Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht - Jakob Hein

  • Gebundene Ausgabe: 192 Seiten
    Verlag: Piper (11. September 2008)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 349205207X
    ISBN-13: 978-3492052078


    Kurzbeschreibung
    Seit Boris Moser seine Agentur für verworfene Ideen eröffnet hatte, war niemand anderes als er selbst durch die Eingangstür getreten. Nun stand diese Frau vor seinem Schreibtisch, Rebecca. Kastanienbraunes Haar fiel auf ihre Schultern, und ihre Augen leuchteten. Während Boris noch darüber sinnierte, ob ihre elegante Nase ihr einen evolutionären Vorteil einbrachte, sprach Rebecca ihn an. Schlagartig wurde Boris klar, dass er diese Frau nie wieder gehen lassen durfte. Und dann tat er etwas, das er sonst unter allen Umständen vermieden hätte: Er erzählte ihr von einem verworfenen Romananfang. Er erzählte ihr von Sophia, die für ihren Auftraggeber eine Geschichte aufschrieb. Sie handelte von dem Wissenschaftler Heiner, der kurz davor stand, den Sinn des Lebens zu ergründen.


    Über den Autor
    Jakob Hein wurde 1971 in Leipzig geboren und lebt als praktizierender Arzt mit seiner Frau und zwei Söhnen in Berlin. Mit seinem jüngsten Roman »Herr Jensen steigt aus« stand Jakob Hein wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste. Außerdem liegen von ihm bei Piper u. a. vor »Mein erstes T-Shirt«, das autobiografische Familienporträt »Vielleicht ist es sogar schön« und der Band »Antrag auf ständige Ausreise«.


    Rezensionen zu Büchern des Autors bei der Büchereule:
    Herr Jensen steigt aus
    Mein erstes T-shirt
    Formen menschlichen Zusammenlebens


    Meine Meinung
    Der Autor greift interessante Fragen auf, wie es beispielsweise mit den Dingen aussieht, die wir uns wünschen und ob wir damit wirklich das erreichen, was wir eigentlich haben wollten.
    Der Schreibstil Jakob Heins hat mir gut gefallen und auch die ausschweifenden Erklärungen, die ab und an vorkamen haben gut in die Thematik der Geschichte gepasst.
    Die lediglich 192 Seiten beinhalten sehr viel: Ein Buch im Buch, eine Zeitreise, eine eigene Bibliothek, viele schicksalhafte Begegnungen und massenhaft philosophierendes Denken...
    Immer wieder neue, unerwartete Ereignisse machen einem auch zwischendurch noch das Buch schmackhaft, sodass man sich nie langweilt.
    Besonders die Grundidee des Buches, eine Agentur für verworfene Ideen passt hier sehr gut ins Schema, da die Grundlage der restlichen Eingebungen des Buches wiederspiegelt.
    Das Buch ist aus der Sicht mehrerer Menschen geschrieben, die alle unterschiedliche Erfahrungen in ihrem Leben machen.
    Der Satz auf der Rückseite des Buches "Wie einer beinah den Sinn des Lebens entdeckte" trifft auf fast alle Protagonisten des Buches zu und trotzdem bleibt es (wie schon zu erwarten war) bei einem beinah.
    Für mich war dieses Buch ein gelungenes, zum nachdenken anregendes und doch nicht trockenes Buch, das ich gerne gelesen habe.

  • Ich bin zwar noch nicht ganz durch mit diesem Goldstückchen, aber auch ich würde jetzt schon 8 Punkte von 10 möglichen geben.


    Der Schreibstil ist angenehm und ein erhobener Zeigefinger fehlt zum Glück ganz.


    Ein Buch über Anti-Helden, das einfach nur ein schöner Lesegenuß ist...und das, finde ich, auch zum Glück mal nicht zerpflückbar ist.


    Bitte ruhig mehr davon :-)


    :wave

  • Hallo,


    hier auch meine Rezension.


    ---------------------------------------


    Weil er an verwunschene Immobilien glaubt, hat Boris Moser seine „Agentur für verworfene Ideen“ in den ehemaligen Geschäftsräumen einer sehr erfolgreichen Computerfirma eröffnet. Seine Hoffnung, dass sein Laden deshalb genau so gut laufen würde, bleibt allerdings eher ein Wunschgedanke.
    Dafür steht eines Tages jedoch Boris’ Traumfrau vor seinem Schreibtisch. Rebecca ist klug, schön und aus irgendeinem Grund an Boris interessiert. Auch wenn sie ihn für einen „schrägen Typen“ hält. Vielleicht aber auch gerade deswegen.
    Und so kommt es, dass Boris ihr von seinem geheimen Romananfang erzählt, der mit Sophia beginnt, die mitten auf der Straße plötzlich umfällt und ihrem Arzt später davon erzählt, wie sie als Sekretärin für einen blinden Schriftsteller gearbeitet hat, der wiederum die Geschichte von Heiner verfasst hat, der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens ist.


    Der (mögliche) Anfang einer Romanze zwischen Boris und Rebecca dient somit eher als Rahmenhandlung für die weiteren, ineinander verschachtelten Geschichten. Als Leser taucht man nur kurz in die jeweilige Geschichte ein, bekommt einen flüchtigen Abriss über die auftretenden Personen und dringt dabei immer weiter vor in die (deutlich an Goethe’s Faust angelehnte) Suche nach des Pudels Kern Kerngeschichte, in der tatsächlich beinahe der Sinn des Lebens entdeckt wird.


    Dabei gelingt es dem Autor vortrefflich, scheinbar belanglose, kleine Fragen des Alltags mit der alles entscheidenden Sinnfrage zu verbinden. So lässt er seine Figuren umfassende Monologe über den perfekten Tee oder die Zubereitung des vollkommenen Kaffees inklusive Milchschaum oder die Vorzüge eines Koffers im Vergleich zu einem Rucksack halten – und stellt diesen im selben Moment die Suche nach dem Alles oder Nichts gegenüber, ohne dass dies aufdringlich oder belehrend wirkt. Und auch wenn diese Ausführungen vielleicht informativ, aber nicht immer sonderlich spannend sind, fliegen die Seiten nur so dahin.
    Selbst die Tatsache, dass es auf gerade einmal 173 Seiten unmöglich ist, den Figuren besondere Tiefe zu verleihen, ist nicht weiter tragisch. Schließlich wird dem Leser ohnehin nur ein kurzer Einblick in ihr Leben gewährt. Einzig, dass sie sich alle sehr gewählt ausdrücken, lässt sie und die vielen Dialoge, die sie führen, leider etwas unnatürlich erscheinen. Die melancholische Stimmung und der leise Humor machen dieses Manko allerdings (fast) wieder wett.


    FAZIT: Ein ruhiges, intelligentes Buch mit philosophischen Ansätzen, die zum Nachdenken anregen. Denn, vielleicht sind es ja gerade die kleinen Dinge, die das große Ganze ausmachen…


    Bewertung: 4/5

  • @Sternenstauner...Deinen letzten Satz würde ich voll und ganz :write


    Ein so in sich stimmiges Buch, sowohl von der Erzählweise als auch vom Aufbau des Ganzen findet man sehr selten.


    Bin gespannt, was es von dem Autoren noch zu lesen gibt...obwohl mir jetzt schon ziemlich klar ist, dass er zu den Autoren gehört, die einem auch ein Telefonbuch interessant vorlesen könnten. :-)

  • Vor mir den Tag, hinter mir die Nacht – Jakob Hein


    Die Geschichte beginnt mit Boris Moser, der eine Agentur für verworfene Ideen eröffnet. Da er an verwunschene Immobilien glaubt, hat er die Agentur in den ehemaligen Räumlichkeiten einer Computerfirma eröffnet, denn diese Firma ist umgezogen, weil sie erfolgreich ist, expandiert und nun mehr Platz benötigt. In den Räumlichkeiten seiner neu eröffneten Agentur trifft er Rebecca, die ihn sofort magisch anzieht. Ihr erzählt Boris sogar von begonnenen Romananfängen, die noch nicht beendet wurden und somit auch zu den verworfenen Ideen zählen.


    Meine Meinung:
    Die Geschichte zwischen Boris und Rebecca bildet die Rahmenhandlung. Im 4. Kapitel beginnt Boris mit den Romananfängen, die sich fließend in den Verlauf der Geschichte einbinden. Ich hatte es erst nicht so verstanden und eher an eine Parallelhandlung gedacht. Dieses Mittelstück des Buches beinhaltet verschiedene Geschichten, die dann auch ineinander verschachtelt sind und ein bisschen so wie diese russischen Holzpuppen „Matroschkas“ wirken. Wenn man die erste öffnet, kommt die nächste zum Vorschein usw. Es wirkt etwas verwirrend, aber irgendwo haben die Figuren dieser Romananfänge doch ihre Gemeinsamkeiten. Das Buch ist insgesamt doch sehr philosophisch gehalten und ich musste manches Mal etwas schmunzeln oder eben auch zustimmend nicken. Die unterschiedlichen Protagonisten streben alle nach dem Glück oder etwas, das für sie scheinbar kaum erreichbar ist. Kaum, dass sie sich in dieser gewünschten Situation befinden, sind sie auch wieder nicht glücklich damit. Ich denke, dass jeder solche Situationen aus seinem eigenen Leben kennt. Das ist auch der Grund weshalb ich geschmunzelt oder zustimmend genickt habe. Das Buch liest sich flüssig. Die Kapitel sind relativ kurz gehalten, was vielleicht auch teilweise zum Ausdruck bringt, wie kurzweilig oder kurzatmig das Leben ist oder sein kann. Auch das Glück kann manchmal nur sehr kurz anhalten. Es ist ein Buch, das ich mir nicht unbedingt gekauft hätte, das sich aber mit seinen 173 Seiten mal eben zwischendurch gut lesen lässt.

    :write "Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein." -Albert Einstein-


    :lesend

  • Ein netter Herr mit Idealen eröffnet eine Agentur für verworfene Ideen. Eine Frau kann Gedanken lesen. Ein älterer Gelehrter bekommt ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.


    Meine Meinung:
    Das Buch ist wunderbar warmherzig und humorvoll geschrieben. Was mir gut gefallen hat sind immer wieder die kleinen sprachlichen Schätze, die dem Buch einen unverwechselbaren Charakter geben wie z.B folgende Stelle: Mir ist ein Gedanke zugelaufen wie ein streunender Hund. Dieser Gedanke hat sich an mein Bein geschmiegt und war so überzeugend, dass ich ihn mit nach Hause genommen habe, und heute sind wir fast unzertrennlich.


    Interessant fand ich auch zu erfahren, dass es verschiedene Gedankentypen gibt.


    Das Buch hat mir eigentlich gut gefallen. obwohl es stellenweise etwas langatmig war.


    Ich fand die unterschiedlichen Schauplätze der Geschichten etwas verwirrend. Ich mag Bücher nicht so gerne, bei denen sich eine Geschichte in der Geschichte öffnet. Das ist aber mein ganz persönlicher Geschmack. Ich denke dass ich das Buch empfehlen werde wenn jemand verschachtelte Geschichten mag.

  • Meine Meinung


    Der neue Roman von Jakob Hein liest sich wirklich gut. Frisch und humorvoll wird die Geschichte von Boris und seiner Agentur für verworfene Ideen erzählt. Leider sind die einzigen Kunden nicht an seiner Agentur interessiert, sondern an dem Computerladen, der vorher in den Geschäftsräumen war.
    Doch dann kommt Rebecca in seine Agentur. Und die ist nicht nur hübsch, sondern auch eine tolle Gesprächspartnerin. Als das Gespräch ins stocken gerät, gilt sein einziger Gedanke Rebecca nicht gehen zu lassen und so erzählt er ihr von seinem Romananfang. Nun geht es um Sophie, einer jungen Frau, die für einen alten blinden Mann seinen Roman tippt.
    Und schon ist man mitten drin und liest die Geschichte von Heiner, der beinahe den Sinn des Lebens gefunden hätte.
    Mich hat der Roman restlos begeistert. Ein nettes, intelligentes Buch mit einem philosophischen Hauch, über das man nach dem Lesen gerne noch einige Zeit nachdenkt.
    Ein absolut lesenswertes Buch für ein paar schöne Momente.

  • Nicht bei vorablesen.de gewonnen, sondern selbst gekauft :lache


    Boris Moser sammelt Ideen, verworfene Ideen und hat eine "Agentur für verworfene Ideen" gegründet, um mit diesen zu handelt. Was jetzt folgt, sind 174 Seiten angesammelte – und von Jakob Hein vermutlich irgendwann mal verworfene – Ideen mit einer Mini-Rahmen-Handlung (boy meets girl, hier: Boris Moser trifft die schöne Rebecca).


    Mittendrin ein verworfener Romananfang, welcher mir sehr gut gefiel. Ich mochte wie sich die Geschichte erst von Figur zu Figur vorwärts bewegt (von Sophia zu Mark zu Iris wieder zu Sophia zu Sebastian zum Maulwurf zu Heiner und Wolf) und von dort wieder zurück (zu Sophia und Sebastian). Wer mitgezählt hat, wird merken, dass auf dem Weg zurück Mark und Iris verloren gegangen sind ;-) aber dafür ist es ja auch nur ein Romananfang.


    Jede Idee an sich, jedes Kapitel für sich alleine betrachtet, fand ich wunderbar. Jakob Hein ist zweifelsohne talentiert und schreibt wunderschön, aber irgendetwas fehlte. Vielleicht ein besseres, vor allem ausführlicheres Ende; einfach um dem 'Romananfang' in der Mitte mehr 'drumherum' zu geben.


    Trotzdem gebe ich eine zwei auf der Schulnotenskala, einfach, weil mir so viele Kleinigkeiten gefallen haben, z.B. die verwunschenen Immobilien (die gibt es hundertprozentig, sehe ich jeden Tag, wenn ich durch die Stadt gehe) oder die Zubereitung des perfekten Milchkaffees oder auch die Einstellung Heiners, seinen Wohlstand nicht zu vermehren, sondern zugunsten seines Wohlbefindens zu vermindern.

  • Für mich hat sich der Sinn des Buches nicht ganz herausgestellt.
    Ich habe "Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht" zwar an einem Tag durchgelesen, aber irgendwie hat mir die Handlung gefehlt. Der Schreibstil hat mir jedoch sehr gut gefallen. Vielleicht sind solche philosophischen Bücher doch nichts für mich...

  • Mit der Idee, auf 174 Seiten aus drei Handlungssträngen eine stimmige Geschichte zu verfassen, hat sich der Leipziger Autor Jakob Hein ein hohes Ziel gesetzt.
    Es gilt, die beginnenden Liebesbeziehungen zwischen Rebecca und Boris, der eine Agentur für verworfene Ideen betreibt, sowie zwischen dem Arzt Sebastian und seiner Patientin, der Gedankenleserin Sophia, zu verknüpfen.
    Sophia arbeitet als Privatsekretärin bei einem blinden Autoren, der den Leser in dem dritten Handlungsstrang an der Suche seines Hauptprotagonisten Heiner nach dem Sinn des Lebens teilhaben und ins 15. Jahrhundert eintauchen lässt.


    Jede Geschichte für sich ist kurzweilig und gut formuliert. Jakob Hein beweist Wortwitz und Ideenreichtum und liefert dem Leser interessante Denkansätze. Leider schafft er es in meinen Augen aber nur bedingt, seinen Protagonisten Leben und der gesamten Geschichte Substanz zu verleihen.
    Schade um eine eigentlich gute Idee! Nach „Herr Jensen steigt aus“ weiß ich, dass Herr Hein es besser kann. Vielleicht wären ein paar Seiten mehr hilfreich gewesen.

  • Es ist ein kurzweiliger Liebesroman, der etwas verworren anmutet, aber dann doch klar zum Ende führt.
    Mit einer Portion Humor und Ironie ist die Sprache leicht verständlich und gut nachvollziehbar. Mir hat das Buch Spaß gemacht, und einen kurzweiligen Tag beschert.

    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Johann Wolfgang von Goethe)

  • Meine Rezension
    Was für ein herrlicher, verschrobener, versponnener kleiner Roman! Eine Matrioschka-Geschichte!


    Eigentlich geht es um den liebenswerten, schrägen Versager Boris, der eine „Agentur für verworfene Ideen“ eröffnet hat, in der er wie der Name schon sagt, verworfene Ideen sammelt in der Hoffnung, diese später einmal zu „recyclen“ oder passende Ideen zusammenzuführen. Wie man sich denken kann, ist dies eine zum Scheitern verurteilte Idee.


    Eines Tages kommt die feinsinnige und schöne Rebecca in seinen Laden. Eigentlich wollte sie ja nur ihren PC im Laden reparieren lassen, der sich vor Boris’ Agentur in diesen Räumen befand. Doch die Idee der Agentur fand sie so interessant, dass sie sie mit eigenen Augen sehen wollte.


    Boris, der Rebecca unbedingt mit Worten fesseln möchte, erzählt ihr die Geschichte der attraktiven Sophia Roganski, die eines Tages auf der Straße zusammenbricht und ins Krankenhaus kommt. Dort kümmert sich der Stationsarzt Sebastian um sie und als er sich auf die Ursachenforschung für ihren Zusammenbruch macht, erzählt Sophia ihm ihre Geschichte vom blinden Maulwurf, von Heiner und von Wolf….


    … doch mehr kann und will ich euch nicht verraten.


    Eine komplizierte, tiefsinnige und verschachtelte Geschichte wird hier erzählt, die mich sehr an eine dieser russischen Matrioschka-Puppen erinnerte. Und doch fand der Autor auch wieder aus seinen Geschichten heraus, so dass für mich am Ende die Fäden wieder entworren waren.


    Eine ungewöhnliche Storyidee, die sehr gelungen umgesetzt wurde und mir sehr gut gefallen hat. Allein der Einfall mit den verworfenen (fragt mich nicht, wie oft ich stattdessen verloren und verworren gelesen habe! *ggg*) Ideen ist klasse. Doch auch die „Geschichte in der Geschichte in der Geschichte“ mit Wolf und Heiner hat mich begeistert.


    Das Buch ist sehr schön geschrieben und hinreißend fabuliert. Ich war ganz begeistert von kleinen, netten Pointen. Die klare, einfache und doch sehr eingängige Sprache nahm mich sofort an die Hand und führte mich durch die Geschichte.


    Ein schönes kleines Buch, das ich innerhalb von nur wenigen Stunden weggeschmökert habe und das mir Lust auf mehr Lektüre des Autors gemacht hat!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Auch ich hatte Glück und durfte Jakob Hein dank Vorablesen kennen lernen, was mich sehr freute, da ich schon länger mit dem hochgelobten Buch "Herr Jensen steigt aus" geliebäugelt hatte, jedoch leider nie dazu gekommen bin, es zu lesen.


    Worum geht es?
    Boris betreibt eine sonderbare Agentur für verworfene Ideen. Durch Zufall verirrt sich eine junge Frau - Rebecca - dorthin, die Boris den Kopf verdreht. Damit sie die Agentur nicht sofort wieder verlässt, beginnt er zu erzählen ... (mehr möchte ich nicht verraten).


    Der Roman "Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht" ist ruhig und tiefgründig, wobei der Leser während der Lektüre viel nachdenkt und den Figuren in einigen philosophischen (Lösungs-)Ansätzen folgen und sogar noch etwas mitnehmen kann. Doch wichtig ist, dass man das Buch an sich heran lässt bzw. sich ihm öffnet. Es ist kein superspannender unterhaltender Roman, sondern eine Aneinanderreihung von Essays, die man so auch in anderen Medien hätte lesen können, welche jedoch von Jakob Hein geschickt zu einem Roman verwoben wurden. Er verwendet das Stilmittel der Geschichte in der Geschichte in der Geschichte und schafft es so geschickt ein dünnes Büchlein mit allerhand Personen und verschiedenen Gedankengängen zu füllen, wobei ich die Messlatte dafür, d.h. genanntes Stilmittel, nach Gaarders "Kartengeheimnis" hoch lege (auch von verknüpfte Geschichten in der Geschichte). Teilweise beschlich mich beim Lesen das Gefühl, dass Jakob Hein sich mit Boris selbst meint und er irgendwelche Romananfänge (bzw. -ideen) in Kurzgeschichtenform mit o.g. Form zwischen zwei Buchdeckel gepresst hat.


    Mein Fazit:
    Die Sprache im Buch war wirklich toll und die Gedankensätze lassen mich so schnell wohl auch nicht wieder los. Und dennoch bin ich der Meinung, dass der Autor "einfach" interessante Gedankengänge aneinander gepackt hat (so z.B. die Agentur von Boris), was gepaart mit dem Stilmittel der Geschichte in der Geschichte ein einheitliches Ganzes ergibt. Leider stellt mich diese Art Roman vor ein Rätsel, denn er bildet meiner Meinung nach kein eineitliches Ganzes.


    Ich bin auch unschlüssig, wie ich "Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht" bewerten soll, werde aber wohl 7 Punkte vergeben, denn es war nicht schlecht, aber auch nicht so, dass ich es nochmal lesen müsste.

  • Meine Meinung:


    Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht ist nach Herr Jensen steigt aus der zweite Jakob Hein, den ich gelesen habe. Diese Reihenfolge war wohl richtig, hätte ich erstgenanntes Buch als Einstieg gewählt, ich hätte freiwillig keinen Roman dieses Autors mehr in die Hand genommen und so wäre mir das Schätzchen entgangen, das Herr Jensen steigt aus für mich ist. Gut. Alles richtig gemacht.
    Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht hat mich enttäuscht. Es ist ein geschwätziges, überkandideltes Buch, das mir im Grunde genommen gar nichts zu sagen hatte. Mit vielen Worten, von denen mir allerdings mehr als die Hälfte völlig überflüssig erscheint, breitet Hein die Geschichte von Boris Moser vor dem Leser aus, in dessen Leben die schöne Rebecca tritt. Als Inhaber einer "Agentur für verworfene Ideen" sammelt Boris nicht nur Anregungen für potenzielle Forschungsprojekte, etwa die wirklich brisante Fragestellung, "welche Becken auf öffentlichen Toiletten am häufigsten benutzt werden, um dann eine möglichst allgemeingültige Formel daraus abzuleiten."
    Nein, Boris Moser sammelt selbstverständlich auch verworfene Romananfänge, vor allem die eigenen.
    Und was tut man(n), um das Interesse einer Frau zu gewinnen? Man liest ihr vor. Der verworfene Romananfang, in dessen Genuss der Leser nun kommt, ein Buch im Buch also, dreht sich seinerseits um ein Manuskript, das Buch im Buch im Buch. Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, tauchen darin eine (selbstredend wunderschöne und anbetungswürdige) junge Frau, die sich nicht dagegen wehrt, auf den Gehweg zu stürzen, wenngleich sie es auch nicht herausgefordert hat, ein Arzt, der nichts will und nichts verlangt, ein Maulwurf, der an der Nase herumgeführt wird, ein nach Erkenntnis dürstender junger Mann, der einen Pakt mit dem Wolf schließt um sich daraufhin in der Abgelegenheit einer mittelalterlichen, fränkischen Berghütte wiederzufinden und zu der großartigen, noch nie dagewesenen Einsicht gelangt, dass man die Dinge erst wirklich zu schätzen lernt, wenn sie nicht mehr greifbar sind, auf.
    Um zu einem Ende zu kommen:
    Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht macht auf mich einen völlig überladenen, einen im negativen Sinne konstruierten Eindruck. Die Sprache ist ausufernd, die Figuren überzeichnet, ohne greifbar zu sein und die Aussage des Ganzen will mir auch nicht recht klar werden.


    Edit: 4 Punkte

    Man muss ins Gelingen verliebt sein,
    nicht ins Scheitern.
    Ernst Bloch

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  • Ich kann mich den positiven Rezensionen leider nicht anschließen.


    Der Beginn, Boris in seinem Laden für verworfene Ideen (wobei ich auch ständig "verworren" las), war ja noch ganz nett, aber als es dann losging mit Sophie und dem Maulwurf war ich erst mal völlig verwirrt, warum es denn nicht mit Boris und Rebecca weiterging. Da dachte ich auch noch an eine Parallel-Handlung. Doch diese wurden dann nicht fortgeführt, sondern wieder begann eine neue Geschichte.


    Das Bild der Matroschkas passt hier sehr gut, doch für mich war das einfach nur verworren (nicht verworfen) und der Sinn des Buchs erschließt sich mir nicht.


    Wie Seestern schon bemängelte: Ich konnte mich mit den Figuren nicht identifizieren, sie haben weder Sympathie noch Antipathie geweckt, als einziges fühlte ich mit, als Heiner entdecken musste, dass Wolf ihn reingelegt hat.


    Die Sprache war mir teilweise auch zu gestelzt, so dass ich manches Wortgefüge zweimal lesen musste und der angesprochene Humor drang zu mir leider nicht durch.


    Das gibt von mir 5 Punkte.

  • Meine Meinung:
    Das Buch gefiel mir von der Aufmachung her sehr gut und wanderte gleich nach der Leseprobe bei vorablesen auf meine Wunschliste. Eine liebe Eule lies es dann wandern und so schaffte es das Buch zu mir.
    Die Idee mit der Agentur für verworfene Ideen brache mich gleich zum schmunzeln und weckte gleichzeitig eine Neugier bei mir. Das Buch mit seinen 174/175 Seiten ist leicht verständlich geschrieben mit einem Charme und Witz den man gerne zwischendurch liest.
    Anfangs lernt man Boris, der mit dem Geld seines Erbes eine Agentur für verworfene Ideen eröffnet. Sein Geschäft befindet sich in einem Laden, wo zuvor ein PC Laden befand. Dann kommt Rebekka ins Spiel, welche sich verwählt und nach Beendigung des Telefonates auf einmal in seinem Laden steht. Nun beginnt eine witzige Unterhaltung über Tee, verworfene Ideen usw. Beim zweiten Treffen geht es dann auf einmal um Romane und deren Anfänge und so befindet man sich mitten in einer Erzählung. Doch mehr möchte ich an dieser Stelle garnicht verraten. Das Ende ist sehr schön und schlicht gehalten.
    Das Buch ist sehr empfehlenswert und erhält von mir 5*.