'Die Glocke im See' - Seiten 001 - 151

  • Ich bin gut reingekommen. Den Prolog mit den Zwillingsschwestern fand ich Klasse. Der Autor lässt sich ziemlich Zeit und erklärt und beschreibt sehr ausführlich. Mir fast ein bisschen too much. Ein bisschen mehr Tempo könnte nicht schaden.


    Schon eine sehr abgelegene Gegend. Kein Wunder, dass die mit allem etwas hinten dran sind. Da bleibt doch die Zeit stehen, in so einem Dorf. Ich frage mich, ob es da nicht jede Menge "Inzucht" gibt bzw. überhaupt Probleme, einen Partner zu finden. Da ist ein neuer junger unverheirateter Pfarrer doch sicherlich für alle Mädels von Interesse.


    Durch den wenigen Input von Außen erscheint mir die Gemeinschaft ziemlich anspruchslos und fast ein wenig abgestumpft. Ich würde ja vermuten, dass viele junge Leute da nach und nach flüchten und woanders hin wollen. Aber anscheinend ist Astrid etwas Besonderes. Das wundert mich. So ein Hof kann ja kaum eine Familie ernähren, geschweige denn noch eine weitere Generation.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich lese gerne skandinavische Autoren, gerade die norwegischen. Ich mag den oft geruhsamen und etwas ausschweifenden Erzählstil sehr gerne.

    Von den Zuständen in den abgelegenen Gebieten Norwegens kann man sich heute kaum noch eine Vorstellung machen. Heute gibt es fast überall hin Straßen. Das war im 19. Jh noch nicht so. Die Dörfchen, wenn man sie den so nennen will, waren fast alle an der Küste und nur mit dem Boot zu erreichen. Noch schlimmer waren die wenigen Orte im Landesinneren dran. Monatelang nicht zu erreichen.


    Recht schonungslos beschreibt der Autor, dass es sich keineswegs um eine Idylle handelt, sondern um sehr harte Lebensbedingungen. Nur wenige Großbauern hatten es etwas besser.

  • Ich habe heute Nacht weiter gelesen und muss sagen, mir gefällt der Stil sehr. Ich mag das Tempo und die Beschreibungen, denn es passt schon mal zeitlich als auch in die Gegend.

    Ob die Bewohner abgestumpft sind mag ich nicht sagen, aber sie kennen natürlich nur ihr Leben und sind Neuem wenig aufgeschlossen. Genügsam, ja, das wohl. Man war zufrieden mit dem was man hatte. Es blieb einem aber auch nichts anderes übrig.

    Aber das war damals bei fast allen so. Der Fortschritt hat mühsam Einzug gehalten. Dass der Pfarrer Astrid den Vorzug gibt, mag an ihrem aufgeschlossenen aber nicht aufdringlichem Wesen liegen.

  • Abgestumpft finde ich auch nicht ganz richtig. Eher von der Welt abgeschnitten und auf sich selbst bezogen. Man darf nicht vergessen, dass die meisten genug damit zu tun hatten, das pure Überleben zu sichern.
    Astrid hat zwar ebenfalls viel arbeiten müssen, hatte aber ein neugieriges, an allem interessiertes Naturell.

  • Mir gefällt der Erzählstil auch sehr gut.

    Für abgestumpft halte ich die Bewohner dieser abgelegenen Gegend auch nicht, ich denke es ist extrem schwierig Neugier und Interesse für die Welt zu wecken und zu erhalten, wenn so jeder Input von außen fehlt und eigentlich jeder genug damit zu tun das Notwendigste zum Leben zu sichern. Astrid ist da eine absolute Ausnahme, umso schwieriger für sie ihren Platz in dieser engen Welt zu finden.

  • Ich freue mich, dass ich nicht die einzige bin, die gut in das Buch reingekommen ist. Ich mag auch den etwas ausschweifenderen Erzählstil, der die Atmosphäre gut einfängt.


    Ich glaube auch, dass Menschen wie Astrid vorkommen, aber selten sind. Die meisten Menschen bewegen sich mehr oder weniger zufrieden im Rahmen ihrer Möglichkeiten und kommen gar nicht darauf, dass es etwas jenseits ihres Horizontes geben könnte.


    Außerdem habe ich erstmal eine Weile Wikipedia und die Google Bildersuche eingesetzt - beeindruckende Landschaftsbilder von Norwegen und Bilder und Erläuterungen zu Stabkirchen. Ich wusste gar nicht, was das ist.

  • Ich habe bis jetzt nur eine einzige Stabkirche gesehen. In Stahnsdorf auf dem Südwestfriedhof. Also bei Berlin. Und ich habe die ganze Zeit überlegt, ob das die ist, die hier ständig erwähnt wird, die eigentlich nach Berlin sollte aber irgendwo anders gelandet ist. Muss das mal recherchieren.

  • Okay abgestumpft ist nicht das richtige Wort. Mir fällt gerade nix passendes ein. Aber dass Astrid herausragt, spiegelt für mich wieder, wie die anderen Leute sein müssen. Denn trotz allem wirkt Astrid für mich doch relativ angepasst und brav.

    Für abgestumpft halte ich die Bewohner dieser abgelegenen Gegend auch nicht, ich denke es ist extrem schwierig Neugier und Interesse für die Welt zu wecken und zu erhalten

    Was ist denn das Gegenteil von neugierig und interessiert? Desinteressiert?

    Abgestumpft finde ich auch nicht ganz richtig. Eher von der Welt abgeschnitten und auf sich selbst bezogen. Man darf nicht vergessen, dass die meisten genug damit zu tun hatten, das pure Überleben zu sichern.
    Astrid hat zwar ebenfalls viel arbeiten müssen, hatte aber ein neugieriges, an allem interessiertes Naturell.

    Ja, ich weiß, die Leute müssen viel arbeiten und es gibt wenig äußere Reize aber gerade das ist es ja, was ich meine. Ich glaube, mich erinnert die Abgeschnittenheit und Eintönigkeit dieses Dorfes gerade an unsere Lockdown-Situation. Vielleicht reagiere ich da deshalb etwas über. :/

    Hollundergrüße :wave



    :lesend

    T.J. KLune - Mr Parnassus Heim für magisch Begabte


    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • hollyhollunder für dich ist das eben dein Eindruck und der kann ganz anders sein als unserer.

    Die Gefühle, die so ein Buch weckt, hängen immer von den eigenen Erfahrungen und Einschätzungen ab. :)


    Ich kenne Norwegen ein bisschen und finde das Leben dort im Winter und auf dem Land (und es gibt viel Land) sehr einsam und gewöhnungsbedürftig. Wie mag das erst im 19. Jahrhundert gewesen sein, als es für die meisten Menschen normal war, nie über ihre kleine Region hinauszukommen.


    Ich bin gerade da, wo der Pfarrer die Jagdprämien auszahlen soll und dafür völlig ungeeignet ist, weil er das eine Tier vom anderen nicht unterscheiden kann. So hat eben jeder sein spezielles Wissen und Astrid zeigt viel Einfühlungsvermögen - für beide Seiten.

  • Ja, ich weiß, die Leute müssen viel arbeiten und es gibt wenig äußere Reize aber gerade das ist es ja, was ich meine. Ich glaube, mich erinnert die Abgeschnittenheit und Eintönigkeit dieses Dorfes gerade an unsere Lockdown-Situation. Vielleicht reagiere ich da deshalb etwas über. :/

    Das Leben ist eintönig aber hart. ich glaube, die sind einfach erschöpft nachdem sie den ganzen Tag geackert haben. Dann wird es im Winter kaum Tag, Radio, Fernsehen gibt es nicht, ja wohl auch keine Zeitungen. Mit Sicherheit gibt es dort Leute, die das Leben abgestumpft hat. Sie erwarten nichts, sind, wie ich geschrieben habe, genügsam. Aber, wie überall gibt und gab es dort sicher Menschen die mehr wollten.

  • Das wäre jetzt auch meine Definition von "abgestumpft", wenn man vom Leben so gar nichts mehr erwartet und das Gefühl hatte ich bei den meisten Personen hier im ersten Abschnitt nicht, auch wenn die Erwartungen und Hoffnungen der meisten sehr begrenzt sind und ihnen die Neugier auf das Fremde, Unbekannte von Astrid fehlt.

  • Ach Booklooker, ich habe sozusagen Dauerurlaub und komme manchmal auch tageweise nicht zum lesen. Seltsame Sache.


    Ich bin noch immer im ersten Abschnitt und finde immer wieder faszinierende Abschnitte. Einmal die alten Begräbnissitten. Im Dorf meiner Großeltern war das früher auch so, dass die Verstorbenen zuhause im offenen Sarg aufgebahrt wurden. Erst später machte man das in der Kapelle neben der Kirche.


    Und in diese Phase des Umbruchs platzt dann der arme deutsche Architekturstudent, kann sich nicht verständlich machen und ist unter ganz falschen Voraussetzungen da. Das kann noch was geben.

  • Ich bin noch immer im ersten Abschnitt und finde immer wieder faszinierende Abschnitte. Einmal die alten Begräbnissitten. Im Dorf meiner Großeltern war das früher auch so, dass die Verstorbenen zuhause im offenen Sarg aufgebahrt wurden. Erst später machte man das in der Kapelle neben der Kirche.


    Und in diese Phase des Umbruchs platzt dann der arme deutsche Architekturstudent, kann sich nicht verständlich machen und ist unter ganz falschen Voraussetzungen da. Das kann noch was geben.

    Ja der Student, wenn der Pfarrer dann in den Chroniken liest, dass die wunderschönen Drachenköpfe als Brennholz weg gegeben wurde wird einem schon ganz anders, aber zu der zeit wusste man ja nicht, dass die mal was wert sind.

    Allerdings habe ich doch ein sehr mulmiges Gefühl was die Glocken anbelangt. Ich vermute, es wird dann doch ein Unglück geben. Ob Astrid mit dem Pfarrer glücklich werden würde? Er fühlt sich zu ihr ja auch mehr hingezogen, als zu seiner Braut.

  • Gerade die Sitten und Gebräuche anderer Kulturen sind es, die das Lesen solcher Bücher für mich spannend macht. Ich finde, in diesem Buch sieht man auch schön, dass der Übergang von einer Religion zur anderen ein sehr schleichender Prozess ist, in dem sich Gebräuche vermischen.


    Zum Thema neugierig oder abgestumpft: Ich denke, dass dieser Prozess bei Kindern schon sehr früh losgeht. Wenn man niemanden hat, der die Neugier fördert und darin bestärkt, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, verliert man die Neugier schon in relativ jungen Jahren. Bei Astrid war es wohl ihr Großvater.

  • Ob Astrid mit dem Pfarrer glücklich werden würde? Er fühlt sich zu ihr ja auch mehr hingezogen, als zu seiner Braut.

    Ich glaube nicht, dass die beiden glücklich werden würden, der Pfaffer denkt zu sehr an seine Karriere und würde es Astrid bestimmt vorhalten, wenn seine Pläne mit ihr als Pfarrfrau nicht so funktionieren würden, wie er sich das vorstellt.

  • Ich denke auch, dass sie es ihm nicht verzeihen wird, wenn er die Glocken verkauft. Ich frage mich ja, was aus dem Teppich geworden ist. Schlechte Voraussetzungen für eine gelungenen Partnerschaft.