'Die Sprache der Schatten' - Seiten 089 - 176

  • Oh je - Rika muss sich Alexander irgendwie "vom Hals halten" und ich glaube immer noch, dass er gefährlich werden kann, wenn sie ihm ggf. eine Abfuhr erteilt. Und auch für Anna läuft es nicht gut, denn Alexander will sicherlich keinen Juden als Mann für seine Schwester. Dass sie ihn belogen hat, macht die Sache noch schlimmer, falls er es jemals herausfindet...


    Der Maler wird immer interessanter und ist bestimmt der Mann aus dem Prolog. Ich könnte mir denken, dass er der Ex-Verlobte von der Schwester von Stephan ist, da irgendwo im ersten Abschnitt erzählt wurde, dass ihre Verlobung mit einem Knall endete... Wer weiß, vielleicht hatte Stephan ja eine Affäre mit dem Verlobten seiner Schwester oder so etwas... Allerdings kann das nicht wirklich herausgekommen sein, sonst wäre Stephan sicherlich schon aus seiner FAmilie verbannt worden. Aber vielleicht ist dem Verlobten klar geworden, schwul zu sein und ist kurz vor der Hochzeit sozusagen "geflohen". Dann hatte er diesen Unfall und nun ist er untergetaucht.
    Vorher hat er sich einen Namen gemacht als Maler und nun will er unerkannt bleiben und macht daher nur noch Scherenschnitte, damit ihn seine Gemälde ihn nicht verraten...
    Gespannt bin ich auch auf die Erklärung, warum er anscheinend keine Gesichter erkennen bzw. sie im Gedächtnis behalten kann!
    Bin seeeehr gespannt, wie die Sache sich weiter entwickelt. Und für Rika hoffe ich, dass sie einen Ausweg findet aus der Situation mit ihrem Stiefsohn. Anna drück ich eh ganz fest die Daumen, aber da wird noch einiges auf sie zu kommen...


    Bin auf jeden Fall gefangen von der Atmosphäre und den Figuren und werde nun schön weiterlesen :lesend


    Lieben Gruß
    Sandra


    P.S. Danke Susanne für die Erklärung zum Bild. :wave


    Ein Optimist steht nicht im Regen,
    er duscht unter einer Wolke.
    (Thomas Romanus)

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  • Stephan Rungrath ist also Sproß einer Webersfamilie... und er kennt Anthonis alias Paul Flemming, wie es ausschaut. Wie mag das jetzt wieder zusammenhängen?! Ich tippe mal nicht, dass Anthonis auch schwul ist, sonst würde Stephan Rungrath wohl keine Schweißausbrüche bei dem Gedanken bekommen, dass "Anthonis" ihn zusammen mit Willy (wahrscheinlich noch in eindeutiger Pose) gesehen hat. Sind Stephan und/oder Willy vielleicht für den "Unfall", so er denn einer war, verantwortlich?!


    Anthonis hat also das Gedächtnis verloren und kann sich offensichtlich nicht daran erinnern, wer er vor diesem Unfall war. Da er ja einen Sturz oder vielleicht auch einen Schlag auf den Kopf bekommen hat, nehme ich mal an, dass er deshalb kein Gedächtnis für Gesichter hat. Er erkennt die Menschen nur an Stimmen und Gesten, eigentlich ist er damit seinem Freund Isidor ziemlich ähnlich.


    Im Hause Hesse bahnt sich wohl wirklich Unheil an. Ich nehme nicht an, dass Alexander eine Verbindung zwischen Anna und David genehmigen würde und hoffe ebenso, dass er nichts von Annas Ausflug zum Sabattabend mitbekommt.
    Alexander scheint ja nicht gehört zu haben, dass Anthonis an diesem Abend vor der Tür stand, ich könnte mir vorstellen, dass er das zweite Bild vielleicht findet. Erstmal ist aber ja die Frage spannend, ob er Rika nicht doch nach Gladbach fahren lässt...? :-)


    susanne : Paul Flemming als Maler ist eine erfundene Person, oder?

  • Nein, ich glaube nicht, dass Anthonis schwul ist, er war vielleicht nur zu falschen Zeit am falschen Ort. Stephan traue ich es zu, ihm eins übergezogen zu haben, nachdem er ihn in einer eindeutigen Situation erwischt hat. Sehr gut gefällt mir das zweite Bild und dass er es Rika schenkt. Aber mit dem Vorbeibringen ist er ja ein ganz schönes Risiko eingegangen, nicht nur für sich, sondern auch für sie. Schließlich hätte es auch Alexander entgegen nehmen können und das hätte mindestens unangenehme Fragen nach sich gezogen.
    Ich hoffe ja immer noch für Anna und David, aber ihre Beziehung ist auf keiner sehr guten Grundlage aufgebaut und Alexander wird strikt dagegen sein.

    :lesendCharlotte Roth - Grandhotel Odessa


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Zitat

    Original von Nachtgedanken
    Nein, ich glaube nicht, dass Anthonis schwul ist, er war vielleicht nur zu falschen Zeit am falschen Ort. Stephan traue ich es zu, ihm eins übergezogen zu haben, nachdem er ihn in einer eindeutigen Situation erwischt hat.


    Aaaaah, das kann natürlich auch sein... Bin sehr gespannt! :lesend

  • Zitat

    Original von Nachtgedanken
    Nein, ich glaube nicht, dass Anthonis schwul ist, er war vielleicht nur zu falschen Zeit am falschen Ort. Stephan traue ich es zu, ihm eins übergezogen zu haben, nachdem er ihn in einer eindeutigen Situation erwischt hat..


    Das glaube ich auch nicht, er hat Stephan wohl gesehen. Wahrscheinlich hat Stephan Schuld an Anthonis Unfall, schließlich darf das keiner wissen. Anthonis war jetzt doch der Mann aus dem Prolog, daher sind ihm die Kopfschmerzsattacken geblieben.


    Ich hoffe ja noch für Anna, aber Alexander gibt da bestimmt nicht nach.


    Bin gespannt

  • Zitat

    Original von Nachtgedanken
    Nein, ich glaube nicht, dass Anthonis schwul ist, er war vielleicht nur zu falschen Zeit am falschen Ort. Stephan traue ich es zu, ihm eins übergezogen zu haben, nachdem er ihn in einer eindeutigen Situation erwischt hat. Sehr gut gefällt mir das zweite Bild und dass er es Rika schenkt. Aber mit dem Vorbeibringen ist er ja ein ganz schönes Risiko eingegangen, nicht nur für sich, sondern auch für sie. Schließlich hätte es auch Alexander entgegen nehmen können und das hätte mindestens unangenehme Fragen nach sich gezogen.
    Ich hoffe ja immer noch für Anna und David, aber ihre Beziehung ist auf keiner sehr guten Grundlage aufgebaut und Alexander wird strikt dagegen sein.


    Ich denke auch, daß es so oder so ähnlich gewesen sein muß.


    Stephan ist mir allerdings symphatisch und ich denke nicht, daß er in böser Absicht an Anthonis Verletzung beteiligt war.


    Alexander mag ich immer weniger. Ich denke er ist mehr als ein Egoist und er würde so einiges tun, um seine Ziele zu erreichen. Ich bin gespannt, was da noch so auf uns zukommt.


    Ich mag Anthonis jüdischen Freund, mal sehen, ober auch noch weiter eine Rolle spielt.


    Davids Familie und Rikas Freunde, das Kunsthändlerehepaar mag ich auch sehr. Allerdings glaube ich auch, daß Anna und David es sehr schwer haben werden als Paar anerkannt zu werden. Zumal Anna ja auch die Beziehung mit einer Lüge beginnt. Sie tut mir leid, denn ich denke, daß sie eher labil ist und einen Streit mit ihrem Bruder nicht ertragen können wird.


    Ich hätte gerne mehr Lesezeit, denn eigentlich mag ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Mal sehen, was sich heute noch machen läßt. :-)

  • Ich kann mir schon vorstellen, dass Stephan etwas mit Anthonis Unfall zu tun hat, er ist mir einfach unsympathisch.
    Für Anna und David sehe ich auch keine Zukunft, Alexander wird dieser Beziehung niemals zustimmen, trotzdem finde ich Alexander bisher sympathisch, er ist einfach ein Kind seiner Zeit, da haben Brüder oder Väter nun mal nichts auf die jugendlichen Schwärmereien junger Frauen gegeben und gedacht, sie wüssten, was für ihre Töchter am Besten ist.
    Ich denke nicht, dass Anna es schafft sich gegen ihren Bruder durchzusetzen.

  • Stephan ist einfach ein armes Schwein. Er muß bei Entdeckung seiner widernatürlichen Neigung nicht nur mit dem Verlust jeglichem gesellschaftlichen Ansehens, der Enterbung und Ausstossung aus der Famile und dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sondern auch mit einer langjährigen Gefängnisstrafe rechnen. Das solcher Druck für uns, wo es fast notwendig ist schwul zu sein, wenn man Ministerpräsident werden will, fast nicht vorstellbar. Das dieser Druck Auswirkungen auf Verhalten und Character hat aber zwangsläufig.


    Alexander ist ein characterloser Opportunist, der weil das gerade bei seinen Freunden Mode ist mal gerade Antisemit wird, der sich hochliebedienern will und dafür meistbietend seine Schwester verkauft und darüberhinaus, anders als noch sein Vater kein Verständnis für die Mitarbeiter seines Betriebes hat. Wie er sich der Witwe seines Vaters gegenüber verhält entsprach auch nicht gerade den Konventionen seiner Zeit, wenn man die Frage der geschäftlichen Aktivität mal unberücksichtigt lässt.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Stephan ist einfach ein armes Schwein. Er muß bei Entdeckung seiner widernatürlichen Neigung nicht nur mit dem Verlust jeglichem gesellschaftlichen Ansehens, der Enterbung und Ausstossung aus der Famile und dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sondern auch mit einer langjährigen Gefängnisstrafe rechnen. Das solcher Druck für uns, wo es fast notwendig ist schwul zu sein, wenn man Ministerpräsident werden will, fast nicht vorstellbar. Das dieser Druck Auswirkungen auf Verhalten und Character hat aber zwangsläufig.


    Alexander ist ein characterloser Opportunist, der weil das gerade bei seinen Freunden Mode ist mal gerade Antisemit wird, der sich hochliebedienern will und dafür meistbietend seine Schwester verkauft und darüberhinaus, anders als noch sein Vater kein Verständnis für die Mitarbeiter seines Betriebes hat. Wie er sich der Witwe seines Vaters gegenüber verhält entsprach auch nicht gerade den Konventionen seiner Zeit, wenn man die Frage der geschäftlichen Aktivität mal unberücksichtigt lässt.


    :write

  • Ich war heute den ganzen Tag unterwegs und freue mich, eure Reaktionen und Gedanken zu lesen.
    Ja, es stimmt, wer damals schwul war, war "ein armes Schwein", weil er seine Neigungen so gar nicht ausleben konnte.
    Nein, den Maler Paul Flemming gibt es nicht, und er hat auch kein konkretes Vorbild.



    Liebe Grüße,


    Susanne :wave

  • Die Geschichte hält auch mich nach wie vor "gefangen" - aber natürlich im positiven Sinne... ;-) Die liebevoll gezeichneten Bilder faszinieren mich sehr und ich habe mir vorgestellt, wie ich durch den Berliner Prater flaniere und glaubte sogar fröhliches Kinderlachen zu hören. Einfach nur schön! :anbet


    Es zeichnet sich tatsächlich immer mehr ab, dass Anthonis (ich mag diesen Namen lieber als Paul Flemming ;-)) der Mann aus dem Prolog ist. Seine Kopfschmerzen und sein schlechtes Kurzzeitgedächtnis könnten Spätfolgen des Unfalls sein. Die leise Annäherung zwischen ihm und Rika ist sehr schön beschrieben und ich freue mich auf die nächste Begegnung der beiden.


    Leider wird auch mir Alexander immer unsymphatischer. Ich wollte ihm nach dem ersten Abschnitt ja noch eine Chance geben - aber er benimmt sich immer mehr wie ein Despot. Sein Verhalten Rika gegenüber hat wohl mit Liebe nichts zu tun. Und auch seine politische Einstellung gefällt mir nicht, wobei ich auch das Gefühl habe, dass er sein Fähnchen zu sehr nach dem Wind richtet... *grummel*


    Der Herrenabend wirft schon geschichtliche Schatten voraus und lässt Böses erahnen, was die Zukunft von Anna und David betrifft. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und ich hoffe doch sehr, dass du, Susanne, die beiden glücklich werden lässt! *strengguck* :grin


    Auch ich denke, dass Anthonis Stephan und Willy "ertappt" hatte und dass Stephan jetzt Angst hat, von Anthonis enttarnt zu werden und er somit in Berlin wohl keine Zukunft hätte. Wenn er etwas mit dem Unfall zu tun gehabt haben sollte, dann hat er wohl angenommen, dass Anthonis ihn nicht überlebt hatte. Das würde seinen Schreck, als er Anthonis' Stimme erkannte, erklären.


    Besonders gut gefällt mir das Zusammenspiel der verschiedenen Szenen der einzelnen Personen. Durch die parallelen Erzählstränge ist es Susanne sehr gut gelungen, die Spannung ständig aufrecht zu erhalten.

  • Stephan ist ein "armes Schwein". Das bringt es auf den Punkt. Ich hoffe, seine Homosexualität wird nicht publik. In Anthonis sehe ich da keine Gefahr. An Gesichter erinnert er sich nicht. Bliebe noch die Stimme, aber selbst, wenn er diese erkennen sollte, glaube ich nicht, dass er ihn ans Messer liefern würde. Dass er aber der Ex-Verlobte von Stephans Schwester sein könnte, ist nicht unwahrscheinlich.


    Alexander versucht, sich durch seinen Herrensalon in der Gesellschaft zu etablieren. Das gelingt ihm auch ganz gut. Allerdings würde er für einen weiteren gesellschaftlichen Aufstieg das Glück seiner Schwester Anna bedenkenlos opfern. Wenn er herausbekommt, dass sie für den Sohn der Löwenbergs tiefere Gefühle hegt, wird er wohl rigoros durchgreifen. Nicht nur dass dieser ihm nicht zu mehr Ansehen verhelfen könnte, er ist Jude und die Stimmung gegenüber den Juden heizt sich nicht zuletzt durch Beckerts Hetzreden in Alexanders Salon immer weiter auf. Und da Alexander Anklang finden will, scheinen Annas Pläne zum Scheitern verurteilt.


    Ob Rika nach Gladbach reisen darf? Ich bin gespannt, ob sie ihren Stiefsohn umstimmen kann und vor allem wie sie seinem Werben aus dem Weg gehen kann.


    In dem Buch ist die Stimmung der damaligen Zeit sehr glaubhaft dargestellt. Der Aufbruch in der Industrie, das Aufstreben der Industriellen und die zunehmende Not bei den Arbeiterinnen. War Alexanders Vater menschlich und sozial eingestellt war, geht Alexander dabei sehr vieles ab.


    So, nun will schnell wieder zum Buch. Ich höre ganz deutlich, wie es nach mir ruft. ;-)

  • Der Abschnitt barg ja wieder einige Informationen. Mir blieb ja bald die Luft weg, als Alexander sich Rika erklärte. Dieses Ekel (er nennt das vielleicht in-Sorge-sein) wünsche ich keiner Frau. Ich traue ihm im Verlauf der Geschichte noch einiges zu. Falls er vom Besuch Rikas in Antonius Wohnung erfährt, wird er sicher recht unwirsch werden. Immerhin war das ja früher undenkbar, dass sich eine Frau zu einem Mann in die Wohnung begibt, ob mit oder ohne Anstandsdame war da wohl gleich schlimm.


    Bei Stephan empfand ich es nicht direkt als unsympathisch. Er will sich unbedingt schützen und handelt deswegen so zeckig. Oscar Wilde wurde doch für dieselbe Neigung 26 Jahre später für fünf Jahre ins Zuchthaus gesperrt. Da sieht man, dass die Toleranz gegenüber Homosexuellen gleich Null war.

  • Ich hatte angenommen, dass das in einer Stadt wie Berlin vielleicht etwas toleranter war. Klaus Mann zum Beispiel hat 1929 in seinem Erstlingsroman "Der Fromme Tanz" Berlin als offener gezeichnet, die Szene genau beschrieben und sich in diesem Roman geoutet.
    Dabei stand Homosexualität in der Weimarer Republik immer noch unter Strafe.

  • In den 1920er Jahren sah es schon anders aus, da gab es eine aktive Schwulen- und Lesbenszene. Vierzig bis fünfzig Jahre früher war es undenkbar, Homosexualität offen auszuleben. Ich habe bei meinen Recherchen dieses Buch benutzt:
    Eldorado - Homosexuelle Frauen und Männer in Berlin 1850 - 1950. Geschichte, Alltag und Kultur, Berlin 1984
    Das war sehr informativ und hilfreich. Und dann gibt es auch noch das Schwule Museum in Berlin. Außerdem hatte ich noch einen schwulen Testleser, wofür ich sehr dankbar war, weil ich die Figuren möglichst realistisch darstellen wollte.


    Schönen Abend,


    Susanne :-)

  • Meinen Vorschreibern ein großes Dankeschön für ihre interessanten Eindrücke und Ideen, die das Buch zusätzlich bereichern! :wave


    Rika gefällt mir immer besser. Ich mag ihre ruhige und besonnene Art und wie sich trotzdem beharrlich durchsetzen kann. Nicht aufmüpfig oder frech, sondern eher durch die Hintertür, dennoch macht sie was sie will.


    Alexander würde ich (zumindest momentan) nicht so negativ sehen wie viele andere vor mir, ich kann eher Zwergin zustimmen:


    Zitat

    Für Anna und David sehe ich auch keine Zukunft, Alexander wird dieser Beziehung niemals zustimmen, trotzdem finde ich Alexander bisher sympathisch, er ist einfach ein Kind seiner Zeit, da haben Brüder oder Väter nun mal nichts auf die jugendlichen Schwärmereien junger Frauen gegeben und gedacht, sie wüssten, was für ihre Töchter am Besten ist.


    Ich sehe ihn zwar nicht sympathisch, eher neutral, aber seine Handlungen entsprechen dem Bild, das ich mir von einem Haushalts-und Firmenvorstand dieser Zeit machte. Und schließlich ist der von ihm ausgesuchte Leutnant weder grob oder unflätig, auch nicht über die Maßen despotisch und noch dazu jung. Von außen gesehen also ein geeigneter Kandidat. Alexander verfolgt seine Ziele sehr unnachgiebig und es ist im egal, wenn er anderen damit schadet. Aber war er damals damit in der Minderheit? Wohl kaum. Auch sein gesellschaftliches Streben und die damit verbundene Übernahme politischer Meinungen kann ich nachvollziehen. Wer vor uns hätte damals den Mut gehabt, diesem Gedankengut laut und deutlich entgegenzutreten?


    Anders als Zwergin sehe ich aber durchaus eine Chance für Anna und David, auch wenn Alexander normalerweise kaum nachgeben wird. Doch wir lesen hier ja einen Unterhaltungsroman, da wird Susanne schon was passendes eingefallen sein! :-]


    Stephan ist sehr fleißig und Berlin und macht einen guten Eindruck. Seine Verbindung zu Anthonis konnte ich zunächst überhaupt nicht einordnen, die Erkennung an der Stimme nach langer Zeit deutet ja auf einen engen Konakt zwischen den beiden hin (egal ob Freund oder Feind). Auf die Idee mit dem Ex-Verlobten seiner Schwester bin ich überhaupt nicht gekommen, danke an Brummi für diesen sehr interessanten Gedankengang.


    Sehr überrascht war ich über das geringe Alter von Anthonis, bisher war er für mich eher ein "alter" Mann. Deswegen glaube ich auch nicht, dass er schwul ist, schließlich eröffnet das ganz neue Möglichkeiten bei der Frage "Wer mit wem?" :grin


    Zitat

    Original von Nordstern Er (Anthonis) erkennt die Menschen nur an Stimmen und Gesten...


    Das hätte ich eigentlich auch gedacht, doch frage ich mich dann, warum er den Schutzmann und auch Rika bei der zweiten Begegnung überhaupt nicht mehr einordnen konnte. Beide müssten ihm eigentlich zumindest irgendwie im Gedächtnis geblieben sein. Und wenn er sich tatsächlich an Stimmen orientiert (was ich vermute, da der Bezug zu Stimmen ja bereits öfters hergestellt wurde), wären ihm gerade diese beiden doch in Erinnerung geblieben, da ihn beide unterschiedlich "berührt" haben. Wenn er sich aber gar nicht erinnern würde, wüsste er auch vieles andere nicht mehr. :gruebel


    Über was anderes denke ich noch nach und zwar überlege ich, ob es einer zwar kunsinteressierten, aber dennoch Laiein möglich ist, zwei völlig unterschiedliche Bilder dem gleichen Maler zuzuordnen. Rika war sich ja auf Anhieb sehr sicher.


    Zitat

    Original von Bücherfrau Und dann gibt es auch noch das Schwule Museum in Berlin.


    Das hat mich interessiert (ich konnte mir überhaupt nicht vorstellen, wie so ein Museum aussieht) und ich habe mal gegoogelt. Klingt vielversprechend!


    Edit: Jetzt ist der Beitrag eh so lang geworden, und dennoch habe ich etwas (für mich wichtiges) vergessen: Ich wollte nochmals betonen (auch wenn es im 1. Abschnitt bereits angesprochen wurde), dass ich es ganz toll finde, dass die Personen in dem Buch nicht unbedingt in gut/schlecht eingeordnet werden können, sondern viel mit Grautönen gearbeitet wird. Gerade das macht sie menschlich und überzeugend! :fingerhoch

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Lese-rina ()

  • Ich habe es geahnt: Das Buch fesselt mich dermaßen, dass ich gar nicht zum Posten in der LR komme. :help


    Sehr interessant zu lesen finde ich, wie ein schwuler Mann zur damaligen Zeit zurecht kam. Welche Sorgen und Nöte er hatte, wie er seinesgleichen erkannt hat, aber auch, dass es unter Strafe verboten war. Habe ich so noch nicht in einem Roman gelesen.


    Anthonis gefällt mir immer besser. Rika gegenüber wird er auch offener. Schön, dass wir an seinen Gedanken teilhaben können. Dass er der Mann aus dem Prolog ist, hätte ich erst nicht gedacht, aber gut. Schlimm, dass ein Schutzpolizist solche "Macht" auf ihn haben kann.


    Bei Rika bin ich etwas zwiegespalten, aber sie ist halt auch nur ein Mensch. Dass sie ihre Stieftochter im Stich lässt, hat mich enttäuscht. Zeigt aber eben, dass sie auch so ihre Schwächen hat.


    Alexander geht gar nicht. So ein mieses Schw... Sein Vater war doch ganz anders, da ist wohl was schiefgelaufen. Sehr spannend, wie sich hier die Meute gegen die Juden zusammenrauft. Noch gespannter bin ich, was das für Auswirkungen hat.

  • Erst einmal wollte ich mich dafür entschuldigen, daß ich dieses Mal so hinterhertrödele. Wenn ich mal zum lesen komme, bin ich wirklich gefesselt- aber leider habe ich trotz aller guten Vorsätze wenig Zeit.


    Was Anthonis angeht habe ich einen leisen Verdacht, warum er keine Gesichter malt bzw erkennen kann. Ich arbeite ja in einer Rehabilitationsklinik und wir hatten schon einige Patienten nach Hirnblutungen mit ähnlichen Beschwerden- sie können dann z.B. keine Farben mehr erkennen.


    Was Alexander betrifft, bin ich geneigt Lese-rina zuzustimmen. Bei historischen Romanen ist man immer geneigt, seine eigenen "aufgeklärten" Moralvorstellungen als Maßstab anzulegen- diese werden aber nicht passen. Und wenn sie es tun, dann handeln die Personen (für mich) damit eigentlich anachronistisch und somit unglaubwürdig.
    Mir gefällt die ganze Atmosphäre des Buches, die Art, wie gesellschaftliche Themen eingewoben werden, fast ohne daß man es bewusst merkt. Und damit sticht er schon aus dem Gros der üblichen Histos raus.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)