'Keiko' - Seiten 070 - 147

  • Noch bin ich nicht ganz durch.
    Es fängt so schön an im Club. Die Kinder sind ganz verzaubert. Und dann sowas!
    Krass wird die Verhaftung der "Japaner" gerade durch Keikos Aussage, dass sie sich als Amerikanerin fühlt. Das geht sicher nicht nur ihr alleine so. Eine richtige Hexenjagd war das.
    Diese armen Menschen, die all ihre Erinnerungen, ihre ganze Vergangenheit aus Angst verbrannt haben.


    edit ergänzt: Weiß zufällig jemand, was es damals in USA mit der Funktion eines Blockwarts auf sich hatte? Weckt bei mir schlimme Assoziationen. Ob das beabsichtigt ist?

  • Blockwart ist oder war in seiner Eigenschaft ein Spitzel.


    Mir gefällt hier, wie Henry sich seinem Sohn öffnet. Oder es zumindest versucht.
    Das Erlebnis im Panamahotel scheint Blockaden gelöst zu haben.


    In der Vergangenheit, ja das ist schon heftig mit dem Club und den Verhaftungen. Eine schlimme Erfahrung für die Kinder.


    Wie alt sind denn die beiden eigentlich. Stand das irgendwo??

  • In dem Abschnitt gibt es eine Szene als Marty seinem Vater Henry seine Verlobte vorstellen will. Als er sie seinem Vater ankündigt und ihn darauf vorbereitet dachte ich die ganze Zeit: hoffentlich ist das jetzt keine Japanerin. Das wäre mir dann doch zu dick aufgetragen gewesen, dass sich die Geschichte in der nächsten Generation wiederholt. Aber es ist ja dann zum Glück nur eine echte Amerikanerin. :lache
    Ich glaube das hätte für mich den ganzen Zauber des Buches zerstören können, wenn sich der Sohn auch wieder in eine Japanerin verliebt hätte.

  • Zitat

    Original von Rouge
    In dem Abschnitt gibt es eine Szene als Marty seinem Vater Henry seine Verlobte vorstellen will. Als er sie seinem Vater ankündigt und ihn darauf vorbereitet dachte ich die ganze Zeit: hoffentlich ist das jetzt keine Japanerin. Das wäre mir dann doch zu dick aufgetragen gewesen, dass sich die Geschichte in der nächsten Generation wiederholt. Aber es ist ja dann zum Glück nur eine echte Amerikanerin. :lache
    Ich glaube das hätte für mich den ganzen Zauber des Buches zerstören können, wenn sich der Sohn auch wieder in eine Japanerin verliebt hätte.


    Ich dachte beim ersten Lesen, dass Martys Verlobte eine Afroamerikanerin oder Latina ist, jedenfalls nicht, wie Henry als Kind bezeichnet wurde, "gelb", sondern, auch politisch unkorrekt, "schwarz".

  • Zitat

    Original von Findus
    ...
    Mir gefällt hier, wie Henry sich seinem Sohn öffnet. Oder es zumindest versucht.
    Das Erlebnis im Panamahotel scheint Blockaden gelöst zu haben.
    ...


    Ich denke, dass sich nicht nur Blockaden gelöst haben. Für Henry ist es vielleicht ein bisschen wie eine Rückkehr in ein Leben, frei von den großen Lasten, die er während der Krankheit seiner Frau tragen musste. Aber du hast Recht: ohne die Funde im Panama-Hotel wäre er vielleicht nie dahin gekommen, hätte aufgabenlos vor sich hin gelebt.


    Ich mochte übrigens die Geschichte mit dem Baum, der gepflanzt wurde, als Marty geboren wurde, sehr.

  • Zitat

    Original von Clare


    Ich denke, dass sich nicht nur Blockaden gelöst haben. Für Henry ist es vielleicht ein bisschen wie eine Rückkehr in ein Leben, frei von den großen Lasten, die er während der Krankheit seiner Frau tragen musste. Aber du hast Recht: ohne die Funde im Panama-Hotel wäre er vielleicht nie dahin gekommen, hätte aufgabenlos vor sich hin gelebt.


    Ich mochte übrigens die Geschichte mit dem Baum, der gepflanzt wurde, als Marty geboren wurde, sehr.


    Ich glaube, dass es vor allem der Moment war, in dem Marty seinem Vater quasi einen Spiegel vorhält, der Henry bewusst macht, welches Bild sein Sohn von ihm hat. Samantha nimmt vielleicht hier unbewusst Ethels Rolle ein. Ihre vorurteilsfreie, freundiche Art bringt beide zum Sprechen. Ich fand diese Szene im Garten und die Erzählung, was es mit dem Baum auf sich hat so schön. Und über die Entscheidung diese beiden jungen Menschen an seiner Vergangenheit teilhaben zu lassen, habe ich mich richtig gefreut.
    Ich mag die 1986er-Kapitel sehr.


    Die Kapitel rum um Keiko empfinde ich als sehr bedrückend. Ich finde Ford gelingt es sehr gut, die Verwirrung dieses 12jährigen Jungen zu verdeutlichen. Auch die Szene mit der "Bollerwagen-Abfahrt" war extrem spannend erzählt.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Findus, hier war das so. Spitzel, Aufpasser, Leute-Terrorisierer. Ganz so schlimm scheint es in Seattle nicht gewesen zu sein. Jedenfalls scheint Henrys eher zurückgezogen lebender Vater dann doch die falsche Person zu sein.


    Ich hab das gegoogelt und es erschien ein link, dass die USA blockwarts gesucht hatte und die wurden da auch als Spitzel definiert.


    Unter Hoover wurde die Bespitzelung ja noch schlimmer.


    Die Geschichte mit dem Baum war einfach bezaubernd.


    Zitat

    Original von Saiya
    Die Kapitel rum um Keiko empfinde ich als sehr bedrückend. Ich finde Ford gelingt es sehr gut, die Verwirrung dieses 12jährigen Jungen zu verdeutlichen. Auch die Szene mit der "Bollerwagen-Abfahrt" war extrem spannend erzählt.


    Die Bollerwagenfahrt war sehr riskant aber die Gefahr der Entdeckung noch größer. Mit aller Macht will er das letzte Bisschen an dem Keiko liegt, schützen.


    Dieser Chaz ist ein rotes Tuch für mich. Ein vermeintlich Starker, der sich durch Angstmachen und Terror stärker fühlen will. Auch das schrecklich aktuell.

  • Zitat

    Original von Saiya Ich glaube, dass es vor allem der Moment war, in dem Marty seinem Vater quasi einen Spiegel vorhält, der Henry bewusst macht, welches Bild sein Sohn von ihm hat. Samantha nimmt vielleicht hier unbewusst Ethels Rolle ein. Ihre vorurteilsfreie, freundiche Art bringt beide zum Sprechen. Ich fand diese Szene im Garten und die Erzählung, was es mit dem Baum auf sich hat so schön. Und über die Entscheidung diese beiden jungen Menschen an seiner Vergangenheit teilhaben zu lassen, habe ich mich richtig gefreut.


    Das finde ich auch Saiya, mir ging es genauso.


    Der kleine Henry hat großen Mut bewiesen. Sich aus dem Haus zu schleichen und sich mit dem Bollerwagen voller Erinnerungen auf den Weg nach Hause zu machen.


    Nochmal zu Henrys Verhältnis zu seinem Sohn. Es wurde glaube ich mal ausdrücklich gesagt, dass Ethel immer eine Vermittlerrolle zwischen Vater und Sohn hatte. Das gibt es ja ganz oft. Und jetzt, wo sie nicht mehr da ist, müssen die beiden Männer zusehen, wie sie zurechtkommen.


    Begeistert bin ich davon, wie Ford die Geschichte in kleinen Häppchen erzählt und sich die Ereignisse 1942 und 1986 wie Puzzlestücke ineinanderfügen.


    Erst jetzt bin ich auf den Originaltitel gestoßen: Hotel on the corner of Bitter and Sweet.
    Großartig!

  • Zitat

    Original von Findus
    Dieser Chaz ist ein rotes Tuch für mich. Ein vermeintlich Starker, der sich durch Angstmachen und Terror stärker fühlen will. Auch das schrecklich aktuell.


    Ja. Ich denke, das Verhältnis von Chaz und Henry steht stellvertretend für die gesamtgesellschaftliche Situation. Die weißen Amerikaner schikanieren die Chinesen und halten sie klein, die ihrerseits ducken sich weg und hoffen, dass alles gut geht.

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen

    Begeistert bin ich davon, wie Ford die Geschichte in kleinen Häppchen erzählt und sich die Ereignisse 1942 und 1986 wie Puzzlestücke ineinanderfügen.


    Erst jetzt bin ich auf den Originaltitel gestoßen: Hotel on the corner of Bitter and Sweet.
    Großartig!


    Ich mag gerne Geschichten die sich so ergänzen.


    Den Originaltitel hab ich gleich als Erstes gesucht. Der sagt oft viel mehr über das Buch aus als die der übersetzten Ausgabe.


    So hat man auch den Zusammenhang, denn dieses Bitter und Süß kommt ja auch im Roman vor.


    Und es beschreibt perfekt Henrys und Keikos Geschichte, süß die zarte, nicht erlaubte Liebe und bitter der Verlust und wie er herbei geführt wird.

  • Danke für den Original-Titel, den hatte ich noch nicht auf den Schirm, aber er ist so schön :-] :-]


    Auch ich habe mich gefreut, dass Henry sich seinem Sohn öffnet, ich glaube es wird beiden gut tun mehr miteinander zu reden. Vielleicht kan Samantha ja eine Vermittlerrolle wie Ethel einnehmen.
    Was die beiden jetzt in dem Keller entdecken macht mich ganz neugierig.


    Zu 1942: Ich kann Keikos Angst nur zu gut nachvollziehen und kann auch ihre Aussage, dass sie Amerikanerin sei verstehen.
    Henry hingegen ist meiner Meinung nach ganz verunsichert und kann die Lage nicht so recht einschätzen.
    Bei der Bollerwagenfahrt habe ich ganz schön die Luft angehalten, das war echt gefährlich.

  • Zitat

    Original von Wannerl07
    Mir hat sehr gut gefallen wie Henry den Bauunternehmer und seinen
    Vater durch falsches übersetzen gegeneinander ausgespielt hat.


    Stimm,t das war so ein kleines Highlight zwischen den großen.

  • Zitat

    Original von Findus


    Stimm,t das war so ein kleines Highlight zwischen den großen.


    Und für Henry so etwas, wie eine kleine Rache an Chaz, seinem Peiniger in der Schule. Vor allem aber finde ich es schon bemerkenswert, wie er versucht, die Heimat seiner japanischen Nachbarn zu schützen, seine kleine heile Welt seiner sonnigen Nachmittage mit Keiko. Zu dem Zeitpunkt ist er 12! Reifung durch schlimme Zeiten?

  • Der junge Henry nimmt nicht mehr alles hin, er wehrt sich und setzt sich für andere ein.
    Das gefällt mir sehr gut.
    Auch der ältere Henry öffnet sich langsam seinem Sohn und zeigt sogar das er sich über die Verlobung seines Sohnes freut.

  • Ich hatte beim Lesen dieses Abschnittes Gänsehaut.
    Die zurückgebliebenen Sachen im Panama-Hotel wirken auf mich wie zu Eis erstarrte Zeitzeugen. Ein Mahnmal. Das ist ganz großartig geschildert. Beim Lesen schwankte ich zwischen Trauer und Neugierde, als Henry den Keller durchsucht.


    Beim Lesen habe ich aber auch gemerkt, dass ich so vieles nicht weiß. Dieser Teil der amerikanischen Geschichte war mir nur dunkel bekannt.


    Link zur Seite des Panama-Hotels.


    Der wiedergefunden Sprache zwischen Marty und Henry lausche ich ebenfalls ganz andächtig. Beim Lesen habe ich das Gefühl, ich dürfe die beiden nicht stören, so zerbrechlich wirken die Gespräche.


    Die Vater-Sohn-Beziehungen finde ich total spannend.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Findus


    Mir gefällt hier, wie Henry sich seinem Sohn öffnet. Oder es zumindest versucht.
    Das Erlebnis im Panamahotel scheint Blockaden gelöst zu haben.
    ...


    Die Erlebnisse und die Liebe zu Keiko scheint Henry in die hinterste Ecke seines Herzens verbannt zu haben. Unverständlich und schockierend sind die Ereignisse für den Jungen. Hin- und Hergerissen ist er ebenfalls zwischen der Freundschaft zu Keiko und der Loyalität zu seinem Vater.
    Dass er sogar gegen den Vater auf seine Art rebelliert, in dem er falsch übersetzt, ist mutig. Auch die Leiterwagenfahrt zeugt von seinem großen Mut und dem Wunsch, seiner Freundin zu helfen. Überhaupt ist Henry ein großartiger Freund.


    Die Entdeckung des Sonnenschirms taut Henry und die geschichtlichen Ereignisse auf. Das finde ich auch.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin