'Mit der Faust in die Welt schlagen' - Seiten 121 - 230

  • Es wurde ja auch immer erzählt, dass im Westen alles ganz großartig ist. Zumindest ist es das, was ich aus der Zeit mitgenommen habe. Ich war ja noch sehr jung, als die Mauer fiel, daher kann ich nur sagen, was man mir so sagte.

  • Im Osten wird heute vielerorts auch immernoch von Manchen erzählt, wie schön es doch in der DDR war und wir gut es dir ging...

    Erinnerungen werden verklärt, wenn das Jetzt einen nicht zufriedenstellt.


    Danke, xexos für die wirtschaftliche Einordnung und Zusammenfassung der Situation Anfang der 90er.:fingerhoch

  • Ich bin jetzt erst mit diesem Abschnitt fertig. Ich komme nur am Wochenende zum Lesen im Moment.

    Uwe war also der Onkel von Menzel, ob da noch was nachkommt? Ich verstehe nicht, warum der Vater ihm nicht geholfen hat. Die 100 Euro zur Beerdigung hätte er vielleicht vorher gebrauchen können.

    Ich denke, das hat mit seiner Stasi-Vergangenheit bzw. dem Gerücht darüber zu tun. So richtig ausgesprochen wird es nicht, aber ich habe zwischen den Zeilen gelesen, dass Uwe gemieden wird, weil er seine Frau bespitzelt haben soll.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Die beiden Jungen treiben wie Blätter im Wind. Philipp hat in die Clique von Menzel gefunden und macht mit, obwohl er sich sichtlich nicht wohl fühlt. Wo soll er auch hin? Die Mutter arbeitet, wird offen betrogen und wehrt sich nicht. Der Vater ist auf seinem eigenen Suchweg nach Glück. Wer soll so einen jungen Burschen stärken, wenn sich keiner drum kümmert?

    Dazu kommt noch eine relative Bildungsferne. Es scheint keinerlei Angebote für die Jugend zu geben wie Sportvereine, Musikvereine, Jugendclubs, Kirche...

    Interessant finde ich, dass Menzel und Co sich quasi den Gegenstand ihres Hasses bzw. das Opfer für ihren Anschlag ja regelrecht suchen müssen. Außer den Sorben scheint es nicht viele ausländische Mitbürger zu geben.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich bin jetzt erst mit diesem Abschnitt fertig. Ich komme nur am Wochenende zum Lesen im Moment.

    Ich denke, das hat mit seiner Stasi-Vergangenheit bzw. dem Gerücht darüber zu tun. So richtig ausgesprochen wird es nicht, aber ich habe zwischen den Zeilen gelesen, dass Uwe gemieden wird, weil er seine Frau bespitzelt haben soll.

    So habe ich mir das auch erklärt. Er hatte Uwe ja auch gefragt, ob da was dran war und keine Antwort bekommen. Daraus hat sich dann die Weigerung ergeben, ihm zu helfen.


    Die Ehe der beiden war ja von Anfang des Buches an nicht die beste. Auch bei der Szene mit Uwes Hilferuf hat sie ja scheinbar die Unterhaltung belauscht und sie hatten darauf Streit. Ein herzliches Zisammenleben macht die beiden nicht aus, was eventuell durch den Schreibstil aber noch verstärkt wird. Dass er seine Frau mit Kathrin betrügt konnte man da kommen sehen, wobei diese ja auch ihren Mann betrügt. Das passt alles so in dieses trostlosen Buch.

  • Wann wurden die Jungs geboren? Sind meine Rechnungen richtig?

    • Tobias wurde 2000 eingeschult und müsste folglich Jahrgang 1994 sein. Jetzt am Ende des zweiten Abschnitts (2006) ist er also erst 12 Jahre alt. Für einen 12-jährigen kommt er mir aber ganz schön nachdenklich und clever vor.
    • Philipp ist vier Jahre älter, also Jahrgang 1990 und nun 16 Jahre alt.

    Meinem Leseempfinden nach beginnt das Buch im Herbst mit der Baustelle, da Tobi ja auch nafragt was passiert, wenn Schnee fällt und beim Haus ja auch noch einiges gemacht werden muss und es zudem Lieferengpässe gibt. Daher würde ich die Einschulung ins Jahr 2001 setzen. Würde auch beide 1 Jahr jünger machen, was insbesondere bei Philipp Sinn macht, da er Bier aus dem Keller klauen muss und noch gar nicht trinken dürfte.


    Ich empfinde Tobi für sein Alter auch gar nicht zu clever, er ist haltlos und auf der Suche und denkt in alle Richtungen, wo ein Anker sein könnte.

  • was erklärungsschwach ist das Buch was Motive und Handlungen anbelangt. Allenfalls wird angedeutet und der Leser? soll den Rest dazu denken. Und jeder denkt anders. Der Vater war ja vor der Heirat mit Kathrin zusammen. Ob jetzt ihre Infertilität dazu geführt hat, dass er eine andere nahm, oder einfach die alte Liebe aufgeflammt ist, als sie in die Nachbarschaft zog? Spekulation. Dass seine Frau das alles so hinnimmt und ihn nicht von vornherein rauswirft? Worauf will das Buch hinaus? Das frage ich mich die ganze Zeit.

    Gerade das angedeute, das episodenhafte finde ich an diesem Buch gut. Es lässt so viel Freiraum für Interpretationen, und noch viel mehr Freiraum für die Frage, wie könnten ähnliche Situationen in meinem direkten Umfeld stattfinden, wie wäre der Umgang damit. Ohne das zu viel durch die Romanfiguren vorgelebt wird.

  • Dazu kommt noch eine relative Bildungsferne. Es scheint keinerlei Angebote für die Jugend zu geben wie Sportvereine, Musikvereine, Jugendclubs, Kirche...

    Interessant finde ich, dass Menzel und Co sich quasi den Gegenstand ihres Hasses bzw. das Opfer für ihren Anschlag ja regelrecht suchen müssen. Außer den Sorben scheint es nicht viele ausländische Mitbürger zu geben.

    So wie der Ort geschildert wird, gibt es für niemanden ein Angebot. Was machen die Erwachsenen denn außerhalb der Arbeit, wenn sie Arbeit haben? Und das drückt natürlich auf die Kinder weiter. Aber vielleicht gibt es auch Angebote, nur wir bekommen es als Leser nicht mit, weil sich die Eltern auch nicht darum bemühen, Phillip und Tobi mehr zu bieten?


    Das es nicht viele Ausländer gibt ist vermutlich der Grund, warum sie als Feindbild so gut taugen. Wobei wir nur den Duktus von Menzels Gruppe haben, dass es sich um Ausländer handelt. Italien wurde durch die Flagge ja auch angeschnitten. Wie lange die Menschen schon in Deutschland wohnen, wo sie geboren sind ist uns ja nicht bekannt. Abgesehen davon, dass es auch keine Rolle spielt. Aber Menzel bringt die Gruppe zusammen mit Ramon schon dazu, es so zu sehen wie die beiden es wollen.

  • Gerade das angedeute, das episodenhafte finde ich an diesem Buch gut. Es lässt so viel Freiraum für Interpretationen, und noch viel mehr Freiraum für die Frage, wie könnten ähnliche Situationen in meinem direkten Umfeld stattfinden, wie wäre der Umgang damit. Ohne das zu viel durch die Romanfiguren vorgelebt wird.

    Mir hat es auch gefallen, nur manchmal kamen mit Zweifel. Kann man als Leser einfach so eigene Schlüsse ziehen? Gerade bei dieser Thematik finde ich das nicht einfach. Schnell kommt man da doch auf das falsche Gleis. Obwohl ich versuche objektiv zu sein, könnte es zu vorschnellen Urteilen führen. Ich bin mir nicht sicher, ob mir hier die Romanfiguren etwas vorleben können.

  • . Dass er seine Frau mit Kathrin betrügt konnte man da kommen sehen, wobei diese ja auch ihren Mann betrügt. Das passt alles so in dieses trostlosen Buch.

    Ich finde es auch so trostlos und macht mich auch sprachlos, dass beide Ehepaare gar nicht um die Ehen kämpfen. Zumindest erfahren wir nichts davon. Alles, was in diesem Buch schiefläuft, wird einfach hingenommen und ausgesessen. :help

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Gerade das angedeute, das episodenhafte finde ich an diesem Buch gut. Es lässt so viel Freiraum für Interpretationen, und noch viel mehr Freiraum für die Frage, wie könnten ähnliche Situationen in meinem direkten Umfeld stattfinden, wie wäre der Umgang damit. Ohne das zu viel durch die Romanfiguren vorgelebt wird.

    Das finde ich auch eine große Stärke des Buches. Es ist kein Erklärbuch, sondern der Erzähler beobachtet sehr genau und gibt dies an den Leser weiter. Es ist die Aufgabe des Lesers, eigene Schlüsse zu ziehen und Wertungen vorzunehmen. Das mag ich.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Mir hat es auch gefallen, nur manchmal kamen mit Zweifel. Kann man als Leser einfach so eigene Schlüsse ziehen? Gerade bei dieser Thematik finde ich das nicht einfach. Schnell kommt man da doch auf das falsche Gleis. Obwohl ich versuche objektiv zu sein, könnte es zu vorschnellen Urteilen führen. Ich bin mir nicht sicher, ob mir hier die Romanfiguren etwas vorleben können.

    Aber das ist genau so, wie es im richtigen Leben auch ist. Wir haben doch nie die Übersicht von allen Seiten um objektiv die richtigen Schlüsse ziehen zu können.

  • Außer den Sorben scheint es nicht viele ausländische Mitbürger zu geben.

    Die Sorben sind seit der großen Völkerwanderung in der Lausitz und Umgebung. Da gab es hier noch keine Deutschen, das Land war weitgehend unbesiedelt zu der Zeit, wenn ich mich richtig entsinne an meinen Geschichtsunterricht.

    Das finde ich auch eine große Stärke des Buches. Es ist kein Erklärbuch, sondern der Erzähler beobachtet sehr genau und gibt dies an den Leser weiter. Es ist die Aufgabe des Lesers, eigene Schlüsse zu ziehen und Wertungen vorzunehmen. Das mag ich.

    Das finde ich auch und schätze es an diesem Buch. Ich habe nun schon seit mehreren Tagen ausgelesen und es beschäftigt mich immernoch. Ich mag, dass mir keine Lösungen geboten werden und mir eigentlich auch nicht beschrieben und erklärt wird, warum die Figuren sich in bestimmter Weise entwickeln und handeln. Die Hintergründe muss ich selbst beleuchten.

    Ich finde das großartig gemacht.

  • Aber das ist genau so, wie es im richtigen Leben auch ist. Wir haben doch nie die Übersicht von allen Seiten um objektiv die richtigen Schlüsse ziehen zu können.

    Stimmt und ich finde das sehr unbefriedigend. Man möchte doch allen gerecht werden.