'Der Gang vor die Hunde' - Seiten 155 - 230

  • Der Tod Fabians kam für mich genau so abrupt und plötzlich und unerwartet wie für Fabian selbst. Ich war geschockt, und dann war das Buch auch schon zu Ende.

    Schade um ihn, aber wahrscheinlich sehr passend zum ganzen Buch.

  • Mit allem hätte ich gerechnet, nur nicht damit. Ein tragischer Todesfall hat mir gereicht. Klar wäre ein Happy-End unpassend gewesen. Aber vielleicht auch nur deshalb, weil wir heutigen Leser wissen, wie es historisch weitergegangen ist. Aber aus der Sicht von 1930 hätte man doch auch einen positiven oder zumindest schwebenden Ausblick als Ende geben können.

  • Ihr habt schon sehr viele Aspekte eingebracht, die ich auch so sehe oder so empfunden habe. Leider konnte ich heute den Roman erst beenden.

    Ich habe noch einige Punkte auf dem Zettel, die mir aufgefallen sind.

    Kästner schreibt sehr freizügig über Sexualität, allenortens ist der "moralische Verfall" sichtbar. Seine Figur Fabian bleibt aber immer nahezu ungerührt, ja fast sachlich. Zum Beispiel an dem Abend nachdem Treffen mit Cornelia schläft er mit der Strohwitwe, weil die es offensichtlich braucht, er selbst zeigt kaum Regung, geschweige denn Gefühle. Das empfinde ich als ziemlichen Kontrast. Dadurch wirken die Szenen natürlich noch stärker.

    Nachtrag:

    Der Tod Fabians beschäftigt mich. Da er ja wusste, dass er nicht schwimmen kann, verstehe ich ihn ebenfalls als Freitod und als konsequentes Ende. Er fühlt sich überflüssig, wird nicht gebraucht. Die Welt und die Menschheit begibt sich in eine völlige Unordnung. Ein nachvollziehbarer Schritt.

    Kästner lässt die Frauen in diesem Roman in keinem guten Licht erscheinen. Sexbesessen, skrupellos, strebsam bzw. "karrieregeil"- ziemlich modern und emanzipiert für diese Zeit, das hat mich sehr verwundert. So negativ sie auch dargestellt werden, kommen sie doch wesentlich besser durch das Leben als Fabian. Zumindest finanziell. Auch scheinen sie das zu machen, was ihnen gefällt und wirken sehr dominant. Das Frauenbild, das Kästner zeichnet, erstaunt mich immer wieder.

    "Lernt schwimmen!" - das finde auch ich die wichtigste Botschaft dieses Romans. Leute, denkt nach, benutzt euren eigenen Kopf, bildet euch eine eigene Meinung und macht den Mund auf- das ist heute aktueller denn je. Werte wie Solidarität, Haltung, Verantwortung für Menschen und Umwelt müssen wieder in alle Köpfe, der Mut zur Menschlichkeit in den Vordergrund gestellt werden. Ich bin sehr froh, diesen Roman gelesen zu haben.

    Danke, xexos, für diesen Vorschlag. :knuddel1

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

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  • Der Tod Fabians beschäftigt mich. Da er ja wusste, dass er nicht schwimmen kann, verstehe ich ihn ebenfalls als Freitod und als konsequentes Ende. Er fühlt sich überflüssig, wird nicht gebraucht. Die Welt und die Menschheit begibt sich in eine völlige Unordnung. Ein nachvollziehbarer Schritt.

    Ich habe überhaupt nicht an Freitod gedacht, da er doch vorher zu seiner Mutter gesagt hat, dass er tätig werden wolle.


    Vielleicht ist sein Ertrinken nur als Symbol im übertragenen Sinn zu verstehen. Deswegen ließ ihn Kästner auch ins Wasser springen, obwohl er nicht schwimmen konnte. Er sieht die Lage Europas, kann aber nichts tun und geht unter.

  • Die Erklärung ist nicht schlecht. Aber es gab auch schon im realen Leben Retter, die bei ihrer Rettungsaktion ertranken. Ich denke nicht, dass es Fabian bewusst getan hat. Er wollte helfen, Ironie des Schicksals würde ich sagen.

  • Mit allem hätte ich gerechnet, nur nicht damit. Ein tragischer Todesfall hat mir gereicht. Klar wäre ein Happy-End unpassend gewesen. Aber vielleicht auch nur deshalb, weil wir heutigen Leser wissen, wie es historisch weitergegangen ist. Aber aus der Sicht von 1930 hätte man doch auch einen positiven oder zumindest schwebenden Ausblick als Ende geben können.

    Jedes auch nur im entferntesten positives Ende hätte für mich nicht gepasst, da Kästner immer wieder durchblicken lässt, dass er nicht daran glaubt, dass sich die damalige Situationirgendetwas zum Guten wendet.

  • Ich denke auch, dass Fabian nur retten wollte und in dem Moment nicht ein eventuelles Ertrinken einkalkulieren. Er war, gerade zu dem Zeitpunkt, so voller neuem Mit und Plänen, jedenfalls empfinde ich es so. Dass Kästner ihn trotzdem sterben lässt, soll vielleicht die ganze Sinnlosigkeit und Machtlosigkeit der Gesamtheit der Problemen und die allgemeine Aussichtslosigkeit zeigen.:gruebel

  • "Lernt schwimmen!" - das finde auch ich die wichtigste Botschaft dieses Romans. Leute, denkt nach, benutzt euren eigenen Kopf, bildet euch eine eigene Meinung und macht den Mund auf- das ist heute aktueller denn je. Werte wie Solidarität, Haltung, Verantwortung für Menschen und Umwelt müssen wieder in alle Köpfe, der Mut zur Menschlichkeit in den Vordergrund gestellt werden. Ich bin sehr froh, diesen Roman gelesen zu haben.

    Danke, xexos, für diesen Vorschlag. :knuddel1

    Das sehe ich auch so.


    Wichtig war Kästner aber wohl auch, dass man nachdenkt bevor man handelt. Zumindest lese ich das aus der Figur des Fabian heraus.

    Neben all der Übertreibung und Satire hat Kästner ihn über den ganzen Roman hinweg immer wieder Dinge sagen oder tun lassen, völlig ohne Rücksicht auf die möglichen Konsequenzen. Immer mal wieder hat er sich für Schwächere eingesetzt, manchmal nur in einem Nebensatz. Fabian war ein Bauchmensch, ein guter Kerl und überhaupt nicht egoistisch, so völlig ganz oder gar nicht (ich kann es nicht besser beschreiben). Deshalb mag ich diese Figur so gern. Sein Ende ist konsequent und deshalb umso trauriger für mich.

    Ich frage mich, ob Kästner dies als Schwäche betrachtet hat und vor allem, wieviel davon steckte in ihm oder hätte er gerne gehabt.

  • Ich frage mich, ob Kästner dies als Schwäche betrachtet hat und vor allem, wieviel davon steckte in ihm oder hätte er gerne gehabt

    Ich weiß nicht, ob er es als Schwäche betrachtete, vielleicht eher als gegeben und irgendwie nicht zu ändern, so mein Eindruck, als Produkt seiner Zeit und der Umstände.

    Was im Roman fehlt, sind Perspektiven, Lösungsvorschläge, vielleicht mit Absicht in Anbetracht der Ausweglosigkeit, der sich alle gegenüber sahen, mit einem Krieg im Rücken und dem nächsten in Sichtweite.:gruebel