'Auf Tiefe - See- und Küstengeschichten' - Tjark auf Tiefe

  • Lieblingsgeschichte Nr. 3 und meine absolute Lieblingsfigur aller Geschichten. Tjarks ganze Lebenseschichte mit all ihrer Tragik mit so wenigenWorten so zu erzählen, ist eine Kunst. Und das meine ich tatsächlich so.

    Ich habe am Ende nicht das Gefühl das etwas fehlt, im Gegenteil kommt Tjark mir so nah, seine Liebe zum Schiffsbau, zum Meer, sein Kampf mit dem Kapitalismus in diesen Zeiten, stellvertretend für so viele kleine Handwerksbetriebe. Ich fand das sehr intensiv erzählt und schlicht echt. Das ist sprachlich herausragend und als Kurzgeschichte perfekt, eine zum immer mal wieder Lesen. Mich hat Tjark sehr gerührt und berührt, fast wie ein Geschenk. Danke dafür.

  • Bitte, gern geschehen, liebe Saiya!

    Mit einem "Gefällt mir"-Emoji ist nur äußerst unzulänglich ausgedrückt, was solche Worte bei jemandem auslösen, der wochenlang an solch einer Kurzgeschichte gearbeitet und gefeilt hat. Denn merke: Je kürzer, desto mehr Arbeit, desto härter der Kampf um jedes Wort. Aber das wusstest du natürlich schon. :knuddel1

  • Saiya : Du hast das wunderbar in Worte gefasst und du sprichst mir aus der Seele. Nur finde ich leider nicht so tolle Worte...


    Tjark ist so eine tragische und gleichzeitig starke Figur. Es hat mir richtig weh getan, so nah mitzuerleben, was er tief drinnen durchmacht. Mich hat sein Schicksal richtiggehend aufgewühlt und wenn ich ehrlich bin, mag ich gar nicht so sehr darüber sprechen. Für mich ist das eine Geschichte, die man auf keinen Fall zerreden darf. Sie steht einfach für sich: intensiv dramatisch und in der Kürze so vielsagend.

  • Ich glaube, ich werde nie ein Fan von Kurzgeschichten, aber die (unterschiedlichen) vier, die ich bisher hier gelesen habe, haben mich schon sehr stark beeindruckt: Kurzgeschichten müssen mit einem knappen Wort (höchsten zwei) ganz viel von Stimmungen, Gefühlen, Freude, Ängsten wiedergeben- und das haben sie alle auf vollkommen unterschiedliche Art gemacht! Chapeau! Vielleicht habe ich in meinem bisherigen Leben immer nur "falsche" Kurzgeschichten gelesen?

    Inhaltlich kann ich mich Saiya und Ayasha nur anschließen, beide haben meine Gefühle und Gedanken wunderbar zusammengefasst... Danke Euch beiden!

    Dieter Neumann : wieder keine Geschichte für die Enkelkinder, vielleicht höchstens für das "neueste Modell" (wenn es dann geboren ist), aber da wird es eher die sonore und beruhigende Stimme des Opas sein (und nicht der Inhalt) :)...

  • Bitte, gern geschehen, liebe Saiya!

    Mit einem "Gefällt mir"-Emoji ist nur äußerst unzulänglich ausgedrückt, was solche Worte bei jemandem auslösen, der wochenlang an solch einer Kurzgeschichte gearbeitet und gefeilt hat. Denn merke: Je kürzer, desto mehr Arbeit, desto härter der Kampf um jedes Wort. Aber das wusstest du natürlich schon. :knuddel1

    Das vergisst man oft, wie viel Arbeit dahinter steckt. Ich hoffe sehr, du hast irgendwann Zeit und Lust das noch einmal zu tun. Ich würde einen weiteren Kurzgeschichtenband sofort kaufen.

  • Saiya :

    Tjark ist so eine tragische und gleichzeitig starke Figur. Es hat mir richtig weh getan, so nah mitzuerleben, was er tief drinnen durchmacht. Mich hat sein Schicksal richtiggehend aufgewühlt und wenn ich ehrlich bin, mag ich gar nicht so sehr darüber sprechen. Für mich ist das eine Geschichte, die man auf keinen Fall zerreden darf. Sie steht einfach für sich: intensiv dramatisch und in der Kürze so vielsagend.

    So empfinde ich das auch. Tjark bleibt in Erinnerung.

  • Und wisst ihr was: Ich kannte mal einen solchen Tjark. Er war tatsächlich Nordfriese, und das Leben hat ihm übel mitgespielt.

    Hier hat das Ganze bei aller Tragik ja noch einen gewissen schwarzhumorigen Beiklang, bei "meinem" Tjark war´s leider nur tragisch.

    Ihm, der natürlich anders hieß, habe ich hier posthum Ehre erweisen wollen.

  • Und der nächste Eigenbrötler... (Böse Zungen würden "Schrat" sagen.)

    Mit dieser Geschichte wurde ich nicht so recht warm. Ich hatte das Gefühl, eine Inhaltsangabe eines dickeren Buchs zu lesen. Mir fehlt die Lebendigkeit, die oft durch Dialoge in Geschichten kommt oder durch die Beschreibung von Gefühlen. Gefühlsmensch ist er jetzt eher weniger. Und dass Tjark am Ende aufgegeben hat, ist einfach tragisch. Für mich ist das nicht konsequent, sondern eine Niederlage. Tjark ist mir nicht unsympathisch, im Gegenteil, aber ich mag Figuren, die kämpfen bis zum letzten Atemzug.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Jo, Tjark ist konsequent. Ohne Boot will er nicht leben, also beendet er es…. Da hat er nicht mit der Wankelmütigkeit der Schweden gerechnet. Schade…. Aber für ihn war es wohl nicht vorstellbar, dass die sich nochmal umentscheiden.


    Eine schöne Geschichte, auch wenn das Ende wehmütig ist. Für mich hat es zu Tjark gepasst.
    ich hab es auch nicht als Niederlage empfunden. Im Prinzip war es wohler Gedanke, dass ihm nichts bleibt vom Leben, wenn er auch das Boot abgeben muss. Das war ja wohl seine Familie.


    Den Dialekt hab ich gut verstanden, hat auch gut gepasst.

  • :thumbup: Gute Geschichte! Und Konsequent! Tjark tut, was er für sich als gut empfindet.

    So ein Typ findet sich mit den Gegebenheiten ab und sucht nicht groß nach Alternativen. Das entspricht wohl auch seinem geringen Bildungsgrad.


    Gewundert hat mich, dass er doch so lange überlegt hat, nach dem plötzlichen Tod seines Chefs die Werft zu übernehmen.

    Das mit dem Pachtvertrag hat mich etwas gewundert. Wer war denn Eigentümer der Werft?

    Am Anfang hat mich die Erwähnung des Erbrechts irritiert und ich dachte, die ganze Geschichte spielt noch in einer Zeit als es noch kein modernes Erbrecht gab. Damals gab es aber auch noch keine EU oder Plastikboote.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Virginia Woolf: Orlando

  • Weil ich den Namen Tjark noch nie gehört habe, gab ich ihn bei Wikipedia ein und bin auf die tragische Geschichte von Tjark Evers gestoßen.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Virginia Woolf: Orlando

  • Hier habe ich zum ersten Mal eine kleine Kritik abzugeben. Die Geschichte ist absolut rund und stimmig. Da passt jedes Wort, jeder Absatz. Man meint, Tjark vor sich zu sehen, wie er mit Lust dieser Kunst frönt, etwas einmalig Schönes zu schaffen. Ein ganzes Leben in einer Kurzgeschichte. Tjarks Entscheidung kann ich nachvollziehen. Als Trauerredner musste ich zwei Mal Geschäftsleute beerdigen, die ebenfalls den Freitod vorzogen. Hat was mit Ehre, verlorener Würde und Aufgabe mit Stolz zu tun.

    Deshalb meine kleine Kritik nun am Schluss, die letzten drei Absätze mit den Schweden waren überflüssig.

    Ich hätte darauf verzichtet. Denn der stolze Tjark wird durch diese verspätete Entscheidung zum Verlierer. Das hat er nicht verdient.

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Es gab und gibt schon immer Recht und Unrecht, leider bekommen die Unrechten fast immer Recht." :chen

  • Deshalb meine kleine Kritik nun am Schluss, die letzten drei Absätze mit den Schweden waren überflüssig.

    Ich hätte darauf verzichtet. Denn der stolze Tjark wird durch diese verspätete Entscheidung zum Verlierer. Das hat er nicht verdient.

    Das ist eine interessante Argumentation, lieber Marlowe, der ich allerdings nicht folge.

    Sicher wäre es eine stringente Lebensgeschichte in Kurzform geworden, wenn der letzte Teil gefehlt hätte. Eben die aber wollte ich nicht schreiben. Das wäre literarisch reizlos gewesen.

    Für mich war von Anfang an klar, dass dies eine Geschichte ist, in der die Absurdität eines (wie sich erst im Nachhinein herausstellt) völlig überflüssigen Freitods und damit eine heftige Prise schwarzen Humors im Vordergrund stehen sollten. Gerade das macht nämlich - zumindest aus meiner Sicht - aus einer netten Allerweltsgeschichte eine ungewöhnliche. In diesem Falle das, was ein Kritiker "literarisches Seestück" genannt hat.

  • Dieter Neumann Kann ich aus Deiner Sicht nachvollziehen. Aber ich liebe nun mal tragische Verlierer, und Du hast dem armen Tjark drei Wochen nach seiner Entscheidung eine lange Nase geschrieben, sozusagen. :) Nennt man wohl künstlerische Freiheit. Und ist ja trotzdem eine schöne Geschichte.

    Schon der weise Adifuzius sagte: "Es gab und gibt schon immer Recht und Unrecht, leider bekommen die Unrechten fast immer Recht." :chen

  • Ist denn Tjark wirklich ein Verlierer? Er hat seinen Traum jahrelang gelebt. Etwas, das vielen Menschen versagt bleibt. Er hat alles ihm mögliche getan, um sein Unternehmen zu retten.

    Es ist nicht seine Schuld, dass es ihm nicht gelungen ist.

    Und mit weniger als seinem Traum wollte er sich nicht zufrieden geben.


    Mir geht es wie Marlowe , eigentlich ist der Meinungsumschwung der Schweden für diese Geschichte gar nicht nötig. Spricht nur gegen das Unternehmen, das so lange gebraucht hat, um zu erkennen, dass seine Forderungen völlig blödsinnig waren.

  • Diese Geschichte hat mich wieder voll und ganz mitgenommen. Tjark ist wirklich konsequent und überaus sympathisch. Er wählt den Freitod, als er erfährt, dass er sein geliebtes Boot verlieren wird. Sein Boot hat ihm Frau und Kinder ersetzt und hat ihm alles bedeutet. Seine Sorge um die Mitarbeiter ist etwas, was ich bei vielen Chefs heute vermisse. Das nachträgliche Angebot der Schweden verleiht der Geschichte eine zusätzliche Tragik. Ich bin ob dieser Erzählung begeistert.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Ist denn Tjark wirklich ein Verlierer? Er hat seinen Traum jahrelang gelebt. Etwas, das vielen Menschen versagt bleibt. Er hat alles ihm mögliche getan, um sein Unternehmen zu retten.

    Es ist nicht seine Schuld, dass es ihm nicht gelungen ist.

    Und mit weniger als seinem Traum wollte er sich nicht zufrieden geben.

    Deshalb war sein Freitod konsequent.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Virginia Woolf: Orlando

  • Mir geht es wie Marlowe , eigentlich ist der Meinungsumschwung der Schweden für diese Geschichte gar nicht nötig. Spricht nur gegen das Unternehmen, das so lange gebraucht hat, um zu erkennen, dass seine Forderungen völlig blödsinnig waren.

    Das hat eben auch eine moralische Aussage; einmal, dass man nicht zu früh aufgeben darf, und zum Zweiten, dass auf Zu- oder Absagen von einer Firma kein Verlass ist. Tjarks Kaufmann hätte vorschlagen können, ähnliche Beteiligungen bei anderen Werften zu suchen - auch um die Konkurrenz anzukurbeln.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Virginia Woolf: Orlando