'Jeder stirbt für sich allein' - Seiten 135 - 200

  • Arme Frau Rosenthal. Gut gemeint vom Kammergerichtsrat und es führte kein Weg dran vorbei, dass sie unsichtbar bleiben musste. Aber die Einsamkeit konnte sie nicht ertragen.


    So, hier gehört der Satz zur klugen Anna hin. Diese Idee von ihr fand ich doch recht genial. Hätte ich ihr gar nicht zugetraut, sowas raffiniertes. Ich habe mich über die Szene bei der Frau Obersturmbannführerin sehr amüsiert.


    Zusatz: Ich habe das Buch ja schon einmal gelesen und natürlich plagt mich schon wieder die gleiche Frage wie vor Jahren.
    Mir ist der Kommissar ja manchmal richtig sympathisch. Schlau ist er auch. Aber er ist auf der falschen Seite. Ich drücke natürlich den Quangels die Daumen, trotzdem. Ich finde das ziemlich gerissen von Fallada, auch die Gegenseite nicht nur dumpf, böse und saublöd daherkommen zu lassen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Arme Frau Rosenthal. Gut gemeint vom Kammergerichtsrat und es führte kein Weg dran vorbei, dass sie unsichtbar bleiben musste. Aber die Einsamkeit konnte sie nicht ertragen.
    ...


    Ich kann die alte Dame verstehen. Ich glaube, dass man so ein Leben im Versteck nur durchhält, wenn man ein klares Ziel vor Augen hat. Frau Rosenthal ist im rechten Moment gesprungen und hat wenigstens noch etwas Unruhe erzeugt.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    ...
    So, hier gehört der Satz zur klugen Anna hin. Diese Idee von ihr fand ich doch recht genial. Hätte ich ihr gar nicht zugetraut, sowas raffiniertes. Ich habe mich über die Szene bei der Frau Obersturmbannführerin sehr amüsiert.
    ...


    Das war eine tolle Szene! Das hätte ich Anna gar nicht zugetraut. :grin


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    ...
    Zusatz: Ich habe das Buch ja schon einmal gelesen und natürlich plagt mich schon wieder die gleiche Frage wie vor Jahren.
    Mir ist der Kommissar ja manchmal richtig sympathisch. Schlau ist er auch. Aber er ist auf der falschen Seite. Ich drücke natürlich den Quangels die Daumen, trotzdem. Ich finde das ziemlich gerissen von Fallada, auch die Gegenseite nicht nur dumpf, böse und saublöd daherkommen zu lassen.


    Auch dass Fallada sich ein ganz einfachen, aber eindrücklichen Sprache bedient, finde ich klug
    gewählt.


    Die Beziehung zwischen Anna und Otto ist auch gut beschrieben. Rauh und zugleich zart, als sei ihre Beziehung zerbrechlich, gehen sie miteinander um. Jetzt schweißt sie der Widerstand noch mehr zusammen.


    Eindrücklich fand ich auch den Dialog im Bett, als klar wird, dass jeder noch so kleine Schritt wichtig und mutig ist. Man denke mal daran, wenn das alle getan hätten....Ich teile Ottos Vision aus vollem Herzen.


    Bewegt hat mich Ottos Schnitzversuch. Ich wünsche ihm, dass er gelingt.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    So, hier gehört der Satz zur klugen Anna hin. Diese Idee von ihr fand ich doch recht genial. Hätte ich ihr gar nicht zugetraut, sowas raffiniertes. Ich habe mich über die Szene bei der Frau Obersturmbannführerin sehr amüsiert.


    Wirklich genial. Das zeigt, wie gut Anna die Menschen und das System durchschaut hat. Einfach mal Plan übererfüllen, aber an der falschen Stelle. Es hätte allerdings auch nicht klappen können. Glück gehört auch dazu.
    Sicher haben auch in der Realität viele Deutsche versucht, ihre Ämter wieder loszuwerden. Wäre interessant zu wissen, wie oft so etwas erfolgreich war. Mut braucht es dazu nicht gerade wenig. Ich denke, dass Fallada deutlich machen wollte, dass es möglich war.

  • Zitat

    Original von Regenfisch
    Die Beziehung zwischen Anna und Otto ist auch gut beschrieben. Rauh und zugleich zart, als sei ihre Beziehung zerbrechlich, gehen sie miteinander um. Jetzt schweißt sie der Widerstand noch mehr zusammen.


    Das hast du schön gesagt. Anfangs dachte ich noch: Was ist das für eine traurige Ehe. Aber mit der Zeit merkt man, wie gut sie sich kennen, respektieren, schätzen, vertrauen.


    Zitat

    Original von Regenfisch
    Eindrücklich fand ich auch den Dialog im Bett, als klar wird, dass jeder noch so kleine Schritt wichtig und mutig ist. Man denke mal daran, wenn das alle getan hätten....Ich teile Ottos Vision aus vollem Herzen.


    Wenn es unbequem ist, benützen viele die Ausrede: Was kann ich schon bewirken, oder wegen dem bisschen, das reißt es auch nicht mehr raus.


    Zitat

    Original von Regenfisch
    Bewegt hat mich Ottos Schnitzversuch. Ich wünsche ihm, dass er gelingt.


    Ich denke, er hat seinen Sohn mehr geliebt als ihm bewusst war.


    Was ist eigentlich "Körperdoofheit"? :lache

  • Annas Aktion fand ich großartig und mutig. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen.


    Was mich in dem Abschnitt besonders bewegt, ist die Tatsache, dass ihre Aktion rein gar nichts bringt. Wir als Leser wissen ja, dass fast alle Karten abgegeben werden. Und die beiden sich aus, etwas zu bewegen, Leute zum Nachdenken oder gar Handeln zu bringen. Man kann sie nur bewundern, möchte sie aber gleichzeitig warnen.


    Diese Atmosphäre aus Angst, Misstrauen und offenem Hass und Brutalität ist wirklich hervorragend eingefangen, gerade durch den eher berichtenden, neutralen Sprachstil. Gerade bei einem Buch, wo man ja schon weiß, dass es nicht gut ausgeht...


    Dass der Kommissar hier nicht als fieser Vollstrecker des Bösen rüberkommt, finde ich sehr geschickt. Es sind halt auf allen Seiten Menschen. Und eigentlich ist doch fast jeder in der Grauzone, nicht völlig gut, nicht abgrundtief böse. Auch Anna und Otto haben ihre Schwächen, z.B. sind sie ja nicht grundsätzlich gegen die Judenverfolgung.

  • Anna bei der schönen Claire war zum Schmunzeln. Auch wie der Parteiapparat funktioniert und auf der Geschäftsstelle das Telefon glühte. :lache
    Die schöne Reiche und Oberbannführergattin konnte natürlich von ihresGgleichen getröstet werden und durfte ins Theater. Nur arbeiten muss sie nicht.


    Der Kammergerichtspräsident a.D ist eben auf der Seite der Gerechtigkeit. Er hat es immerhin versucht, Frau Rosenthal zu helfen.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Zitat

    Original von Ellemir
    ...
    Was mich in dem Abschnitt besonders bewegt, ist die Tatsache, dass ihre Aktion rein gar nichts bringt. Wir als Leser wissen ja, dass fast alle Karten abgegeben werden. Und die beiden sich aus, etwas zu bewegen, Leute zum Nachdenken oder gar Handeln zu bringen. Man kann sie nur bewundern, möchte sie aber gleichzeitig warnen....


    Findet ihr es gut für Anna und Otto, dass sie gar nicht mitbekommen, dass die Karten gar nicht verbreitet werden?
    Ich schwanke. Einerseits bewundere ich ihren Mut und auch die Stärke, mit der sie sich widersetzen, andererseits bezahlen sie am Ende ja einen hohen Preis für....im ersten Moment für nichts. Posthumer Ruhm, von dem sie nichts mehr haben. Außer, dass sie vielleicht ein Vorbild sind und dank Fallada ein Denkmal gesetzt bekommen haben. Vielleicht ermutigen sie ja noch heute zu Menschlichkeit und Zivilcourage.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ja, das klingt alles so sinnlos. Aber weiß, wer alles diese Karten in die Hände bekommen hat, auch innerhalb der Polizei. Vielleicht hat sich doch der eine oder andere Gedanken gemacht und sich in seiner Handlung beeinflussen lassen.
    Und wir heute lesen auch davon. Wollen wir hoffen, dass es uns auch beeinflusst.

  • Für mich folgen sie einfach ihrem Gewissen, das ihnen sagt: wir müssen was tun. Sie sind ja einfache Leute, keine Revolutionäre, haben keine Verbindungen irgendwohin.
    Nach ihrem Weltbild tun sie etwas - wie die anderen darauf reagieren, scheint ihnen gar nicht bewusst zu sein und vielleicht ist es ihnen auch egal.

  • Zitat

    Original von Lesebiene
    Anna bei der schönen Claire war zum Schmunzeln. Auch wie der Parteiapparat funktioniert und auf der Geschäftsstelle das Telefon glühte. :lache
    Die schöne Reiche und Oberbannführergattin konnte natürlich von ihresGgleichen getröstet werden und durfte ins Theater. Nur arbeiten muss sie nicht.


    Die Stelle fand ich auch richtig witzig, mal was zum Lachen in dem doch sonst so traurigen und ernsten Buch. Ich finde es echt sehr klug von Anna, wie sie es angestellt hat aus ihrem Amt ausscheiden zu können, ohne Risiko und das jemand Verdacht schöpfen würde.

  • Zitat

    Original von Regenfisch


    Findet ihr es gut für Anna und Otto, dass sie gar nicht mitbekommen, dass die Karten gar nicht verbreitet werden?
    Ich schwanke. Einerseits bewundere ich ihren Mut und auch die Stärke, mit der sie sich widersetzen, andererseits bezahlen sie am Ende ja einen hohen Preis für....im ersten Moment für nichts. Posthumer Ruhm, von dem sie nichts mehr haben. Außer, dass sie vielleicht ein Vorbild sind und dank Fallada ein Denkmal gesetzt bekommen haben. Vielleicht ermutigen sie ja noch heute zu Menschlichkeit und Zivilcourage.


    Von 48 sind 44 bei der Polizei gelandet. Was aus den 4 anderen geworden ist, weiß ja keiner (in diesem Kapitel). Wurden sie wirklich zerrissen oder verbrannt? Bekanntlich macht auch Kleinvieh Mist.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • Auch diese 44 Karten werden gelesen und zwar von Polizisten, die ganz "normale" Menschen sind. Die erzählen es weiter.


    Ich glaube, ich verrate nicht zuviel, wenn ich etwas vorgreife: später (40. Kap.) heißt es, es wird viel über diese Karten geschwatzt.

  • Doch, ihr verratet zu viel. Bis zur Seite 200 wurden die Karten nur verteilt, alles andere ist hier noch nicht bekannt. :nono



    Gut fand ich, wie das Denunziantentum im Buch herüberkommt. Mit einfachsten Methoden (Belohnung für Verrat, Bestrafung beim Schweigen, Sippenhaft etc.) wurde die Bevölkerung zu einem gewünschten Verhalten gebracht. Und wer mitmacht, wird fürstlich belohnt - und wenn es nur durch ein geklautes Radio ist oder das Recht zum Schreien. Wer wäre da wirklich in den Widerstand gegangen, wenn Mitmachen so lukrativ ist?

  • Zitat

    Original von xexos
    Doch, ihr verratet zu viel. Bis zur Seite 200 wurden die Karten nur verteilt, alles andere ist hier noch nicht bekannt. :nono
    ...


    Das lag an dem fehlenden Abschnitt. :keks

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von made
    Für sie ist es einfach richtig.


    Aber zumindest anfangs haben sie sich sehr wohl Gedanken darüber gemacht, was mit den Karten passiert. Sie haben sich ausgemalt, wie sie von Hand zu Hand gehen, durch die ganze Stadt.


    Aber ihnen war auch klar, dass viele direkt bei der Gestapo landen würden.



    Die ganze Aktion wirkt wirklich sinnlos, aber es ist für sie beide die einzige Möglichkeit zum Wiederstand.

  • Ich finde die Idee mit den Karten gar nicht so unklug. Wenn man nur ein paar Menschen damit aufweckt, dann hat man schon mal was erreicht. Es geht nicht von jetzt auf gleich, aber immerhin denken welche drüber nach. Allerdings blieb ihnen wohl nicht wirklich viel Zeit dafür...