'Tage des Lichts' - Seiten 086 - 176

  • Ruth wartet sehnsüchtig auf Nachricht und würde am liebsten neben dem Telefon bleiben. Aber sie hat ihre Pflichten. Natürlich hat sie auch Angst, dass eine Nachricht negativ sein könnte. Freddy versteht das und unterstützt, so weit er kann. Olivia hat allerdings gar kein Verständnis. Wie dreist es war, von Besuch zu reden und Ruth nicht zu informieren. Selbst Olivia hätte klar sein müssen, dass Freddy niemals Einwände gegen diesen Besuch gehabt hätte.


    Was ich aber bei Olivia nicht verstehe, ist dieser Aufwand, der betrieben werden muss und später dann ihr abfälliges Verhalten. Sie ist ziemlich oberflächlich. Bei ihren Eltern schien es ihr gut zu gehen, sie wurde verwöhnt. Nun sieht sie Qualität bei der Kleidung, Fotos von dem Haus und geht von Reichtum aus. Das gefällt ihr. Doch die Bedrohungen und die Schikanen kann sie nicht nachvollziehen – aber wer kann das schon, wenn man außen vor ist - und sie will das auch gar nicht sehen. Dass sie Ruth an diesem besonderen Tag auch noch triezt, ist wirklich gemein. Das alles wurde selbst dem geduldigen Freddy zu viel und er spricht ein klares Wort. Ich bin gespannt, wie das jetzt weitergeht.

  • Fast hatte ich befürchtet, Ruths Eltern und Schwester wären nicht auf dem Schiff. Dass Ruth die Abreise so dringlich gemacht, war dann wohl doch entscheidend. Ich hatte Zweifel, ob Martha etwas darauf gibt. Sie war ja sonst auch immer so zögerlich.

    Martha sorgt sich um ihren Mann, der wirklich Ruhe nötig hat. Sie hatte ja wahrscheinlich keine Information darüber, wie erst und dringlich die Lage ist. Die Nachrichten in Deutschland wurden doch immer gut dargestellt.

    Schön fand ich die Unterhaltung zwischen Freddy und Ruth über Vorurteile. Er hat es da gut auf den Punkt gebracht, gute und böse Menschen gibt es überall und nicht jeder ist immer nur gut oder böse. Oder wie ich es immer auszudrücken pflege: Deppen gibt es überall.....

    Freddy ist wirklich ein toller Mensch.

    Ilse hat eine kindliche Vorstellung von dem, wie Ruth die letzten Monate in England gelebt hat.

    Ilse ist noch jung und hat gedacht, dass Ruth ein bisschen arbeitet und ansonsten das Leben genießt. Naiv, ja. Wie schwer es Ruth wirklich hat, konnte wohl keiner ahnen.

    Ich glaube nicht, dass Martha eine Vorstellung davon hat und gleich am ersten Abend merkt, was Ruth alles leisten muss.

    In Martha und Karl wird an dem ersten Tag nur das Gefühl gewesen sein "Wir haben es geschafft". Außerdem sind die beiden nicht sehr stark. Da wird Martha gar keinen Blick für etwas ander3es gehabt haben.

    Fehlende oder falsche Buchstaben überlese ich, wenn ich mich auf die Handlung konzentriere.

    Geht mir auch so, wenn ich anfange Rechtschreibefehler und ähnliches zu entdecken, dann packt mich das Buch nicht.

  • Nee, ist nicht schlimm. :-) Hat mich nur kurz irritiert. :wave

    Ich hab nochmal nachgesehn, auf dem Zettel auf den ich die Seitenzahlen notiert hatte, ist eine ziemlich schlampige Null, die ich wohl beim übertragen als 6 genommen habe. Ich hoffe, es irritiert nicht noch mehr Leute.

  • Alle nehmen zwar ein paar Flüchtlinge auf, aber schotten sich auch ab. Da hat sich heute nicht viel dran geändert. Ich habe mich auch immer gefragt, was eigentlich geschehen wäre, wenn Hitler nicht angefangen hätte, Krieg zu führen und das deutsche Reich nicht hätte vergrößern wollen. Hätte irgendwer Deutschland angegriffen, um die Massenverfolgung zu stoppen? Es wurden ja nicht nur die jüdische Bevölkerung verfolgt, die Verfolgung war ja wirklich sehr umfassend.

    Das ist ziemlich komplex. Hitler hat die Juden gehasst, wollte sie vernichten - aber alle machen immer HITLER für ALLES verantwortlich - letztendlich stand eine ganze Maschinerie im Raum, die Sachen wollte und nicht NUR Hitler. Es gab viele Männer, die den Juden Böses wollten - Hitler wurde zu ihren Sprachrohr - und weil er so charismatisch war, weil er hunderte, tausende Menschen in seinen Bann ziehen konnte mit seinen unsaglichen Reden, ist er immer der Schuldige - und alle anderen haben NUR seine Befehle verfolgt.

    Das stimmt aber so nicht.

    Der Antisemitismus ist in Europas Kultur tief verwurzelt. Es gab immer wieder Progromme - nie so schlimm wi die Shoa - aber das alles gab es schon vorher.


    Was Hitlerr wirklich wollte, war Macht - und Land. Land, um sein Volk ohne Hilfe von außen zu ernähren. Ohne Schafe aus Neuseeland oder Weizen aus Amerika. Deshalb wollte er unbeding Weißrußland und die Ukraine, er wollte Polen, er wollte die Kornkammern Europas.


    Die Juden waren erst nur Sündenbock und nachher Geldgeber - sie mussten alles abgeben. Die Vernichtung war geplant - und sie zielte einem Zweck - Ertrag. Häuser, Immobilien, Gewerbe - alles fiel an die Nazis. Kapital - an die Nazis. Die Juden konnten sich erst aus Deutschland herauskaufen. Sie DURFTEN, sie SOLLTEN gehen - Die Nazis haben nicht damit gerechnet, dass keiner die Juden haben wollte.

    Sie hätten alle gehen können - wenn sie ihr Kapital in Deutschland gelassen hätten - was sie tun mussten, um auszureisen. Aber keiner wollte sie aufnehmen.
    Die Nazis wollten sie erst gar nicht alle töten - aber dann war das der Weg zum geld - und der Weg, um hunrige Mäuler zu vernichten. Man nahm ihnen alles, brachte die Schwachen um, benutzte die Arbeitskraft derer, die sie noch hatten. Es war eine logistische Entscheidung.

  • Der Antisemitismus ist in Europas Kultur tief verwurzelt. Es gab immer wieder Progromme - nie so schlimm wi die Shoa - aber das alles gab es schon vorher.

    Das man die Juden immer für alles verantwortlich gemacht hat im Laufe der Jahrhunderte, war mir bekannt. Man verwehrte ihnen so viele Rechte - sie durfen keinen Grundbesitz haben und kein Gewerbe ausübern -, aber als Geldgeber waren sie gerne gesehen.

    Ich habe vor ein paar Jahren ein Buch darüber gelesen, wie sie aus Spanien vertrieben wurden (Alhambra-Edikt), das war auch nicht ohne.

  • Nun ist die Familie, zumindest zeitweise, in England wieder zusammengekommen. Olivia schafft es immer wieder noch unsympathischer zu wirken. Bei Freddie musste ich lächeln als er tatsächlich einmal zur Tür zurück ging und die Schuhe auszog. Für die Familie ist der mit der Ausreise verbundene soziale Abstieg sicher schwer zu ertragen. Aus Mitgliedern der gehobenen Mittelschicht sind Menschen geworden, die das Schicksal nicht mehr alleine meistern können. Die psychischen Belastungen sind enorm und bei Karl kommen die körperlichen Belastungen im Lager dazu.

    Freddie wirkt erstaunlich gut informiert, obwohl er fast nur auf dem Feld und im Stall ist. Für ihn muss der Plan der Familie, gemeinsam weiter zu ziehen auch ein Schock sein, gerade in Hinsicht auf seine Tochter Jill.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Bei den Nachrichten aus Thüringen wurde mir übel, allerdings auch bei Aktionen gegen FDP-Politiker. Viele haben zu wenig aus der Geschichte gelernt. Es kann auch nicht die Lösung sein, alle AFD-Wähler als Abschaum in die Ecke zu stellen und zu versuchen, sie aus der Gesellschaft auszuschließen. Dieses Verdammen und Hassen des politischen Gegners, natürlich von beiden Seiten, weckt bei mir schlimme Befürchtungen.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Der Abschnitt beginnt mit einem positiven Ereignis: Ruths Eltern und ihre Schwester Ilse sind endlich in England, nachdem Ruth sie gedrängt hat, nicht erst in den Niederlanden zu bleiben, sondern so schnell wie möglich die Fähre nach England zu nehmen.

    Karl ist sehr geschwächt, man merkt ihm an, wie sehr ihm die Zeit im KZ zugesetzt hat.


    Es bleiben nach wie vor viele Sorgen: wohin? Die Wohnung ist noch nicht verfügbar. Man fühlt sich heimatlos, hat Hab und Gut und soziale Stellung verloren. Ruth würde gern bei ihrer Familie bleiben, sie weiß aber, wie wichtig es ist, dass sie eine bezahlte Anstellung hat, diese war Voraussetzung dafür, dass die Familie nach England kommen durfte, also muss sie schauen, dass sie die Stelle behält.


    Olivia macht ihr das Leben schwer. Ganz schön ies, dass sie ihr nicht sagt, wer der Besuch ist – bei einem anderen Menschen hätte ich geglaubt, sie will sie überraschen, aber Olivia traue ich einfach keinen netten Zug zu. :( Gegenüber Ruths Familie spielt sie zunächst die galante Gastgeberin, das scheint eine Rolle zu sein, in der sie sich selbst eher sieht denn als Farmersfrau. Dann scheint aber Neid die Oberhand zu gewinnen, denn Ruths Familie hat früher das Leben geführt zu haben, das sie sich wünscht. Wie es der Familie seit der Machtergreifung der Nazis ergangen ist, lässt sie dabei völlig ausser Acht.


    Freddy ist sehr nett zu Ruth, er nimmt sie immer wieder gegenüber Olivia in Schutz und es wird immer deutlicher, wie unglücklich er sich in seiner Ehe fühlt. Ich habe mich auch schon ein paar mal gefragt, ob er in Ruth mehr sieht als eine Hausangestellte. Auch wenn ich beiden Glück gönnen würde, fürchte ich, dass das zu Problemen führen könnte.


    Faszinierend fand ich die abendliche Unterhaltung von Freddy und Karl. Obwohl Karl nur wenig Englisch spricht („radebrecht“), scheinen die beiden sich sehr angeregt auszutauschen.

  • Ruth tut mir leid. Sie arbeitet und arbeitet und arbeitet und bekommt immer nur noch mehr von der schlechten Laune von Olivia ab. Was will diese Frau damit bezwecken? Wenn Ruth geht, wird sie wieder alleine dastehen und alle Arbeiten machen "müssen". In meinen Augen ist Olivia dort eine vollkommene "Fehlbesetzung", sie gehört in die Stadt, in eine andere Zeit, Madam spielen, Entertainment und nichts weiter. Aber das ist erstmal nur Freddys Angelegenheit, wobei ich befürchte, wir erleben das Ende auch noch.


    Das Ruth alles, aber auch alles daransetzt (trotz dieser vielen Arbeit) und ihre Familie nach England holt, ist gar nicht hoch genug zu bewerten, besonders -und das muss ich mir immer wieder vor Augen führen- in der damaligen Zeit, heute greift man zum Telefonhörer, geht an den PC und vieles reguliert sich dann ganz schnell. Als DER Anruf kam, war es Olivia dann noch zu viel, Ruth darüber zu informieren.... wichtiger war für Olivia, das die Küche geputzt wird.


    Als die Familie dann endlich da war, ist es Mutter Martha gar nicht aufgegangen, was ihre Tochter bis dato geleistet hat bzw. was die dort vor Ort leistet. Ich glaube, ich habe schon mal gesagt, das Martha ein Träumerle, eine realitätsferne Person ist, die es nie lernen wird, das die Welt da draußen anders und auch böse ist, da tut Ruth mir noch mehr leid. Das Ruths Vater schreckliche Sachen gesehen und erlebt hat, davon kann man ausgehen, wenn er in einem Lager gewesen ist, auch wenn er rausgekommen ist, dürfte einiges "kaputt" gegangen sein.


    Mal sehen, wie es weiter geht