Historische Romane = Schund?

  • Zitat

    Original von Teresa


    Bei den historischen Romanen, die zurzeit am deutschen Buchmarkt (ob deutschsprachiges Buch oder nur Übersetzung) sind, gibt es zurzeit zwar viele Bücher, von denen behauptet wird, dass sie außergewöhnlich oder herausragend sind, aber die wenigstens dieser Bücher sind es tatsächlich.


    Das ist DEINE Meinung und es ist ja auch in Ordnung, denn Geschmäcker sind verschieden.
    Im Übrigen wird natürlich von jedem Buch auf dem Markt behauptet, dass es "außergewöhnlich oder herausragend" ist. Das nennt man Marketing, denn schließlich wollen die Bücher verkauft werden. ;-)


    beowulf : Wenn ich so überlege, sind es bei mir auch die weiblichen Autoren von historischen Romanen, die überwiegen. Bei den männlichen fallen mir gerade nur Tom Finnek oder C. J. Sansom ein.

  • Ich glaube, die Erfahrung, ob ein Buch Schund ist oder nicht, muss jeder für sich selber entscheiden. Bei mir kommt es da sehr auf die Schreibweise an. Oft ist es auch so, dass ich eher die historischen Bücher mag, die auch reale Personen beinhalten - aber auch nicht immer.


    Den Begriff "Schund" finde ich eh im Zusammenhang mit Büchern sehr schwer zu benennen. Was ist eigentlich Schund? Und wer hat recht, wenn er sagt, dass etwas Schund ist?
    Ich glaube, ich habe so noch nie ein Buch betitelt. Zumindest nicht bewusst.


    Ich bin jetzt auch nicht soooo der Fan z. B. von Iny Lorentz, aber ich würde jetzt nicht auf die Idee kommen, die Bücher als Schund zu bezeichnen. Es ist einfach nicht meins, fertig.


    Ich glaube übrigens auch nicht, dass überwiegend Frauen historische Romane lesen, es kommt halt auch wieder auf das Thema an. Follett ist doch unabhängig vom Geschlecht, die Erfahrung habe ich zumindest gemacht. Während Charlotte Lyne glaube ich eher Frauen lesen, aber auch nicht zwingend.


    Vor allem, warum darf nicht jeder das lesen, was er möchte, auch wenn es scheinbar in den Augen der Allgemeinheit Schund ist? Ich glaube, solche Einsortierungen gibt zum Größten Teil eh nur von Menschen, die generell nicht viel lesen oder nur ein Genre und nicht offen für Neues sind.

  • Zitat

    Original von rombie
    Wieso werden eigentlich historische Romane vielerorts immer noch als Schund bezeichnet, verspottet...?


    Setzen wir erstmal voraus, dass dem tatsächlich so ist. Dass das der Fall ist, wurde hier im Thread ja eher bezweifelt und es wurde zu recht um Belege dafür gebeten.
    (Ganz nebenbei: Mit allem, was ich tue, schaffe ich ein Stück Realität.
    Wenn ich einen Thread eröffne, der "Historische Romane = Schund" heißt, schaffe ich damit ein Stück Realität, indem ich diesen scheinbaren Fakt in die Gehirne anderer Menschen transportiere.)


    An sich finde ich die Frage "Wieso werden eigentlich historische Romane vielerorts immer noch als Schund bezeichnet, verspottet...?" relativ leicht zu beantworten.
    Weil viele Menschen doof sind.
    Weil sie davon ausgehen, dass ihre Sicht der Welt die alleinseligmachende ist. Ich trinke keinen Alkohol, und alle sind blöd, die es tun. Ich trage eine Pyramide aus Alufolie auf dem Kopf, und alle sind blöd, die es nicht tun. Ich lese keine historischen Romane, und alle sind blöd, die es tun. Das ist normal, das gibt sich normalerweise, sobald man aus der Pubertät wieder draußen ist und gelernt hat, dass Menschen Gründe dafür haben, unterschiedlich zu sein. Und dass es auch Gründe dafür gibt, warum wir Iny Lorentz oder Elfriede Jelinek lieben. Und die haben nichts mit äußeren Zuschreibungen zu tun, sondern mit unseren höchst eigenen, in der Regel unbewussten Themen und Bedürfnissen.

  • Zitat

    Original von Katerina
    Mit allem, was ich tue, schaffe ich ein Stück Realität.


    Zitat

    Ich trage eine Pyramide aus Alufolie auf dem Kopf


    Zitat

    schaffe ich damit ein Stück Realität, indem ich diesen scheinbaren Fakt in die Gehirne anderer Menschen transportiere.


    Und wieder was gelernt. :grin


    Aber im Grunde hat Katerina recht: Ich vermute, diese vernichtende "Kritik" kommt in erster Linie von Leuten, die nix von dem "Schund" je gelesen haben. Ich lese gerne historische Romane und kann für mich sagen, daß ich dort großartige Perlen gefunden habe.


    Es gibt aus meiner Sicht allerdings noch einen weiteren Grund für diese Annahme: Wenn man mit Tunnelblick nur bei den "Historischen Romanen", insbesondere bei den großen Ketten, sucht, findet man tatsächlich in großer Zahl Bücher mit Frauen in historischem Gewande, während die bereits genannten Titus Müller oder Tom Finnek oft schneller wieder aus den Regalen verschwinden als man kaufen kann. Ich weiß nicht, was in diesen Romanen mit den historischen Frauen auf dem Cover steht, weil ich noch keinen einzigen davon gelesen habe, aber es sieht schon sehr nach Massenproduktion aus - egal, ob dieses Vorurteil zutrifft oder nicht, allein durch die Äußerlichkeiten setzt es sich, beim Nicht-Leser, fest.

    "Wie kann es sein, dass ausgerechnet diejenigen, die alles vernichten wollten, was gut ist an unserem Land, am eifrigsten die Nationalflagge schwenken?"
    (Winter der Welt, S. 239 - Ken Follett)

  • Aber das ist doch in allen Genres so. Es ziehen nur die großen Namen - das finde ich sehr schade. Weniger bekannte Autoren schreiben meiner Meinung nach oft hervorragende Bücher. Leider sind zu wenig Menschen dafür offen.


    Am Wochenende war ich mit meiner Freundin in einem Buchladen. Während ich darum kämpfte mir nicht die Arme mit Büchern vollzuhäufen, ging sie zielstrebig auf ein 5-Euro-Buch zu und meinte, ob ich die Autorin kennen würde. Ich meinte, ich hätte was von ihr gelesen, war mir aber nicht so sicher. Zumindest hatte ich den Namen mal gehört. Sie meinte, wenn sie das jetzt kaufen würde und das Buch wäre doof, dann hätte sie 5 Euro aus dem Fenster geschmissen. Ich habe ihr dazu geraten, das Buch zu kaufen. Wie sonst soll man neue Autoren kennen lernen? Ich muss aber dazu sagen, dass sie nicht wirklich viele Bücher im Vergleich zu uns liest und auch nur von Autoren, die ich empfehle oder die sie kennt. Ich glaube, das gibt es ganz oft. Die Leute wissen einfach nicht, wie sie sich über Bücher informieren sollen oder haben sich dafür entschieden, sich über andere Dinge auf dem Laufenden zu halten (Musik oder so). Eigentlich sehr schade.

  • Zitat

    Original von Jenks


    Das ist DEINE Meinung und es ist ja auch in Ordnung, denn Geschmäcker sind verschieden.
    Im Übrigen wird natürlich von jedem Buch auf dem Markt behauptet, dass es "außergewöhnlich oder herausragend" ist. Das nennt man Marketing, denn schließlich wollen die Bücher verkauft werden. ;-)


    beowulf : Wenn ich so überlege, sind es bei mir auch die weiblichen Autoren von historischen Romanen, die überwiegen. Bei den männlichen fallen mir gerade nur Tom Finnek oder C. J. Sansom ein.


    Daniel Wolf, Ulf Schiewe, Richard Dübell, Peter Prange - also ein paar Herren gibt es schon noch, die mir da einfallen. ;-)

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    In den Farben des Dunkels - Chris Whitaker

    Die Rettung des Imperiums - Isaac Asimov

    Die Bahnhofsmission 2 - Veronika Rusch (ab 20.6.)



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Zitat

    Original von Katerina


    (Ganz nebenbei: Mit allem, was ich tue, schaffe ich ein Stück Realität.
    Wenn ich einen Thread eröffne, der "Historische Romane = Schund" heißt, schaffe ich damit ein Stück Realität, indem ich diesen scheinbaren Fakt in die Gehirne anderer Menschen transportiere.)


    Du hast das Fragezeichen übersehen.
    Der Threadtitel lautet: Historische Romane = Schund?
    Hier wurde eine Frage gestellt, keine Behauptung aufgestellt.



    Zitat

    An sich finde ich die Frage "Wieso werden eigentlich historische Romane vielerorts immer noch als Schund bezeichnet, verspottet...?" relativ leicht zu beantworten.
    Weil viele Menschen doof sind.


    Ein bißchen einfach gedacht, findest Du nicht?


    Es geht nicht ums Alleinseligmachen. Es geht darum, was man von einem Buch will.
    Wer eine oberflächliche Liebesgeschichte mit Sex im historischen Kostüm will, bekommt davon zuhauf auf dem Markt.
    Oberflächlich und sprachlich schlicht erzählte effekthascherische Geschichten, die für sich in Anspruch nehmen, höhere Wahrheiten zu transportieren, sind am Maßstab dessen, was eine Geschichte im besten Fall sein kann, Schund.
    Ein klassischer Hamburger von MacDonalds an einem Hamburger aus den bestmöglichen Zutaten gemessen, ist ein schlechtes Lebensmittel. Für den Müll.


    Daß es Menschen gibt, die Schund mögen und sich bei der Lektüre wohzulfühlen glauben, ist davon zu trennen. Deswegen ist es trotzdem Schund.


    Und ja, viele, viele, die sagen, der größte Teil der auf dem Markt befindlichen Unterhaltungsliteratur ist Schund, haben sich diese Bücher angesehen. Gründlich.
    Sie verstehen es auch, die guten Geschichten herauszufiltern. Und sie haben durchaus das Recht, anderes Schund zu nennen und auch mal infrage zu stellen, warum so viel davon gedruckt wird.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von LeSeebär


    Es gibt aus meiner Sicht allerdings noch einen weiteren Grund für diese Annahme: Wenn man mit Tunnelblick nur bei den "Historischen Romanen", insbesondere bei den großen Ketten, sucht, findet man tatsächlich in großer Zahl Bücher mit Frauen in historischem Gewande, während die bereits genannten Titus Müller oder Tom Finnek oft schneller wieder aus den Regalen verschwinden als man kaufen kann. Ich weiß nicht, was in diesen Romanen mit den historischen Frauen auf dem Cover steht, weil ich noch keinen einzigen davon gelesen habe, aber es sieht schon sehr nach Massenproduktion aus - egal, ob dieses Vorurteil zutrifft oder nicht, allein durch die Äußerlichkeiten setzt es sich, beim Nicht-Leser, fest.


    Das ist so eine Marotte der Verlage. Wenn ein paar Bücher mit einem bestimmten Cover sich gut verkauft haben, kriegen alle auch nur entfernt ähnlichen Bücher auch solche Cover.
    Mich hat das nie wirklich gestört, weil es in meinen Büchern ja um Frauen geht. Also können sie meinetwegen auch aufs Cover. Allerdings weiss ich, dass manche Autorinnen sich inzwischen dagegen zu wehren versuchen, weil sie nicht in die Schund-Ecke geschoben werden wollen. Nur: warum ist Frau auf Cover gleichbedeutend mit Schund? Das verstehe ich nicht.
    Problematischer sehe ich das mit der Massenproduktion. Ich hatte bei einigen meiner Bücher das Gefühl, dass sie in der Buchhandlung (insoweit sie da überhaupt hinkamen) optisch kaum von zig anderen zu unterscheiden waren. Wahrscheinlich wenden so einige Käufer sich dann irgendwann gelangweilt ab.


    Wenn Bücher bald schon aus Buchhandlungen verschwinden, liegt das übrigens meist daran, dass sie sich nicht gur genug verkauft haben. Daher bestellt der Buchhändler nicht nach. Die Erwartungen an die Verkäufe sind inzwischen ziemlich hoch. Aber es gibt auch ein paar männliche Autoren, die sich sehr gut verkaufen, wie etwa Peter Prange.


    Viele Grüsse


    Tereza


  • die für sich in Anspruch nehmen, höhere Wahrheiten zu transportieren


    Was veranlasst dich zu der Annahme, dass sie dies für sich in Anspruch nehmen? Meines Erachtens wollen die meisten Unterhaltungsromane einfach unterhalten und fertig. Das gilt auch für historische Romane aus dieser Ecke. Manche Autoren legen durchaus grossen Wert darauf, dabei bestimmte historische Ereignisse korrekt darzustellen, aber das ist auch alles.


    Natürlich ist das keine anspruchsvolle Literatur, und wer diese bevorzugt, wird mit solchen Büchern nicht glücklich. Er ist aber auch nicht gezwungen, sie zu lesen. Mich stören allerdings Ausdrücke wie "Schund" oder "Müll", egal, ob es um Bücher oder Essen geht. Sie sind sehr abwertend, eventuell sogar beleidigend, nicht nur für die Produzenten dieser Dinge, sondern letztendlich auch für jene Leute, die das mögen. (Nur meine Meinung).


    Viele Grüsse


    Tereza

  • Tereza


    Die Cover mit halbangeschnittenen und anderen Frauenfiguren signalisieren in meinen Augen schon auf den ersten Blick: leichte Lektüre.
    Wenn ich in der Buchhandlung an einem Tisch beladen mit solchen Büchern vorbeikomme, kann ich ein Buch nicht vom anderen unterscheiden. Sie sehen alle gleich aus.
    Für Fans mag das der Krabbelsackeffekt sein, alles süß, alles gleichermaßen aufregend und wundervoll, welches davon fresse ich zuerst. Für jemanden, die ein gutes Buch sucht, ist es abschreckend.


    Was die Geschlechterfrage angeht: man hört Beunruhigendes von manchen Autorinnen über Auflagen beim Schreiben, über ihre Präsentation mit Fotos, Vita u.ä.
    Die Erwartung schon bei Agenturen, daß Frauen eben Romantisches schreiben und Chicklit. scheint es tatsächlich zu geben.
    Im Unterhaltungsbereich habe ich den Eindruck, daß man von Autoren immer noch automatisch Solideres erwartet als von Autorinnen.
    Aber das muß erst mal verifiziert werden, vorher kann man nichts dazu sagen.


    Was den Abverkauf angeht:
    es ist halt die Frage, inwieweit sich BuchhändlerInnen für einen Titel (oder mehrere) einsetzen. Gerade bei der Stapelware gehe ich davon aus, daß die sozusagen von selbst laufen soll. Aufmerksam wird man in der Buchhandlung erst, wenn ein bestimmter Stapel schnell schmilzt und der Titel nachgeordert werden muß.
    Alles andere ist trial and error.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Tereza


    zum Anspruch, höhere Wahrheiten zu transportieren:


    weil Unterhaltungsliteratur nicht neutral ist. Das ist ein landläufiger Irrtum. Trivialliteratur transportiert bestimmte ideologische 'Wahrheiten' ihrer jeweiligen Zeit.
    Das konnte früher z.B. Kriegsbegeisterrung, Patriotismus, Verherrlichung des Adels sein.
    Das ist heute z.B. die unterliegenden Botschaft, daß es uns viel besser geht als denen da früher, wobei vergessen wird, daß die Rückschau kein Maßstab ist und daß 'besser' in jeder Gesellschaft Definitionssache ist.
    Das ist unsere Verklärung von Lesen, Schreiben und der Bücherwelt, als ob das per se Menschen gescheit machen würde. Wieviele historische Romane gibt es, in denen die Heldin Bücher über alles liebt, selbst wenn sie 1403 lebt? Ihre Menschwerdung erst damit beginnt, daß sie schreiben lernt?


    Dazu gehört, daß wahre Liebe siegt und ewig dauert - die Scheidungsraten sprechen eine andere Sprache.
    Dazu gehört, daß die Obrigkeit letzten Endes immer gerecht ist. Daß sozialer Aufstieg wichtig ist und Geld.
    Es gibt viele Dutzend Versatzstücke, Einstellungen zum Leben, von denen wir heute überzeugt sind, die in solchen Romanen wiedergekäut und eingebläut werden.


    Um mit einem Unterhaltungsroman unterhalten zu werden, müssen sich die LeserInnen bei der Lektüre wohlfühlen. Das wird bewirkt durch eine der Geschichte unterliegende allumfassende Beruhigung. Die entsteht am ehesten dadurch, daß die Überzeugungen der Leserin nicht im Gegensatz zu dem stehen, was das Buch sagt.
    Also keine Brüche, Risse, beunruhigende Fragen.
    LeserInnen werden stocksauer, wenn sie beunruhigt werden. Logisch, dann fehlt das Wohlgefühl und die Unterhaltung ist nicht eingetreten.


    Im historischen Unterhaltungsroman kann das besonders heikel werden, weil die eingestreuten Fakten dazu beitragen, die Geschichte 'wahrer' zu machen und damit eben die unterschwelligen Botschaften.


    Beim Lesen, das muß man dazu wissen, signalisiert uns unser Gehirn, daß das, was wir lesen, die Realität ist und zwar solange wir in der gerade aktuellen Handlung befangen sind. Deswegen, ein Beispiel, kommen uns Romanfiguren zuweilen so 'echt' vor. Würden sie zur Tür herinkommen, wir würden uns kaum wundern. :lache
    Da kann es dann nach der Lektüre zu denkerischen Gemengelagen kommen, die schwer abzustreifen sind.


    Noch mal: Unterhaltungsromane sind nicht neutral. Das ist im Übrigen kein erzählender Text, nie. Das geht gar nicht, denn sie werden von Menschen geschrieben. Deren Prägung und Überzeugungen fließen ein, immer, in jeden Text.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Zitat

    Original von magali
    Du hast das Fragezeichen übersehen.
    Der Threadtitel lautet: Historische Romane = Schund?
    Hier wurde eine Frage gestellt, keine Behauptung aufgestellt.


    Ich habe es nicht übersehen. Mir ging es darum, dass das Fragezeichen dem Unbewussten schnurz und piepe ist.


    Zitat

    Und ja, viele, viele, die sagen, der größte Teil der auf dem Markt befindlichen Unterhaltungsliteratur ist Schund, haben sich diese Bücher angesehen. Gründlich.
    Sie verstehen es auch, die guten Geschichten herauszufiltern. Und sie haben durchaus das Recht, anderes Schund zu nennen und auch mal infrage zu stellen, warum so viel davon gedruckt wird.


    Klar, wenn man das, was Menschen lesen, nur nach den Kriterien des Feuilletons bewertet und nicht danach, was sie motiviert. Für mich gibt es keine gerechtere oder ungerechtere Motivation. Ich interessiere mich dafür, was Leute lesen und warum. Sie haben ihre guten Gründe dafür. Ich käme im Traum nicht auf die Idee, zu jemandem zu sagen: Lies doch mal was Anspruchsvolleres.

  • Zitat

    Original von Katerina


    Ich habe es nicht übersehen. Mir ging es darum, dass das Fragezeichen dem Unbewussten schnurz und piepe ist.


    Warum streichen wir es dann nicht völlig aus den Texten?
    Wenn 'das Unbewusste' sowieso Realität schafft, wie es will?


    Zitat

    Und ja, viele, viele, die sagen, der größte Teil der auf dem Markt befindlichen Unterhaltungsliteratur ist Schund, haben sich diese Bücher angesehen. Gründlich.
    Sie verstehen es auch, die guten Geschichten herauszufiltern. Und sie haben durchaus das Recht, anderes Schund zu nennen und auch mal infrage zu stellen, warum so viel davon gedruckt wird.


    Klar, wenn man das, was Menschen lesen, nur nach den Kriterien des Feuilletons bewertet und nicht danach, was sie motiviert. Für mich gibt es keine gerechtere oder ungerechtere Motivation. Ich interessiere mich dafür, was Leute lesen und warum. Sie haben ihre guten Gründe dafür. Ich käme im Traum nicht auf die Idee, zu jemandem zu sagen: Lies doch mal was Anspruchsvolleres.[/quote]


    Nö. Man muß Text und die Gründe, warum jemand gerade den liest, trennen.
    Es ghet auch nicht um Kriterien des Feuilletons. Das hat per se übrigens keine, die kommen aus einer zweihundert Jahre alten Wissenschaft, wedren ständig weitergentwickelt, umgedacht, bestritten und verteidigt. Auf ein paar Grundlagen allerdings kann man sich verständigen, unter anderem die Komplexität von Texten.


    Ich gehe auch nicht einfach hin und sage zu jemandem: lies etwas Anspruchsvolleres.
    Ich muß ja erst mal abschätzen, wozu die andere in der Lage ist.
    Grundsätzlich halte ich Menschen für lernfähig. :-)


    Aber so, wie ich einem Zehnjährigen kein Buch für Fünfjährige mehr empfehle und einer Sechzehnjährigen nicht Ulysses zum Einstieg in die Literatur, würde ich Erwachsenen auch nicht immer nur Leichtes empfehlen.


    Wenn mir jemand Schund unter die Nase hält, lehne ich das ab. Kann man ja höflich tun. Und wenn jemand mit mir über seichte Lektüre reden will, muß sie damit leben, daß ich nach zehn Munten spätestens genug habe und dann auch sage: na, das klingt aber nach ziemlichem Stuß, findest du nicht?
    Und klar habe ich schon gefragt: sowas liest du?
    Die Menschheit hat es überlebt.


    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • So habe ich für mich Schund definiert, nicht nach Schreibstil, nicht nach Genre, sondern nach nicht vorhandener Botschaft die der Autor zu vermitteln versucht. Ich habe ernsthaft den ersten Band der Shades of Grey bis zum bitteren Ende gelesen, immer auf der Suche danach, dass da noch kommt welche Geschichte da was transportieren soll. Da war aber nichts. Das ist Schund.

  • Schade, ein! hätte mir besser gefallen als ein ?
    (Ich glaube, die Fähigkeit zum Unterscheiden zwischen ! und ? hängt auch von der Lesefähigkeit ab, d. h., die Fähigkeit, das Gelesene zu verstehen und zu interpretieren.)


    Die Diskussion finde ich sehr interessant, weil das Thema aus vielen Perspektiven betrachtet wird. Man kann fast erkennen, wer welchem Beruf nachgeht. :rofl


    Meine Meinung dazu:


    Aber natürlich sage ich jedem, der es hören will oder auch nicht, er solle verdammt noch mal was Vernünftiges lesen. Ich finde, die Leser verschwenden sich, wenn sie zum hundertsten Mal einen x-beliebigen Bestseller eines y-beliebigen Genres lesen. Ich empfehle dann Anderes, ohne zu wissen, ob es auch tatsächlich dem Prädikat "Literatur" standhält. Sicherlich gibt es dafür Kriterien, aber die kenne ich nicht (so gut). Dennoch gibt es ein Vorverstehen. Ich glaube schon, dass ich weiß, was gute Literatur ausmacht. Aber das ist mein Glaube, der noch nicht Meinung ist und vom Wissen weit entfernt ist.


    Und natürlich gibt es Schund im Genre "Historischer Roman". Magali hat m.E. gut erklärt, welche Bilder dort transportiert werden und wie der Leser beeinflusst wird. Aber ebenso gibt es m. E. historische Romane, die man zur "Schönen Literatur" zählen muss. Der Medicus und Die Säulen der Erde gehören noch nicht dazu, beides zählt bestenfalls zur 2. Liga. Aber "Der Name der Rose" zählt schon dazu. Aber auch darüber kann man streiten.


    Fest steht, auch in diesem Genre gibt es viel Schund. Und es gibt ganz fantastische Bücher.

  • Zitat

    Original von beowulf
    So habe ich für mich Schund definiert, nicht nach Schreibstil, nicht nach Genre, sondern nach nicht vorhandener Botschaft die der Autor zu vermitteln versucht.


    Aber das Vorhandensein einer Botschaft ist doch nicht per se ein Qualitätsmerkmal. Groschenhefte haben doch auch eine Botschaft (und wenn es nur das Happy End ist). Auf der anderen Seite gibt es unglaublich verkopfte Literatur, in der das, was der Autor an den Leser bringen will, den Text derart dominiert, dass das Lesen zumindest mir keinen Spaß mehr macht.

  • Zitat

    Original von beowulf
    So habe ich für mich Schund definiert, nicht nach Schreibstil, nicht nach Genre, sondern nach nicht vorhandener Botschaft die der Autor zu vermitteln versucht. Ich habe ernsthaft den ersten Band der Shades of Grey bis zum bitteren Ende gelesen, immer auf der Suche danach, dass da noch kommt welche Geschichte da was transportieren soll. Da war aber nichts. Das ist Schund.


    Das hab ja nicht mal ich mich getraut :yikes
    Ich warte immer noch drauf, dass es einem mal als Mängelex hinterher geworfen wird, damit die Enttäuschung nicht so groß ist, dafür den regulären Preis bezahlt zu haben.


    Aber genau das meine ich. Irgendwer trägt in die Welt, dass das Buch super ist, all die Menschen, die nur nach Bestsellerlisten lesen, kaufen es und schon erscheinen immer mehr solcher Bücher. Bücher, die eigentlich niemand liest, die aber so hohe Verkaufszahlen haben, dass man sich fragt, wer sie noch nicht gelesen hat.
    Ich werde im Übrigen immer seltsam angeguckt, wenn ich sage, dass ich dieses Buch noch nicht gelesen habe bzw. die Reihe. Bis gestern wusste ich nicht mal, was die Abkürzung SoG heissen soll, das ist mir jetzt erst klar geworden.

  • Zitat

    Original von beisswenger


    Und natürlich gibt es Schund im Genre "Historischer Roman". Magali hat m.E. gut erklärt, welche Bilder dort transportiert werden und wie der Leser beeinflusst wird. Aber ebenso gibt es m. E. historische Romane, die man zur "Schönen Literatur" zählen muss. Der Medicus und Die Säulen der Erde gehören noch nicht dazu, beides zählt bestenfalls zur 2. Liga. Aber "Der Name der Rose" zählt schon dazu. Aber auch darüber kann man streiten.


    Fest steht, auch in diesem Genre gibt es viel Schund. Und es gibt ganz fantastische Bücher.


    Einspruch. Der Medicus ist sehr wohl Schöne Literatur (= Belletristik), das meint nämlich alles, was nicht Sach- oder Fachliteratur ist ;-) Da steht der Gordon auf einer Stufe mit dem Eco. Aber: das eine ist U, das andere E. Wobei das irgendwie eine eher deutsche Unterscheidung ist, den Eco finde ich nämlich auch unterhaltend.


    Deinem letzten Satz stimme ich aber vorbehaltlos zu, weswegen ich mich auch dagegen ausspreche, verallgemeinernd jeden historischen Roman zum Schund zu machen. Aber das tut wohl auch niemand.

  • Tilia, Witz komm raus, du bist umzingelt. Wie alt bist du?


    Die deutsche Erstausgabe "Der Medicus" war grottenschlecht übersetzt. Ich habe das Buch als Klopapier benutzt. Meine Ex-Tennis-Partnerin Ulrike Wasel hat mit ihrem Kollegen die 2. Übersetzung gemacht. Das war dann schon viel besser. Aber die Sprache ist immer noch eine Legastheniker-Sprache im Vergleich zur guten hohen schönen oder was weiß ich LITERATUR.


    Nochmal: Der Medicus ist gute 2. Liga. Aber um richtig gut zu sein, fehlt so gut wie alles - auch das, was magali bemängelt hat.


    Also wirklich - wir reden hier über Literatur und nicht über Zusammengezapftes!