Totengleich - Tana French

  • Kurzbeschreibung:


    Dem Tod wie aus dem Gesicht geschnitten
    Als die junge Polizistin Cassie Maddox in ein verfallenes Cottage außerhalb von Dublin gerufen wird, schaut sie ins Gesicht des Todes wie in einen Spiegel: Die Ermordete gleicht ihr bis aufs Haar. Wer ist diese Frau? Wer hat sie niedergestochen? Und hätte eigentlich Cassie selbst sterben sollen? Keine Spuren und Hinweise sind zu finden, und bald bleibt nur eine Möglichkeit: Cassie Maddox muss in die Haut der Toten schlüpfen, um den Mörder zu finden. Ein ungeheuerliches Spiel beginnt.
    »Ich kannte sie von irgendwoher, hatte das Gesicht schon tausendmal gesehen. Dann trat ich einen Schritt vor, um genauer hinzuschauen, und die ganze Welt verstummte, gefror, während Dunkelheit von allen Seiten herantobte und in der Mitte gleißend weiß nur das Gesicht der jungen Frau blieb, denn das war ich.«


    Über die Autorin:


    Mit der jungen irischen Autorin Tana French betritt ein außergewöhnliches Erzähltalent den Tatort. Sie wuchs in Irland, Italien und Malawi auf und lebt seit 1990 in Dublin. Tana French machte eine Schauspielausbildung am Trinity College und arbeitet für Theater, Film und Fernsehen.Ulrike Wasel, geboren 1955, arbeitet als Übersetzerin angloamerikanischer Literatur.


    Meine Meinung:


    Tana Frenchs Erstling Grabesgrün hat es mir so angetan, dass ich über meinen Schatten gesprungen bin und den zweiten Roman auf englisch gelesen habe. Ich konnte einfach nicht auf die Übersetzung warten.
    Während Grabesgrün die Ereignisse aus Detective Ryans Perspektive schildert, ist es hier Cassie Maddox, die den Leser an die Hand nimmt und ihre Sicht der Dinge darlegt.
    Als in einer Hütte nahe des irischen Dörfchens Glenskehy eine Frauenleiche gefunden wird, die Cassie bis aufs Haar gleicht, und deren Papiere sie als Lexie Madison ausweisen, eine Identität, die Cassie während ihrer Zeit in der Undercover-Einheit der irischen Polizei benutzte, sieht Cassies ehemaliger Vorgesetzter nur eine realistische Chance, den Mörder zu finden:
    nach langem und intensivem Briefing wird Cassie als Lexie Madison in Whitethorn House eingeschleust, wo das Opfer mit vier Freunden lebte.
    Die Polizei hofft, dadurch den Mörder erneut auf den Plan zu rufen und nicht zuletzt die wahre Identität der Toten in Erfahrung zu bringen.
    Soweit die Ausgangssituation, die es nahelegt, The Likeness unter der Rubrik "Krimis/Thriller" einzuordnen. Tatsächlich lässt einen der Roman aber über weite Strecken vergessen, mit welchem Genre man es eigentlich zu tun hat, denn er bezieht seine Spannung nicht aus der Schilderung blutiger Details, rasanter Verfolgungsjagden oder dergleichen.
    Vielmehr ist es vor allem die wirklich authentische, lebendige Figurenzeichnung, die dieses Buch so fesselnd macht.
    Bei Tana French gibt es keine Schwarz-Weiß-Malerei, keine "Guten" und "Bösen", hier gibt es nur Menschen mit Wünschen, Bedürfnissen, Ängsten und Träumen.
    Die Beschreibung des Zusammenlebens in Whitethorn House, die sehr feine, psychologische Zeichnung von Rafe, Daniel, Abby und Justin - der Freunde und Mitbewohner Lexies - die schlagfertigen, knackigen Dialoge und nicht zuletzt die Entwicklung, die mit Cassie im Laufe der Ermittlungen vor sich geht, haben es mir wieder unheimlich angetan.
    Und auch hier lässt die Autorin den Leser wieder bis fast ganz zum Schluss im Unklaren, wer Lexie wirklich war und wer sie ermordete. Und selbst die Auflösung birgt noch beinahe philosophische Dimensionen ...
    Tana French hat wirklich ein großartiges Gespür für psychologisch motivierte Spannung, ein Talent dafür, Atmosphäre aufzubauen, die man beinahe greifen zu können glaubt und eine ausdrucksstarke, metaphorische Schreibe.
    Ich hoffe sehr, dass es noch weitere Romane mit Cassie und Rob (der auch in diesem Buch immer wieder seine Auftritte hat, wenn auch nur in Cassies Gedanken und Erinnerung) geben wird, ich bin jetzt schon ein großer Fan.


    ASIN/ISBN: 3596175437

    Man muss ins Gelingen verliebt sein,
    nicht ins Scheitern.
    Ernst Bloch

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  • Seestern ,
    da konntest Du es wohl nicht erwarten, was :-) Deine Rezi klingt ja vielversprechend. Ich bin schon sehr gespannt auf die Fortsetzung. "Grabesgrün" gehört bisher zu den Highlights dieses Jahres für mich. Toll, wenn die Autorin es geschafft hat, den Nachfolger auf gleichem Niveau zu halten.

  • Das ist das Original, die deutsche Übersetzung gibt es noch nicht. Du wirst da also etwas verwechseln. ;-) Du meinst vielleicht den ersten Teil der Serie?

  • Die Rezi klingt ja schon seeehr vielversprechend.


    Ich hab das Hörbuch zu Grabesgrün vor 2 oder 3 Wochen beendet und es hat mir wirklich ausnehmend gut gefallen. Das Buch werde ich mir dann aber erst zulegen, wenn es als TB erscheint. Das dürfte vermutlich so um die Zeit rum sein, wenn "The Likeness" auf Deutsch erscheint. :lache

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Ich hab gesehen, dass der Eulen-Geist die deutsche Übersetzung vorgestellt hat - kommt im August diesen Jahres raus, Amazon sagt 25.8.2009.


    Das hat mich an die englische Version auf meinem SUB erinnert; damit fange ich heute mal an. :zwinker

  • Mir hat der zweite Teil eigentlich besser gefallen als der erste. Die Sicht Cassies fand ich sehr gut gewählt und die Geschichte spannend und fesselnd erzählt.
    Die Idee, dass Cassie Maddox der Toten so dermaßen ähnlich sieht fand ich genial und dann auch noch, dass sie in deren "Leben" schlüpfen soll, um den Fall aufzuklären. Ist einfach mal was ganz anderes als das "Übliche" ermitteln, was beim ersten Teil eher der Fall war.


    Leider hatte ich


    Als Krimi durchaus zu empfehlen! Ich finde Tana Frenchs Stil wirklich klasse und die Bücher lassen sich auch auf Englisch genießen. Ich habe beide Teile in der Originalsprache gelesen und werde mir weitere Bücher der Frau bei Erscheinen wahrscheinlich direkt zulegen.

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

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  • Gleich vorneweg: "In the Woods" bekam 8 Punkte von mir, die gebe ich hier wohlwollend auch, und zwar wg. Kleinigkeiten, die die Längen des Buches dann verkürzt haben: Studenten-/Universitätsmilieu, faszinierende Gruppendynamik mit interessanten Charakteren (die, dass gestehe ich Tana French zu, klasse geschrieben sind), Immobilienprobleme in Irland (Miete vs. Eigentum) etc.


    Der Thriller an sich, insbesondere dann der Endteil war nur absurd und in die Länge gezogen. Das Buch wäre m.E. mit der Hälfte der Seiten ausgekommen (manchmal schadet ein bisschen Tempo einem guten Thriller wirklich nicht) und etwas mehr Realismus in Bezug auf die Polizeiarbeit wäre auch nicht schlecht gewesen. Mal ehrlich, Cassie muss doch die schlechteste Polizistin in ganz Irland sein, oder? Emotionalität ist ja gut und schön, aber das ganze verkorkste Ende der Geschichte ab dem Moment,

    da hat mich Cassie nur noch genervt.


    Was mir recht gut gefallen hat, war die Konzentration auf das Opfer und nicht so sehr auf den Mörder und auch die detaillierte Beschreibung von Undercover-Arbeit. Das hätte kürzer sein können und ich glaube nicht, dass eine Heldin wie Cassie, die sich ja offentlich für eine gute Polizistin hält, sich so blöd verhält, aber nun gut. Außerdem muss ich sagen,

    Meiner Meinung nach sollten da zwei Krimis zu einer Serie gemacht werden, die kaum eine Serie sind.


    In meiner englischen Ausgabe ist auf S. 520 mein Lieblingszitat: 'What a mess,' I said….'What a five-star, twenty-four-carat, all-out mess.'


    Genau!

  • Ich habe es nun auf deutsch gelesen und bin begeistert. Schön wenn man Urlaub hat und die Nacht durch lesen kann. :-]


    Meine Meinung: Schon der erste Blick auf das fast 800 Seiten dicke Buch lässt ahnen, dass es sich hier um einen Krimi handelt, der einen etwas länger beschäftigen wird und den man nicht mal so eben nebenbei lesen kann. Nebenbei gelesen zu werden, ist etwas, dass dieses außergewöhnliche Buch absolut nicht verdient hat. Tana French, die schon in ihrem Debüt „Grabesgrün“ durch ihre Sprachmagie überzeugte, hat sich hier noch einmal gesteigert. Vielleicht kann man ihr vorwerfen, dass einige Sachen etwas zu langatmig ausgearbeitet sind - so braucht es allein knapp 200 Seiten, bis Cassie Maddox von ihrem ehemaligen Kollegen überredet werden kann, dass sie als Undercover-Ermittlerin in das Haus der Studenten geht, um sich als deren Freundin auszugeben – doch das verzeiht man gern, denn die Dialoge und die einzelnen Szenen sind sprachlich einfach perfekt.
    Cassie, die in dem alten Herrenhaus eine eingeschworene Gemeinschaft vorfindet, fügt sich gut in die kleine Familie ein. Niemand scheint zu bemerken, dass es nicht die Mitbewohnerin Lexie ist, die da nach einer „Verletzung“ aus dem Krankenhaus zurückgekehrt ist. Bei allem was sie sagt und tut, muss Cassie versuchen, ihrer ermordeten Doppelgängerin so ähnlich wie möglich zu sein. Die ständige Gefahr enttarnt zu werden, schwebt über allem und lange weiß sie nicht, in welches Spiel sie geraten ist.
    Die Autorin hat nicht nur eine absolut fesselnde Handlung entworfen, sondern sie fasziniert durch ihr Gespür für Stimmungen und schildert meisterhaft die einzelnen Beziehungen der Studenten untereinander. Die Schönheit ihrer Sätze fand ich teilweise so beeindruckend, dass ich manche Absätze mehrmals gelesen habe.


    Einen Kritikpunkt habe ich aber trotzdem: Es werden häufig Anspielungen auf den ersten Fall der Ermittler gemacht, ohne dass eine Erklärung folgt, das fand ich sehr schade, da man dann mit seinen Vermutungen allein gelassen wurde. Nach der langen Zeit, die verstrichen ist, seit ich "Grabesgrün" gelesen habe, konnte ich mich nicht mehr an die Einzelheiten, auf die sich die Einblendungen beziehen, erinnern. Da hätte ich mir doch mehr Informationen gewünscht.


    Trotzdem sind das Kleinigkeiten gemessen an der Kraft dieses Werkes - Für mich ist dieses einer der besten Kriminalromane der letzten Jahre. Sprachlich sensationell und atemberaubend fesselnd bis zum letzten Augenblick.

  • Hier meine Rezi:


    Totengleich ist der zweite Krimi von Tana French. Wie schon in der Vorgängerstory „Grabesgrün“ schickt sie ihre toughe Heldin Cassie Maddox wieder als Undercover - Agentin auf gefährliche Mission. Dabei geht Tana French sehr detailliert auf die Polizeiarbeit und die besonderen Tücken eines Undercoverjobs ein – mehr als einmal gerät Cassie trotz perfekter Vorbereitung in heikle Situationen und gefährdet durch Unachtsamkeit ihre Tarnung. Auch wenn das Ende schließlich etwas vorhersehbar wird, ist „Totengleich“ ein feiner psychologischer Krimi, der einen ohne viel Action bis zur letzten Seite in seinem Bann behält.

  • Auch in ihrem 2. Buch gelingt es der Autorin Tana French, mich völlig Wegzupusten mit ihrer Sprachgewalt und malerischen Ausdrucksweise. Ich bin noch völlig gefangen in dem Zauber des alten Herrenhauses und seiner tragischen Bewohner.


    Lange dauert es, bis Cassie endlich ihren Job als Undercoveragentin antritt. Fast 200 Seiten bereiten wir uns mit ihr darauf vor. Ein wenig konstruiert wirkt es schon, die Story um die seltsame Ähnlichkeit und der verschrobenen Freunde der Toten. Aber Tana French ist eine Zauberin. Mühelos folgte ich ihr Seite um Seite und mit Cassie bereitete ich mich auf die 4 Freunde vor, wurde neugierig bis zum Haareraufen. Und dann war Cassie endlich da, mitten unter den Menschen, auf die sie sich vorbereitete. Und wir waren mit ihr gespannt, ob sie es schaffte, sie zu täuschen und die eigentliche Haupterson, Lexie, überzeugend darzugstellen.
    Cassie gerät unter den Bann der eigenwilligen Lebensweise der Freunde. Schon bald hütet sie vor ihrem Ermittler Geheimnisse. Es gibt geschliffene Dialoge, die einzelnen Personen und ihre Beziehung untereinander wird ungewöhnlich lebensnah herausgearbeitet. Und von Tag zu Tag wird Cassie mehr ein Teil davon, bis sie schon fast nicht mehr zurück möchte.


    Schon in ihrem ersten Buch hat mich die Personenzeichnung der Autorin beeindruckt. Auch hier treten die Menschen real hervor. Sie erstehen in seltener Klarheit und Tiefe. Ich fieberte jede freie Minute herbei, um weiterzulesen. French hat eine unglaubliche Gabe, Stimmungen zu erzeugen. Hier und da war es mir zwar fast zu methapherschwer, aber sie findet so unverbrauchte und auf den Punkt genaue Beschreibungen, das ich ihr das gerne verzeihe. Man kann manche Situationen im Buch fast selber fühlen und schmecken, weil sie sie so plastisch beschreibt.


    "Totengleich" läßt mich traurig zurück. Zum einen natürlich, weil es zu Ende ist. Zum anderen aber auch, weil es wirklich ein trauriges Buch ist. Es handlet von gescheiterten Träumen und Wünschen, von Idealen, die an der Realität scheitern. Die Protagonisten bekommen einen kleine Kostprobe, wie es sein könnte, aber letztendlich geht alles zu Bruch.


    Ohne Zweifel ist "Totengleich" ein Krimi, aber wie schon "Grabesgrün" sehr viel mehr. Ich bin Frenchs Schreibstil haltlos verfallen und giere schon nach ihrem nächsten Buch. Dank Bells Hinweis, weiss ich, aus wessen Sichtweise French dann schreiben wird. Zwar nicht mein Wunschkanditat, aber auf jeden Fall hat die Frau Ideen, Talent zum Niederknien und Mut zu losen Fäden.