Sehet die Sünder - Liv Winterberg

  • Klappentext:


    Bretagne, 1440. Grausame Dinge geschehen in dem kleinen Dorf Saint Mourelles. Menschen verschwinden und werden ermordet im Wald aufgefunden. Misstrauen und Angst machen sich breit und stellen die sonst so harmonische Dorfgemeinschaft auf eine harte Probe. Catheline, die Haushälterin des Dorfpfarrers, und der junge Bauer Mathis beschließen, den entsetzlichen Vorfällen auf den Grund zu gehen. Denn es gibt Spuren, und die führen zum nahegelegenen Schloss. Niemand ahnt, dass sich auch der Bischof von Nantes mit einer geheimen Untersuchung der Vorgänge einschaltet.



    Über den Autor:


    Liv Winterberg, 1971 in Berlin geboren, studierte Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Berlin. Ihr Debütroman 'Vom anderen Ende der Welt' wurde auf Anhieb ein Bestseller und ist bereits in Niederländische übersetzt.



    Meine Meinung:


    Schauplatz dieses historischen Romans ist die Bretagne 1440


    Im Dorf Saint Mourelles leben einfache Leute. Unter ihnen die Pfarrershaushälterin Catheline und der junge Bauer Mathis. Eigentlich hatten sie die Absicht zu heiraten, aber Mathis hat bei einem Angriff auf den Baron Amédé de Troyenne diesen zwar gerettet, aber er ist seitdem gehbehindert. Er bezeichnet sich selbst als Dorfkrüppel und möchte deshalb Catheline nicht mehr an sich binden.


    Der zweite Schauplatz ist das Schloß Troyenne, wo Amédé, seine Frau Bérénice samt Gefolge leben. Amédé genießt sein Dasein, ist sehr großzügig und lebt schlichtweg über seine Verhältnisse. Um diesen Standard zu halten, verkauft er langsam aber stetig seine Ländereien. In seinem engsten Umfeld befinden sich der Hauptmann Bouchet und Pater Bertrand. Die Eheleute de Troynne haben sehr unterschiedliche Ansichten was die Finanzen angeht und deshalb reist Bérénice von Zeit zu Zeit mit ihrer Schwester Francine auf das Gut Lemoine in Anjou. Sie leben dort bescheiden und ohne Prunk.


    Der dritte Schauplatz ist der Bischofspalast in Nantes mit dem Bischof Gregor du Clergue. Julien Lacante ist der Schreiber und Notar des Bischofs und handelt im Sinne des Bischofs die Kaufverträge mit Amédé aus. Julien und Bérénice de Troyenne kennen sich schon aus Jugendtagen.


    Nach einer großen Feier auf dem Schloß verschwindet Raymond, der Sohn des Schmieds, und es wird zuerst vermutet, daß er mit den Spielleuten weitergezogen ist. Als nächstes verschwindet Rachel, die mit dem geistig behinderten Avel in den Wald gegangen ist. Avel behauptet, daß sie der schwarze Ritter geholt hat. Dann verschwindet auch noch Avel und wird tot gefunden. In der folgenden Zeit verschwinden immer wieder Kinder oder Mägde und es kann kein Schuldiger ausgemacht werden.


    Dazu kommen auch noch Alchemie, Teufelsbeschwörung und Inquisition. Die Situation wird für den Baron und Catheline immer brenzliger.




    Die Autorin hat auch in ihrem zweiten Roman einen flüssigen Schreibstil, der dem Mittelalter angepasst ist. Sie hat die einzelnen Figuren sehr gut beschrieben und als Leser konnte man richtig mitfühlen. Auch die Gegenüberstellung vom Leben der einfachen Bevölkerung und des Lebens am Hofe sowie die Abhängigkeit der Dorfbewohner vom Lehensherrn wurde sehr anschaulich beschrieben. Durch die Krimielemente wurde ein richtiger Sog ausgelöst und ich konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen.


    Nun zur Aufmachung. Das Cover gefällt mir sehr gut und das Buch beginnt mit einem ausführlichen Personenverzeichnis. Im Anhang findet man noch interessante Angaben zum geschichtlichen Hintergrund sowie ein ausführliches Glossar.


    Dieser zweiten Roman von Liv Winterberg hat mir wieder sehr gut gefallen und ich werde ihn gerne weiterempfehlen.

  • Meine Meinung:


    In ihrem neusten historischen Roman "Sehet die Sünder" entführt Liv Winterberg ihre Leser in die Mitte des 15. Jahrhunderts nach Frankreich. Dort nimmt man in verschiedenen, lebendig erzählten Handlungssträngen am harten Leben der Dorfbewohner teil und verfolgt die Geschehnisse der Bewohner im nahegelegenen Schloss, die sich ebenfalls mit ihren Sorgen und Nöten plagen. Die mysteriösen Geschehnisse, die mit dem Verschwinden des Sohnes des Schmieds ihren Anfang nehmen, verleihen der Geschichte eine zusätzliche düstere Atmosphäre und eine ordentliche Portion Spannung. Sie basieren grob auf tatsächlichen historischen Ereignissen, auf die jedoch an dieser Stelle - um nicht zu viel vorneweg zu nehmen - nicht im Detail eingegangen werden soll. Tatsächlich fiebert der Leser mit und rätselt selbst, wer oder was hinter den grausamen Ereignissen steckt, doch die Auflösung wird - leider ohne Umwege oder falsche Spuren für den Leser - relativ schnell präsentiert. Insbesondere im Hinblick auf die realen historischen Ereignisse, die in einem sehr aufschlussreichen Nachwort der Autorin geschildert werden, wird deutlich, dass ein wesentlicher - und meiner Meinung nach der interessanteste - Aspekt der Geschichte der künstlerischen Freiheit zum Opfer fiel, was erst recht einige raffinierte Wendungen in der Aufklärung hätte rechtfertigen können. So bleibt ein solider historischer Roman, der zwar atmosphärisch dicht erzählt wird, aber meinem persönlichen Empfinden nach auch Potenzial verschenkt.


    Knappe 7 Punkte von mir!

  • Ich möchte anmerken, daß mir persönlich der erste Roman besser gefallen hat, er war für mich leichter und farbenprächtiger. Das Mittelalter hier hingegen ist einfach düster und die Menschen haben in dem Buch nicht viel zum Lachen.


    Trotzdem von mir die Leseempfehlung :-)

  • Seit ihrem Debüt Vom anderen Ende der Welt ist Liv Winterberg den Liebhabern des historischen Genres ein Begriff. Mit ihrem zweiten Roman zeigt sie nun, dass der Erfolg keine Eintagsfliege war.
    Bretagne im 15. Jahrhundert. Die Bewohner des Dorfes Saint Mourelles bilden eine gute Gemeinschaft und können sich über ihren Lehnsherren, Baron de Troyenne, nicht beklagen. Das ändert sich schlagartig, als die ersten Kinder aus dem Dorf verschwinden. Avel, ein Junge mit dem Gemüt eines vierjährigen Kindes, wird verdächtigt. Als aber auch er tot aufgefunden wird, ist klar, dass der Mörder woanders zu suchen ist. Der alte Pfarrer versucht die Dorfgemeinschaft zusammen zu halten, aber sie zerbricht immer mehr. Misstrauen und Angst bestimmen den Alltag. Derweil ist auf Schloss Troyenne auch nicht alles Gold, was glänzt. Der Baron ist verschwendungsüchtig, seine Frau entfremdet sich immer mehr von ihm. Als das Leben dort für sie unerträglich wird, flüchtet sie auf einen kleinen Landsitz in der Auvergne. Aber auch dort kann sie sich dem Einfluss ihres Mannes nicht entziehen. Es kommt zu immer weiteren Morden und am Ende erkennen die Dörfler, dass sie nur wieder in Frieden Leben können, wenn sie zusammenstehen.
    Liv Winterberg erzählt die Geschichte in zwei Strängen, die Geschichte der Dorfgemeinschaft und die Geschichte des Barons. Beide sind sehr lebendig, mit gut gezeichneten Figuren, die interessante Entwicklungen durchleben. Ich konnte sehr gut eintauchen in die Geschichte, die Gegensätze zwischen den beiden Welten, hier Lehnsherr, dort Bauern, wird sehr deutlich gemacht. In den kleinen Details erkennt man, das die Fakten gut recherchiert und ausgezeichnet aufbereitet sind. Die Autorin hat einen schönen Stil, ich war nur etwas irritiert, als mitten im Geschehen plötzlich zwei, drei Sätze aus der Ich-Perspektive des Bauern Mathis auftauchten. Die Handlung ist spannend, ich wusste bis zum Ende nicht, wer der Mörder ist.
    Ein spannender Roman mit viel lebendigem Geschichtshintergrund.

    :lesendCharlotte Roth - Grandhotel Odessa


    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Im Winter 1440 ereignen sich in dem kleinen Dorf Saint Mourelles schreckliche Dinge. Zuerst verschwindet ein kleiner Junge, dann ein kleines Mädchen. Ging die Dorfgemeinschaft bei dem Jungen noch davon aus, dass er mit den Spielleuten mitgezogen ist, traut es niemand dem Mädchen zu. Nur wenige Tage später findet man den geistig beeinträchtigen Avel am Fuße eines Felsen. Auch hier rätselt man, ob es vielleicht auch ein Unfall gewesen sein könnte. Ganz sicher um Mord handelt es sich allerdings bei der Magd Babette. An ihrer Leiche befinden sich Würgemale. Angst und Schrecken breiten sich unter den Bewohnern aus.


    Liv Winterberg führt ihre Leser diesmal in die Bretagne des 15. Jahrhunderts. Wie ein farbiges Bild zeichnet sie das seinerzeit übliche Dorfleben in Saint Mourelles. Dort bekommt zunächst das Paar Catheline und Mathis das Hauptaugenmerk. Mathis ist kriegsversehrt und bezweifelt, dass er eine Familie ernähren könnte. Als er Catheline seine Entscheidung mitteilt, dass er sie nicht heiraten wird, bleibt sie recht gefasst. Die Enttäuschung ist jedoch zwischen den Zeilen spürbar. Sie nimmt sich vor, geduldig auf Mathis zu warten. Die Suche nach dem Mörder ist für beide so spannungsgeladen, dass sie sich auch ihrer Gefühle zueinander stellen müssen. Aber auch der Zusammenhalt der Gemeinschaft wird greifbar, wenn sich die Bauern gegen den unbekannten Feind schützen müssen.


    Dem kargen Dorfleben steht die Beschreibung vom Leben des Adels auf dem Schloss Troyenne gegenüber. Die üppigen Speisenfolgen beim anstehenden Weihnachtsfest spiegeln den Wohlstand wider, der allerdings nicht die Spannung zwischen Baron und Baronin hinwegtäuscht. Durch diesen Handlungsstrang wird wie nebenbei auch die politischen Gegebenheiten um König Karl XII. eingebracht. Baron Amédé de Troyenne unterstützt zwar den französischen König, kämpft aber seit der letzten Schlacht nicht mehr auf dem Feld. Mit diesem Krieg verbindet ihn auch das Schicksal von Mathis.


    Die Autorin hat erneut einen historisch belegten Vorfall für ihren Roman aufgegriffen. Wie schon in ihrem Debüt „Vom anderen Ende der Welt“ kreiert sie eine nachvollziehbare Geschichte mit authentisch wirkenden Figuren um die belegten Fakten. In diesem Fall wurde daraus ein fesselnder Krimi. Wer sich allerdings nicht vorschnell die Spannung nehmen möchte, sollte keinesfalls einschlägige Lexika zum Thema befragen, sondern sich einfach vom bemerkenswerten Schreibstil einfangen und davontragen lassen. Das Nachwort gibt Auskunft auf einige Fragen zum realen Prozess. Ausgestattet ist diese Klappbroschur mit einem Personenregister und einem Glossar. Insofern blieben für mich keine Wünsche offen und ich empfehle dieses Buch uneingeschränkt weiter.

  • Kurzbeschreibung:


    Bretagne, 1440. Grausame Dinge geschehen in dem kleinen Dorf Saint Mourelles. Menschen verschwinden und werden ermordet im Wald aufgefunden. Misstrauen und Angst machen sich breit und stellen die sonst so harmonische Dorfgemeinschaft auf eine harte Probe. Catheline, die Haushälterin des Dorfpfarrers, und der junge Bauer Mathis beschließen, den entsetzlichen Vorfällen auf den Grund zu gehen. Denn es gibt Spuren, und die führen zum nahegelegenen Schloss. Niemand ahnt, dass sich auch der Bischof von Nantes mit einer geheimen Untersuchung der Vorgänge einschaltet.


    Zum Autor:


    Liv Winterberg, 1971 in Berlin geboren, studierte Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Berlin. Ihr Debütroman 'Vom anderen Ende der Welt' wurde auf Anhieb ein Bestseller und ist bereits in Niederländische übersetzt.



    Aus Jesus Sirach, 5,5 und Sehet die Sünder:


    "Verlass dich nicht auf die Vergebung,
    füge nicht Sünde an Sünde, indem du sagst:
    Seine Barmherzigkeit ist groß,
    Er wird mir viele Sünden verzeihen.
    Denn Erbarmen ist bei ihm,
    aber auch Zorn,
    auf den Frevlern ruht sein Grimm."


    Meinung:


    In einem kleinen verschlafenen Dorf in der Bretagne arbeitet Catheline als Haushälterin beim örtlichen Pfarrer. Sie fiebert der Hochzeit mit Mathis entgegen. Bei einem Überfall auf den Grafen jedoch, rettet Mathis dem Grafen zwar das Leben, wird aber selbst zum Krüppel. Als solcher will er Catheline nicht mehr ehelichen, da er sie nicht mehr versorgen kann.


    Catheline denkt, dass dies ihre größte Sorge sei, aber dann verschwinden zwei Kinder aus der Dorfgemeinschaft und keiner weiß etwas darüber. Zusammen mit Mathis stellt sie Nachforschungen an. Auch der Dorfpfarrer unterstützt die beiden nach Kräften.


    Als immer mehr Personen verschwinden und letztlich tot wieder aufgefunden werden, drängt die Zeit. Doch dann gerät Catheline selbst ins Fadenkreuz der Ermittlungen. Kann sie ihre Unschuld beweisen und die Morde aufklären?


    Dem Buch basiert auf einer wahren Begebenheit. Liv Winterberg hat sich sowohl mit der Geschichte wie auch den im Buch vorkommen Prozess intensiv beschäftigt, was beim lesen des Buches deutlich wird.


    Spannend und mitreißend versteht die Autorin es, den Leser an die Hand zu nehmen und ihm ihre Rechercheergebnisse und die darum gesponnene Geschichte näher zubringen.


    Der Leser begleitet vor allem Catheline bei ihren Versuchen, den Mörder zu finden und zu stellen. Die Verwirrungen und das Leid der Dorfgemeinschaft, aber auch das langsam wachsende Misstrauen werden sehr deutlich dargestellt. Catheline und Mathis sind farbenfroh und sympathisch. Schnell hat man sie in ihr Herz geschlossen, und auch der ein oder andere Dorfbewohner findet noch zusätzlich darin Platz.


    Zusammen mit Catheline möchte man die Morde aufklären und so manche Szene raubt einem schier den Atem, dass man das Buch nur schwer beiseite legen kann.


    Es handelt sich bei dem Buch um eine Klappbroschur, wobei der Titel des Buches im Cover erhaben ist. Mit blutroten Buchstaben auf beige-braunem Hintergrund, der das Gewölbe einer Kathedrale darstellt, macht der Titel den geneigten Leser gleich auf sich aufmerksam.


    Bevor die Geschichte beginnt, erhält man zunächst einen Personenregister, in dem die wichtigsten Personen, sortiert nach den Örtlichkeiten aufgezählt werden.


    Der Prolog weckt mit einem mutmaßlichen Mord gleich das Interesse und so findet sich schnell der Einstieg in die eigentliche Geschichte.


    Jeder Abschnitt wird mit dem Ort, an dem er spielt, überschrieben. Kapitel gibt es nicht. Dafür wird das Buch in einzelne Teile unterteilt, für jede Jahreszeit.


    Im Anhang findet man einen Hinweis zum geschichtlichen Hintergrund, zum Prozess, einen Glossar mit den wichtigsten Begrifflichkeiten und deren Erklärungen sowie eine abschließende Danksagung der Autorin.



    Fazit:


    Ein spannungsgeladener historischer Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruht und den Leser schnell in seinen Bann zieht.

  • Ein solider historischer Roman, der sehr verliert, wenn man das Nachwort gelesen hat. Aus dem Nachwort erkennt man welchen Anspruch die Autorin an sich stellt - und an diesem Anspruch ist sie klar gescheitert. Ohne das- ein solider, gut recherchierter Roman, in einer mittleren Qualität, nichts was von Hocker reißt und nichts zum in die Tonne kloppen. Die Geschichte ist weder als Spannungsroman geschrieben, noch stellt sich farbiges Kopfkino ein- dazu sind zu viele unausgeformte Nebenfiguren vorhanden. Klar werden eigentlich nur die beiden liebenden Hauptfiguren und die Baronin dargestellt, alle anderen Personen bleiben seltsam blass. Schade drum, den die Autorin lässt stellenweise durchaus erkennen, dass sie es besser könnte, doch das Thema hätte einer geübteren, gereifteren Autorin bedurft.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ein solider historischer Roman, der sehr verliert, wenn man das Nachwort gelesen hat.


    So ähnlich ging es mir ja auch (siehe oben), ich fand auch, dass die tatsächlichen historischen Ereignisse noch viel mehr Potenzial gehabt hätten....

  • Auch ich muss (leider) beowulf Recht geben - das Buch hätte deutlich "besser" werden können....


    Die Geschichte um die Ermordung zahlreicher Menschen, die alle irgendwie im Zusammenhang mit dem kleinen bretonischen Dorf Saint Mourelles stehen, ist geprägt durch die beiden Haupterzählungen, einmal um Catheline und Mathis und zum anderen um die Geschehnisse im nahe Schloss Troyenne. Der dort lebende Baron und sein Gefolge lebt im starken Kontrast zu den Dorfbewohnern.


    Doch mit den Morden - die nicht sofort als diese erkannt werden, oder erkannt werden wollen - ändert sich das Leben aller drastisch: Niemand weiß mehr, wem er vertrauen kann, der Baron knüpft Bande mit einfachen Bauern und mitten drin ist immer wieder die Kirche als allwissende Institution.


    Mich hat die Geschichte nur zu Beginn wirklich gepackt, die vielen Nebenschauplätze ab der Mitte des Buches haben es mir etwas verleidet, das Buch wirklich in einem Rutsch durchlesen zu wollen.
    Es ist toll geschrieben, keine Frage, auch (zum Glück) nicht in seltsam historisch-gewollter Sprache, sondern gut verständlich und schön zu lesen. Aber auf mich wirkte das alles ein bisschen so, als hätte Liv Winterberg mehr gewollt, als am Ende nun rausgekommen ist.


    Dass die Geschichte auf einer wahren Begebenheit ruht, hätte ich ehrlich gesagt lieber nicht erfahren, denn das, was die Autorin daraus gemacht hat, ist doch weniger, als die Realität (oder die angenommene Realität) hergibt. Für mich waren ebenfalls nur die Hauptpersonen gut greifbar: Schon bei den einzelnen Dorfbewohnern war mir selbst am Ende des Buches nicht ganz klar, wer denn nun wer ist, wer der Schmied und wer der Mann von wem. Klar, es gibt ein Personenverzeichnis am Beginn des Buchs - aber eigentlich mag ich es lieber, wenn mir die Personen selbst in Erinnerung bleiben und ich nicht immer blättern muss.


    Auch die Auflösung der Morde selbst war mir fast schon etwas zu einfach, bzw. wurde sehr schnell abgetan. Seitenlang wird über "unwichtiges" schwadroniert - und dann innerhalb von wenigen Absätzen die Lösung der vorherigen knapp 400 Seiten dem Leser vorgesetzt. Das fand ich sehr schade.


    Ein weiteres Buch von Liv Winterberg, das auf einer wahren Begebenheit beruht, mag ich erst einmal nicht mehr lesen, es gibt von mir 6 Punkte für "Sehet die Sünder".

  • Zuerst möchte ich das Cover und die vielen "Zugaben" wie Glossar, Nachwort etc. loben. Das alles ist meiner Meinung nach sehr gut gelungen und für den Leser ein Gewinn.
    Auch die Schriftgröße fand ich sehr angenehm.
    Die Geschichte selbst ( aus dem Nachwort erfährt der Leser, dass eine wahre Begebenheit als Vorlage genommen wurde ) ist recht spannend und auch kurzweilig umgesetzt.
    Die beiden Protagonisten Catheline und Mathis wachsen einem schon ans Herz und man möchte doch gerne wissen, wie jetzt alles zusammenhängt, wer der Mörder ist und ob es ein Happy End geben wird.
    Es gibt jedoch immer mal wieder Längen im Buch, die Schauplätze wechseln hin und her und es tauchen relativ viele Personen auf.
    Das alles hat bei mir dazu geführt, dass kein richtiger Lesesog entstanden ist und ich das Buch auch mal ohne Bedauern auf die Seite gelegt habe.


    Insgesamt war das Buch für mich besserer Durchschnitt, es lies sich gut lesen aber der letzte "Kniff" hat irgendwie gefehlt.


    Auch ich gebe dem Buch 6 von 10 Punkten.

  • So schlecht wie einige hier fand ich das Buch eigentlich nicht.
    Sicher, auch mir gefiel das erste Buch von Frau Winterberg besser, aber so recht kann man sie mE gar nicht vergleichen.
    Ich stimme aber zu, dass man aus dem Thema mehr hätte machen können, naja, ich nicht, aber vielleicht eine Charlotte Thomas.
    Trotzdem hat es mich ganz gut unterhalten, vor allem gefiel mir das solide Drumherum mit Glossar, Personenregister, Erläuterungen etc.
    Ich vergebe 7 Eulenpunkte
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Die Informationen innerhalb der Spoilermarkierungen kann man mitlesen, muss es aber nicht tun. Sie enthalten keinen Geheimnisverrat, sondern lediglich weitere Informationen zu Personen und Handlungsverlauf.


    * * * * *

    Liv Winterberg: Sehet die Sünder, München 2012, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-24940-9, Softcover/Klappenbroschur, 430 Seiten, Format: 20,8 x 13,4 x 4,6 cm, EUR 14,90 (D), EUR 15,40 (A).


    „Sehet euch um. Sehet die Sünder, die ihr selbst seid, kleine und große Sünder, die darauf hoffen, trotz allem Gottes Gnade zu erfahren. Doch einer von uns, eben derjenige, der Babettes Tod zu verantworten hat, sollte jetzt vortreten. Es ist der rechte Zeitpunkt, sich zu offenbaren. (...)“ (Seite 126)


    Bretagne, 1440: Im Dorf Saint Mourelles und in der näheren Umgebung verschwinden plötzlich Menschen: Kinder, Jugendliche, Männer und Frauen aller Altersklassen. Manche findet man ermordet irgendwo in Wald und Feld, andere tauchen nie wieder auf. Amédé de Troyenne, den Baron und Lehensherrn, interessiert das zunächst nicht übermäßig, er hat genügend eigene Probleme. Auch der Kirche sind ein paar getötete Dörfler egal.


    Catheline Cogul, die Haushälterin des alten Gemeindepfarrers Jeunet, hat einen Verdacht: Da steckt jemand aus dem Schloss dahinter! Hat man nicht Stiefel- und Hufeisenspuren in der Nähe der Leichen gefunden? Und sind die Pferde des Barons nicht auf eine unverwechselbare Weise beschlagen? Als eine silberne Gewandspange bei einem der Toten gefunden wird, ist für sie der Fall klar: Der widerliche Hauptmann war’s. Oder gar der Baron selbst.



    Pfarrhaushälterin Catheline ist über die Vorgänge im Schloss des Barons gut informiert: Ihre Schwester Jola ist dort Magd. Der gehbehinderte Bauer Mathis Maury, den Catheline zu heiraten gedenkt, will von ihren Theorien nichts wissen. Er hat dem Baron einmal das Leben gerettet und sich dabei seine Behinderung zugezogen. Dass er seine körperliche Unversehrtheit und seine Zukunft für einen Serienmörder ruiniert haben könnte, mag er sich gar nicht vorstellen. Und wenn der Baron etwas mit den Gräueltaten zu tun hätte, wäre er doch sicher nicht mitgeritten um den Mörder zu suchen. Oder?


    Es gibt durchaus Personen, den es eine Freude wäre, dem Baron unsägliche Schandtaten anzulasten. Könnte man ihm den Inquisitionsprozess machen, fielen seine Ländereien an die Kirche. Und Gregor du Clergue, Bischof von Nantes und Schatzmeister von Herzog Johann, müsste sie ihm nicht mehr einzeln unter Wert abkaufen.


    Julien Lacante, Schreiber und Notar des Bischofs käme eine Hinrichtung des Barons gleichfalls gelegen, hat er doch Interesse an dessen Ehefrau Bérénice, die er seit Kindertagen kennt. Er versteht es, ihr Vertrauen zu nutzen. Doch so leicht lässt sich der Baron nicht kaltstellen. Er ist ein gerissener Stratege, hat wenig Skrupel und treue Verbündete.


    Als Resultat all dieser Intrigen und Winkelzüge steht auf einmal eine harmlose Dorfbewohnerin als Hexe da – und als Mordverdächtige. Dass von den hohen Herren keine Hilfe zu erwarten ist, ist den Bauern von Saint Mourelles klar. In dem Prozess geht es schließlich nicht um Wahrheitsfindung, sondern um Macht und Geld. Um ihre Angehörige und Freundin zu retten, müssten sie schon den wahren Täter überführen ...


    Ein Serienmörder im Mittelalter, das ist schon ein faszinierendes Szenario. Die Geschichte beruht sogar auf einem realen Fall, was die Autorin im Anhang kurz erklärt. Das ist hochinteressant, doch alle „Anhang-vorab-Leser“ seien gewarnt: Wer Liv Winterbergs Ausführungen über den geschichtlichen Hintergrund des Prozesses (Seite 421 ff.) zuerst liest, erfährt darin mehr über die Romanhandlung als er vielleicht wissen möchte.


    Den allgemeinen geschichtlichen Hintergrund (Seite 419 ff.) sowie das Glossar (Seite 425 ff.) und natürlich die praktische Personenübersicht ( (Seite 5 ff.) kann man sich gerne vorab ansehen. Für LeserInnen, die in Geschichte nicht besonders sattelfest sind und sich von dem Roman hauptsächlich einen Krimi in einem ungewöhnlichen Umfeld versprechen, ist das vielleicht sogar eine gute Idee.


    Historienmuffel, die längst vergangenem Schlachtengetümmel und der Frage „wer-warum-gegen-wen“ partout nichts abgewinnen können, dürfen aber auch schummeln und die entsprechenden Schilderungen im Buch querlesen. Man muss kein Experte in Sachen Hundertjähriger Krieg, Erbfolgekrieg und Praguerie sein, um der Krimihandlung folgen zu können. Wer nur auf Krimi aus ist, für den wird es aber erst ab der Hälfte des Buchs so richtig spannend, wenn die einzelnen Parteien um die Wette intrigieren und sich der übelsten Tricks bedienen.


    Sprach-Erbsenzähler werden ab und zu mal nach dem Duden greifen. Die Nachtmahr, nicht der? Echt jetzt? Geschlechtsumwandlung? Und heißt „wohlfeil“ nicht „günstig, billig“? Hier wird’s als Synonym für „gut“ verwendet: „Das Fest (...) war wohlfeil vorbereitet, alles war gut gewählt und sehr gefällig arrangiert.“ (Seite 53). Das sind natürlich Kleinigkeiten, aber die lassen manchen Leser misstrauisch werden: „Hat sich überhaupt jemand den Text angeschaut? Ist das richtig, was man uns hier erzählt?“ Wer sich davon nicht ablenken lässt, hat mit SEHET DIE SÜNDER einen gruseligen mittelalterlichen Kriminalfall mit politischen Dimensionen und einem wahren Kern.



    Warum man das ursprüngliche, aufwändig gestaltete rote Cover des Leseexemplars mit Prägung und Drucklack zugunsten des beigefarbenen Designs verworfen hat, wäre interessant zu wissen. Die beigefarbene Gestaltung ähnelt ein wenig dem Cover von Liv Winterbergs Bestseller VOM ANDEREN ENDE DER WELT. Vielleicht wollte man da einen Wiederkennungswert schaffen.


    Die Autorin
    Liv Winterberg, 1971 in Berlin geboren, studierte Germanistik, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft. Sie arbeitet für Film und Fernsehen als Rechercheurin. Mit ihrer Familie lebt sie in Berlin.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Inhalt:


    In Liv Winterbergs historischem Roman „Sehet die Sünder“ geht es um eine Serie von Morden in der Bretagne im Jahre 1440. Es gibt mehrere Erzählstränge. Einmal sind da Catheline, die Haushälterin des Pfarrers, und Mathis, ein Bauer, der bei einem Unfall am Bein verletzt wurde. Zusammen mit dem Pfarrer und den anderen Bewohnern des Dorfes Saint Mourelles erleben sie die Morde hautnah und versuchen herauszufinden, was es damit auf sich hat. Die Spuren führen zum nahegelegenen Schloss Troyenne, wo ihr Lehnsherr Baron Amede de Troyenne mit seiner Gattin Berenice, deren Schwester Francine und den Angestellten des Schlosses lebt. Der Baron hat Geldprobleme und auch mit seiner Frau läuft es derzeit nicht gut. Zuletzt gibt es noch den Bischof von Nantes und seinen Notar Julien Lacante, Schloss und Dorf gehören zu seiner Diözese.


    Meine Meinung:


    Das Cover gefällt mir gut. Man sieht sofort, dass es sich um einen historischen Roman handelt. Leider hat sich der Buchrücken beim Lesen etwas durchgebogen und es sind Leserillen entstanden. Das Buch soll in gewisser Weise einen mittelalterlichen Kriminalfall beschreiben. Die Autorin hat gut recherchiert und man gewinnt den Eindruck, sie wollte ihr ganzes Wissen dann auch mitteilen. Es gibt viele Handlungen, die für die Geschichte selbst nicht alle essentiell sind. Einerseits sind da die Morde, dann gibt es eine Liebesgeschichte zwischen Catheline und Mathis und auch die politischen Verflechtungen der Zeit rund um den Herzog und den Bischof der Betagne, den König von Frankreich und die Praguerie wurden in die Geschichte mit aufgenommen. An sich finde ich das sogar ganz gut, aber die einzelnen Handlungen haben mir dann nicht immer genug Tiefe, manche Dinge bleiben oberflächlich. Und das obwohl das Buch mit über 400 Seiten relativ lang ist. Damit komme ich dann auch zu meinem Hauptproblem, trotz der ganzen Handlungen braucht es recht lange bis die Geschichte wirklich anläuft und Spannung entsteht. Das erste Drittel des Buches zeigt viele Längen. Es gibt sehr viele Morde, die die Handlung aber nicht wirklich weiterbringen. Es wird jemand tot aufgefunden, alle sind schockiert und dann wird bald auch schon die nächste Leiche gefunden. Zum Glück nimmt die Geschichte dann aber an Fahrt auf und das letzte Drittel ist wirklich spannend.


    Die Personen sind mir nur mittelmäßig sympathisch. Am besten gefällt mir Catheline, auch wenn sie manchmal doch auch anstrengend und etwas zickig ist. Mathis ist mir nicht sehr sympathisch, er vergeht in Selbstmitleid (obwohl um ihn herum anderen Menschen die furchtbarsten Dinge passieren) und stößt Catheline von sich. Auch begeht er einige Dummheiten und ist dann nicht bereit darüber zu reden und die Begebenheiten mit Catheline zu klären. Ihre Probleme miteinander werden eigentlich im ganzen Buch nie wirklich ausdiskutiert oder gelöst. Den restlichen Bewohnern des Dorfes fehlt es etwas an Tiefe um eine wirkliche Beziehung zu ihnen aufzubauen. Amede de Troyenne wirkt anfangs ganz freundlich, das ändert sich aber im Laufe der Zeit. Berenice kann ich eigentlich ganz gut verstehen, aber auch bei ihr werden ihre Gefühle nicht komplett aufgearbeitet. Ihre Schwester ist mir total suspekt und ich finde sie ungeheuer nervig. Wieso läuft sie Amede so hinterher, will sie sich nicht vielleicht mal um ihr eigenes Leben kümmern? Julien zeigt einerseits Gefühle, ist andererseits aber auch sehr berechnend, so wie es der Bischof von ihm erwartet. Dieser ist dagegen eigentlich durchweg unsympathisch, aber das liegt natürlich auch an der ihm angedachten Rolle.


    Der letzte Teil des Buches hat mir dann, wie schon erwähnt, besser gefallen. Die Schilderungen sind durchaus interessant und ich wollte die Geschichte dann auch unbedingt zuende lesen. Leider ist die Auflösung am Ende aber auch nicht die große Überraschung. Auch das Motiv für die Morde hat mir nicht wirklich gefallen, es gibt keine klugen Verflechtungen und Überraschungsmomente. Keine detektivische Arbeit, die einen ausgeklügelten Plan hinter dem Ganzen aufdeckt. Am Ende schreibt die Autorin, dass sie ihre Geschichte an eine wahre Person angelehnt hat, deren Motiv für die Morde aber nicht übernommen hat. Vielleicht merkt man das einfach bei der Geschichte. Gut gefallen haben mir auch die Personenübersicht am Anfang und die Hintergründe und das Glossar am Ende (wobei ich das Glossar lieber nicht erst am Ende gefunden hätte).


    Fazit:


    Die Thematik ist umfangreich, gut recherchiert und eigentlich auch interessant. Leider hat der erste Teil des Buches ziemliche Längen. Die Personen konnten mich nur teilweise überzeugen, einigen Charakteren und Handlungen fehlt es an Tiefe. Auch die Auflösung und das Motiv dahinter waren mir nicht überraschend und intelligent genug. Dennoch ist die zweite Hälfte des Buches dann doch noch spannend und interessant.


    6/10 Punkte