Anständig essen - Karen Duve

  • zur Milch:


    Duve beschränkt sich auf einen von zwei Diskussionssträngen über Milch/Rinderzucht bei VegetarierInnen/VeganerInnen.


    Das ist die behauptete Mutation bei manchen Völkern vor ca. 9 000 Jahren, die es möglich machte, Milch im Erwachsenenalter zu verdauen.
    Da der größte Teil der Weltbevölkerung dazu nicht in der Lage ist, wird geschlossen, daß der Verzehr von Milch und Milchprodukten unsinnig ist. Um das zu untermauern wird die Ausbreitung von Krankheiten, vorzugweise Diabetes Typ 2, Osteoporose und Adipositas angeführt (und noch ein Dutzend mehr), die von Milchkonsum herrühren.
    Ergo: Milch macht krank.
    Ergo: Schluß damit und wir sind alle glücklich, samt den Kühen.


    Die Diskussion um den Methaausstoß erwähnt sie nicht.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • geht's da um ein fehlendes N oder ein Thema das ich nicht kenne?


    Als Milcheiweißallergiker kann ich jedenfalls eines nicht bestätigen- einen Zusammenhang zwischen Milchkonsum und Adipositas. Oder etwas platter: Pommes darf ich, Joghurt nicht.

  • beowulf


    nach all den Jahren müßtest Du mich doch kennen!
    Bei mir fehlt immer ein Buchstabe. Das ist Teil meines Charmes.


    Methan. Methan. Methan.


    Ausnahmen bestätigen die Regel.


    Was die medizinischen-ernährungswissenschaftlichen-what ever-Zusammenhänge angeht:


    man findet alles und dazu auch gleich die Gegenbehauptung.
    Ich habe keine Ahnung. Für mich ist alles nicht vertrauenswürdig.



    DraperDoyle


    ich habe noch einmal in den Kapiteln über Frutarismus geblättert. Diese, ähem, Einstellung, ist wenig konsistent. Man ißt ja nicht alle Nüsse eines Baums, um ein Beispiel zu nennen. Es werden also nicht alle Nachkomen ermordet.
    Es gibt auch Streitigkeiten darüber, ob man Korn essen darf. Werden die Pflanzen bei der Ernte getötet oder sind sie schon tot?
    Darf man Pilze essen? Das Mycel bleibt ja im Boden.


    In einem älteren Kinderbuch habe ich mal eine Stelle gefunden, an der spielende Kinder Äpfel essen und die Apfelkerne ausspucken. Daraufhin schimpft sie ein alter Mann fürchterlich aus und sammelt die Kerne ein. Das sind ja neue Apfelbäume.
    Ich frage mich seither, ob das früher wirklich so war.
    Über manches kann man schon nachdenken.
    Und nein, ich stecke seither nicht jeden Apfelkern in Erde. Ich esse die Dinger nach wie vor auf.
    :grin

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Danke magali für die interessanten Ausführungen und an die Diskussionsteilnehmer für die erweiternden Beiträge, wenigstens muss ich mich mit meinem Essverhalten nicht verstecken :grin


    Es gibt in jeder Hinsicht viel zu bedenken und eben nicht alles hinnehmen was die Industrie bietet.

  • Naja, die Sache mit der Milch ist in meinen Augen Unsinn. Denn selbst wenn diese Mutations-Theorie stimmt, kann die Mutation selbst nicht so schlecht sein, wenn sie sich neuntausend Jahre lang hält. Aber das Beispiel zeigt mal wieder, woran die ganze Ernährungsdiskussion krankt: die Menschen sind verschieden, auch bezüglich der Enzymausstattung. Was der eine liebt, verursacht dem anderen Bauchgrimmen. Die Vorstellung, dass die Verdauung eines vietnamesischen Reisbauern, eines sibirischen Rentierzüchter und eines deutschen Tischlers genau gleich funktioniert, ist gelinde gesagt naiv.
    Und Milch als Ursache sämtlicher Zivilisationskrankheiten auszumachen, nun ja. Ich kann mich da dunkel an den hundertjährigen Kaukasier erinnern. Ja, der, der ständig Kefir säuft. In dem Fall geht die Argumentation genau andersrum. Und dann gibt es da irgendwo in Japan auch so ein Tal der Hundertjährigen. Ich habe mal eine Sendung gesehen, in dem so eine Hutzeloma das Rezept verrät, mit dem sie dort alle so alt werden: Gemüse und gutes Schweinefleisch. Auf dem Weg in die Mainstream-Medien ging das Schweinefleisch natürlich verloren.


    Zu den Fruktariern: da diskutieren offenbar eher keine Biologen.
    Pilze sind die Fruchtkörper, also eindeutig Früchte im fortpflanzungsbiologischen Sinn, der eigentlich Pilz ist tatsächlich das Mycel.
    Der Nuss-Argumentation kann ich auch nicht so recht folgen. Erstens ist es durchaus möglich, nahezu alle Nüsse eines Baumes zu essen (zumindest wenn man sie in der ganzen Stadt und darüber hinaus verteilt ;-)). Und offenbar will der Baum auch nicht, dass sie gegessen werden, sonst würde er sie ja nicht mit so einer harten Schale zu schützen versuchen. Außerdem esse ich, wenn ich z. B. meine Eier/mein Hähnchen von einer Hobbyzüchterin beziehe, auch nicht alle Nachkommen einer Glucke. Da gibt es so manche Hühner, die so lange leben, bis sie tot von der Stange fallen.
    Und zuletzt das Getreide: ein erntereifes Feld ist bekanntlich gelbbraun, in der Pflanzenwelt ein sicheres Zeichen, dass eine Pflanze abgestorben ist.


    Zu Deiner Geschichte mit den Apfelkernen fällt mir ein: Am Sabbat ist es offenbar verboten, Kerne von zum Beispiel Melonen einfach auszuspucken. Das kann nämlich als sähen interpretiert werden und wäre so mit Arbeit. Schon erstaunlich, was man beim Melone- bzw. Apfelessen so falsch machen kann

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich habe es abgebrochen, es ging irgendwie gar nicht. Den ersten Teil habe ich noch geschafft, aber immer wenn sie über Themen philosophierte, die Geschichte oder Haltung von Tieren oder Politik anging, hab ich nur überflogen und mich nervte ihr Ton dabei.


    Rosa Wolf und ihr Experiment "Arm aber bio" liest sich dagegen wesentlich besser und eindrücklicher.

  • Ich habe gerade ein Interview mit Karen Duve über ihr neues Buch „Warum die Sache schief geht“ gehört. Da meinte sie reichlich desillusioniert, dass sie die Ansicht, die sie noch in „Anständig essen“ geäußert hat, nämlich dass der Verbraucher durch sein Konsumverhalten die Dinge, etwa die Methoden der Fleischproduktion, beeinflussen könne, so nicht mehr vertreten könne. Sondern das andere Akteure bestimmen, wie unsere Welt funktioniert, und dass man als Mensch mit normalem Sozialverhalten nie in eine dieser „Bestimmerpositionen“ gelangen könne.
    Das hört sich zwar ziemlich frustrierend, aber irgendwie auch spannend an...

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Ich habe gerade ein Interview mit Karen Duve über ihr neues Buch „Warum die Sache schief geht“ gehört. Da meinte sie reichlich desillusioniert, dass sie die Ansicht, die sie noch in „Anständig essen“ geäußert hat, nämlich dass der Verbraucher durch sein Konsumverhalten die Dinge, etwa die Methoden der Fleischproduktion, beeinflussen könne, so nicht mehr vertreten könne. Sondern das andere Akteure bestimmen, wie unsere Welt funktioniert, und dass man als Mensch mit normalem Sozialverhalten nie in eine dieser „Bestimmerpositionen“ gelangen könne.
    Das hört sich zwar ziemlich frustrierend, aber irgendwie auch spannend an...


    Aufgrund deines Hinweises habe ich gerade die Inhaltsangabe bei Amazon gelesen.
    Was dort steht entspricht ziemlich genau meiner Meinung.
    Aber wie du schon sagst, es ist absolut frustrierend und ich bin mir nicht sicher, ob ich es lesen möchte, denn ich fürchte, es lässt sich nichts, aber auch gar nichts dagegen tun :-(.

  • Daß VerbraucherInnen allein über verändertes Verhalten viel verändern können, ist weder einfach abzutun noch als einziges Mittel anzupreisen.


    Es ist eine Frage der Erwartungshaltung. Grundsätzlich setzen VerbraucherInnen viel in Bewegung. Die Situation wäre weit schlimmer, gäbe es keine Gegenbewegung gegen die Doktrin des allein seligmachenden Konsums.
    Das Problem ist aber zum einen das, daß man, wenn man die Entscheidung eine jeweils individuelle sein läßt, nur Beliebigkeit findet. Die eine ißt eben weniger Fleisch, die andere kauft bloß noch Kleidungsstüclke aus Hanf, die dritte gibt das Rauchen auf und der vierte verkauft sein Auto und macht Carsharing.
    Das ist ein freundliches Gesellschafttsspiel, aber keine Politik.
    Liebe Menschen, wie etwa Duve, verwechseln das in der Regel.


    Das andere ist das Problem mit der Zeit, die Veränderungen brauchen. Liebe Menschen glauben immer, daß, sobald sie an dem Spiel teilnehmen, sich etwas schon morgen ändert. Oder übermorgen. Spätestens aber nächste Woche.
    Das ist nicht so.
    Dann werfen sie das Handtuch.
    Und glauben, sie seien weltweise und erfahren geworden, dabei haben sie nur der Bequemlichkeit nachgegeben.
    Individuelle Lösungen sind nicht mehr als das. Individuelle Lösungen.


    Wenn es gut kommt, regen sie zum Nachdenken an, im besseren Fall zum Handeln.
    Nur im besten Fall wird's politisch. Aber das ist selten.


    Weitermachen!
    :grin



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Das Problem ist aber zum einen das, daß man, wenn man die Entscheidung eine jeweils individuelle sein läßt, nur Beliebigkeit findet. Die eine ißt eben weniger Fleisch, die andere kauft bloß noch Kleidungsstüclke aus Hanf, die dritte gibt das Rauchen auf und der vierte verkauft sein Auto und macht Carsharing.
    Das ist ein freundliches Gesellschafttsspiel, aber keine Politik.
    Liebe Menschen, wie etwa Duve, verwechseln das in der Regel.


    Sie hat es verwechselt, scheint aber mittlerweile, hm, strenger zu sein. Als Beispiel nannte sie das Ozonloch. Hätte man es nun lieben, wie du es nennst, Menschen überlassen, ob sie einen FCKW-freien Kühlschrank kaufen wollen oder nicht, hätte sich da wohl nicht viel getan. Erst die 8politische) Entscheidung, das Zeug einfach zu verbieten, hatte den gewünschten Effekt


    Zitat

    Original von magali
    Das andere ist das Problem mit der Zeit, die Veränderungen brauchen. Liebe Menschen glauben immer, daß, sobald sie an dem Spiel teilnehmen, sich etwas schon morgen ändert. Oder übermorgen. Spätestens aber nächste Woche.


    Eine von Duves Selbsterkenntnissen war, dass sie bisher einfach zu nett war, den Leuten auf den Leim gegangen ist und dass man mit "liebsein" nicht weiter kommt


    Zitat

    Original von magali
    Weitermachen!


    Genau das macht sie wohl mit ihrem neuen Buch


    @SL: ich finde es nicht verwerlich von einer Autorin, ihr Buch auch verkaufen zu wollen :gruebel Deshalb muss ja nicht falsch sein, was drin steht.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich habe reingelesen und hatte auch den Eindruck, daß ihr ein paar Lichter aufgegangen sind.
    Die ersten Kommentare zum Buch sind böse, weil sich manche schon wieder angegriffen fühlen. Das schlechte Gewissen, nehme ich an.
    Ich bin gespannt auf die erste Eulen-Rezi.
    :-)

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus