'Die andere Hälfte der Hoffnung' - Seiten 231 - Ende

  • Oh, habe ich alle überholt? Ich konnte gestern aber auch nicht mehr aufhören und habe daher eine kleine Nachtschicht eingelegt.


    Das Schicksal der Walentyna ist wirklich erschütternd. Die Ereignisse in ihrem Leben könnten auch für mehrere reichen. Grausam. Etwas viel fand ich, dass Olena dann auch noch die Treppe hinunterfallen musste. Und aus dem Lessmann bin ich bis zum Ende leider nicht schlau geworden.


    Insgesamt aber ein sehr gutes und sehr ergreifende Buch.

  • Ich habe die beiden letzten Abschnitte gestern auch in einem Rutsch gelesen, konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen.


    Dass Igor der Hauptverräter in dem ukrainischen Ermittlungsteam ist, hätte ich jetzt auch nicht erwartet und bestochen wurden sie wohl, bis auf Leonid alle. Erschreckend, wie gekonnt die Mädchen da in die Falle gelockt werden.


    Den Treppensturz fand ich als Anstoß für Matthias und Olena, um sich an die Behörden zu wenden absolut in Ordnung.

  • Zitat

    Original von Zwergin
    Ich habe die beiden letzten Abschnitte gestern auch in einem Rutsch gelesen, konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen.


    Dass Igor der Hauptverräter in dem ukrainischen Ermittlungsteam ist, hätte ich jetzt auch nicht erwartet und bestochen wurden sie wohl, bis auf Leonid alle. Erschreckend, wie gekonnt die Mädchen da in die Falle gelockt werden.


    Darauf bin ich auch nicht gekommen.
    Die Krimihandlung stand zwar nicht so stark im Vordergrund, aber Spannung hatte das Buch, welches ich beim Lesen als sehr dicht empfunden habe, allemal.


    Zitat

    Den Treppensturz fand ich als Anstoß für Matthias und Olena, um sich an die Behörden zu wenden absolut in Ordnung.


    Ich weiß nicht, wie man es hätte lösen sollen, dieses Geflecht zwischen ihnen, was durch den "Vertrauensbruch" durch Matthias bis zur Grenze gedehnt war. Er wusste nicht, wie er sich hätte anders verhalten sollen, wollte sie auf seine Art nur schützen, vielleicht auch ein wenig seiner Einsamkeit entfliehen. Sie hätte nicht verzeihen können.
    Die Autorin hat es für mich gut gelöst.

  • Diese Szene zwischen Matthias und Olena fand ich sehr glaubwürdig. Alle beide waren sie verletzt, erschüttert und hilflos. Da passiert es leicht, dass man Dinge sagt und tut, die man nachher bereut.
    Vor allem, wo beide sich schon lange in einer Ausnahmesituation befunden haben.


    Typisch, dass es dann Matthias trifft mit "Begünstigung einer Straftat". Wie war das mit den Kleinen, die man hängt?


    Sehr nachdenklich gemacht hat mich, dass es einer Bombe bedurfte, um etwas wie Gerechtigkeit herzustellen. Sind wir so weit gekommen? Ohne Selbstjustiz bleibt keine Gerechtigkeit? Und was ist in so einem Fall Gerechtigkeit. Stoff zum Nachdenken.

  • Rumpelstilzchen - Was die Folgen für Matthias angeht, bin ich ein wenig zwiegespalten. Natürlich wäre es wünschenswert, auch die größeren Fische zu erwischen und stärker zu bestrafen. Aber das ist völlig unabhängig von den Folgen ihrer Taten für die kleinen Täter. Matthias hat sich wissentlich strafbar gemacht, er wusste, dass Tanja illegal im Land war - und seine größte Straftat (immerhin ein Tötungsdelikt) bleibt ja ungesühnt. Eigentlich kommt er mit einem Bußgeldbescheid noch gut weg.
    Was die Bombe angeht, das ist eine Richtung, in die ich gar nicht denken mag. Selbstjustiz geht gar nicht. Und ich denke, unser Strafrecht gehört immer noch zu den besseren...


    Auf Igor als Verräter wäre ich auch nicht gekommen, allerdings wird das Team ja auch nicht sehr umfangreich beschrieben. Insofern hätte es da jeder sein können.


    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, allerdings war ich am Ende ein wenig enttäuscht, weil Lessmann für mich sehr blass blieb und ich seine Motivation nur begrenzt nachvollziehen konnte. Der Treppensturz war wohl wirklich die einzige Möglichkeit, diese Situation aufzulösen, da hast du recht, Clare.


    Ich muss zugeben, mich hat der Teil um Walentyna mehr bewegt und interessiert als die Krimihandlung.

  • Ellemir, ich sehe das mit Matthias nicht ganz so. Hätte er gleich die Polizei geholt, als er den Typen erschossen hat, hätte er gute Chancen gehabt, straffrei davonzukommen. Immerhin hatte der eine Pistole in der Hand und ist in sein Haus eingedrungen. Mit Notwehr hätte man da gute Chancen.



    Übrigens möchte ich euch den folgenden Podcat vom Bayrischen Rundfunk ans Herz legen. 30 Jahr Tschernobyl

  • Ich sehe das ähnlich wie xexos. Ich denke nicht, dass Notwehr hier greifen kann. Er hat ja nicht in der ersten bedrohlichen Situation reagiert, hätte also die Möglichkeit gehabt, die Polizei zu verständigen. Stattdessen hat er sich entschieden, dies nicht zu tun, weil er ja Tanja versteckt, sondern das Problem selbst zu lösen. Damit ist das für mich keine Notwehr, sondern eine vorsätzliche Tat.



  • Mir geht es auch so. Ich denke, dass Lessmanns Gedanke über Schuld ihn selbst und denn Mord, den er begangen hat, aber mit einschließt. Und das hat mich mit ihm ausgesöhnt.
    Schlussendlich steckt hier die ganze Resignation, die diese Geschichte darstellt, drin. Mir hätte das als Schlußsatz schon genügt. Die Bombe am Ende war mir zu viel.


    Mich hat das Buch ehrlich gesagt sehr deprimiert. Der Moment als klar war, dass Walentynas Tochter tot ist und das direkt daran anschließende Kapitel mit ihren Erinnerungen fand ich ganz, ganz schlimm zu lesen.


    Die Krimihandlung selbst hat mich kaum gefesselt, ich bin quasi lesend durch gerast bis zum nächsten Walentyna-Kapitel. Matthias Lessmann mochte ich als Figur aber ebenso gerne wie sie.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Ellemir, ich sehe das mit Matthias nicht ganz so. Hätte er gleich die Polizei geholt, als er den Typen erschossen hat, hätte er gute Chancen gehabt, straffrei davonzukommen. Immerhin hatte der eine Pistole in der Hand und ist in sein Haus eingedrungen. Mit Notwehr hätte man da gute Chancen.
    ...


    Ich weiß nicht - Notwehr?
    Er war vorbereitet, hatte das Gewehr parat, weil der Zuhälter ja schon mal da war, und ich denke, dass er das Problem bewusst aus dem Weg geschafft hat, wenn auch weil er keinen anderen Ausweg sah.
    Er hat sich entschieden zu schießen. Und hat ihn verscharrt, schlechter Mensch her oder hin.


    Ich finde es trotz allem, auch wenn er "Tanja" spontan geholfen hat, nicht gut, dass er für diese Tat ungeschoren davon kommt. :gruebel

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
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    Typisch, dass es dann Matthias trifft mit "Begünstigung einer Straftat". Wie war das mit den Kleinen, die man hängt?
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    Na ja, er ist ja vergleichsweise glimpflich davon gekommen. Er wird für seine Hilfe bestraft, nicht für den Totschlag. Das ist das Absurde.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Mir hat auch der Teil in der Entfremdungszone am besten gefallen und mich am meisten interessiert. Insgesamt ist das ein gutes Buch.
    Aufgerüttelt hat mich außerdem, was Menschen, in diesem Fall vor allem Frauen, alles auf sich nehmen, um nach Deutschland zu kommen.
    Ich komme mir immer sehr schäbig vor angesichts der Fülle, in der wir leben. Ich schäme mich für Deutschland, dessen Politiker nicht bereit sind, unseren Reichtum mit Flüchtlingen zu teilen. Das wird mir beinahe täglich bewusst.
    Die Mädchen wollten nur studieren, der todkranke Mykola brauchte Medikamente, die er hier bezahlt bekommen hätte. So ungerecht geht es auf der Welt zu. Hier verstopfen junge Menschen die Universitäten, die gar nicht ernsthaft studieren wollen und dort reicht das Geld nicht für junge Frauen, die so fleißig studieren würden.
    Ich weiß, dass meine Gedanken sehr naiv und impulsiv sind, aber sie schwirren mir täglich durch den Kopf.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Mich haben alle drei Handlungsstränge nahezu gleichermaßen gefesselt, jeder auf seine Weise.


    Unglaublich, welches Leid Walentyna in ihrem Leben ertragen musste. Auf S. 239 dachte ich, auch ein prügelnder, alkoholkranker Mann bleibt ihr nicht erspart. Doch immerhin hat sie ihm Kateryna zu verdanken, die ihr geholfen hat über den Tod von Mykola hinweg zu kommen.
    Nun war es also doch andersherum, Kateryna starb als Marina und Olena alias Tanja überlebt. Ich bin mir so sicher gewesen, wahrscheinlich war hier der Wunsch der Vater des Gedankens ;-). Vielleicht auch, weil ich dachte, eine starke Frau wie Walentyna muss auch eine starke Tochter haben :gruebel. Als Fakt stellte sich dann aber heraus, dass sie von Geburt an von schwächlicher Konstitution war, und von daher passte es wieder.


    Aus Eifersucht hat sich Walentyna um die familiäre Beziehung nach Deutschland gebracht, wie unglücklich. Vielleicht wäre alles anders gekommen, hätte sie bei der Begegnung mit Vera mehr Größe bewiesen :-(.


    Besonders tragisch fand ich, dass sowohl die Mutter als auch die Tochter Walentynas in deutschen Bordellen missbraucht wurden. Eine schreckliche Duplizität der Ereignisse ;-(.


    Und sehr schlimm fand ich den Ausblick auf das Leben von "Tschernobylza" und deren insbesondere weiblichen Nachkommen. Bleibt nur zu hoffen, dass Olena ein besseres Schicksal erwartet.


    Die Sache mit dem Treppensturz und auch die Bombe habe ich hingenommen ohne sie groß zu hinterfragen. Für mich sind sie nicht weiter von Bedeutung gewesen angesichts dieser überwältigenden Geschichte.

  • Lumos, besonders schlimm fand ich, wie gnadenlos die Umwelt über diese Frauen geurteilt hat und die Frauen deshalb gezwungen waren zu schweigen, sich niemandem anvertrauen konnten. Zudem fühlten sich dann die Frauen ihr Leben lang schuldig und minderwertig.


    Es ist fast überall so auf der Welt, dass sich im Krieg Gewalt häufig als sexuelle Gewalt gegen Frauen und Mädchen richtet. In Afrika geschehen so schreckliche Dinge, dass ich nicht einmal davon lesen kann. Kürzlich habe ich einen Bericht über einen kongolesischen Frauenarzt, Denis Mukwege gelesen, der für sein Engagement vielfach ausgezeichnet worden ist. Da stehen mir jetzt noch die Haare zu Berge. Ein kleiner Lichtblick, dass es auch Menschen wie ihn gibt.




    Versteht mich richtig - ich bin nicht dafür, mit dem geladenen Gewehr auf Einbrecher zu warten. Nur hier wäre wenig gewonnen gewesen, die Polizei zu rufen. Tanja wäre einkassiert und ausgewiesen worden und bezüglich der Menschenhändler wären die Ermittlungen im Sande verlaufen.


    Zudem wäre die Geschichte zu Ende gewesen.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen


    Versteht mich richtig - ich bin nicht dafür, mit dem geladenen Gewehr auf Einbrecher zu warten. Nur hier wäre wenig gewonnen gewesen, die Polizei zu rufen. Tanja wäre einkassiert und ausgewiesen worden und bezüglich der Menschenhändler wären die Ermittlungen im Sande verlaufen.


    Zudem wäre die Geschichte zu Ende gewesen.


    Genau, das Dramaturgische darf man nicht gänzlich aus den Augen verlieren ;-).