• Ich klinke mich aus, habe aber noch einen fernsehtipp..


    Für diejenigen die es interessiert, am 3. Oktober läuft auf ARD "Zug in die Freiheit" um 18:30
    Oder am 30.9 um 20:15 auf ARTE

    Wenn du den roten Faden verloren hast, halte nach einem anderem ausschau, vielleicht ist deiner BUNT
    (Das Leben ist (k)ein Ponyhof - Britta Sabbag)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von shaiara ()

  • ... das mit dem "froh, dass es endlich vorbei ist" mag ebenfalls für Einzelschicksale gelten, aber nicht für alle. Es klingt verlockend einladend, sich auf das Negative einzuschwören und ein sentimentales "Wir" anzunehmen, das es so nicht gibt und übrigens auch nie gegeben hat.


    Ich gehöre zu denjenigen, die besagte "versemmelte Chance" gern gehabt hätten - diesem Konsumgetue kann ich nichts abgewinnen. Immerhin kann ich sagen, beide Systeme kennengelernt zu haben und die Nachteile der DDR erschienen mir leichter zu überwinden. Schon allein deshalb, weil die Menschen die Probleme offen erkannten und (ja, allen Vorurteilen zum Trotz, hier muss ich die Stasi-Spitzel-Theoretiker enttäuschen) untereinander auch offen diskutiert haben. Zumindest wesentlich offener als es heute möglich (und überhaupt erwünscht ist) über ein Bürgergeld/ Bedingungsloses Grundeinkommen oä. zu reden.


    Erschreckend, dass selbst das, was ich als Jugendliche nie glauben konnte, tatsächlich zutrifft: Hier geht es den meisten wirklich nur um die Kohle. Ich bin froh, es auch anders erlebt zu haben. Wenn man beides kennt (und ich vermute, das trifft auf die wenigstens hier zu, oder?), wird eines klar: Das "Andere" lässt sich durch Medien allein nicht vermitteln, bei denen lange Zeit die emotionale Maschinerie des kalten Krieges federführend war und auch heute noch oft, inzwischen nicht mehr ständig, nachklingt.


    Während ich das schreibe kommt mir gerade in den Sinn ob es nicht langsam an der Zeit wäre, von einem "neuen" Deutschland zu sprechen. Denn es ist offensichtlich, das weder das eine noch das andere im ursprünglichen Grundgedanken weiter besteht. Auch ich als Ex-Ossi bin für die Abschaffung des Solidaritätszuschlages - aber bitte zeitgleich mit der Einführung des 100%ig gleichen Lohns in Ost und West (eine "Kleinigkeit", die in diesem Zusammenhang gern vergessen wird ...) - das wäre doch ein guter NEUanfang. Und ein Zeichen für eine echte Chance.


    ... immerhin eint uns die Sprache.
    In diesem Sinne eine gute (Lese-)Nacht.


    T.

  • Zitat

    Original von SternenTag
    - aber bitte zeitgleich mit der Einführung des 100%ig gleichen Lohns in Ost und West (eine "Kleinigkeit", die in diesem Zusammenhang gern vergessen wird ...) - das wäre doch ein guter NEUanfang. Und ein Zeichen für eine echte Chance.


    So schön dieser Wunsch auch klingt, er hat ähnlich negative Folgen wie der Mindestlohn. So lange die Produktivität der ostdeutschen Unternehmen nicht ausreicht, ist der gleiche Lohn eher eine Belastung als eine Belohnung. Die Folge kann eher sein, dass die Mitarbeiter entlassen werden müssen oder schlicht die Preise steigen, da sonst die Löhne nicht verdient werden können.

  • Ich weiß jetzt zumindest wieder, warum ich in letzter Zeit so selten an Diskussionen teilnehme. Ich kann gar nicht so viel Nahrung zu mir nehmen, wie ich wieder rauswürgen möchte. Was ich hier lese, führt dazu, dass ich mir noch dringender mein eigenes Königreich wünsche. Oder eine einsame Insel. Oder eine eigene Welt.

  • @ Voltaire
    Bin gerade fast aus Versehen auf diesen Thread gestoßen. Zu deinen Beiträgen kann ich nur sagen: Hut ab, die Dinge beim Namen zu nennen. Nicht nur, dass es kaum ehrenrührig sein kann, auch die wirtschaftlichen Bedingtheiten des eigenen Wollens und Handelns zu akzeptieren, auch die nüchterne Sicht auf eine leider vertane Chance verdient Respekt. Wobei man meiner Ansicht nach durchaus auch Begeisterung für die Schaffung z.B. einer neuen rechtlichen Grundlage eines frisch entstehenden demokratischen Staates an den Tag legen darf. (Wenn ich richtig orientiert bin, bist du Jurist, und denen haftet ja nun mal der Geruch an, etwas "dröge" zu sein
    Wir leben nicht im besten aller möglichen Staatsgebilde, auch wenn es nicht das schlechteste ist. Man stelle sich nur einmal vor. es hätte so etwas wie eine verfassunggebenden Versammlung gegeben, die im sich im Sinne einer sozialen Marktwirtschaft mit dem Konfklit Gewinnstreben kontra Gemeinwohl (die ich als Pole eines Ganzen verstehen möchte) befasst hätte.

    "Hebt eure Prinzipien für die wenigen Augenblicke im Leben auf, in denen es auf Prinzipien ankommt. Für das meiste genügt ein wenig Barmherzigkeit."
    (Albert Camus)

  • Die Frage von maikaefer war ja eigentlich: "Was habt ihr getan an jenem Tag ..." Gefällt mir auch besser, als dieser kleinkarierte Hickhack ums Geld. Ich weiß das noch ziemlich genau. "Studentensommer" hieß das, wenn man das sozialistische Bruderland arbeitenderweise kennen lernen w(s)ollte. Wir waren nach Moskau zum Kekse verpacken geschickt worden. Kekse, die in irgendwelchen Delikat-Läden nicht vorhandenen West-Touristen angedreht werden sollten. Bei 60 Grad in einer völlig verrotteten Keksfabrik. Es gab zum Glück diesen Kwas-Automaten, wo ein widerliches Gebräu rauskam, mit dem man überleben konnte, wenn man gegen die Keime resistent war. Ein paar Mädels von uns sind abgeklappt, ich weiß nicht ob wegen der Hitze oder wegen des Getränks. Jedenfalls haben wir als FDJ-Brigade beim Komsomol offiziell Beschwerde eingelegt und nach zwei Tagen einen Streik begonnen. Statt weiter Kekse zu verpacken haben wir uns Moskau angeschaut und sind dann später nach Taschkent, Samarkand und Buchara gereist, ein wenig abseits des Protokolls und am Rande der Legalität. Wir waren damals recht blauäugig, aber ich weiß heute, was wir den beiden jungen Komsomol-Mädchen angetan haben, die eigentlich auf uns aufpassen sollten. Spätestens als ich mit einem Kumpel von Sowjetsoldaten verhaftet wurde, weil dieser einen Fluss mit einer Brücke in Usbekistan fotografiert hatte, haben sie bestimmt Ärger bekommen. Na ja, FDJ und Komsomol haben uns dann freitelefoniert und als wir zurückkamen zu unseren Kommilitonen hatten diese das jüngste "Neue Deutschland" erworben. Sie hielten uns gleich die Titelzeile entgegen: "Eiskaltes Geschäft mit DDR-Bürgern — Silberlinge für Ungarn". Wow, Bibel-Analogien in der SED-Presse, da musste jemand mächtig angefressen sein. Ich fragte dann mal provokanterweise gleich unsere rote Socke was er davon halte, dass Ungarn aus dem Reigen der linientreuen Länder ausschere. Die Antwort darauf war so resignativ, dass sie für mich schon alles vorwegnahm, was später passierte: "Es ist, als ob jemand den Stöpsel aus der Badewanne zieht". Es war ein interessanter Sommer 1989, aber gar nichts gegen den Herbst, der darauf folgte.


    Und wo wart ihr?

  • Zitat

    Original von arter
    Gefällt mir auch besser, als dieser kleinkarierte Hickhack ums Geld.


    Eigentlich kann man da nur mit Dieter Nuhr antworten: "Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fr...... halten!"


    Das was hier als "kleinkarierter Hickhack" bezeichnet wird - war damals von existentieller Bedeutung für unser Sozialsystem. Ein System das kurz vor dem Kollaps stand. Millionen neue Mitglieder bekamen Geld beispielsweise aus der Rentenversicherung, ohne jemals Beiträge gezahlt zu haben. Und das musste irgendwie finanziert werden.
    Finanziert wurde es durch Kredite, an denen der Steuerzahler heute noch abzahlt.


    Auch zahlen überschwappende Emotionen nicht einen Pfennig in unser Sozialsystem. Man kann sich ganz kurz freuen, muss sich dann aber wieder der Realität zuwenden und einfach mal die sozialistische Romantik beiseite schieben.


    Was habe ich gedacht als der Oberpopulist Genscher da vom Balkon der Prager Botschaft gesülzt hat?
    Irgendwie dachte ich an den Prager Fenstersturz und habe dann bei mir gedacht:
    "Wissen diese Menschen eigentlich worauf sie sich einlassen und was auf sie zukommt? Das wird uns wahrscheinlich wieder unglaublich viel Geld kosten."


    Und so kam es dann ja auch.


    Ja, natürlich. Es ging ja in die Freiheit. :rofl :rofl :rofl


    Das diese Freiheit, wenn man sie wirklich erleben will, auch eine ganz teurer Spass sein kann, hat man wohl erst später begriffen.
    Man kann beispielsweise nur dann nach Hawaii reisen wenn man auch das Geld dazu hat. Geld ist der entscheidende Faktor - nicht irgendwelches Freiheitsgerede.
    Denn wer Geld hat kann sich auch Zucker in den Arsch pusten lassen und vorn solange lecken bis es süß schmeckt.


    Mich wundert nur, dass es immer noch diese Wiedervereinigungsromantiker gibt. :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Lieber Voltaire, das ist ja eine höchst aggressive Philippika voller Schmähungen und Boshaftigkeiten. Heute Morgen nicht gut gefrühstückt? :lache


    Ich finde, diesen Rundschlag der Verbitterung muss man nicht allzu ernst nehmen. Aber eines sei kurz richtiggestellt:


    Millionen neue Mitglieder bekamen Geld beispielsweise aus der Rentenversicherung, ohne jemals Beiträge gezahlt zu haben. Und das musste irgendwie finanziert werden.
    Finanziert wurde es durch Kredite, an denen der Steuerzahler heute noch abzahlt.


    Das ist schlicht Unsinn. Die Gesetzliche Rentenversicherung ist nämlich kein Kapitalstockverfahren, wie du hier implizierst, bei dem sich ansammeln könnte, was jemand eingezahlt hat, sondern ein Umlageverfahren, dessen Auszahlungen vornehmlich aus den aktuellen Beiträgen der versicherten Beschäftigten gezahlt werden. Ein Teil auch aus Steuern, aber die werden ebenfalls aktuell erhoben, auch da gibt´s keinen Spartopf.

  • Lieber Dieter, wie die gesetzliche Rentenversicherung funktioniert ist mir schon klar. Aber auch dir dürfte bekannt sein, dass die Löcher in der Rentenversicherung immer durch Mittel aus dem Bundesetat gestopft wurden. Und damals war schlichtweg kein Geld da um die fälligen Zahlungen aus Mitteln der Rentenversicherung zu leisten. Also wurden hier Bundesmittel in Anspruch genommen damit die gesetzliche Rentenversicherung ihren Verpflichtungen nachkommen konnte.


    Zudem soll nicht verschwiegen werden, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Rückstellungen erst seit relativ kurzer Zeit wieder in der notwendigen Höhe vorhanden sind.


    Und natürlich bekamen Menschen aus der Rentenversicherung Leistungen die nie in diese Versicherung eingezahlt hatten. Die Höhe der Rentenleistung bemisst sich nun einmal nach der Beitragsleistung.


    Und für diese Mittel mussten die aktiven Beitragszahler aufkommen und die Steuerzahler weil Bundesmittel dringend erforderlich waren.


    Und ja - ich habe heute morgen gut gefrühstückt.
    Und warum soll man nicht boshaft sein, wenn hier immer wieder Emotionen über die Realität gestellt werden?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire


    Und warum soll man nicht boshaft sein, wenn hier immer wieder Emotionen über die Realität gestellt werden?


    Emotionen gehören zu einem erfüllten Leben. Zweifellos verstellen sie oft den Blick auf die Realität, aber was wären wir ohne unsere Gefühle? Man darf sich durchaus freuen, wenn eine Nation nach langer Trennung wieder zusammenfindet. Dass ein historischer Vorgang wie dieser nicht ohne gravierende Fehler, ohne Verletzungen, ohne Benachteiligungen abgeht, scheint mir auf der Hand zu liegen.


    Aus meiner Sicht: Man hätte vieles anders organisieren müssen, eine Menge Fehler wären vermeidbar gewesen, ja, aber unterm Strich bleibt die sog. Wiedervereinigung eine großartige Sache, an die ich jedenfalls nicht mehr geglaubt hatte.

  • Zitat

    Original von streifi
    Die Sache mit dem Grenzzaun in Ungarn habe ich noch eher mit Staunen wahrgenommen. Als Genscher dann auf dem Balkon in Prag Stand hab ich geheult und auch heute kommen mir da noch die Tränen.

    Die Geschichte mit Prag habe ich damals mit recht gemischten Gefühlen betrachtet. Einerseits war es erfreulich zu sehen, dass das Regime erstmalig durch ein paar tausend Leute zum Nachgeben gezwungen wurde. Andererseits war es eigentlich nicht die Zeit zum Weglaufen, denn es ist bestenfalls ein Zeichen von Resignation oder wie bei vielen anderen Menschen von Egoismus, sich ausgerechnet in dem Moment aus dem Staub zu machen, wo man wirklich was bewegen konnte. Die Wenigsten dieser Leute waren wirklich an Leib und Leben in Gefahr gewesen. Ich kann ihr Handeln verstehen und verurteile es auch nicht, schließlich haben wir ja alle zuerst unser persönliches Wohlergehen im Sinn, aber damals fand ich das feige. Das hat sich geändert, da ich inzwischen einige gute Menschen kennen gelernt habe, die über Ungarn oder Prag weggemacht sind und mir ihre Situation damals geschildert ahben. Sie haben ihren Beitrag an der Entwicklung geleistet, aber wir hätten sie auch im Herbst an unserer Seite gebrauchen können. Und der eine oder andere hätte vielleicht auch dabei helfen können, einen anderen Weg zu gehen, als den, der dann der des geringsten Widerstands war. Alles andere war im Rückblick dann wohl doch nur ein Hirngespinst.

  • Wir saßen mit offenem Mund vorm Fernseher und konnten kaum glauben, was da an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich vor sich ging. Ich dachte, okay, Ungarn wird ausscheren, aber insgesamt wird sich nicht viel ändern.


    Ein paar Wochen später fuhr ich mit dem Auto nach Freiburg. Einer Intuition folgend schaltete ich irgendwann das Radio an und hörte Momper, Brandt und Kohl herzergreifend den Raum füllen. Erst dachte ich, dass sei Realsatire gewesen, doch abends in den Nachrichten kam dann die Bestätigung. Wir waren elektrisiert.


    Wenige Tage später fuhr ich mit meinem Kumpel Alfred an den Grenzübergang Herleshausen. „Macht die Hütte auf“, schmetterten wir den Vopos entgegen. Einer der Beamten kam auf uns zu und grummelte: „Des jibts nich, des jabs noch nie und des wird’s ooch nie jeben, ei verbibbsch - un nu is Schluss. Ummgehrn!“ Ein paar Wochen später durfte dann jeder in den siegreichen Sozialismus rübermachen.


    Jetzt würde ich gern wissen, was aus dem Grenzpropheten geworden ist. Möglicherweise arbeitet er für eine Bundesbehörde und kümmert sich um Wirtschaftsprognosen …

  • Zwei Tage nach dem "Prager Fenstersturz" dieses Herrn Genscher durfte ich zu einer außerplanmässigen Wehrübung einrücken. Man traute offensichtlich dem Warschauer Pakt nicht und klammheimlich wurden einige Reservisten eingezogen.
    Okay - nach der "Wehrübung" die drei Wochen dauerte wurde ich dann zum Oberleutnant befördert. So hatte das alles auch für mich noch etwas Gutes.


    Aber ich kann mich an keinen Kameraden erinnern der ähnlich euphorisch auf die Pauke gehauen hat wie einige der Diskutanten hier im Forum. Die Stimmung war ruhig, relativ entspannt aber auch ernsthaft. Unsere Panzer waren jedenfalls gefechtsbereit. Die Lage war explosiv auch wenn es heute niemand mehr wahrhaben will.


    Keiner wusste doch wie die Staaten des Warschauer Paktes reagieren würden.


    Dann sind meine Erinnerungen. Nichts für die Tränendrüse - aber das ist eben das Brot von anderen Leuten. :-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.


  • Ich war zufällig im Offizierskasino eines Fliegerhorstes und da habe ich diese Euphorie sehr wohl erlebt ....

  • Zitat

    Original von Nick


    Ich war zufällig im Offizierskasino eines Fliegerhorstes und da habe ich diese Euphorie sehr wohl erlebt ....


    Ich redete von Soldaten - nicht von der Luftwaffe. ;-)

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Voltaire
    Die Menschen in der DDR haben sich in Bezug auf Freiheit selbst ins Knie geschossen. Sie hätten etwas wirklich Neues machen können.
    Aber sie wollten die D-Mark - nichts anderes.
    Es ging ihnen nicht um Freiheit (Was immer das ist) - es ging ihnen um Konsum, es ging ihnen darum am kapitalistischen Leben teilzunehmen.


    Na immerhin haben heute viele Ostdeutsche die Freiheit, den ganzen Tag durch die TV-Kanäle zu zappen und sich Werbung anzuschauen für Dinge, die sie sich vermutlich nie kaufen können...und das haben sie mit vielen Westdeutschen gemein.


    Zitat

    Original von Voltaire
    Diese ganze "Freiheitseuphorie" hat vielen den Blick auf die Realität verstellt. Denn hätte sich die Wiedervereinigung für die westdeutsche Wirtschaft nicht gerechnet - dann hätte sie es nicht gegeben.
    Aber nicht die Wirtschaft hat bezahlt.
    Bezahlt hat der Steuerzahler.


    Das glaube ich auch! Offensichtlich rechnete sich die schnelle Vereinigung für die westdeutsche Wirtschaft hervorragend! Und nicht vergessen: Gewinne werden in diesem Land immer privatisiert - die Kosten nicht.


    Nur in einem Punkt bin ich skeptisch. Ich gehörte damals auch zu den jungen Idealisten, die dachten, dass wir es nun in der Hand hätten, einen neuen Staat aufzubauen - eine echte deutsche demokratische Repbublik. Und das wollten anfangs viele...


    Aber das Pendel schlug schnell um! Und ich glaube nicht, dass man diesen Umstand dem dummen Ossi in die Schuhe schieben kann. Es gab nach meinem Empfinden vor der letzen Volkskammerwahl durch alle großen Print- und Rundfunkmedien eine konzertierte Kampagne nach der Devise "schnelle Vereinigung oder Untergang", die jede andere Meinung plattwalzte.


    Mein Vater war damals für die DSU unterwegs (die Partei ging später mit in der CDU auf). Und er bekam tonnenweise Propagandamaterial aus dem Westen. Mit dem ganzen Zeug wurden die trostlosen Oststädte und -dörfer zugepflastert. Und ich denke, damit war der gemeine Ossi einfach überfordert (Medienkompetenz war und ist nicht unbedingt seine Stärke). Nachdenken über eine neue alternative Zukunft wurde als Spinnerei abgetan. Ja, auch ich als Spinner, der gegen die alte SED und die Vereinahmung durch die Westparteien war, erlebte hefitge Diskussionen (insb. auch zu Hause). Vor allem die ältere Generation (wie meine Eltern) wollte keine neuen Experiemente, sie wollte nach 40 Jahren DDR noch schnell was vom Kuchen abbekommen. Und genau das wurde ja auch durch die Medien popagiert...


    Und mal ehrlich: ist das heute anders? Warum gibt es keinen Aufschrei, wenn sich ein ehemaliger Pastor und DDR-Dissident (so jedenfalls seine eigene Darstellung) als Buprä an das deutsche Volk wendet und sagt, wir müssten wieder mehr mit dem Säbeln rasseln! Und warum rasseln alle Medien mit? Aber das ist ein anderes Thema...


    Bo