'Norden und Süden' - Kapitel 01 - 07

  • Ich werde heute mit dem Lesen beginnen. Das Buch ist für mich nicht neu, aber ich war doch einigermaßen überrascht, als ich beim jetzigen Nachsehen feststellte, daß ich das in 2011 gelesen habe. Daß das so lange her ist, war mir nicht bewußt. Höchste Zeit also.


    Zwischenzeitlich habe ich mich entschlossen, wieder die schon vorhandene englische Ausgabe zu lesen und nicht eine der beiden neuen deutschen Übersetzungen zu kaufen. Ich besitze die Ausgabe „North And South. A Norton Critical Edition“ ( Amazon-Link ), die auch einiges an Kommentaren und Beiträgen zum Buch enthält (ob ich auch zu denen komme, weiß ich noch nicht). Ferner habe ich „Brodie’s Notes. North And South - Gaskell“ ( Amazon-Link ). Wenn ich genügend innere Ruhe aufbringe, werde ich das parallel zum Roman mitlesen.


    Mal sehen, wann ich soweit bin, daß ich hier substantiell etwas schreiben kann.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe gerade das 3. Kapitel gehört.


    Der Heiratsantrag von Henry Lennox, der seine Liebe beinahe wider seinen Willen empfindet, das erinnert mich sehr an Darcys ersten Versuch bei Lizzy. ;)


    Als Henry meint, er müsse jetzt gehen, um den um fünf Uhr kommenden Zug noch zu erreichen, da wurde mir bewusst, dass dies nicht mehr Jane Austens Zeit ist.


    Ich habe gerade erst Kapitel 3 begonnen. Wollte nur erwähnen, dass das Buch mich an Mansfield Park erinnert.


    Ja, Du hast recht, Lesebiene. Zwei Schwestern, die durch ihre Heiraten in ganz verschiedenen Sphären leben. Und die Tochter der "armen" Schwester, die bei ihrer Tante aufwächst. Das erinnert in der Tat an Mansfield Park.

  • Ja, aber Mr. Norris und Mr. Hale unterscheiden sich schnell.

    Das Buch wurde 1855 veröffentlicht. JA verstarb 1817. Hat sich technisch in den Jahren so viel verändert :gruebel? Regelmäßiger Zugverkehr?

    Margaret muss die Führung übernehmen während Mrs. Hale jammert. Immerhin hat sie Dixon an ihrer (Mrs. Hales) Seite.

    Die Seeluft bekommt ihnen gut und dann der Besuch von Milton die verseuchte Industriestadt - Stinkende Rauchschwaden in der Luft.

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Lesebiene () aus folgendem Grund: Ursprünglich Sterbealter geschrieben, statt Sterbejahr.

  • Zwar konnte ich bisher nur das erste Kapitel lesen, aber dennoch schon einige Anmerkungen. Kürzlich habe ich ein englisches Buch gelesen, aber Gaskell ist sprachlich doch (mindestens) eine Stufe höher angesiedelt. Das war mir so gar nicht mehr in Erinnerung. Jedenfalls komme ich langsamer voran, als gedacht.


    Als Henry meint, er müsse jetzt gehen, um den um fünf Uhr kommenden Zug noch zu erreichen, da wurde mir bewusst, dass dies nicht mehr Jane Austens Zeit ist.

    Die Romane von JA sind zwischen 1811 und 1818 erschienen und, wenn ich das recht in Erinnerung habe, auch zu dieser Zeit angesiedelt. "North And South" spielt 1855 - da war die Welt eine ganz andere. Die Eisenbahn gab es in England schon seit 30 Jahren, die industrielle Revolution war in vollem Gange (das ist später ja eines der Themen des Buches, Gaskell kannte die Auswirkungen derselben aus eigener Anschauung). Es ist in der Tat nicht mehr die Zeit der Jane Austen.

    Regelmäßiger Zugverkehr?

    Von der englischen Eisenbahngeschichte weiß ich relativ wenig und habe auch so gut wie keine Literatur, aber die scheint noch "bunter" und kleinteiliger verlaufen zu sein als in Deutschland. Ein regelmäßiger Zugverkehr dreißig Jahre nach der ersten Strecke scheint aber sinnvoll. In Deutschland (also im Deutschen Reich) wäre dies um 1865 der Fall - und da gab es einiges an Eisenbahnverkehr.


    Ich habe es jetzt übrigens doch so gehalten, daß ich nach dem Kapitel die Erläugerungen dazu gelesen habe. Da das jeweils nur ein bis eineinhalb Seiten sind, will ich versuchen, das durchzuhalten.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Elzemarie Maletzke schreibt in Mit Jane Austen durch England auf S.13:


    "Nach heutigem Verständnis kam sie (Jane Austen) wirklich nicht weit. Nie im Leben hat sie einen hohen Berg gesehen, keinen wilden Wald, keinen großen See - so wie sie auch nie einer Lokomotive, einem Fahrrad oder einer Straßenlaterne begegnet ist."


    Dabei gab es die Dampflok und die Gaslaterne zu Jane Austens Lebzeiten schon. Aber nicht in ihrer Erfahrung. Und daher auch nicht in ihren Büchern. Laut Wikepedia wurde die erste öffentliche Eisenbahn, die auch Personen beförderte, 1825 in England eröffnet. In der Gaskell Verfilmung Cranford geht es u. a. um den Ausbau der Eisenbahn. Ich erinnere mich an eine köstliche Szene, in der die Damen des Ortes das erste Mal Eisenbahn fahren, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Die 30 Meilen pro Stunde Geschwindigkeit sind für sie ein wahres Teufelswerk.

  • Den Abschnitt habe ich beendet.


    Besonders beeindruckt hat mich das 4. Kapitel. Wie Mr. Hale über die Köpfe aller entschied, dann aber nicht den Mut hatte, seine Frau über das Bevorstehende aufzuklären. Schön und ausführlich wird hier und in den folgenden Kapiteln geschildert, wie Margaret erwachsen wird und das Zepter in die Hand nimmt. In diesem Zusammenhang fand ich die Bemühungen Gaskells interessant, ihre Charaktere Mr. und Mrs. Hale nicht zu sehr zu beschädigen und Verständnis für deren Situation zu vermitteln. Und Dixon sieht, nachdem sie von Margaret zurechtgewiesen wurde, fortan zu dem jungen Mädchen auf.

  • Das fand ich auch besonders gelungen, dass Dixon jetzt zu Margaret aufschaut, weil sie ihr die Meinung geigte.

    Mr. Hale - alles hinschmeissen und dann Angst der Frau zu beichten. :D

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    Wendy Wasserstein

  • Und Margaret gibt er nur einen Tag Zeit, ihre Mutter in Kenntnis zu setzen. Natürlich ist Mr. Hale (vorsorglich) den ganzen Tag nicht zu Hause. :grin Ah ja, so nebenbei: In vierzehn Tagen müssen wir aus dem Haus! Nun auf den Tag genau kommt es wohl nicht an, glaubt er. :rolleyes Eine neue Bleibe? Nein, die hat er noch nicht! :traeumer

  • Hotel kostet auch Heston zu viel, also müssen andere Zimmer her und Margaret muss mit ein neues Haus auszusuchen. Die Pfarrersgattin braucht aber auch Dienstmädchen, nicht, dass sie selbst zum Besen greift.


    Mr. Hale, Angsthase hoch 3.

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    Wendy Wasserstein

  • So, nun habe ich immerhin die ersten beiden Kapitel geschafft. Und entgegen meiner Befürchtungen ( ich sage nur "Waverley" und wie hieß das andere Buch gleich noch?) gefällt mir der Schreibstil von E. Gaskell sehr gut. Ich kam sehr gut in die Geschichte hinein und fühlte mich gleich wohl mit dem Buch.

    Auch ich fühlte mich an J.A. erinnert, konnte aber nicht mehr genau sagen welches Buch ( mein Hirn lässt mich echt grausam im Stich ), Mansfield Park habe ich bisher nur 2x gelesen, vielleicht liegt es daran das die Erinnerung zu wünschen übrig lässt.


    Nun freue ich mich auf die nächsten Kapitel :)

  • So, nun habe ich immerhin die ersten beiden Kapitel geschafft. Und entgegen meiner Befürchtungen ( ich sage nur "Waverley" und wie hieß das andere Buch gleich noch?) gefällt mir der Schreibstil von E. Gaskell sehr gut. Ich kam sehr gut in die Geschichte hinein und fühlte mich gleich wohl mit dem Buch.

    :write

    Das kann ich gerade so komplett unterschreiben. Ich habe auch die ersten zwei Kapitel gelesen und bis jetzt gefällt mir das Buch sehr gut. Allerdings lese ich auch englisch und komme nur langsam voran. Ich werde bestimmt recht lange für das Buch brauchen.

    Aber ich finde die Sprache der Autorin wunderschön und ich habe das Gefühl, beim Lesen ständig ein Lächeln auf den Lippen zu haben. Alles wird in so einem heiteren und fröhlichen Tonfall erzählt. Das gefällt mir und ich genieße das Buch sehr.

    Und Margaret ist mir auch sofort sympathisch, wirkt auf mich so bodenständig, natürlich und ehrlich.

    Ich freue mich jetzt richtig, dass ich doch zu dem Buch gegriffen habe, auch wenn ich im Moment nur wenig zum Lesen komme. Aber ich lasse mir einfach Zeit und werde Euch hinterherlesen.:wave

  • Rouge

    Dann lesen wir vermutlich zusammen hinterher, ich komme auch nur sehr langsam voran, zumal ich noch ein Rezensionsexemplar hier habe, das ich parallel lese. Ich hoffe, heute das nächste Kapitel zu schaffen, dann mehr.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")


  • Mr. Hale, Angsthase hoch 3.


    :write


    Andererseits ...


    Mr. Hale hat den Mut seine sichere Stelle aufzugeben. Noch dazu sein Amt als Priester! Er stellt seine Berufung infrage. Ein schwerer Schritt. Und ausgerechnet die von Mrs. Hale langersehnte Beförderung festigt in ihm diesen Entschluss. Nicht auszudenken, Mrs. Hale hätte von der Beförderung erfahren. Ihr ständiges Lamentieren in dieser Sache stelle ich mir wie das von Mrs. Bennet in ähnlichen Situationen vor. (Wenn auch leiser.) :lache


    Es ist dieser Satz, er sei besser nicht verheiratet, der den Kern – denke ich – trifft, und der für seine Tochter furchtbar zu hören sein muss. Aber darüber macht sich Mr. Hale keine Gedanken. Das finde ich so unglaublich. Die Selbstverständlichkeit mit der er Margaret alles aufbürdet.

  • Also ich bin mit dem ersten Abschnitt auch durch. Mir gefällt es auch sehr gut und ich bin einwandfrei reingekommen.


    Mr. Hole macht für mich den Eindruck eines Patriarchen und entscheidet für die ganze Familie. Ok, vielleicht war das damals durchaus üblich, auch wenn ich das natürlich nicht gut finde. Aber die unangenehme Sache, diese Entscheidung seiner Ehefrau mitzuteilen, überläßt er seiner Tochter. So gehts ja wohl nicht. Wer eine derart weitreichende Änderung des Lebens vornehmen will bzw. vornimmt, sollte schon Manns genug sein, das seiner Frau mitzuteilen.

  • Mr. Hole macht für mich den Eindruck eines Patriarchen und entscheidet für die ganze Familie. Ok, vielleicht war das damals durchaus üblich, auch wenn ich das natürlich nicht gut finde.


    Ich glaube, wir können uns heute gar nicht mehr vorstellen, wie zutreffend dieser Gedanke von Dir ist, Richie. Genauso wenig würde ein Gentleman jener Zeit verstehen, dass wir dies nicht gutheißen. ;)

  • Nach Cranford ist dieser Roman für mich der zweite von Elizabeth Gaskell. Auch mir gefällt das Buch bisher recht gut, auch wenn ich mich an den Schreibstil voller Ausschmückungen und Gefühlsausbrüchen erst noch richtig gewöhnen muss.

    An Jane Austen fühlte ich mich eigentlich weniger erinnert - eher an den düsteren Realismus von Charlotte Brontë, die ja Zeitgenossinnnen waren.


    Mr Hale ist in meinen Augen einerseits mutig, wenn der der scheinheiligen Kirche den Rücken kehrt und andererseits auch verantwortungslos, wenn er das auf dem Rücken seiner Familie macht. Mrs Hale ist wohl eher lebensuntüchtig und weltfremd, ihre Tochter scheint da schon ein wenig mehr mit beiden Beinen im Leben zu stehen.


    Ich frage mich manchmal, was das für ein Leben war: Stunden mit dem Reden über indische Schals zu verbringen oder gebrauchte Kleidung als Spenden für die Armen aus den Schränken und Truhen zu kramen - oder das von der Dienerschaft erledigen zu lassen. War das angenehm oder sterbenslangweilig?

    Kinder lieben zunächst ihre Eltern blind, später fangen sie an, diese zu beurteilen, manchmal verzeihen sie ihnen sogar. Oscar Wilde