'River' - Seiten 200 - 289

  • Okay; es hat geknallt.


    Ganz schön viel auf einmal, was es da zu verdauen und verarbeiten gibt. Vor allem für Natalie natürlich, die glaubt, sie sei an allem Schuld (was ja zu einem Großteil auch stimmt). Es ist mir fast schon ein bisschen zu viel.


    Ich finde es sehr gut, dass der große Knall im vorletzten Teil schon erzählt wird und bin jetzt gespannt, wie der Rest der Familie zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Vergangenheit aufarbeiten wird.


    Und ich bin sehr froh für Jenny, dass sie kein Vergewaltigungs-Kind ist.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Puh... ich finde das, was alles passiert ist, ziemlich heftig. Und ich wünschte mir beim Lesen, sie hätten miteinander geredet und nicht versucht alles schweigend zu lösen... :-(
    Natalie tut mir sehr leid. Kein Wunder, dass sie sich ihr ganzes Leben so getrieben fühlt und der Gedanke nach Hause zu müssen, für sie so schrecklich ist. Sie ist erst 16 Jahre alt, als das alles mit ihr passiert. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass sie glaubt an allem Schuld zu sein, aber ich kann ihr keine Schuld für all das geben.

  • Nein, sie war verzweifelt und verwirrt.
    Von Schuld kann man da wirklich nicht sprechen. Aber was für ein Unglück, dass sie nicht miteinander sprechen können, die ganze Familie leidet und niemand ist da, der dieses entsetzliche Schweigen durchbrechen kann.
    Ganz großartig, wie Donna Milner das schildert.

  • Erschütternd fand ich auch die Szene nach der Beerdigung des Vaters als die Mutter den Rosengarten zerstört, den der Vater für sie zur Hochzeit angelegt hat. Dieser Akt hat etwas endgültiges und tottrauriges.
    Die Mutter zeigt hier eine Konsequenz, die ich von ihr nicht erwartet hätte. Sie war immer für alle das und hat alle umsorgt und genährt, aber sie war eigentlich nie wirklich die Erneuernde und Aktive. Sogar ihre Liebe und ihr Sehnen nach Mehr waren eher still. Hier, also mit den Dornen der über Jahre gehegten Rosen in den Händen, tritt sie aus ihrer Rolle heraus.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Nein, sie war verzweifelt und verwirrt.
    Von Schuld kann man da wirklich nicht sprechen. Aber was für ein Unglück, dass sie nicht miteinander sprechen können, die ganze Familie leidet und niemand ist da, der dieses entsetzliche Schweigen durchbrechen kann.
    ...


    Weil jeder denkt, dass er Vorgänge ausgelöst hat, dass er hätte anders handeln müssen. Sogar Boyer, dem vielleicht am meisten genommen wurde, fühlt sich verantwortlich, dass alles so passiert ist wie es passierte.

  • Zitat

    Original von Saiya
    Puh... ich finde das, was alles passiert ist, ziemlich heftig. Und ich wünschte mir beim Lesen, sie hätten miteinander geredet und nicht versucht alles schweigend zu lösen... :-(


    Das habe ich mir auch die ganze Zeit beim Lesen gedacht! Vorher war die Familie so harmonisch und heil, und dann kommt es zu dieser Katastrophe und keiner redet mehr wirklich mit dem anderen. Meiner Meinung nach hilft reden fast immer. Aber keiner schafft es den Anfang zu machen.


    Und Natalie tut mir auch sehr leid, genauso wie Boyer. Es ist schon sehr tragisch, diese Verkettung der einzelnen Ereignisse.
    Ich mal gespannt was jetzt im letzten Teil noch kommt.
    Ich finde das Buch jetzt sehr fesselnd geschrieben, ich kann es kaum aus den Händen legen.
    Leider muss ich heute Nachmittag noch arbeiten und komme erst am Abend wieder zum lesen.

  • Meine Güte, was für eine Fülle dramatischer Ereignisse.
    Man möchte Natalie schütteln und sagen lass es - aber man kann sie auch verstehen. Euch ging das genau so, wie ich aus den Beiträgen sehe.
    Ein so junges Mädchen auf der Schwelle zur Frau, zum ersten Mal verliebt... und dann so was.
    Als wäre es nicht schon schrecklich genug, dann auch noch die Vergewaltigung durch den ekligen Mr. Ryan, Rivers Tod und das Feuer in Boyers Haus.
    Eigentlich ist mir das zu viel Drama, bei einem anderen Autor würde ich wahrscheinlich meckern. Von daher kann ich Rosha ganz gut verstehen, aber Donna Milner schreibt so fesselnd, dass es mich in den Bann schlägt und die Vorbehalte verblassen lässt.


    Diese vielen Schuldgefühle in Verbindung mit der Sprachlosigkeit sind furchtbar.


    Zitat

    Original von killerbinchen
    Ich finde es sehr gut, dass der große Knall im vorletzten Teil schon erzählt wird und bin jetzt gespannt, wie der Rest der Familie zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Vergangenheit aufarbeiten wird.


    Ja, ich auch.
    Ich denke (und hoffe), im letzten Teil wird Natalie es schaffen endlich zu reden, mit ihrer Mutter, ihrer Tochter und auch ihrem Mann (der scheint ein ziemlicher Schatz zu sein). Damit den Rest ihres Lebens ohne diese erdrückende Last von Schuldgefühlen verbringen kann.


    Ich glaub, ich lasse mein paralleles LR-Buch kurz liegen und lese das hier erst fertig.

  • Also doch! Einige Befürchtungen haben sich bewahrheitet und es ist sogar noch schlimmer gekommen als gedacht...


    Die Frage der Schuld hängt über den Zurückgebliebenen wie ein Damoklesschwert und statt sie miteinander reden, igelt sich jeder ein. Wie soll da eine 16jährige mit all dem fertig werden? Für mich erklärt das ihr Wesen, das sie uns als Erwachsene zeigt und ihre Ruhelosigkeit (ich glaube mich zu erinnern, dass sie zum dritten Mal verheiratet ist).


    Natalie ist bestimmt keine überaus sympathische Protagonistin. Aber die Entwicklungen haben sie mir näher gebracht. Ich kann sie inzwischen viel besser verstehen und ich glaube, sie versucht sich selber vor der Vergangenheit zu schützen, indem sie gewissen Menschen aus dem Weg geht. Sie hat Angst vor den Erinnerungen, die sie mit diesen Menschen verbindet - nicht vor den Menschen selber. Und das macht sie im Grunde genommen einsam...


    Ach, Natalie, am liebsten würde ich dich einfach ganz fest in den Arm nehmen. ;-(


    Ich bin gespannt, wie es im "Heute" weiter geht... Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. ;-)

  • Zitat

    Original von Clare
    Erschütternd fand ich auch die Szene nach der Beerdigung des Vaters als die Mutter den Rosengarten zerstört, den der Vater für sie zur Hochzeit angelegt hat. Dieser Akt hat etwas endgültiges und tottrauriges.
    Die Mutter zeigt hier eine Konsequenz, die ich von ihr nicht erwartet hätte. Sie war immer für alle das und hat alle umsorgt und genährt, aber sie war eigentlich nie wirklich die Erneuernde und Aktive. Sogar ihre Liebe und ihr Sehnen nach Mehr waren eher still. Hier, also mit den Dornen der über Jahre gehegten Rosen in den Händen, tritt sie aus ihrer Rolle heraus.


    Die Szene finde ich wahnsinnig stark! Sie hat die Rosen zwar gehegt - aber nicht ohne wirklich viel Freude zurück zu bekommen. Ich erinnere mich an den ersten Abschnitt, in dem Natalie erzählt, wie ihre Mutter sich einmal in der Woche um die Rosen kümmerte - S. 50: "Dennoch fanden die wütenden Dornen ihren Weg durch Moms Rüstung und hinterliessen winzige Blutspuren." Und Netties eigene Definitiv von Rosen - ebenfalls auf S. 50: ""Rosen, Natalie", erklärte sie mir einmal, "sind weit überschätzte Blumen."" An der Stelle des Buches war mir leider noch nicht bewusst, was sie genau damit meinte... Es sind aber gerade diese Details, die für mich Donna Milners Stärke ausmachen. :-)

    Lesen ist ein grosses Wunder

    Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Ayasha ()

  • Ich muss mir beim Lesen immer wieder bewusst machen, dass die Ereignisse aus Natalies Sicht erzählt werden.
    Natürlich fühlt sie sich schuldig an Rivers Tod, vor allem aber an den Hetzattacken gegen Boyer und die Milchfarm. Die wird nun wohl den Bach hinuntergehen.
    Natalie könnte beides nur auflösen, indem sie von der Vergewaltigung erzählt. Aber in dieser sprachlosen Familie ist das für sie undenkbar. Es schmerzt mich ganz besonders, dass Natalie sich direkt in die Opferrolle einfügt.


    Sprachlosigkeit und Schuldgefühle, das gabt ihr sehr gut zusammengefasst.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Ayasha
    ...
    Die Frage der Schuld hängt über den Zurückgebliebenen wie ein Damoklesschwert und statt sie miteinander reden, igelt sich jeder ein. Wie soll da eine 16jährige mit all dem fertig werden? Für mich erklärt das ihr Wesen, das sie uns als Erwachsene zeigt und ihre Ruhelosigkeit (ich glaube mich zu erinnern, dass sie zum dritten Mal verheiratet ist).
    ...


    Ich weiß nicht, ob man eine Vergewaltigung jemals überwinden kann ohne professionelle Hilfe. Sie wird sich selbst kein Glück zugestehen oder erlauben, weil sie sich an diesen Ereignissen schuldig fühlt. Sie kann die Fürsorge ihrer Tochter oder ihres Mannes ja immer noch nicht zulassen. :-(


    Zitat

    Original von Ayasha
    ...
    Natalie ist bestimmt keine überaus sympathische Protagonistin. Aber die Entwicklungen haben sie mir näher gebracht. Ich kann sie inzwischen viel besser verstehen und ich glaube, sie versucht sich selber vor der Vergangenheit zu schützen, indem sie gewissen Menschen aus dem Weg geht. Sie hat Angst vor den Erinnerungen, die sie mit diesen Menschen verbindet - nicht vor den Menschen selber. Und das macht sie im Grunde genommen einsam...


    Ach, Natalie, am liebsten würde ich dich einfach ganz fest in den Arm nehmen. ;-(


    :write
    Das empfinde ich genauso.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Zitat

    Original von Regenfisch


    Ich weiß nicht, ob man eine Vergewaltigung jemals überwinden kann ohne professionelle Hilfe. Sie wird sich selbst kein Glück zugestehen oder erlauben, weil sie sich an diesen Ereignissen schuldig fühlt. Sie kann die Fürsorge ihrer Tochter oder ihres Mannes ja immer noch nicht zulassen. :-(


    Ich denke auch nicht, dass es ohne professionelle Hilfe möglich ist. Gleichzeitig bin ich davon überzeugt, dass wenn die Familienmitglieder miteinander geredet hätten, so einiges ein bisschen erträglicher geworden wäre und die Menschen nicht noch weiter auseinander gedriftet wären.

  • Du meine Güte, da war man die ganze Zeit auf das dicke Ende gefaßt...und dann kam es noch dicker!!
    Mir ging es wie euch, auch wenn mir Natalie bis dahin nicht sympathisch war, angesichts dieser Hölle, durch die sie und vor allem Boyer gegangen sind, hatte ich nur noch Mitleid für sie. Und hätte sie genauso auch schütteln wollen, und sagen: Um Himmels willen, erzähle es irgendwem!


    Zitat

    Regenfisch:
    Ich weiß nicht, ob man eine Vergewaltigung jemals überwinden kann ohne professionelle Hilfe. Sie wird sich selbst kein Glück zugestehen oder erlauben, weil sie sich an diesen Ereignissen schuldig fühlt. Sie kann die Fürsorge ihrer Tochter oder ihres Mannes ja immer noch nicht zulassen. unglücklich


    :write Das denke ich auch!

  • Zitat

    Original von Lumos
    Ich denke (und hoffe), im letzten Teil wird Natalie es schaffen endlich zu reden, mit ihrer Mutter, ihrer Tochter und auch ihrem Mann (der scheint ein ziemlicher Schatz zu sein). Damit den Rest ihres Lebens ohne diese erdrückende Last von Schuldgefühlen verbringen kann.


    Genau, :write Vern war mir auf Anhieb sympathisch.


    Zitat

    Du meine Güte, da war man die ganze Zeit auf das dicke Ende gefaßt...und dann kam es noch dicker!! schrieb Tempe


    Auch das kann ich unterschreiben, :write


    Ich hoffe, dieser Mr Ryan bekommt - wenn ER denn schon in kein Grubenloch fallen konnte - eine gerechte Stafe. :wow


    EDIT ist gerade eingefallen, an wen mich diese Schrifstellerin erinnert:
    Anne Rivers Siddons.
    Kennt jemand Titel von ihr? Ich könnte jetzt keinen nennen. Aber der Stil ist sehr ähnlich, wenn sie sich meiner Erinnerung nach auch eher auf die US-Südstaaten festgelegt hat.
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von maikaefer ()

  • Gern! Ich bin gespannt, wie dir ihre Bücher gefallen. Bei mir ist es einige Jahre her mit dem Lesen, deshalb mag ich keine Rezension schreiben. Aber deine Meinung würde mich interessieren! :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Zitat

    Original von maikaefer
    EDIT ist gerade eingefallen, an wen mich diese Schrifstellerin erinnert:
    Anne Rivers Siddons.
    Kennt jemand Titel von ihr? Ich könnte jetzt keinen nennen. Aber der Stil ist sehr ähnlich, wenn sie sich meiner Erinnerung nach auch eher auf die US-Südstaaten festgelegt hat.
    :wave


    Ja, das stimmt, der Schreibstil ist ähnlich, auch die Atmosphäre. Ich habe allerdings bisher nur "Und morgen ein neuer Tag", welches in Atlanta in den 60ern spielt, gelesen. Das war aber so eindringlich, dass ich noch heute daran denke, wenn ich "Downtown" von Petula Clark höre. Und zwar immer.

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Das Lied mag ich auch sehr gern. Dem Buchtitel kann ich momentan keine Geschichte zuordnen, das Lesen ist zu lange her.
    Der Spruch "Tomorrow is another day" stammt mE aber ursprünglich mal von Margaret Mitchells Heldin aus "Vom Winde verweht", Scarlett O´Hara. :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)