'Alles, was wir geben mussten' - Kapitel 18 - 20

  • Kathy wird nun also "Carer". Leider erfährt man nichts über die Schulungen oder um was sie sich wirklich kümmert. Sie muss ja wohl irgendwie mit den Ärzten kommunizieren. Da würde mich so ein Gespräch schon sehr interessieren.

    Für rein medizinische Pflege gibt es auch noch professionelle Pfleger. Also sitzt sie nur immer mit den Spendern und unterhält sie irgendwie, baut sie seelisch wieder auf, damit der Heilungsprozess voran geht. Bis zur nächsten Spende oder bis zur letzten Spende, die dann bis zum völligen Ausschlachten geht?

    Anscheinend gibt es keine Art von Beerdigung oder Trauerfeier - oder hat sie die einfach nicht erwähnt? Geht der unbrauchbare Rest der Körper einfach in den Müllschlucker oder Brennofen? Oder wird er zur weiteren Klonzucht verwendet?


    Anfangs klagt Kathy über die permanente Einsamkeit. Mich wundert, dass sie keine persönlichen Kontakte pflegt. Anscheinend ist sie doch einfühlsam und kann gut mit Menschen umgehen. Warum freundet sie sich nicht mit den Krankenschwestern oder -pflegern an, mit denen sie täglich zu tun hat? Scheut sie deren Ablehnung, weil sie ein Klon ist? Oder hat sie tatsächlich Ablehnung oder Verachtung von ihnen erfahren?


    Warum muss sie eigentlich ständig durchs Land fahren zu den einzelnen Zentren? Wäre doch viel praktischer, wenn sie in einem Zentrum bleiben würde und sich nur um die Spender dort kümmern würde. Da könnte sie in der Nähe wohnen und sich ein soziales Umfeld aufbauen. Vielleicht hat das ja auch Methode? Wahrscheinlich sollen sich die Klone gar nicht mit Echtmenschen sozialisieren.


    Seltsam, dass sie Ruth und Tommy erst wieder trifft, als die ihre Carer-Zeit schon vorbei haben. Wenn die ebenso viel durchs Land reisen und in den verschiedenen Zentren herumlaufen, sollte sie ihnen doch mal begegnet sein.


    Bei dem Ausflug zum Boot wird deutlich, dass Kathy jetzt in der Führerposition ist. Ruth ist körperlich so schlecht drauf, dass sie sich nicht mehr in den Vordergrund spielen kann. Sie akzeptiert Kathys Überlegenheit und Bestimmungen. Und sie gibt endlich zu, dass ihr früheres Verhalten falsch war - bittet sogar im Vergebung. Ein Beispiel, dass körperliche Schwäche sich auf den Charakter auswirkt.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

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  • Mit Ruths Segen werden Kathy und Tommy also endlich ein Paar. Das ist auch eine seltsame Beziehung - so wie Kathy sie schildert. Als hätten sie nur Sex, um als Liebespaar gelten zu können. Nichts von wegen körperlicher Anziehung oder Begierde. Sie genießen eher die körperliche Nähe beim Kuscheln. Ein "Ich liebe dich" findet nicht statt. :gruebel


    Trotzdem wollen sie sich für den Aufschub bewerben - falls es so einen gibt. Die Spannung wächst, endlich herauszufinden, ob an dem Gerücht etwas dran ist.

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    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Ja das ist wirklich eine eigenartige Stimmung in diesem Abschnitt. Ruth so zahm zu sehen, aber ihre Spenden haben sie vermutlich zum einen so geschwächt zum anderen ist es wohl natürlich, je näher man dem Tode ist, sein Leben Revue passieren zu lassen und eventuelle Fehler wieder gut machen zu wollen.

    Ich hätte mir von Tom und Kathy auch mehr Gefühl erwartet, andererseits kann man die, nachdem sie ein Leben lang ihre Gefühle unterdrücken mussten, sofern welche da waren, jetzt nicht einfach von 0 auf 8 drehen.


    Was die vielen Reisen anbelangt, für mich ist es eher ein Hinweis darauf, dass ganz England von Spenderheimen bevölkert ist.Horror pur. Die Betreuer sollen wohl auch keine persönlichen Bindungen aufbauen. Weder zu ihren Schützlingen noch zum Pflegepersonal. Das würde nicht zum System passen.

  • Mich würde mal interessieren, ob bei einer Spende immer ein Organ entnommen wird - oder halt gleich mehrere 8| Warum Kathy so viel durch die Gegend reist, versteh ich auch nicht. Anscheinend hat sie ja schon einen festen Schlafplatz (da hat sie doch diese Lampen, oder?), aber so wie ich das verstanden habe, schläft sie da nicht so oft. Sie ist aber auch außergewöhnlich lange Betreuer und kann sich ihre Schützlinge selbst aussuchen - vielleicht hat das damit was zu tun.


    Ruth gibt nun also zu, dass sie Kathy und Tommy auseinander halte wollte. Sie bittet um Vergebung, anscheinend hat sie schon geahnt, dass ihre nächste Spende die letzte sein wird. Wie Kathy und Tommy zusammen kommen, hat für mich dann auch eher etwas geschäftliches. So nach dem Motto "Komm, tun wir es halt, damit wir eine bessere Chance haben". Sie mögen sich schon, aber haben keine Zeit mehr das normal entwickeln zu lassen - wie traurig :(


    Ich bin gespannt, wie das Buch endet - irgendwie hab ich kein gutes Gefühl...

  • Wie grausam es ist, dass die Menschen als Spender solchen Schmerzen ausgesetzt sind. Wie seltsam abstoßend, dass nicht nur sie das hinnehmen, sondern auch die Betreuer. Erwartet sie doch nach der Arbeit als Betreuer das Gleiche.


    Die Spender sterben auch nicht, sondern schließen ab. Selbst ihr Sterben und ihr Tod wird negativ bewertet.


    Ich bin froh, wenn ich mit dem Buch fertig bin. Ich finde es bedrückend und ekelerregend.

  • Die Spender sterben auch nicht, sondern schließen ab. Selbst ihr Sterben und ihr Tod wird negativ bewertet.


    Ich bin froh, wenn ich mit dem Buch fertig bin. Ich finde es bedrückend und ekelerregend.

    Wie bei Maschinen eben, als mehr werden sie nicht angesehen. Da sieht man auch, was Sprache ausmacht. Würde man sagen, sie sterben, könnte man sie als Menschen sehen, oder die Opfer kämen auf den Gedanken sie wären auch normale Lebewesen.

    Mir geht es auch so, es ist Ekel erregend.

  • Mich würde mal interessieren, ob bei einer Spende immer ein Organ entnommen wird - oder halt gleich mehrere

    Ich bin ehrlichgesagt froh, dass man hierüber gar nicht so viel erfährt. Ich finde die ganze Geschichte so schon schrecklich genug. Da will ich gar nicht mehr drüber erfahren, wie das mit den Spenden so genau abläuft.


    Ich weiß nicht mehr genau, ob in diesem Abschnitt die Geschichte mit dem Boot vorkommt. Aber das hat mich ein wenig gewundert, warum so ein Aufheben um dieses Boot gemacht worden ist, was das festgesteckt ist. Warum wollten das alle aus der Nähe sehen? War das ein Symbol für irgendetwas?

  • Rouge Es könnte als Symbol dafür dienen, dass sich die Klone für die falschen, unwichtigen Dinge interessieren oder dass sie wie das Boot im Morast feststecken ohne zu wissen, wie sie da hin gekommen sind oder wie sie ihre Freiheit gewinnen könnten. :gruebel

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    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Leider erfährt man nichts über die Schulungen oder um was sie sich wirklich kümmert. Sie muss ja wohl irgendwie mit den Ärzten kommunizieren.

    Mir ist auch noch nicht wirklich klar, was genau die Betreuer machen. Anscheinend kümmern sie sich darum, dass die Spender zu ihren Tests gehen und machen irgendwelchen Papierkram für sie. Wollen die "normalen" Krankenpfleger nichts mit den Spendern zu tun haben oder warum gibt es noch extra die Betreuer? Ich könnte mir auf der anderen Seite auch vorstellen, dass es die Aufgabe der Betreuer nur gibt, um die Spender auf ihre zukünftige Aufgabe vorzubereiten.

    Warum muss sie eigentlich ständig durchs Land fahren zu den einzelnen Zentren? Wäre doch viel praktischer, wenn sie in einem Zentrum bleiben würde und sich nur um die Spender dort kümmern würde.

    Das habe ich ich in der Tat auch gefragt. Die einzelnen Spender sind in diversen Zentren im ganzen Land verteilt und auch wenn Kathy sich ihre Spender aussuchen kann, scheint sie ja immer noch ziemlich viel unterwegs zu sein. Gefühlt ist jeder Spender in einem anderen Zentrum und Kathy scheint pro Tag mehrere zu besuchen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich effizient ist, dementsprechend muss irgendein anderes Konzept dahinterstecken. Ich habe mich auch schon gefragt, nach welchem Konzept die Spender auf die Zentren verteilt werden. Ob das etwas mit der Qualität ihrer Arbeit als Betreuer zu tun hat?


    Ich fand es ein bisschen seltsam, wie plötzlich Ruth verschwunden ist. Sie hatte im ganzen Roman bis hierhin eine so dominante Position inne, dass mir ihr Ende irgendwie ein bisschen zu schnell kam. Klar, sie ist nach ihrer Spende gesundheitlich sehr angeschlagen, trotzdem hatte ich mir irgendwie erhofft, dass sie am Ende noch einmal eine wichtige Rolle spielen wird. Immerhin hat sie es noch geschafft, den Weg für Tommy und Ruth zu ebnen, sodass die beiden zusammengefunden haben.

    Nun wollen die beiden also mit Madame sprechen und um einen Aufschub bitten. Da bin ich wirklich gespannt, was dabei herum kommt. Ob es den Aufschub wirklich gibt, oder ob es sich dabei bloß um ein Gerücht gehandelt hat. Ob Madame da wirklich der richtige Ansprechpartner ist?

    Warum wollten das alle aus der Nähe sehen? War das ein Symbol für irgendetwas?

    Da ich zuletzt viele Jane Austen Romane gelesen habe, musste ich bei der Stelle unwillkürlich an das Pittoreske denken (ob das Boot wirklich als pittoresk zu bezeichnen wäre, kann ich nicht beurteilen). Aber das wäre für mich noch einmal ein Zusammenhang zu der Kunst, die in Hailsham ja so wichtig war. Da frage ich mich ja auch immer noch, was es damit genau auf sich hat.

    :lesend Jay Kristoff; Nevernight - Die Rache

    :lesend Laura Imai Messina; Die Telefonzelle am Ende der Welt (eBook)

    :lesend Rebecca Gablé; Teufelskrone (Hörbuch: Detlef Bierstedt)

  • Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich effizient ist, dementsprechend muss irgendein anderes Konzept dahinterstecken. Ich habe mich auch schon gefragt, nach welchem Konzept die Spender auf die Zentren verteilt werden. Ob das etwas mit der Qualität ihrer Arbeit als Betreuer zu tun hat?

    Mein Verdacht war ja, dass es vom System absichtlich so organisiert wurde, damit die Betreuer sich kein festes soziales Umfeld aufbauen können, das sie vielleicht gegen die Unmenschlichkeit stärken könnte.


    Wie meinst Du das mit der "Qualität ihrer Arbeit" ? :gruebel


    Ich fand es ein bisschen seltsam, wie plötzlich Ruth verschwunden ist. Sie hatte im ganzen Roman bis hierhin eine so dominante Position inne, dass mir ihr Ende irgendwie ein bisschen zu schnell kam.

    Gewundert hat mich das nicht. Ich denke, der Autor hat damit das drohende Ende für alle Spender eingeläutet und um zu zeigen, wie es um Kathy immer einsamer wird.

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  • Immer noch dieser Schwebezustand, der sich durch das ganze Buch zieht.

    Kathy ist jetzt Betreuerin, aber viel mehr, als dass diese Tätigkeit anstrengend ist und auch psychisch belastend, erfährt man nicht.


    Diese Sache mit dem Boot ist auch wieder etwas, mit dem ich nichts anfangen kann, obwohl der Autor damit ganz sicher eine bestimmte Botschaft verbindet. Leider bin ich für diese Signale nicht empfänglich und hab auch wenig Lust darüber nachzudenken und zu spekulieren :(.


    Ruth leistet eine Art Wiedergutmachung für ihr Verhalten, bringt Tommy und Kathy zusammen und gibt ihnen die Adresse von Madame - mit der vagen Hoffnung auf diesen "Aufschub".


    Es ist wirklich kein angenehm zu lesendes Buch, aber nun will ich lesen, wie es ausgeht.

  • Diese Sache mit dem Boot ist auch wieder etwas, mit dem ich nichts anfangen kann, obwohl der Autor damit ganz sicher eine bestimmte Botschaft verbindet. Leider bin ich für diese Signale nicht empfänglich und hab auch wenig Lust darüber nachzudenken und zu spekulieren :(.

    Ich hab auch drüber nachgedacht, wozu diese Szene und Aufregung mit dem Boot. Vielleicht war es einfach etwas Abwechslung in ihrem armseligen Leben. Alle Welt sprach von dem Boot. Um sich ein bisschen normal zu fühlen, haben sie sich zu dem Ausflug entschlossen.

  • Ich denke, sie wollten einfach ein gemeinsames Ziel, um sich zu treffen und miteinander etwas zu unternehmen.

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  • Wie meinst Du das mit der "Qualität ihrer Arbeit" ?

    Naja, Tommy hat von sich selbst ja schon gesagt, dass er als Betreuer nicht so gut war und Kathys erstem Empfinden nach ist Kingsfield keine besonders schöne oder tolle Einrichtung: Es gibt nicht genug Bäder, es zieht, etc. Ruth hingegen schein in einer "besseren" Einrichtung untergebracht zu sein. Soweit ich mich erinnere, wird allerdings nichts über ihre Arbeit gesagt.

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