Buchdoktors Werkstatt

  • Das ist ja interessant! Vielen Dank für den EInblick in deine Werkstatt.

    Hast du vor, hier noch mehr deiner Künste zu zeigen? Ich würde mich freuen!

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ursprünglich hatte ich mich hier vor Jahr und Tag registriert, weil der Wunsch nach einer Buchbinde-Ecke aufgetaucht war. Die User, die nach Reparaturen fragten, haben sich allerdings nicht wieder gemeldet. Falls jemand Patienten und Fotos davon hat, gucke ich mir die gern an.

  • :wave Vielen Dank, Buchdoktor , für diese anschauliche Einführung in Deine Buchreparaturtechnik.


    Ein paar Fragen hätte ich zu Planatol:

    - Welches ist die kleinste Menge, die man kaufen kann? Für eine einzige Anwendung wäre wohl eine Dose mit 1000 ml ziemlich zu viel.

    - Worin liegt der Vorteil zu anderen Buch- oder Bastelleimarten? z.B. Buchbinderleim

    - Gibt es außer über Amazon andere Einkaufstipps? (spezielle Bastelläden oder Baumärkte)

    - Wie schnell wird der Leim unbrauchbar bei längerer Lagerung? Oder kann man ihn mit Lösungsmittel oder Wasser wieder streichfähig machen?

    - Lässt er sich aus Kleidung oder Tischtuch leicht auswaschen?

    (Bei meiner Ungeschicklichkeit saue ich mir bestimmt einiges ein.)

    - Wie lang sollte man eine so geklebte Bindung in der Pressvorrichtung lassen bis sie für den Lesegebrauch belastbar ist?

    :gruebel

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Franz Kafka: Das Schloss

  • Planatol wird nur in Kilodosen verkauft, es sei denn, du findest jemanden, der dir eine kleine Menge abfüllt oder mit dir eine Dose teilt.

    Planatol gibt es bei fast allen Kunstbedarfshändlern wie Boesner, Modulor, Gerstäcker, auch direkt bei Buchbindern, die ebay-Shops betreiben. Evtl. geben Buchbinder kleinere Mengen ab, die sie aus ihren 5l-Eimern umfüllen.

    Für einfache Materialien wie Papier auf Graupappe reicht Planatol BB oder einfacher Leim. Über den abgebildeten Leim erfährt man leider wenig. Für Graupappe (Schachteln, Schuber, Einbände) nehme ich gern Planatol AD 94/5b, obwohl der etwas überdimensioniert ist.


    Der Leim lässt sich einige Jahre in Zwist-Off-Gläsern lagern, allerdings rosten bei kleinen Einmachgläschen die Deckel. Wenn das Deckelporoblem gelöst wird, ist er lange haltbar.


    Verdünnt wird immer vor Beginn der Arbeit mit etwas Wasser + gut umgerührt, weil der Wasseranteil mit der Zeit verdunstet.


    Mit Flecken hatte ich noch keine Probleme. Ich arbeite auf alten Zeitungen, die ich nach jedem Pinselstrich umblättere/auswechsele und mit kleinen, alten Gästehandtüchern. Ein sauberes Handtuch zum Anreiben der Einbandmaterialien, ein Schmutziges für die Leimfinger. Leim darf auf keinen Fall auf die "gute Seite" = das Einbandmaterial gelangen. Aus den Handtüchern lassen sich die Leimreste gut auswaschen.


    Die Bindung wird gepresst, bis sie trocken ist, z. B. bis zum nächsen Tag. Wenn du Papierflächen verarbeitest, legst du immer sauberes Blankopapier (und wechselst es zwischendurch aus) zwischen dein Werkstück und die Pressbretter, das die Feuchtigkeit aufnimmt und sich statt des Buches wellt ...

  • Das ist wirklich interessant, und mit dem richtigen Handwerkszeug sieht das gar nicht mal so schwer aus. Eine schöne Schritt-für-Schritt-Demonstration :)


    Hast du das richtig (beruflich?) gelernt oder woher kannst du das alles so gut?

    Ich akzeptiere immer so ungern, dass etwas "nicht geht" und habe mir das selbst beigebracht, nachdem ich entdeckt habe, wie einfach die Materialien im Internet zu bekommen sind. Wichtig ist eigentlich nur:

    - Nichts tun, was mehr schadet als nützt.

    - Nur Buchbinder-Materialien verwenden, kein Tesafilm, Pattex etc.

  • Ich finde das ja klasse, wenn jemand sich so in ein Thema reinknien und sich alles selbst erarbeiten kann. Das kostet richtig Mühe und Zeit, und produziert auch reichlich Fehlschläge, weswegen viele vor so etwas zurückschrecken. Heutzutage muss ja immer alles schnell und einfach gehen.

    Kannst echt stolz drauf sein :thumbup:

  • Lesebändchen (Satinband, Schleifenband)

    mit 1x1cm Packpapier an den Buchblock leimen, nicht Buchblock und Buchdeckel zusammenkleben lassen, andrücken, unten schräg abschneiden.



    Hardcover


    Softcover






    Bei Taschenbüchern hinten in den Deckel, möglichst nah an den Buchrücken.

  • Lage, Heft, Heftung, Halbleineneinband

    Mit bis zu 48 Seiten spricht man von einem Heft/einer Broschüre, ab 48 Seiten von einem Buch.

    Das Heft heisst Heft, weil es geheftet wird ...

    Ein Schulheft besteht meist aus 16 Blatt



    1 Bogen, 3x gefaltet, nach dem Beschneiden des Buchblocks 8 Blätter, 16 Seiten


    Heftung mit Nähgarn/Zwirn für einfaches Heft



    Heftung, vorgelocht, mit Glanzband, für einfaches Heft



    auf Bändern geheftete Lagen, hier wird der gesamte Stapel geheftet, der Rücken verleimt



    Einbanddecke, Graupappe, Leinenrücken, Marmorpapier

  • Upcycling - Einband eines Jahreskalenders mit Klappverschluss wird mit neuem Buchblock edles Notizbuch.

    1 Blanco-Buchblock, elfenbeinfarben

    evtl. 1 Bogen farbiges Büttenpapier für Vorsatz vorn und hinten (habe ich hier nicht verwendet), dafür Papierschneidemaschine oder Rollschneider

    passendes Lesezeichenband








  • Buchdoktor Ich finde das auch unglaublich spannend! Und ja, man muss oft eigene Wege gehen und sich Sachen selbst beibringen. Geht mir bei Unterrichtsmaterialien auch so. Wenn es das, was ich brauche, nicht gibt, wird eben selbst gebastelt - und hoffentlich so, dass es auch für weitere Klassen/Unterrichtsstunden reicht.


    1 Bogen, 3x gefaltet, nach dem Beschneiden des Buchblocks 8 Blätter, 16 Seiten

    Warum genau wird hier das Blatt gefaltet? (Vielleicht stehe ich auch einfach auf dem Schlauch)

  • Buchdoktor Ich finde das auch unglaublich spannend! Und ja, man muss oft eigene Wege gehen und sich Sachen selbst beibringen. Geht mir bei Unterrichtsmaterialien auch so. Wenn es das, was ich brauche, nicht gibt, wird eben selbst gebastelt - und hoffentlich so, dass es auch für weitere Klassen/Unterrichtsstunden reicht.

    Warum genau wird hier das Blatt gefaltet? (Vielleicht stehe ich auch einfach auf dem Schlauch)

    Das Blatt wird gefaltet, um zu zeigen, wie ein Druckbogen nach dem Heften und Beschneiden zu einer Lage in einem Buch wird.

    Bogen -> falten zum Heft -> 1 Lage

    1 Lage = 16 Seiten;

    20 Lagen = 320 Seiten

    Anordnung der Seiten