Zehn - Franka Potente

  • Piper Verlag 2010, 164 S.


    Über den Inhalt:
    Was wird, wenn die schwangere Ikuko die Einzige in ihrer Familie ist, die sich eine Tochter wünscht? Warum gibt sich die Witwe Frau Nishki so oft der liebevollen Zubereitung ihres Lachs-Eintopfs hin? Wo endet es, wenn sich Miyu, die heimlich in einem Nachtclub tanzt, in einen schüchternen Polizisten verliebt? In ihren genauen, sensiblen Stories eröffnet uns Franka Potente den Blick auf die japanische Kultur und die Menschen, denen sie dort begegnet ist. Und wenn sie von dem Stolz einer Zeichnerin oder dem peinlichen Missgeschick eines jungen Ehepaars erzählt, lässt sie uns auf bestechende Weise an den Empfindungen und Gedanken ihrer unverwechselbaren Figuren teilhaben.


    Über die Autorin:
    Franka Potente wurde 1974 geboren und gehört seit ihrer Titelrolle in Tom Tykwers »Lola rennt« zu den international gefragtesten deutschen Schauspielerinnen. Sie trat u.a. auf in »Die Bourne Identität« und in der Literaturverfilmung von »Elementarteilchen«. Dreharbeiten für einen Dokumentarfilm über »Underground Art« in Tokio führten sie 2005 nach Japan, wohin sie seitdem immer wieder zurückkehrt. Franka Potente lebt in den USA.


    Meine Meinung:
    Bereits die Aufmachung des Buches ist sehr gelungen: der milchig-weiße Schutzumschlag mit schwarzer Schrift, durch den das silbrig-weiße Cover mit dem roten japanischen Schriftzeichen „Zehn“ durchscheint.


    Als Schauspielerin war mir Franka Potente natürlich ein Begriff, dass sie ein großes Schreibtalent besitzt, dagegen neu.
    Zehn Kurzgeschichten, in denen deutlich wird, wie intensiv die Autorin sich mit Japan auseinandergesetzt hat. Zehn Momentaufnahmen, in denen man die Zuneigung und den Respekt deutlich spüren kann, die sie dem Land, seiner Kultur und seinen Menschen entgegenbringt. Sehr einfühlsam schildert Potente in kurzen, ausdruckstarken Sätzen Alltagsszenen aus dem Leben ganz unterschiedlicher Menschen. Dabei beobachtet sie sehr genau, ohne dass man das Gefühl hat, als Voyeur daneben zu stehen.

    Die Geschichten sind wunderschön und feinsinnig, mal heiter, mal besinnlich, mal traurig.
    Da hätte ich gerne noch mehr von gelesen.


    Ich bin beeindruckt von diesem kleinen, feinen Buch, das sich sicher auch zum Verschenken hervorragend eignet.


    Ach ja: Das Buch war noch gar nicht erschienen, da gab es bereits viele Rezensionen im Netz von der „Sueddeutschen“ über die „Welt“ bis hin zur „FAZ“. Da sieht man dann, was ein prominenter Name ausmacht.

  • Ich bin ganz sicher ein Fan von Franka Potente als Schauspielerin, aber weniger ein Fan von Kurzgeschichten. Meist erlauben Kurzgeschichten wenig Tiefe fuer Charakterentwicklung und das stoert mich schon. Aber diese Rezi hoert sich doch seeeehr interessant an.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Ich habe zuerst nicht geglaubt, dass sie schreiben kann - wahrscheinlich, weil sich schon so viele Schauspieler mit mäßigem Erfolg bemüht haben, ein Buch zu schreiben...


    Meine Meinung:Durch die edle Optik des Covers bin ich auf das Buch aufmerksam geworden. Als ich jedoch sah, dass es sich um Kurzgeschichten handelt, die noch dazu von einer Schauspielerin geschrieben worden sind, war ich sehr skeptisch und erst als meine Buchhändlerin mir das Buch ausdrücklich empfahl, beschloss ich, einen kurzen Blick zu riskieren.


    Aus dem kurzen Blick wurde erst ein erstaunter und dann ein bewundernder Blick, denn die Geschichten aus dem japanischen Alltag begeisterten mich sofort.


    Da ist zum Beispiel die Geschichte von Frau Nishki, die ihren Mann verloren hat und die erst beim Eintopf kochen erkennt, was ihr fehlt, oder Tadaski und Haruka, die bei einem streng offiziellen Abendessen ein falsches Geschenk abgegeben haben und nun statt der Pralinen für den Chef einen Massagestab auf dem Gabentisch vermuten. Da gibt es Frau Michi, die Fächer verkauft und mit einem Fremden ins Gespräch kommt und die Bedeutung ihrer Fächer erklärt, oder die Tänzerin Miyu, die sich in einen schüchternen Polizisten verliebt…


    Es stellen sich so viele Emotionen ein, von Traurigkeit, über Bewunderung, bis hin zum Lachen über eine besonders komische Situation, und diese Mischung ist schön zu lesen und macht sehr viel Freude.


    In diesen kleinen Episoden steckt soviel japanische Seele, dass man sich fragt, wie eine Europäerin, wie Franka Potente, das so gut einfangen konnte.
    Der Stil ist einfach und ohne Schnörkel, schlicht und schön, aber voller Bedeutung - wie ein japanischer Garten in dem jeder Stein, jeder Baum seinen Platz hat und genau dort an der richtigen Stelle die größtmögliche Wirkung erzielt. An solch einen Garten musste ich beim Lesen denken, denn jeder Satz, jedes Wort scheint hier an der richtigen Stelle zu stehen und macht aus diesem kleinen Büchlein ein beeindruckendes Leseerlebnis, das man wirklich nur weiter empfehlen kann.

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Ich habe zuerst nicht geglaubt, dass sie schreiben kann - wahrscheinlich, weil sich schon so viele Schauspieler mit mäßigem Erfolg bemüht haben, ein Buch zu schreiben...


    So ging es mir auch... und Kurzgeschichten mag ich eigentlich auch nicht so gern, weil ich da oft das Gefühl habe, die Personen garnicht kennenzulernen.


    Aber mir haben die zehn Stories ausgesprochen gut gefallen. Ich war überrascht, wie sehr man in Kurzgeschichten mit den Personen mitfühlen kann und wie intensiv das Japan-Feeling vermittelt wurde.

  • Danke für die Rezi, das Buch ist schon auf meiner Wunschliste. Die Schauspielerin Franka Potente mag ich sehr, ich wusste gar nicht, dass sie auch Bücher schreibt. Ich bin sehr gespannt darauf! :-)

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Ich war zugegebenermaßen mehr als skeptisch.


    Und: wurde positiv überrascht.


    Es handelt sich um eine kleine, feine Sammlung von überaus liebevoll gezeichneten Kurzgeschichten, die es schaffen ein wenig des Japanischen Alltags einzufangen.


    Schön!
    Lesenswert!



    angetane Grüße von Elbereth :wave

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Auch mir hat dieses kleine Buch sehr gefallen. In leisen Tönen erzählt Franka Potente ihre zehn Kurzgeschichten. Sie sind so unterschiedlich, dass von allem etwas dabei ist: traurig, hoffnungsvoll, ein bisschen lustig, nachdenklich und unterhaltsam.
    Als schön empfand ich es, einen Einblick in ein mir zuvor unbekanntes Japan, mit einigen seiner Sitten zu erlangen.


    Vor mir gibt es 9 Punkte

  • Ich habe es als Hörbuch, kaufe mir aber noch die Printausgabe, denn es ist ein Buch, das man besitzen muss. Es ist eine Perle!


    Ganz wunderbar und mit leichter Hand erzählt. Es sind Kurzgeschichten, die von Japanern in Japan handeln, aber geschrieben sind von einer Deutschen, also gut verständlich für alle Nicht-Japaner.


    Die Geschichten sind ganz zart gemalt und trotzdem kraftvoll. Sie sind leise, einfühlsam, melancholisch, lustig, böse, spannend und richtig gut geschrieben.


    Schon ulkig, welche "versnobten" Vorurteile wir Leser gegenüber Schauspielern haben! :lache (Mir ging es nämlich auch so! Ich war zuerst skeptisch, ob Frau Potente wirklich gut schreiben könne. Ich habe den Versuch gewagt und nicht bereut, denn sie kann schreiben! Sehr, sehr gut sogar!)


    Poetische Prosa, so würde ich den Stil von Potente nennen.

  • Ohne die Eulen waere ich gar nicht auf dieses wunderbare Buechlein gestossen. Und so hab ich es mir aus D bestellt, und dann einfach genossen, jeden Tag eine Geschichte zu lesen. Sehr klar geschrieben, ein Schreibstil, der mich sofort anspricht.


    So fremd die japanische Kultur auch ist, die Charaktere der Geschichten fuehlten sich gar nicht fremd an. Franka Potente schafft es sie dem Leser wirklich nahe zu bringen. Sie koennten auch meine Freunde, mein Nachbarn oder Familienangehoerige sein.


    Und das ueberraschte mich wirklich. Und ich bin mir da auch nicht wirklich sicher, ob es daran liegt, weil die Autorin eben auch aus Europa stammt und entsprechend die Geschichten aus dieser Sicht schreibt. Dabei frag ich mich, wie echt dann die Beschreibung der japanischen Kultur ist? Kann ich der Autorin da trauen oder ist es zu europaeisiert???

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • Franka Potente hat einige Zeit in Japan gelebt und gearbeitet. Ich denke schon, dass man auch als Europäer fähig ist, genau hinzugucken. Und ich habe den Eindruck, dass Frau Potente auch hinter die Kulissen schaut. In ihren Geschichten merkt man die Zuneigung, die sie zu den Figuren hegt.


    Sehr aufschlussreich fand ich folgenden Artikel:


    http://www.zeit.de/2010/33/Franka-Potente


    Und man darf nicht vergessen: "Zehn" ist Literatur, kein Tatsachen- oder Reisebericht! Es ist eine subjektive Schilderung, die Eindrücke einer deutschen Frau, die in Japan war.


    Wenn man Interesse an der japanischen Kultur hat, sollte man sich nicht ausschließlich auf ein einziges Buch beziehen. Viele Quellen ermöglichen ein breiteres Bild.


    Wobei ich persönlich "Zehn" als sehr authentisch empfand und durchaus der japanischen Kultur entsprechend. Allerdings war ich selbst noch nie in Japan! :chen

  • Zitat

    Original von Rosha
    Wobei ich persönlich "Zehn" als sehr authentisch empfand und durchaus der japanischen Kultur entsprechend. Allerdings war ich selbst noch nie in Japan! :chen


    Genau das ist doch das Problem! Ich war auch noch nie in Japan und kann deshalb nicht einschaetzen wie "authentisch" oder "klischeebehaftet" nun das Bild wirklich ist, das Franka Potente da beschreibt. Einige Zeit in einem fremden Land als Besucher zu verbringen (und meines Wissens nach ist die Gesamtzeit, die sie in Japan verbracht hat gerade mal ein paar Monate) ist was anderes als dort zu leben.


    Aus rein literarischer Sicht find ich das Buch ohne Einschraenkung wunderbar. Aber ich bin mir eben immer noch nicht sicher wie realistisch ich den Inhalt nehmen kann.


    Dank fuer den Link zum Interview in der Zeit. Fand ich sehr gut gemacht. Da waren allerdings auch Kommentare drunter, die Potentes Sicht von Japan eher als Klischees sehen wuerden. Wobei ich natuerlich auch nicht weiss, wie gut diese Kritiker Japan kennen ....

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

  • das ist immer eine gewisse gradwanderung.
    ich selbst z.b. habe mehrere monate in neapel verbracht, aber trotzdem wüsste ich nicht, ob ein neapoletaner meine schilderung dieser von mir heissgeliebten stadt als authentisch auffassen oder sich wegen der blödheit meiner sichtweise an den kopf fassen würde.
    trotzdem finde ich den blick von aussenstehenden und die bewertung ihrer persöhnlichen erlebnisse interessant. deshalb ist das buch von franka potente auch auf meine wunschliste gewandert.

  • Meine Meinung:


    Ich fand das Buch nicht schlecht, aber überragend gut hat es mir nun auch wieder nicht gefallen. Wegen der Einblicke in die japanische Kultur las es sich interessant.
    Vor allem die längeren Geschichten haben mir gut gefallen, hier hat sich die Autorin Zeit genommen, den Handlungsverlauf und die Charaktere der Personen zu entwickeln und dies ist ihr auch wirklich gut und anschaulich gelungen. Die längeren Geschichten vermochten auch Gefühle (oftmals Melancholie und Traurigkeit) zu vermitteln und insofern ist da bei mir "etwas angekommen". Bei den kürzeren Geschichten fehlte mir hingegen die Zeit um hineinzukommen, so schnell waren sie dann auch schon wieder zu Ende.


    Ein Glaubwürdigkeitsproblem hatte ich nicht, da ich mir schon vorstellen kann, dass die beschriebenen Geschichten so passieren könnten. Und manche Zeitgenossen sind eben auch ein wenig extrem (so z. B. wenn werdende Mütter bereits ihrem Kind im Bauch systematisch englische Lektüre vorlesen und berühmte Komponisten vorspielen, um ihnen einen Bildungsvorsprung zu sichern …), warum sollten nicht auch japanische Extreme beschrieben werden.


    Manchmal hatte ich allerdings den Eindruck, dass die Autorin zu viel Japan und japanische Tradition rüberbringen wollte. Ein weniger ambitionierter Mitteilungsdrang wäre manchmal besser gewesen.


    Der Schreibstil war okay und gut lesbar und ich würde sagen, das ist ausbaufähig und ich bin gespannt auf ein weiteres (und längeres) Prosaprojekt dieser Autorin.


    Die Gestaltung des Buches hat mir auch sehr, sehr gut gefallen: der durchscheinende Schutzumschlag, das silber glänzende Hardcover, die roten japanischen Schriftzeichen und die roten Seitenzahlen, das rote Lesebändchen. Das wirkt dezent und geschmackvoll – ein bisschen japanisch eben. ;-)


    Ich vergebe 7 Punkte.

  • "Zehn" - Franka Potente


    ISBN: 349227367X


    Verlag: Piper


    Erscheinungsdatum: Februar 2012 als Taschenbuch


    Seitenzahl: 176



    Über die Schriftstellerin:
    Franka Potente, geboren 1974, ist eine deutsche Schauspielerin, die mit ihrer Hauptrolle in Tom Tykwers Film "Lola rennt" einen internationalen Durchbruch erlangte.
    Neben ihren Filmrollen ("Bin ich schön?", "The Bourne Identity", "Elementarteilchen" u.a.) führte Franka Potente bereits Regie, veröffentlichte mit deutschen Musikern wie Thomas D. und den Bananafishbones und betätigte sich als Autorin.
    Die Schauspielerin, die in Los Angelos lebt und Mutter einer Tochter ist, entdeckte ihre Liebe zu Japan während der Dreharbeiten zu der Dokumentation "Underground Art".


    Über den Inhalt:
    Mit "Zehn" hat Franka Potente ihre ersten literarischen Erzählversuche unternommen und möchte mit ihren Kurzgeschichten ihre
    Begeisterung für das fernöstliche Japan dem deutschen Publikum näherzubringen.
    In ihren Kurzgeschichten beschreibt sie den japanischen Alltag, erzählt welcher Zauber von japanischen Fächern ausgeht,
    welchen Anstrengungen die schwangere Mariko ausgesetzt ist, wie ein passendes Geschenk für eine Einladung bei seinem Vorgesetzten zu besorgen ist oder auf welch unkonventionelle Weise sich Japaner nach ihrer Arbeit entspannen.


    Meine Meinung:
    Nur wenige europäische Schriftsteller haben sich dem Land der aufgehenden Sonne literarisch gewidmet, über mögliche Gründe wie Interessenlosigkeit oder die Furcht zu scheitern kann nur gemutmaßt werden.
    Um so überraschter durfte das deutsche Lesepublikum sein, als die bekannte und beliebte Schauspielerin Franka Potente ihr Erzähldebüt mit zehn Erzählungen über das japanische Alltagsleben gab.


    Mit der erwarteten Spannung dürften auch Zweifel einhergegangen sein, ob die Veröffentlichung der Geschichten lediglich auf den Bekanntheitsgrad der Schauspielerin oder auch auf ihr erzählerisches Talent zurückzuführen ist.


    Bereits ein erster Blick auf das in den dominanten Farben Rot, Weiß und Schwarz gehaltene Cover des Taschenbuchs weist den
    aufmerksamen Betrachter in Richtung Japan; bei einem zweiten Hinschauen dürfte dem Leser ein edler roter Stempeldruck, der üblicherweise in der Kalligraphie eingesetzt wird, nicht entgangen sein.


    Etwas zurückhaltender als die Aufmachung beginnt der vorliegende Erzählband mit einer Geschichte über Frau Michi und ihren
    Laden, in dem handgefertigte Fächer zum Verkauf angeboten werden. Eines Tages betritt ein Deutscher das Geschäft und sieht sich darin um. Diese Ausgangssituation, in der sich eine Einheimische und ein Ausländer begegnen und über die Tradition und Moderne von Kunsthandwerk unterhalten, wird auch in den weiteren Geschichten, die Potente selbst als Stories bezeichnet, eine Rolle spielen.
    Überhaupt leben die Erzählungen vom Aufeinandertreffen von Gegensätzen, von einer überalterten Gesellschaft, die in Würde gehen möchte oder von den Mühen der jungen Mariko, die bereits während ihrer Schwangerschaft ein Bildungsprogramm für das ungeborene Kind bewältigen muss oder auch wie sich althergebrachte und religiöse Lebensweisen mit den Vorstellungen der
    Jugend vereinbaren lassen.


    Bezeichnend für diesen Erzählband ist, dass er sich um eben jene Ausgewogenheit bemüht, die der Leser zu erwarten scheint und das Alltagsleben aus der Perspektive junger und älterer Menschen schildert und sowohl Frauen als auch Männer zu Wort kommen lässt. Nicht verwundern dürfte hierbei, dass Franka Potente eigene Lebensstationen (Berlin, L.A.) einfließen lässt und auf Bekanntes zurückgreift. Besonders deutlich wird dies in der letzten Story, in der eine japanische Schülerin ein
    Highschooljahr in Kalifornien verbringen darf und durch die Liebe und Zuwendung ihrer Gastfamilie aufblüht. Als der Großvater verstirbt, muss sie zurückkehren und sieht sich als inzwischen amerikanisierte Frau mit Kitamakura, der buddhistischen Totenzeremonie konfrontiert.


    Wie auch in der letzten Geschichte bemüht Franka Potente für ihre Stories Alleinstellungsmerkmale, die zwar zur Verwunderung der restlichen Welt taugen, dem Japankundigen jedoch, der eingesehen hat, Nippon nie gänzlich zu verstehen, nur ein müdes Lächeln abringt: Es geht um das richtige Geschenk für den Vorgesetzten, die abschreckenden Nightclubs, in denen sich
    Barmädchen als Lolitas ausgeben und letztlich auch um das ausgrenzende Verhältnis der japanischen Gesellschaft zu Ausländern.
    Dennoch sind die Geschichten lesenswert, weil Franka Potentes Stil eben jene Ästhetik erkennen lässt, die die japanische Literatur kennzeichnet. Die reduzierten Sätze vermitteln einen Eindruck von Einsamkeit und Schwermut japanischer Lebensweise und unternehmen den Versuch, die Schönheit des Unperfekten in Worte zu fassen.
    Nicht immer gelingt es dabei, jede Stimmung in vollendeter Sprache umzusetzen. An so mancher Stelle wäre ein aufmerksames, stilsicheres und fachliches Lektorat wünschenswert gewesen, um nicht nur das Lesevergnügen abzurunden, sondern auch den ein oder anderen
    Fehler auszumerzen, wie beispielsweise bei der inkorrekten Bezeichnung des Fujisan als Fujiyama oder der Namensgebung eines Protagonisten, der anstatt eines chinesischen Namens einen koreanischen erhalten hat oder das stellenweise Weglassen des Zirkumflexes und dessen unfreiwilliger Komik, das aus dem männlichen Protagonisten Keikô eine weibliche Keiko werden lässt.
    Nur Kleingeister werden sich an diesen Fehlern stören, alle anderen Leser dürfen sich auf einen Kurzgeschichtenband freuen, der aus der Ferne betrachtet ein Stück weit eine Begeisterung für das Land der aufgehenden Sonne auslösen dürfte.