• Unterstützt durch zahlreiche Bücher (Charlotte Roth "Als wir unsterblich waren" oder Petra Durst-Bennings "Jahrhunderttrilogie") gedenken wir in diesem Jahr des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges.
    Ich habe gerade Rotz und Wasser geheult, als im Morgenmagazin ein Beitrag über das österreichische Picknick lief, dessen Flugblatt heute vor 25 Jahren zur Grenzöffnung zwischen Österreich und Ungarn führte, die etlichen DDR-Urlaubern zur Flucht in den Westen verhalf.
    Der Ausbruch des Weltkrieges war gewiss folgenreicher, aber das andere Ereignis haben zwangsläufig mehr heute noch Lebende miterlebt.
    Ich saß damals mit Gipsbein vor dem Fernseher im Westen (und heulte auch*g*).
    Und ihr?

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ein sehr aussagekräftigter Threadtitel. Kompliment. :rofl


    Ja, so ist das mit dem "Mantel der Gächichte" - er deckt vieles zu und verklärt die Sicht auf Dinge die Jahre zurückliegen.


    Schon damals war klar, würde die DDR "untergehen" - würden auf den Westen unglaubliche Kosten zukommen. Und an diesen Kosten zahlen wir heute noch - und auch jetzt zahle ich immer noch einen Solidaritätszuschlag. Wofür eigentlich? Auch Kommunen im Westen sind dringend auf Geld angewiesen - aber was passiert? Es wird alles in die SBZ gepumpt.


    Darüber könnte ich heulen!
    Nicht aber darüber, dass Leute "rübergemacht" haben.


    Sentimentalitäten verschleiern nur den Blick auf die Realitäten.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Hm immer wieder erstaunlich, dass es immer noch Leute gibt, die denken, dass der Soli allein in den Osten fließt. Wirklich schade, denn zum einen muss jeder den Soli zahlen und jeder hat etwas davon. Wenn man mal googelt für was der Soli alles eingesetzt wird, dann weiß man Bescheid. Siehe hier


    Ich war damals noch zu klein um das richtig miterleben zu können, aber auch ich hatte Verwandtschaft, die über Österreich auf nach Westdeutland ist. Dort leben die lieben Verwandten heute noch und haben ihren Schritt scheinbar nie bereut. Ich kann jedenfalls die Vorurteile nach so langer Zeit nicht nachvollziehen, aber vielleicht bin ich dazu zu jung. Wir sind ein Deutschland und das ist das Einzige was zählt. Die Politiker machen mit den Steuern, die wir alle zahlen, doch eh was sie wollen, oder? Selten fließt das Geld dahin, wo es gebraucht wird...

  • Beim Solidaritätszuschlag handelt es sich um eine zweckgebundene Einnahmeart. Normalerweise gilt der Haushaltsgrundsatz: Alle Einnahmen dienen zur Deckung aller Ausgaben.


    Von diesem Grundsatz kann durch Zweckbestimmungsvermerk abgewichen werden.


    Eine andere Verwendung des Solidaritätszuschlags als den Aufbau Ost zu finanzieren ist daher rechtswidrig - auch wenn in der Praxis zwischenzeitlich das geltende Haushaltsrecht mal wieder nicht beachtet wird.


    Der Solidaritätszuschlag ist eine "vorübergehende" Belastung der Bürger, wobei man das "vorübergehend" wohl nicht so ernst nehmen wollte. Damals beim "Notopfer Berlin" waren die Konstellationen ähnlich.

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  • Zitat

    Original von xexos
    Wenn schon eine Steuerdiskussion, dann doch eher zur Schaumweinsteuer.


    Wobei der Solidaritätszuschlag keine Steuer im Rechtssinne ist. Er ist eine "öffentlich-rechtlich Abgabe" und ist ähnlich zu behandeln wie eine öffentlich-rechtliche Gebühr.

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  • Wie kann es sein, dass sich hier jemand über 25 Jahre gemeinsames Deutschland freut und ihr daraus eine Steuerdiskussion macht?


    maikaefer, ich finde, du hast vollkommen Recht. Als damals die Grenzen geöffnet wurden hat jedenfalls sicher niemand darüber nachgedacht, was das wieder kosten würde. Die Menschen haben sich einfach gefreut. Diese Freude ist dann mit den Jahren leider einigen Menschen abhanden gekommen.

  • Groupie


    Ich habe mich weder damals noch heute über das "wiedervereinigte" Deutschland gefreut.
    Vielmehr bin ich der Ansicht, dass die Menschen in der DDR eine historisch einmalige Chance leichtfertig versemmelt haben. Sie hatten die Chance etwas wirklich Neues zu machen - ob es geklappt hätte? Keine Ahnung. Aber sie hatten die Möglichkeit es zu versuchen.
    Aber die D-Mark war damals eben die alles beherrschende Ideologie.


    Und wenn man nun schaut, wo jetzt die sind, die damals in der DDR die Veränderungen bewirkt haben und wer nun stattdessen aus der ehemaligen DDR hier "Karriere" gemacht hat - das lässt einen dann schon nachdenklich werden.


    Natürlich kann sich jede/jeder über die Wiedervereinigung freuen - nur muss ich mich ja nicht mitfreuen.

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  • Soli-Ärger hin oder her. Ach, was soll´s? Maikäfer wollte sich hier einfach mal über 25 Jahre Deutsche Vereinigung freuen und die emotionale Seite dieses historischen Vorgang beschreiben. Ich kann ihr nur zustimmen - es war bewegend. Und das ist es für mich heute noch. Aber ich bin ja auch kein Jurist, der sich vor Sentimentalitäten fürchten muss - im Gegenteil, ich lebe sogar von ihnen ... :lache


    Ansonsten bin ich selbstverständlich für die sofortige Abschaffung der Schaumweinsteuer und sowieso aller Besteuerungen alkoholischer Produkte. :prost

  • Zitat

    Original von Dieter Neumann



    Ansonsten bin ich selbstverständlich für die sofortige Abschaffung der Schaumweinsteuer und sowieso aller Besteuerungen alkoholischer Produkte. :prost



    FREIBIER - wenn nicht für alle - dann wenigstens für mich! :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier :bier

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  • Zitat

    Original von rienchen
    *aberichliieeebeeuchdochalle*


    Ich dich auch, mein Hinkelsteinchen! äääh Hinkebeinchen! :lache :knuddel


    Zitat

    Original von Voltaire
    Ein sehr aussagekräftigter Threadtitel. Kompliment. :rofl


    Immerhin haben weise Winde dich trotzdem hier hereingeweht.
    Danke für das Kompliment! :anbet



    Ich halte mich nicht für eine verklärten Blickes zurückblickende sentimentale Heulsuse. Es ist nur so, dass Lengede, die Ermordung der beiden Kennedys und Martin Luther Kings sowie der Bau der Mauer so ziemlich die ersten "öffentlichen" Geschehnisse sind, an die ich mich erinnern kann.
    Einzelheiten weiß ich nicht mehr, aber ich weiß, dass hier in Berlin in den Tagen des Mauerbaus große Angst herrschte. Mutter und Oma befürchteten, dass es wieder Krieg gäbe, dass, wenn "die Amis sich das nicht gefallen lassen, der Russe wieder kommt" usw. In der Zeit danach hörte ich immer wieder unglaublich traurige Geschichten von auseinander gerissenen Familien oder auch (Liebes-)Paaren. Er saß schon in Braunschweig, sie wollte noch ihr Medizinstudium "im Osten" beenden und so. Und von einem Tag auf den anderen waren sie getrennt. Das muss, man verzeihe den Vergleich mit einer ungleich schlimmeren Katastrophe, ähnlich gewesen sein wie mit den deutschen Juden zu Beginn der Nazizeit - man KONNTE (wollte?) sich einfach nicht vorstellen, dass da wirklich Tatsachen würden geschaffen werden.
    Wurden sie aber, wie wir alle wissen.
    Mein Papa fuhr am Wochenende mit mir oft unter "toten U-Bahnhöfen" im Ostteil hindurch, erzählte mir am Luftbrückendenkmal vor dem ehemaligen, damals noch aktiven Flughafen Tempelhof ("Hungerharke") von der dazugehörigen Geschichte, zeigte mir den Weg zu dem politischen Kuriosum - der Exklave Steinstücken, besuchte mit mir die Glienicker Brücke und den Checkpoint Charlie undundund. So etwas prägt (auch ein kleines Westmädchen)!
    Natürlich hat sich die DDR zu einem eigenständigen Staat entwickelt, es gibt viele Deutsche, die kannten es gar nicht anders. In mir wurde aber immer das Bewusstsein wachgehalten, dass die Mauer schlecht ist, dass sie Menschen getrennt hat. Und darum war es - man verzeihe mir bitte auch diesen Vergleich - für mich vor 25 Jahren wie eine Wunde, die endlich zu heilen beginnen würde.
    Dass nicht alles Friede-Freude-Eierkuchen war und ist, auch DAS habe ich natürlich gemerkt (Spätestens als eine "böse Ossifrau" etwas aus meinem Einkaufswagen riss, was ihr in ihrer fast vollen Palette fehlte, und mich ziemlich rüde anging: "Du hast lange genug im Schlaraffenland gelebt, jetzt sind WIR mal dran!"). Und ja, es ist mit den blühenden Landschaften nicht so geworden wie versprochen. Und schon gar nicht ging das Ganze kostenneutral über die Bühne. Aber ist das wirklich so schlimm?
    Ich glaube, dass ebenso einfach ist, auf der heimischen Couch Bundeskanzlerin zu sein, wie es ist, dort Bundestrainer zu sein.
    Auch, wenn mir vieles nicht gefällt: Ich zumindest glaube nicht, dass ich selbst es besser machen könnte.

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Schon damals war klar, würde die DDR "untergehen" - würden auf den Westen unglaubliche Kosten zukommen. Und an diesen Kosten zahlen wir heute noch - und auch jetzt zahle ich immer noch einen Solidaritätszuschlag. Wofür eigentlich? Auch Kommunen im Westen sind dringend auf Geld angewiesen - aber was passiert? Es wird alles in die SBZ gepumpt.


    Darüber könnte ich heulen!


    Nun ja, ich kann es dem Ossi nicht verübeln. Den "goldenen" Westen kannte er nur aus dem Fernseher und geschmuggelten Boulevard-Postillen - und der war nun plötzlich zum Greifen nahe. Die Verheißungen von unserem Altkanzler-Märchenonkel taten ihr übriges.


    Da verhallten die warnenden Worte vom Miesepeter Oskar irgendwo im sächsischen Elbsandsteintal...


    Aber kommen wir zum Thema Kosten!


    Wieviel Prozent Umsatzsteigerung brachte der ostdeutsche Markt den ALDI/LIDL/Sonstige-Billgheimerketten, den Verlagen mit ihren bunten Schwachsinnsblättchen, den Versicherungen, die dem dummen Ossi alles andrehen konnten (der hatte keine Erfahrung mit der Vertreterkaste)?


    Wieviele Betriebe wurden von der Treuhand an die Westkonkurrenz verramscht und so schnell wie möglich dichtgemacht (nachdem man die Förderungen mitgenommen hatte)?


    Wo kamen die Baufirmen her, die die ganzen Autobahnen und Straßen nach der Wende sanierten (die Ostbetriebe konnten das ja nicht - hatten ja auch nicht die Technik)?


    Was für Idioten habe ich in den Amtsstuben getroffen, bei denen ich mir sehr sicher war, dass die jeweilige Heimatbehörde sehr froh war, den losgeworden zu sein. Und dafür bekamen sie noch deutlich mehr Gehalt als der Ossiangestellte (plus Dschungelzuschlag)!


    Wem gehören die Immobilien in den ostdeutschen Großstädten? Wem gehören die Geschäfte? Wo gehen die Einnahmen hin? Startkapital gab's beim Ossi nicht in so großen Mengen (erst recht nicht geerbt) - und heute dafür noch mehr Schulden durch Kredite.


    Klar, langsam wächst eine Generation von Ostdeutschen heran, die kann das Spiel mitspielen - aber die nach der Wende?


    Und ich fand ja auch nicht alles schlecht! Die Westprofs an der Uni Leipzig, die in den 90ern meist zu Blockvorlesungen kamen und dann wieder zu ihrer Heimatuni zurückfuhren, waren zum großen Teil hervorragend. Ich konnte Erasmus machen. Super!


    Und ich verdiene heute mein Geld und zahle ebenfalls Solibeitrag. Und wenn ich so durch das ostdeutsche Hinterland fahre, frage ich mich: wo sind die Millionen, Milliarden eigentlich geblieben...


    Mit sozialistischem Gruß,


    Bo

  • Zitat

    Original von Groupie
    Wie kann es sein, dass sich hier jemand über 25 Jahre gemeinsames Deutschland freut und ihr daraus eine Steuerdiskussion macht?


    maikaefer, ich finde, du hast vollkommen Recht. Als damals die Grenzen geöffnet wurden hat jedenfalls sicher niemand darüber nachgedacht, was das wieder kosten würde. Die Menschen haben sich einfach gefreut. Diese Freude ist dann mit den Jahren leider einigen Menschen abhanden gekommen.


    Ich bin auch gerade am Staunen.
    Aber wenn die vernünfigen Herren hier über Geld reden wollen, sollen sie halt.
    Die Menschen sind eben unterschiedlich. Und das ist auch gut so. Ich bin raus.
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Ich kann mich sehr gut an diese Zeit erinnern. An unsere Begeisterung. An die Solidarität. An die Einheit, an die eigentlich niemand mehr vorher geglaubt hatte.
    Aber auch daran, wie Herr Kohl uns versprochen hatte, dass es nichts kosten würde (obwohl wir zu dem damaligen Zeitpunkt gerne dafür bezahlt hätten, um der damaligen DDR eine Chance zu geben, selbstständig zu werden).


    Ich glaube, so war die Frage gemeint. Nicht der ewige Soli, sondern das Emotionale dieser Tage. Wir haben zu diesem Zeitpunkt Kontakte geschlossen, die soo berührend waren, so einmalig, so anders, dass man es nicht beschreiben kann.


    Ich finde es sooooo schade, dass manche als erste Erinnerung immer wieder den Soli hervorholen ...

  • Zitat

    Original von maikaefer
    Ich bin auch gerade am Staunen.
    Aber wenn die vernünfigen Herren hier über Geld reden wollen, sollen sie halt.


    Ihr habt ja recht! Aber wenn der gute alte Voltaire hier so eine Steilvorlage hinlegt....das sind halt die Reflexe! Ich hoffe, Ihr könnt mir verzeihen!


    Lasst uns über Knusperflocken reden! :knuddel1


    Bo

  • Nach wie vor bin ich nicht so begeistert von der Wiedervereinigung. Daran ändern auch diese rein emotionalen Beiträge hier in diesem Thread nichts.


    Leider vermisse ich eine sachliche und nüchterne Rückschau.


    Natürlich muss man über die Kosten reden. Wer das nicht macht, der ist ein Phantast und solche schaden eher als das sie nützen.


    Gerade bei solchen zeitgeschichtlichen Ereignissen schaden Emotionen und das Hurra-Geschrei löst keine Probleme.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.


  • Natürlich muss man bei so einer Rückschau ausnahmsweise NICHT über Geld reden! Ständig geht es um sachliche und nüchterne Rückschau. Nein, hier gerade hier geht es um Emotionen. In diesem Fall bin ich gerne ein Phantast (obwohl kein Mensch aus meinem Umfeld mich annähernd so bezeichnen würde).
    Ich habe es gehasst: auch MEIN (ehemaliger) Arbeitgeber war mit bei den Ersten, die 1989/1990 die DDR beglückt (?) haben.
    Aber wir haben versucht, das Beste daraus zu machen.

  • Über Geld werde ich erstmal nicht reden, stimme Bo aber weitestgehend zu. Ich habe im Sommer 1990 in einer (West)Fabrik gejobbt und es war einfach der Hammer, wie dort der Laden brummte, um die Nachfrage im Osten zu decken. Die haben sich eine goldene Nase verdient.


    Zum Thema:
    Die Öffnung der ungarischen Grenze, Genscher auf dem Prager Balkon, all das habe ich zwar mitgekriegt, es hat mich aber nicht beeindruckt, wahrscheinlich, weil, sorry, die Ossihorden mir unsympathisch waren.
    Und die Wiedervereinigung, nun ja, ich kenne viele, denen das so auch nicht gepasst hat. Als die Montagsdemos noch eine eher bescheidene Veranstaltung waren, steckte in der Tat viel Idealismus dahinter. Aber in dem Augenblick, als die Sache zu einer Massenveranstaltung wurde, wurde sie zwangsläufig auch kommerzialisiert: "wird sind das Volk" wurde zu "wir sind ein Volk", und dann war der Ruf nach der D-Mark und schließlich nach der Wiedervereinigung nicht weit. Viele meiner Freunde sahen das mit Unbehagen, zumal zur gleichen Zeit Naonazis aggressiv hervortraten.


    Nun sind wir wiederveinigt, und für mich war das die Chance meines Lebens. Kurz nach der Wende rüberjemacht, durfte ich hier eine unglaublich spannende und aufregende Zeit erleben, ich habe großartige Freunde gewonnen (seltsamerweise fast ausschließlich Ossis) und meinen Horizont vielleicht mehr erweitert, als wenn ich nach Frankreich gegangen wäre.


    Natürlich kann man gegen die Wiedervereinigung sein, und man kann auch behaupten, dass über die Kosten geredet werden müsse. Man kann eine solche Meinung aber auch getrost ignorieren und sich darüber einfach nur freuen, wenn auch wie ich im Nachhinein.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)