Die einen sind diesseits, die anderen jenseits und der unbegreifliche Rest ist irgendwo. Ist doch ganz einfach.

Gendern - notwendig oder nervig?
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Wer sich solchen sprachlichen Konstrukten verweigert, ist nicht nur selbst auf jeden Fall cis, sondern auch noch alt, weiß und privilegiert, ganz egal, welches Schicksal man im Einzelfall zu erleiden hatte. Die Gruppen schreiben vor, wie man sich auszudrücken hat, und wer nicht mitmacht, ist mindestens respektlos, eigentlich aber ziemlich sicher in irgendeiner Weise phob. Ich empfinde diesen Ansatz als irritierend und tendentiell sogar in gewisser Weise als asozial. Ich verstehe ihn andererseits, und ich verstehe insbesondere das Bemühen, (auch) die (sprachlichen) Realitäten infrage zu stellen, um zu zeigen, dass die tradierten Sichtweisen etwas mit sich bringen, das es für Menschen schwierig macht, die ihnen nicht entsprechen, und also Diskriminierung und Falschbehandlung begünstigen. Aber ich sehe auch ein sehr, sehr (ja, ebenfalls beabsichtigtes) großes Problem nicht nur mit der Sprachästhetik, sondern vor allem mit der Verhältnismäßigkeit. Wenn man diesen Ansatz nämlich zu Ende denkt, dass jede marginalisierte Gruppe von der gesamten Gesellschaft für die gesamte Kommunikation einfordert, ihr in signalisierter Form Respekt zu zollen, ein noch grausigerer Kauderwelsch dabei herauskommt.
Aber echter Respekt nicht unbedingt. Möglicherweise sogar im Gegenteil.
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Es ist mir egal, was andere von mir denken, ich drücke mich so aus, wie es mir am natürlichsten (für mich) erscheint und respektiere gleichzeitig alle anderen so wie sie sind, so wie sie sich ausdrücken.
Wer mich nicht so respektiert, darf mich kreuzweise ohne besondere Anrede.
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"cis" in seiner Bedeutung bei Alleinnutzung eher aus dem musischen Bereich.
Ich habe Jahrzehnte als Saxophonist mit Gitarristen zusammengespielt, daher ist mir Cis als gegriffener Ton (der dann ein klingendes B ist) sehr nahe. Gitarristen spielen gerne in E, als Saxophonist passt man sich dem an und hat entsprechend häufig ein gegriffenes Fis als Grundton mit Cis als Quint. Es ist der Ton, den man spielt, wenn man keine einzige Klappe drückt. Ich komme mit Cis also gut zurecht.
Ich denke, diese Sprache soll in gewisser Weise der Mehrheit spiegeln, wie diese Menschen sich in unserer Welt fühlen und kann das in dieser Weise würdigen. Wenn beim eigenen Leben, das für einen selbst der Maßstab ist, das Adjektiv trans immer im Vordergrund steht, freut man sich wahrscheinlich auch sein Gegenüber als cis bezeichnen zu können und damit in gewisser Weise aus dieser Mehrheit heraus auf Augenhöhe zu bringen. Das ist auch eine Art von Self Empowerment.
Es ist ein Text, der die Unterschiede herausarbeitet, in diesem Sinne bleibt wohl nichts anderes übrig, als diese Adjektive auch zu verwenden. Die Abkürzung von transgender und cisgender auf trans und cis beruht womöglich darauf, dass Transgender mit diesen Unterschieden in ihrem Alltag häufig konfrontiert werden und diese Adjektive entsprechend häufig verwenden. Das führt dann irgendwann zu Abkürzungen. -
ich tu mir mit den Begriffen auch reichlich schwer. Mal davon abgesehen, dass das Sprechen über eine Gruppe ja niemals die einzelnen Individuen dieser Gruppe widerspiegelt, sondern eben eine Schublade bildet, in die sie alle gesteckt werden. Nicht alle Frauen sind gleich, nicht alle Männer und auch nicht alle Transmenschen. Im übrigen auch nicht alle Mütter, Väter oder gar Eulen
Ich fand den Artikel recht interessant, da wird ja nicht nur die biologische Bezeichnung Mann und Frau in Frage gestellt, sondern auch die kulturell zugewiesenen Mutter und Vater. Ist man weniger wert, wenn man ein Vater ist? Warum das strikte Pochen darauf die Mutter zu sein?
Am Ende sollte doch einfach jeder einzelne versuchen seinem Gegenüber offen zuzuhören und zu versuchen freundlich miteinander umzugehen. Und zwar im realen Leben und auch in schriftlicher Kommunikation. Dann wäre schon viel gewonnen.
Mir fallen da gleich blöde Sprichwörter ein:
Wie es in den Wald hineinruft...
Behandle den anderen so, wie du selbst behandelt werden möchtest
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Ich fand den Artikel recht interessant, da wird ja nicht nur die biologische Bezeichnung Mann und Frau in Frage gestellt, sondern auch die kulturell zugewiesenen Mutter und Vater. Ist man weniger wert, wenn man ein Vater ist? Warum das strikte Pochen darauf die Mutter zu sein?
Es geht nicht um die Elternrolle, es geht um die Geschlechter-Identität. Eine Frau ist Mutter und nicht Vater, und sie will als Frau anerkannt werden, auch wenn sie der Erzeuger (die Erzeugerin? Klingt blöd) ist. Keine Frau würde sagen "ich bin der Vater".
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Cis bekomme ich noch hin, aber Ally oder was das war hat mich echt fertig gemacht. Eine wirkliche Erklärung habe ich immer noch nicht gefunden.
"Ally" hatte ich verwendet. Verbündeter halt.
Ein Begriff der im Gegensatz zu "cis", "trans" nun wirklich keine besondere Rolle spielt und keine offizielle Bedeutung hat. Wollte dich wirklich nicht damit "fertig machen" -
Wenn man diesen Ansatz nämlich zu Ende denkt, dass jede marginalisierte Gruppe von der gesamten Gesellschaft für die gesamte Kommunikation einfordert, ihr in signalisierter Form Respekt zu zollen, ein noch grausigerer Kauderwelsch dabei herauskommt.
Aber echter Respekt nicht unbedingt. Möglicherweise sogar im Gegenteil.
Tom/Maarten, für die interessante Diskussion noch einmal vielen Dank. Trotzdem auf Dauer auch eine anstrengende Diskussion, wieso ich mich auch daraus zurückziehen möchte.
Ich finde Tom bringt es hier gut auf einen Punkt. Man kann noch so wohlwollend einer Gruppe gegenüber stehen, noch so sehr "Ally" sein wollen (noch einmal 'tschuldigung gegenüber den Leuten, die meinen, dieser Begriff wäre wirklich der problematische Kern dieser Diskussion...), aber um einen Begriff aus der Softwareentwicklung zu verwenden: diese Bottom-up Sprachsteuerung skaliert nicht. Cis bekomme ich noch hin, aber wenn jede marginalisierte Gruppe ihr eigenes Vokabular mitbringt dann funktioniert es nicht mehr. Ich würde da dann tatsächlich auch von der Seite aus mehr Realitätsempfinden erwarten. Es bedarf da irgendwie ein besseres herantasten dieser Gruppen an den Mainstream. Gibt es Begrifflichkeiten, die man wieder verwenden kann mit welchen sparsameren Mitteln komme ich zur Gleichstellung? Um auch da wieder in die Informatik abzudriften: KISS (Keep it simple and stupid). Wenn etwas zu komplex wird ist es zum Scheitern verurteilt.
Dass ich allerdings gleichzeitig auch viele Probleme auf der Gegenseite sehe, die eine wirkliche Akzeptanz und Gleichstellung erschweren, das habe ich durch meine Kommentare versucht darzustellen. Wenn auch eher mit beschränktem Erfolg.
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Dass ich allerdings gleichzeitig auch viele Probleme auf der Gegenseite sehe, die eine wirkliche Akzeptanz und Gleichstellung erschweren, das habe ich durch meine Kommentare versucht darzustellen. Wenn auch eher mit beschränktem Erfolg.
Unterschätz Deinen Erfolg nicht.
Tatsächlich ist es in einer Zeit von Fake News und alternativen Fakten zumindest für mich sehr schwierig einen Fakt mit dem ich aufgewachsen bin und sozialisiert wurde in Frage zu stellen. Dass das Geschlecht biologisch bestimmt wird, ist ein Fakt mit dem ich aufgewachsen bin. Jetzt also die These, dass stattdessen das empfundene Geschlecht ausschlaggebend ist. Das muss ich erst mal abgrenzen gegen die allgegenwärtig um sich greifende Verleugnung von wissenschaftlichen Fakten.
Die ganzen Angriffe auf Rowling... Der Block von Richard K. Morgan...
Und eine hochverdiente Feministin, eine Ikone, die beim Guardian weggemobbt wird...
Es ist eine hochtoxische Umgebung und Du hattest dabei eine Meinung die hier auf der exotischen Seite war.
Ich fühlte mich von Dir tatsächlich zum Teil in eine Gegenposition getrieben ('man kann das auch negativ interpretieren...') und musste mich innerlich aktiv dagegen wehren dem nachzugeben. Wir hätten nur Gräben ausgehoben. Ich vermute, Dir ging es ähnlich.
Auch für mich war das eine sehr anstrengende Diskussion. Es ist schwierig und wirklich anstrengend aus seiner Komfortzone herauszudenken. Ohne Deine Beiträge hätte zumindest ich sie nicht so weit verlassen. -
"Ally" hatte ich verwendet. Verbündeter halt.
Ein Begriff der im Gegensatz zu "cis", "trans" nun wirklich keine besondere Rolle spielt und keine offizielle Bedeutung hat. Wollte dich wirklich nicht damit "fertig machen"Ich hab es ja knapp überlebt
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Tom sprach von einer schmalen wackeligen Brücke über die er nicht gehen möchte (ich zitiere sinngemäß aus meinem Kopf).
Es gibt Menschen, die geeigneter sind, über diese Brücke zu gehen und dann ist die Brücke plötzlich nicht mehr schmal und wackelig, sondern sieht zumindest für mich durchaus tragfähig aus.Hier geht Chimamanda Ngozi Adichie über die Brücke. Sie ist eine Ikone des Feminismus und hat gerade den Winner of Winner's award gewonnen, den Women's price for fiction. Ich hoffe sehr, dass sie nicht eine weitere starke, großartige Frau ist, die in dieser Diskussion drüben in England verbrannt wird.
Hier der Link zum Artikel im Guardian:
The orthodoxy, the idea that you are supposed to mouth the words, it is so boring. In general, human beings are emotionally intelligent enough to know when something is coming from a bad place.
Der ganze Artikel ist lesenswert, hier möchte ich den Ausschnitt, den ich vor allem im Kontext unserer Diskussion hier sehe, zitieren:When I last spoke to Adichie following the paperback publication of Dear Ijeawele in 2018, her manifesto for bringing up a feminist daughter, she had recently been on the wrong end of what she calls “the American liberal orthodoxy” for comments she made arguing that the experiences of trans women are distinct from those of women born female. She has no truck with “cancel culture” (her quote marks). “There’s a sense in which you aren’t allowed to learn and grow. Also forgiveness is out of the question. I find it so lacking in compassion. How much of our wonderfully complex human selves are we losing?” she asks. “I think in America the worst kind of censorship is self-censorship, and it is something America is exporting to every part of the world. We have to be so careful: you said the wrong word you must be crucified immediately.” She was interested by “all the noise” sparked by JK Rowling’s article on sex and gender, “a perfectly reasonable piece” in her view, earlier this year. “Again JK Rowling is a woman who is progressive, who clearly stands for and believes in diversity.” She blames social media for this rush to censure, which she finds both “cruel and sad. And in terms of ideas, it is fundamentally uninteresting. The orthodoxy, the idea that you are supposed to mouth the words, it is so boring. In general, human beings are emotionally intelligent enough to know when something is coming from a bad place.”
Und hier ein sehr sehenswertes Interview dazu:
The left is cannibalistic. It eats its own. -
Hier ein Artikel, der die Problematik um den Gender Recognition Act in England beleuchtet und Schlüsse auf Deutschland zieht:
Mannschaft Magazin: UK stoppt Gender Recognition Act
Gerster übers Gendern in ZDF-Heute:
TAZ: ZDF-Moderatorin Gerster übers Gendern
Wer mal in Gendern reinschnuppern möchte:
Genderleicht: Gendern im Journalismus -
Ich habe vor ein paar Tagen mit einem ziemlich berühmten Kollegen über das Thema gesprochen. Er ist mit mir einer Meinung, dass weder der Aufwand die Zielsetzung rechtfertigt, noch sich die Grundlage des Vorgehens ausreichend begründen oder belegen lässt (also das mit dem "mitgemeint sein"). Er schloss sinngemäß mit den Worten: "Aber das spielt keine Rolle, es wird trotzdem gemacht werden. Für eine Zeit. Und dann wird es wieder verschwinden. Wir haben also etwas, auf das wir uns freuen können."
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Der Kollege war nicht zufällig Eugen Ruge:
https://www.zeit.de/2021/04/ge…nhemanew2005f335508940443
Der Artikel ist bedauerlicherweise nur für Abonnenten verfügbar.
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Sprecher:*:innen
Ich habe in mich hineingehorcht, was es tatsächlich ist, was mich am Gendern so stört.
Und das ist vor allem die Selbstverherrlichung, mit der es zuweilen einhergeht.
Blende ich die aus, sind es noch die Sonderzeichen, die mich abschrecken.
Blende ich auch die aus, vermute ich, dass die große Zeit des generischen Maskulinums sich tatsächlich dem Ende entgegenneigt. Und etwas anderes folgen wird, hoffentlich nach einer frostigen Sonderzeichen-Übergangszeit etwas besseres.
Wenn das dann selbstverständlich geworden ist, fällt die Selbstverherrlichung automatisch weg.
Und ohne die Sonderzeichen ist es dann womöglich wirklich eine Verbesserung.
Wobei ich dabei an journalistische Texte, Anleitungen, Fachtexte usw. denke.
Mal sehen... -
Ich glaube eher, dass noch mehr Sonderzeichen in das normale Schriftbild einziehen.
Inzwischen hat man sich doch schon so an Imogies
(Emojis) gewöhnt, dass man sich wundert, wenn mal ein Text ohne sie erscheint.
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Ich glaube eher, dass noch mehr Sonderzeichen in das normale Schriftbild einziehen.
Inzwischen hat man sich doch schon so an Imogies
(Emojis) gewöhnt, dass man sich wundert, wenn mal ein Text ohne sie erscheint.
Das wäre wohl sehr unangenehm, eine Zeitung voller Emojis. Ich würde sie sofort abbestellen.
Oder Bedienungsanleitungen oder gar Fachtexte.
Der Tagesspiegel gibt sich jetzt Leitlinien. Generisches Maskulinum wird dabei weiterhin verwendet, wenn es um "schnelle" Texte geht:
Tagesspiegel: Leitlinien für geschlechtergerechte Sprache
Um zu verdeutlichen, was ich mit "Selbstverherrlichung" meine, hier ein Artikel zum Begriff Latinx. Die Verwendung dieses Begriffs durch die Demokraten könnte ein Grund sein, warum die Republikaner bei der letzten Wahl im Vergleich zu 2016 bei Latino-Wählern hinzugewonnen haben. Trotz Trumps offensichtlicher Feindlichkeit.
Es macht wenig Sinn Menschen mit Begriffen zu benennen, die sie ablehnen. Ob es jetzt Latinx ist oder "Menschen mit Uterus" oder "Menschen die menstruieren". Es wundert mich nicht, dass diese Menschen sich dann ggfls. in einem 2-Parteien-System der jeweils anderen Partei zuwenden oder nicht wählen gehen. Selbst wenn die offensichtlich gegen sie ist, immerhin bezeichnet sie sie nicht mit irgendwelchen merkwürdigen Begriffen:
Why the term latinx hasn't taken off among latins
Hispanics are not 'Latinx' -
Wie wäre es mit Onanierende und Masturbierende?
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ich frage mich, warum in der Debatte immer nur über den Begriff Frau diskutiert wird und nicht über den Begriff Mann. Wenn ich schon die Geschlechterbezeichnungen ablösen möchte dann doch bitte alle.....
Aber vermutlich geht das nicht, weil man dann nicht mehr über alte, weiße Männer diskutieren kann.
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ich frage mich, warum in der Debatte immer nur über den Begriff Frau diskutiert wird und nicht über den Begriff Mann. Wenn ich schon die Geschlechterbezeichnungen ablösen möchte dann doch bitte alle.....
Aber vermutlich geht das nicht, weil man dann nicht mehr über alte, weiße Männer diskutieren kann.
Das ist tatsächlich ein Aspekt, der mich auch sehr stört. Patriarchalische Strukturen sind durch Religionsfreiheit sehr gut abgesichert. Religionen können weitgehend excludieren, wie es ihnen Spaß macht.
Feminismus hingegen ist "nur" eine Philosophie. Es sind Frauen, die eine Stimme in dieser Welt haben, die da gerade im Sinne einer gerechteren Welt zerlegt werden.