaunt mich gar nicht. Ihm ist bestimmt gar nicht aufgefallen, wie gering ihr Ansehen zu Hause war, die Frauen scheinen bei den Slawen ja noch weniger Bedeutung gehabt zu haben, wie bei den Sachsen.


    Genauso die Diener oder hier die Sklaven. Die hohen Herren haben ihre Bediensteten doch immer nur als Teil des Inventars gesehen und meistens keinen Gedanken dran verschwendet, dass sie auch Menschen sind, die alles mitbekommen, was so geredet wird und es auch gerne mal zu ihrem Vorteil nutzen.


    Ja, da hast du natürlich Recht. Wobei er ja der Einzige war, der sie wirklich mochte. Das muss ihm doch irgendwie aufgefallen sein...

  • Ich bin jetzt auch langsam soweit und muss sagen, dass mir das Setting insgesamt besser gefällt als die England-Romane - vielleicht, weil ich die Waringhams inzwischen ein wenig über habe.


    Edithas Verhalten ist für mich nachvollziehbar, schließlich ist Wilhelm Ottos Bastard und dann auch noch sein Erstgeborener. Sie geht damit aber sehr souverän und angemessen um. Insgesamt finde ich sie interessant und würde eigentlich gerne mehr über sie lesen.


    Ich nehme an, dass Alveradis Tugomirs Liebste wird. Bin gespannt, wie sich das weiterentwickelt.


    Sehr gut gefällt mir die inoffizielle Macht, die Tugomir inzwischen am Hof hat. Ich bn gespannt, ob Editha (?) nun Gegenmaßnahmen ergreift - eigentlich dürfte nicht zuletzt aufgrund der engen Verbundenheit zwischen Tugomir und den Daleminzern klar sein, woher er seine Informationen hat.


    Dragomira ... ich weiß nicht, ob ich den Strang mag. Irgendwie ist mir dieser Handlungsstrang zu "glatt", vielleicht zu kurz erzählt, um wirklich Tiefe zu bekommen. Vielleicht ändert sich das jetzt mit Widukind und der geplanten Hochzeit.


    Insgesamt fehlt mir ein wenig die Politik. Die politischen Geschehnisse werden aus der Ferne erzählt, haben aber (noch) kaum eine Bedeutung für die Protagonisten - was sich vielleicht Ostern ändert, wenn Tugomir seinen Kopf verliert ;-) Es ist schön, dass die Figuren langsam und gründlich eingeführt werden, doch langsam könnte die Geschichte etwas an Fahrt aufnehmen.


    Nichtsdestotrotz lese ich den Roman wieder sehr gerne, und es ist nur meiner (knappen) Zeit geschuldet, dass ich nicht schneller vorankomme.


    :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

    Rabenerbe/ Rabenbund - DSA-Fantasyromane - 2017/2018 bei Ulisses

  • Was Dragomira angeht bin ich mir auch noch nicht ganz sicher wo das hinführen soll , ich glaube nicht das sie als glückliche, alte "Jungfer" bei den Kanonissen stirbt. Da kommt noch was. Da MUSS noch was kommen, denn sonst könnte man den Handlungsstrang so langsam weglassen!


    Mir fehlen im Moment noch so ein bisschen die epischen Schlachten. Bisher war zwar das ein oder andere krasse Massaker dabei, aber eine richtig epische Schlacht noch nicht. Kommt aber hoffentlich noch...

  • Inzwischen bin ich mit diesem Abschnitt auch durch. Was passiert in diesem Teil?


    - Dragomira führt ein erfülltes Leben in ihrem Stift und ist, von kleineren Gefühlsverwirrungen abgesehen, geradezu glücklich.
    - Ihr sechsjähriger Sohn Wilhelm ist vollgültiges Mitglied von Ottos Familie und auch beinahe glücklich.
    - Tugomir ist als Heiler ein angesehenes Mitglied von Ottos Gefolge, pflegt eine mürrische Freundschaft zweier Zielloser mit Thankmar und arbeitet hart daran, nicht womöglich aus Versehen auch noch glücklich zu werden. Im Nebenjob baut er sich ein Netzwerk aus Spitzeln auf, was leicht ist, da die gesamte Dienerschaft in Magdeburg nur noch aus slawischen Kriegsgefangenen zu bestehen scheint.
    - Otto übt sich in der Rolle des "guten Königs", obwohl er vom wahren Leben nach Ansichts seines Bruders zu wenig versteht. (Anmerkung meinerseits: Würde er mehr davon verstehen, hätte er die Sache mit dem "guten König" vermutlich schon längst aufgegeben.)
    - Zwischendrin war mal Krieg mit den Ungarn. Die Slawen fühlen sich anscheinend von ihren sächsischen Feinden vernachlässigt und meucheln sich gegenseitig, um wieder Aufmerksamkeit zu erregen. Die Damen der königlichen Familie tauschen politische Botschaften verpackt in Briefen über die letzten Modetrends. Und der Familien-Benjamin ist ein unzuverlässiger Wichtigtuer.
    - Tugomir heilt Alveradis, die Tochter seines Intimfeinds Gero. Flüchtet, unterstützt von seinem geheimen Dienstboten-Netzwerk, aus der Pfalz und schleift seinen Neffen heimlich im tiefsten Winter durch den Wald, um ihn seiner Mutter vorzustellen, damit Wilhelm und Dragomira vollkommen glücklich sein können.


    Tja.
    Allmählich beginne ich zu begreifen, warum sämtliche Sachsen sich in diesem Buch wie hirnlose Schläger aufführen müssen. Die Geschichte mit den Tugomir treu ergebenen Daleminzern würde sonst nicht funktionieren. Offenbar ist Dragomira tatsächlich die einzige gefangene Slawin, die sich in ihrer Stellung verbessert hat.


    Ein nettes Detail fand ich, daß die weiten Ärmel der damaligen Frauenkleider erwähnt wurden. Es kommt selten genug vor, daß ein Roman auf so etwas eingeht.


    Bin ich die einzige, die es seltsam findet, daß ein sechsjähriges Kind einer wildfremden Frau, die es noch nie zuvor gesehen hat, einfach so um den Hals fällt? Ich konnte mit sechs Jahren schon sehr "befangen" sein.


    Was ich überhaupt nicht einschätzen kann: wie "schlimm" war denn zur damaligen Zeit die Tatsache, daß Otto ein außereheliches Kind hat? Darum wird im Roman ja ein ungeheurer Terz gemacht, Bastard hier und Bastard da. Aber von solchen anerkannten Kindern liest man doch ständig, in praktisch allen Adelsfamilien? In erster Linie bedeutet "Bastard" doch nur, daß Wilhelm (oder eventuell eben auch Thankmar, je nach Betrachtungsweise) von der Erbfolge ausgeschlossen ist? Welchen Grund hätte dann Mathildis, sich nach so langer Zeit noch um die abgelegte Ex ihres Sohnes zu kümmern und ihr zu grollen, wie Tugomir befürchtet? Und selbst wenn sie sie noch nicht vergessen hat: Müßte sie nicht sogar begeistert sein, diese Dame verheiraten und damit endgültig von der Bildfläche verschwinden lassen zu können?


    Gero und Udo finde ich nach wie vor rätselhafte Figuren, mit denen ich nicht klarkomme. Entweder bin ich zu doof, oder die sind wirklich platt wie Flundern.


    Was mich auch noch interessieren würde: war es im Mittelalter wirklich so, daß sich die "Slawen" als ein gemeinsames Volk verstanden haben, so wie es im Roman dargestellt wird, wenn Selema von der "letzten Hoffnung der slawischen Völker" redet? Kommt mir auch sehr unwahrscheinlich vor. Im ersten Abschnitt wird ja auch erwähnt, daß die einzelnen Stämme sich untereinander teilweise mehr hassen als die Sachsen.

    Meine Bewertungsskala: 1-4 Punkte: Mehr oder minder gravierende formale Mängel (Grammatik, Rechtschreibung, Handlung). 5/6 Punkte: lesbar. 7/8 Punkte: gut. 9/10 Punkte: sehr gut. Details und Begründung in der Rezi.

  • Ich fand die überschwängliche (wird das jetzt so geschrieben?) Umarmung auch etwas merkwürdig, habe es mir aber damit erklärt, dass Tugomir seinen Neffen ausführlich auf das Treffen vorbereitet hat, sodass der Junge nur noch ungeduldig darauf gewartet hat, seine Mutter endlich zu sehen. Und dass Wilhelm eben kein Kind ist, das zu Befangenheit neigt (auch wenn so etwas in so einer Situation wohl eher selten sein dürfte).


    Dass sich Mathildis noch Interesse an Dragomiras Schicksal zeigen sollte, halte ich eigentlich auch für ausgeschlossen. Das Kind wächst am Hof auf, die Mutter stört nicht mehr und Otto ist glücklich mit Editha verheiratet, sodass auch von der Seite keine Gefaht bestünde, dass Dragomira irgendetwas stören könnte. Allerdings scheint Mathildis aus irgendeinem Grund auch auf Otto nicht gut zu sprechen zu sein. Vielleicht überträgt sie da irgendwas.


    Bei Gero muss ich dir recht geben, ein klassischer Harhar-Schurke. Udo finde ich trotz seiner kurzen Auftritte deutlich plastischer. Bei ihm bin ich mir nie sicher, ob er nicht doch anders reagiert als zunächst erwartet.


    Historisch bin ich im 10. Jahrhundert nicht so zu Hause, aber ich halte es durchaus für möglich, dass Selema auf Grund der eigenen Situation (= gefangen bei den Sachsen) ein etwas verzerrtes Bild auf das eigene Volk entwickelt. Zumal er ja vor der Gefangenschaft noch ein Kind war und womöglich das Ausmaß der Streitigkeiten der Slawen untereinander nicht überblicken konnte. Ist aber nur eine Mutmaßung, vielleicht hat jemand anderes mehr Ahnung von den historischen Hintergründen?


    :wave
    Heike

    Der Bernsteinbund - Historischer Roman - Juni 2010 im Aufbau-Verlag
    Die Tote im Nebel - Historischer Kriminalroman - März 2013 im Gmeiner-Verlag

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  • Zitat

    Original von Josefa
    Was mich auch noch interessieren würde: war es im Mittelalter wirklich so, daß sich die "Slawen" als ein gemeinsames Volk verstanden haben, so wie es im Roman dargestellt wird, wenn Selema von der "letzten Hoffnung der slawischen Völker" redet? Kommt mir auch sehr unwahrscheinlich vor. Im ersten Abschnitt wird ja auch erwähnt, daß die einzelnen Stämme sich untereinander teilweise mehr hassen als die Sachsen.


    Ok, ich bin jetzt schon ein bißchen weiter. Aber mein Eindruck ist eher, das die Slawen sich nicht als ein Volk verstehen. Es wird immer wieder, unter anderem von Tugomir, aber auch Otto, betont, das sich einige 'Stämme' eher spinnefeind sind.
    In der Einigkeit sieht Tugomir eher eine Hoffnung, als eine Realität. Und ich meine mich auch zu erinnern, das Semela, die Einigkeit der Slawen auch als einzige Möglichkeit sieht, gegen die Sachsen zu bestehen. Und nicht als bestehende Tatsache.

    Literatur erweitert unser Dasein...Durch das Lesen großer Literatur werde ich zu tausend Menschen und bleibe doch ich selbst. CSL