Bühlerhöhe - Brigitte Glaser

  • Brigitte Gläsers erster Roman war für mich auch die erste Begegnung mit der Autorin. Ich habe das Buch in der Leserunde gelesen und festgestellt, dass aufgrund der detaillierten Beschreibungen der Örtlichkeiten ich auch einige Gebäude/ Wege sehr gut vor Ort wiedererkannt habe. Brigitte Gläser hat sehr strukturiert erzählt und lässt den Leser abwechselnd an den Gedanken von drei sehr unterschiedlichen Frauen teilhaben. Das Buch ist in sehr viele kurze Abschnitte unterteilt, die jedes Mal mit der Örtlichkeit übertitelt sind. Dadurch liest man unwillkürlich weiter. Die Hauptpersonen werden nach und nach sehr ausführlich charakterisiert, so kann man sich als Leser auch gut eine Meinung bilden. Das Buch lässt einen mitfiebern und rätseln, wer hinter so manchem steckt.


    Man sollte sich etwas Zeit nehmen für das feine Buch und nicht hetzen lassen.


    Ohne die Leserunde wäre ich vermutlich nicht auf das Buch aufmerksam geworden, es hat mich positiv überrascht.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Inhalt


    Deutschland 1952
    Bundeskanzler Konrad Adenauer wird im Hotel Bühlerhöhe im Schwarzwald erwartet, wo er, wie in den letzten Jahren, seinen Urlaub verbringen will. Aufgrund der grade stattfindenden Verhandlungen mit Israel über Entschädigungszahlungen aufgrund des begangenen Unrechts an den Juden in Deutschland, wird von mit Attentaten auf den Kanzler gerechnet.
    Um dies zu verhindern schickt der israelische Geheimdienst Rosa Silbermann in das Hotel Bühlerhöhe. Sie kennt sich dort gut aus, war sie doch in ihrer Kindheit häufig mit ihrer Familie in dieser Gegend im Urlaub. In den 30er Jahren hat sie Deutschland verlassen und lebt sein seitdem in einem Kibbuz in Israel. Aufgrund ihrer Herkunft wurde sie für diese Mission ausgewählt.


    Ihre Gegenspielerin ist Sophie Reisacher, die misstrauische Hausdame der Bühlerhöhe. Aufgrund einer Hochzeit mit einem deutschen Soldaten war sie gezwungen 1945 ihre elsässische Heimat zu verlassen.


    Zwei gegensätzliche Frauen, die im Krieg alles verloren haben und jetzt während der Ereignisse auf der Bühlerhöhe aufeinander treffen.


    Meine Meinung


    Die Handlung in diesem Buch entwickelt sich langsam. Die Autorin verwendet viel Zeit darauf, Hauptprotagonisten zu zeichnen, von ihrem dramatische Leben zu erzählen und den Leser langsam auf den dramatischen Höhepunkt hinzuführen.


    Rosa und Sophie, zwei Frauen deren Leben kaum unterschiedlicher sein könnte, die aber beide ihre Heimat verlassen haben und in der Fremde ihren Platz im Leben suchen. Rosa scheint auf der Suche schon weiter zu sein. Sie hat ihre fast ihre gesamte Familie im Holocaust verloren, scheint sich aber in Israel gut eingelebt zu haben, als sie aufgrund ihrer Herkunft für die Mission ausgewählt wird. Rosa musste erst 1945 aus Straßburg fliehen, als die Deutschen die Stadt verlassen haben. Aufgrund ihrer Hochzeit mit einem Deutschen war ihr ein Leben in Frankreich nicht mehr möglich.


    Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Rosa und Sophie erzählt und so kann man als Leser sich sehr gut in die Sichtweisen der Frauen hineinversetzten. Langsam, Kapitel um Kapitel, rückt der Besuch des Kanzlers näher und es ist schnell klar, dass es beim Besuch zu einer Zuspitzung der Handlung kommen wird. Sehr geschickt baut die Autorin hier den Spannungsbogen auf und man fängt als Leser selber an, zu überlegen wer wohl etwas plant und aus welcher Richtung die Gefahr droht.


    Ein spannendes, niveauvoll geschriebenes Buch, dass uns in die ersten Jahre der jungen Bundesrepublik entführt. Ein Krimi, eine Gesellschaftsbild, Lebensgeschichten…….., das Buch hat viele Seiten, die sehr angenehm zu einem schönen Ganzen verwoben werden.

  • Über das Buch:
    Rosa Silbermann wird 1952 mit einem geheimen Auftrag in das Nobelhotel Bühlerhöhe geschickt. Die in den 1930ern aus Köln nach Palästina emigrierte Jüdin arbeitet für den israelischen Geheimdienst. Ihre Gegenspielerin ist die misstrauische Hausdame Sophie Reisacher. Die musste 1945 das Elsass verlassen und sucht ihre Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg. Beide haben erlebt, was es heißt, wenn ein ganzes Land neu beginnen will. Keine von ihnen vertraut der beschaulichen´Landschaft des Schwarzwalds. Und beide wissen von einem geplanten Attentat auf Bundeskanzler Adenauer, wobei jede ihre eigenen Pläne verfolgt. Zwei Frauen in einer Männerwelt, in der es um Macht, Geschäfte und alte Seilschaften geht – und irgendwann um Leben und Tod. (Quelle: www. ullsteinbuchverlage.de)


    Über die Autorin:
    Geboren 1955 in Offenburg. 1974 Abitur in Achern. 1975-1980 Studium der Diplom-Sozialpädagogik in Freiburg. 1980 Wechsel nach Köln. Dort Arbeit in der offenen Jugendarbeit, im Medienbereich und in der Erwachsenbildung. 1996 erscheint mit „Kölsch für eine Leiche“ der erste Krimi, 2001-2008 „Tatort Veedel – Orlando & List ermitteln“ eine Kurzkrimi-Serie im Kölner Stadtanzeiger, 2003 mit „Leichenschmaus“, der erste Katharina-Schweitzer-Krimi, 2010 mit „Schreckschüsse“, das erste Jugendbuch, 2016 mit „Bühlerhöhe“ erster Roman.Seit 2008 freie Schriftstellerin in Köln. (Quelle: http://brigitteglaser.de/biografie.html)


    Meine Meinung:
    Dies war mein erstes Buch von Brigitte Glaser. Zu Beginn des Buches wusste ich nicht so recht, wo die Autorin mit mir als Leser hin wollte, doch am Ende hat mich die Autorin gefesselt und überzeugt.
    Das Cover entspricht nicht dem Einerlei in den Buchhandlungen und Online-Shops; und das ist auch gut so, denn diese Buch hebt sich wohltuend von den anderen Büchern ab. Es ist definitiv kein Buch, welches man mal so nebenbei lesen kann. Lesen auf der Bahnfahrt? Fehlanzeige, da gab es doch zu viel was mich ablenkte, sodass ich dieses Buch zu Hause im stillen Kämmerlein gelesen habe. Ein Buch, das von seinem Leser volle Aufmerksamkeit fordert und ihn am Ende reich beschenkt.
    Die Geschichte ist sehr gut konzipiert, Brigitte Glaser schafft es ein sehr feines Netz der Akteure und ihrer jeweiligen Vergangenheit zu weben. Rückblicke geben dem Leser einen tiefen Einblick in das Seelenleben der Protagonisten. Am Anfang kann das Buch unter Umständen etwas langatmig wirken, aber dies ist wohl bewusst so gewählt, denn viele Aktionen auf den ersten 100 Seiten geben der fortschreitenden Geschichte halt und ein stabiles Gerüst.
    Die Protagonisten sind sehr glaubhaft geschildert, sie haben eine ganze Facette von Eigenschaften. Mir hat es unglaublich Spaß gemacht, hinter die Stirn der ein oder anderen Figur zu schauen. Bei einigen tun sich menschliche Abgründe auf, die zum Nachdenken anregen.
    Zum Ende des Romans hin, beweist Brigitte Glaser, dass sie aus dem Krimi-Genre kommt, denn ich konnte das Buch zum Schluss nicht mehr aus der Hand legen, ich wollte unbedingt wissen, wie es denn nun endet.
    Der Schreibstil war für mich zu Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, denn die Autorin hat für ihren Roman eine recht anspruchsvolle Sprache gewählt. Es gab sogar Wörter, die ich nachgeschlagen habe, weil sie mir so noch nicht untergekommen waren. Am Ende war ich so gefangen von dieser Sprache, dass sie mir gar nicht mehr schwer vorkam.
    Die Fäden werden am Ende logisch gelöst, es gibt kein komplettes Happy End (ohne zu viel verraten zu wollen) aber für mich war dieses Ende sehr glaubwürdig und nachvollziehbar.
    Ich kann dieses Buch nur allen Lesern empfehlen, die sich mal ganz auf ein Buch einlassen wollen. Die eine Geschichte mit Tiefgang lesen wollen und die Protagonisten kennen lernen möchten, die einen nachdenklich machen. Für mich ein nicht ganz einfacher Roman, aber dennoch sehr gelungen, der es verdient hat gelesen zu werden.
    9/10 P.

  • Ein rundum schönes und gelungenes Buch! Ein Roman, der vieles verbindet: ein Nobelhotel, Geheimagenten, einen Mord, israelitische sowie deutsche Geschichte und natürlich auch etwas Liebe. Und das alles perfekt in das Lebensgefühl der frühen 50er Jahre eingebettet.


    Neben der eigentlichen Handlung, der Verhinderung eines geplanten Attentats auf Adenauer, wird hauptsächlich die Geschichte dreier Frauen erzählt, die sich dabei zufällig begegnen. Da ist zum einen Rosa, die jüdische Agentin, die unfreiwillig in das Land ihrer Kindheit reist; da gibt es die strenge Hausdame der Bühlerhöhe Sophie Reisacher und auch noch Agnes, ein junges Mädchen aus der näheren Umgebung, die ihre eigenen Erfahrungen mit den Reichen und Mächtigen machen muss.


    Die Figuren werden dabei sehr behutsam eingeführt. Als Leser taucht man ein in ihr Leben. Insgesamt ist es ein eher ruhiges Buch, in dem es viel auf die einzelne Beobachtung ankommt. Ich fand die Langsamkeit, in der die Geschichte erzählt wird, als sehr wohltuend. Die Autorin lässt sich Zeit, schafft es aber trotzdem, die vielen Themen und Stränge gekonnt ineinander fließen zu lassen. Und zwischendurch wird es immer wieder auch richtig spannend!


    Ich liebe solche Bücher, die das Leben nicht nur in einem Ausschnitt zeigen, sondern so komplex wie hier. Da fließt vieles ineinander, niemand ist schwarz oder weiß und keine Entscheidung ist einfach. Als Leser war ich durchaus gefordert, den Überblick zu behalten, trotzdem las sich der Roman sehr gut. Das lag auch an den übersichtlichen Kapiteln, bei denen immer eine Ortsangabe die Orientierung erleichtert.


    Herausragend ist die Sprache, in der erzählt wird. Mit viel Liebe zum Detail erzählt, entsteht die Orte ganz automatisch im Kopf. Um die Vergangenheit wiederauferstehen zu lassen, werden sehr viele damals gebräuchliche Wörter ganz selbstverständlich verwendet. Dazu wird oft auch im Dialekt geschwätzt oder in Fremdsprachen gesprochen. Das meiste erschließt sich dabei aus dem Text. Mir hat es sprachlich sehr gefallen und gerade die Einbindung „alter“ Wörter und des Dialektes tragen viel zur Authentizität des Buches bei.


    Noch etwas ist mir sehr positiv aufgefallen: die Autorin schreibt sehr ausgewogen über politische Ereignisse und Meinungen. Unterschiedliche Ansichten nicht nur im Nachkriegsdeutschland stehen hier nebeneinander, (das möchte ich besonders hervorheben) ohne sie zu werten.


    Fazit:


    Zitat

    Original von WuscheliLoves
    Das Buch entpuppte sich als absoluter Glücksgriff – ich liebe anspruchsvolle Romane, ich liebe spannende Literatur, ich nutze gerne Bücher, um mich einer Zeit, einem Land oder einer Gruppe zu nähern, hier finde ich einen der seltenen Fälle, die ALLES gleichzeitig können.


    Dem kann ich mich nur anschließen! Ein sehr lesenswertes Buch, das ich mit ausgezeichneten 9 Punkten bewerte.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Buchmeinung zu Brigitte Glaser - Bühlerhöhe


    „Bühlerhöhe“ ist ein Roman von Brigitte Glaser, der 2016 bei List als Hardcover erschienen ist.


    Zum Autor:
    Brigitte Glaser, geboren am 18. März 1955 in Offenburg, wuchs im Badischen auf. Sie studierte in Freiburg Pädagogik und wechselte danach nach Köln, wo sie heute als Medienpädagogin in der Erwachsenenbildung arbeitet.


    Klappentext:
    Rosa Silbermann wird 1952 mit einem geheimen Auftrag in das Nobelhotel Bühlerhöhe geschickt. Die in den 1930ern aus Köln nach Palästina emigrierte Jüdin arbeitet für den israelischen Geheimdienst. Ihre Gegenspielerin ist die misstrauische Hausdame Sophie Reisacher. Die musste 1945 das Elsass verlassen und sucht ihre Chance zum gesellschaftlichen Aufstieg. Beide haben erlebt, was es heißt, wenn ein ganzes Land neu beginnen will. Keine von ihnen vertraut der beschaulichen´Landschaft des Schwarzwalds. Und beide wissen von einem geplanten Attentat auf Bundeskanzler Adenauer, wobei jede ihre eigenen Pläne verfolgt. Zwei Frauen in einer Männerwelt, in der es um Macht, Geschäfte und alte Seilschaften geht – und irgendwann um Leben und Tod.

    Meine Meinung:
    Im Mittelpunkt des Romans stehen die drei starke Frauen Rosa, Sophie und Agnes, von denen jede ihr eigenes Trauma zu bewältigen hat. Im Laufe des Romans erfährt der Leser immer mehr über die Ursache des jeweiligen Traumas. Dazu schildert die Autorin die Erinnerungen, die bei ihren Akteuren hervorbrechen. Diese Erinnerungen helfen dem Leser dabei, die Handlungen der Frauen zu verstehen. Es entsteht auch eine starke emotionale Bindung zu den Frauen, auch wenn diese nicht immer positiv ist. Durch viele Orts- und Perspektivwechsel wird das Tempo und die Spannung erhöht. Dazu kommt noch ein gewaltsamer Todesfall im Umfeld des Hotels. Trotz dieser Vorkommnisse ist das Erzähltempo eher beschaulich und der Schwerpunkt des Romans liegt eindeutig auf den Frauenschicksalen. Auf mich wirkten die Szenen rund um den Attentatsversuch auf den Bundeskanzler eher störend und nebensächlich. Die Faszination geht von der Charakterisierung der Figuren aus, die alle sehr komplex gestaltet sind. Dazu erfährt der Leser einige historische Aspekte aus dieser Zeit, vor allem über die Wiedergutmachungsverträge und die Situation in den jüdischen Gebieten Palästinas. Die Sprache ist klar, aber auch einfühlsam und passt sehr gut zur Geschichte. Die Rolle der Männer in diesem Roman ist eher unrühmlich und kein Ruhmesblatt für das männliche Geschlecht.


    Fazit:
    Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, insbesondere die komplexen Charaktere der weiblichen Hauptfiguren Rosa und Sophie. Dazu wurde mein Schulwissen über diese Zeit auf angenehme Art aufgefrischt. Leichte Abzüge gibt es für den Showdown um den Attentatsversuch, den ich als störend empfand. Ganz sicher ist dies kein Kriminalroman oder ein Spionageroman, sondern eine beeindruckende Schilderung von Frauenschicksalen in der Nachkriegszeit. Meine Wertung lautet fünf Sterne (90 von 100 Punkten) und eine klare Leseempfehlung.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Inhalt: Schwarzwald, Sommer 1952. Ein mögliches Attentat auf Bundeskanzler Adenauer, geplant von extremen Zionisten, alarmiert den deutschen und den israelischen Geheimdienst.
    Um einen Anschlag auf den Kanzler zu vereiteln, schleust der Mossad die Jüdin Rosa Silbermann incognito in das Hotel Bühlerhöhe ein, in dem auch Adenauer einen Aufenthalt geplant hat.
    Rosa, die als Kind die Ferien des Öfteren in der Bühlerhöhe verbrachte und während des Holocausts nach Israel floh, trifft dort auf die resolute und misstrauische Hausdame Sophie Reisacher. Diese beginnt schon bald, trotz oder vielleicht auch wegen ihrer eigenen Probleme, Rosa hinterher zu spionieren.


    Meine Meinung: Einen äußerst spannenden Roman, der die Atmosphäre der jungen Bundesrepublik sehr gut widerspiegelt, hat Brigitte Glaser mit "Bühlerhöhe" verfasst. Die handelnden Personen wirken authentisch und als Leser fühlt man sich gleich in die fünfziger Jahre zurückversetzt, in denen einerseits noch viele Menschen unter den Gräuel des Krieges leiden, bzw. versuchen diese aus ihrem Bewusstsein zu verdrängen, andererseits ist aber bereits der Aufbruch in eine neue, bessere Zeit zu spüren.
    Adenauer selbst spielt nur eine Nebenrolle, die Protagonisten sind eindeutig Rosa Silbermann und Sophie Reisacher, sowie die junge Agnes, ein Bauernmädchen, das im benachbarten Hotel arbeitet und ein schreckliches Trauma mit sich herumträgt. Alle Fäden laufen bei diesen sehr unterschiedlichen Frauen zusammen, die ihre Geheimnisse geschickt vor Öffentlichkeit zu verbergen wissen.
    Der Roman beginnt zunächst sehr ruhig, nimmt aber im Verlauf mehr und mehr Tempo auf bis es zu einem dramatischen Finale kommt.
    Auch sprachlich ist "Bühlerhöhe" ein Genuss. Auf recht hohem Niveau erzählt, trotzdem angenehm und leicht zu lesen, schreibt die Autorin der Zeit und den jeweiligen Personen angemessen.


    Fazit: Ein großes atmosphärisches Lesevergnügen, das den Leser in die Ära der Fünfziger zurückversetzt. Sehr empfehlenswert!


    9 Eulenpunkte

  • Die Geschichte spielt 1952 in Süddeutschland, das war die Zeit der Beratung über das geplante Wiedergutmachungsgesetz, welches aus unterschiedlichen Gründen sowohl in der jungen Bundesrepublik Deutschland als auch im gerade gegründeten Staat Israel Gegner hatte. In einem interessanten Nachwort erklärt die Autorin, wo sie von tatsächlichen historischen Ereignissen abwich. Der Roman wirkt allerdings so authentisch, dass man den Eindruck gewinnt, alles könne so oder so ähnlich wirklich stattgefunden haben. Zusätzlich zu diesem Nachwort gibt es am Buchende weitere die Handlung hervorragend abrundende Informationen.
    Das Coverbild passt zur Ära Adenauer, der Buchtitel ist der Name eines real existierenden namhaften Hotels im Schwarzwald, in welchem der Altbundeskanzler Dr. Konrad Adenauer während der Fünfziger Jahre mehrmals seinen Urlaub verbrachte, und passt demzufolge auch gut.
    Adenauer selbst taucht erst relativ spät auf und spielt lediglich eine Nebenrolle. Man erlebt die Vorbereitungen für seinen Besuch, die vor allem in den Händen von zwei sehr unterschiedlichen Protagonistinnen liegen, der ziemlich exzentrischen Hausdame Sophie Reisacher und der vom israelischen Geheimdienst abgestellten Rosa Silbermann, einer Jüdin, die einst als Kind dort mit ihrem Großvater Ferien machte und jetzt ein Attentat auf den Kanzler verhindern soll. Zusätzlich gibt es eine Vielzahl von Nebenpersonen, die die Spannung erhöhen. Diese wird auch durch häufige Perspektivwechsel erzeugt, glücklicherweise sind diese Wechsel jedoch stets durch vorangestellte Orts- und Zeitangaben deutlich gekennzeichnet.
    Dieses Buch bekommt von mir die volle Punktzahl!

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

  • Aufgrund diverser Berichte in den Medien war ich sehr neugierig auf dieses Buch.
    Auch die Gestaltung des Covers hat mich absolut angesprochen.
    Brigitte Glaser hat "Bühlerhöhe" in einem sehr angenehmen Schreibstil geschrieben, ihr schriftstellerisches Können wird hier sehr deutlich vermittelt.
    Die Geschichte des Hotels "Bühlerhöhe" in der Realität hat mich sehr interessiert, ich habe einiges recherchiert und viel Neues erfahren.
    Auch wird das Hotel und das "Leben" dort ( sei es das der Gäste oder der Angestellten ) sehr anschaulich im Buch beschrieben.
    Die Geschichte an sich fand ich gut konstruiert, das Thema sehr interessant und gut aufbereitet, viele Personen waren perfekt dargestellt - kurz und gut, das Buch hat mir viel Lesevergnügen bereitet.
    Wer mich nicht vollends überzeugt hat, ist eine der Hauptpersonen, Rosa Silbermann. Sie war mir manchmal dann doch zu sehr auf "hilflos, mit Rehblick" dargestellt.


    Insgesamt aber habe ich das Buch sehr gerne gelesen und ich vergebe 8 von 10 Punkten.

  • Die “Bühlerhöhe” ist ein fiktiver Roman mit historischem Hintergrund, einem realen Schauplatz und spielt in den frühen 50ern, als unser demokratischer Staat noch sehr jung war.
    Mit dem Glossar angefangen war ich über die deutsch-israelische Geschichte wieder gut informiert und auf den Roman vorbereitet.


    Auf Konrad Adenauer soll laut geheimer Infos ein Attentat verübt werden, denn die radikale jüdische Bewegung ist dagegen “Blutgeld” als so genannte Wiedergutmachung von Deutschland anzunehmen.
    Doch Israel braucht das Geld dringend und so soll Rosa als Agentin den Anschlag verhindern. Aufgewachsen in Deutschland, geflüchtet vor dem Naziregime und etablierte Bewohnerin eines Kibbuz kennt den Schwarzwald gut, und so ist sie die ideale Wahl für den Auftrag, obwohl sie das selber ganz anders sieht und widerwillig zurück nach Deutschland kehrt.
    Ziel ist das renommierte Hotel “Bühlerhöhe”. Adenauer wird hier dieses Jahr wieder seinen Urlaub verbringen und erschossen werden?
    Sophie Reisacher, die forsche Hausdame des Hotels merkt sofort, dass Rosa nicht die Person ist, die sie vorgibt zu sein. Ein Katz und Maus Spiel beginnt. Nicht nur zwischen Rosa und Sophie.
    Sophie ist meine Heldin in diesem vorzüglich ausgearbeiteten Roman und fasziniert mit einem außergewöhnlichen Gespür für Geheimnisse, die eigentlich nicht gelüftet werden sollen. Im Gegensatz zu Rosa, die sich von ihren Gefühlen leiten lässt und ihr die Zusammenhänge dabei vor der Nase verschwimmen.
    Die anderen Figuren sind nicht minder interessant und schwirren um die beiden Hauptpersonen herum, bis man als Leser hinterher jeden in Verdacht hat, der vorher völlig harmlos erschien. Überflüssig zu erwähnen, dass die Autorin das genial hinbekommen hat. Fans von Liebeleien und Affären kommen sogar auch noch auf ihre Kosten.


    Dieser Roman hat mich begeistert und mit aufgefrischtem geschichtlichem Wissen in der “Bühlerhöhe” zurückgelassen. Prädikat absolut lesenswert.
    Lesenswert ist übrigens auch die wahre Geschichte der “Bühlerhöhe”. Einfach mal vor Beginn des Romans googlen!
    Hat Brigitte Glaser eigentlich noch weitere Bücher geschrieben? Keine Ahnung...direkt mal nachschauen!

  • Als ich die Kurzbeschreibung des Buches "Bühlerhöhe" von Brigitte Glaser las, war mir klar, dass ich diesen Roman lesen muss.


    Rosa Silbermann, eine Jüdin aus Palästina, die mit ihrer Schwester aus Deutschland geflüchtet war, kommt als Agentin des israelischen Geheimdienstes in den Schwarzwald - um ein Attentat auf Bundeskanzler Adenauer zu verhindern.


    Diese interessante Beschreibung wird dem Buch gerecht - es ist bis zur letzten Seite spannend und hatte (für mich) keine Längen und blieb bis zum Schluss überraschend.


    Der Schreibstil von Brigitte Glaser ist sehr leicht und flüssig zu lesen, sodass der Leser sehr schnell in der Geschichte "drin" ist, wobei ich mir für den Roman und die darin enthaltende Sprache Zeit gelassen habe. Der Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt (Rosa, Sophie, Agnes und Walburg), die sich zu einem sehr realistischen Roman verbinden.


    Ich kannte die Autorin vorher nicht, aber Bühlerhöhe wird nicht mein letzter Roman von Brigitte Glaser sein, den ich gelesen habe!


    9 von 10 Eulenpunkte!

  • Schauplatz Deutschland, Schwarzwald 1952


    Im Hotel Bühlerhöhe wartet man auf das Eintreffen von Kanzler Adenauer. Hausdame Sophie Reisacher spricht mit Hauptmann Droste die Planung samt Sicherheitsvorkehrungen ab. Sophie ist 35 Jahre, seit 9 Jahren verwitwet, sehr streng zu ihren Untergebenen, Elsässerin, hat in Xavier Pfister einen Geliebten bzw. Verlobten und wartet auf eine baldige Hochzeit, damit ihr Traum vom besseren Leben in Erfüllung geht.


    Die Ankunft von Rosa Goldberg, geb. Silbermann beäugt sie mit Argwohn, denn deren Ehemann Ari verspätet sich und mit jedem Tag wird Sophie misstrauischer. So betrachtet sie kritisch die bäuerlichen Hände von Rosa, die nicht zu ihrem eleganten Äußeren passen. Rosa wurde gegen ihren Willen vom israelischen Geheimdienst damit beauftragt, auf die Sicherheit von Adenauer zu achten, damit der junge Staat Israel tatsächlich das zugesagte Geld aus Deutschland erhält. Sie wurde ausgewählt, da sie die Sprache spricht und die Gegend aus ihrer Kindheit gut kennt. In verschiedenen Rückblenden erfährt der Leser einiges über ihre Vergangenheit, ihre große Liebe Nathan, ihren Sohn Ben, sowie über ihre Schwester Rachel in Tanger.


    Rosa und Sophie umkreisen sich ständig, beobachten sich und spionieren sich gegenseitig aus – ein echtes Katz-und-Maus-Spiel. Umrahmt werden sie von einer illustren, internationalen Gesellschaft von Hotelgästen und diversen Hausangestellten. Darunter auch Agnes, ein junges Mädel, das ungewollt immer wieder zwischen die Fronten von Sophie und Rosa gerät. Außerdem wurde sie und ihre Schwester Walburg vergewaltigt und nun befindet sich unter den Gästen ihr damaliger Peiniger.


    Ungefähr die Hälfte des Buches beschäftigt sich quasi mit diesem Vorspiel und der detaillierten Vorstellung der Figuren bis endlich der Kanzler und seine Tochter Libeth eintreffen. Kurz darauf beginnen die Anschläge auf den Kanzler. Am Ende können die Zusammenhänge offen gelegt werden und der Attentäter wird enttarnt. Es ist eine sehr vielschichtige Geschichte, die dadurch eine breite Leserschaft ansprechen dürfte.



    Dass Cover des Buches findet ich sehr passend und schön gestaltet. Die Autorin fügt noch eine Schlussbemerkung an den Roman, erklärt noch Begriffe aus der deutschen und israelischen Geschichte, sowie Zitate und Quellen. Gefehlt hat mir bei dieser vorbildlichen Gestaltung nur ein Personenregister.


    Der Inhalt des Romans wurde m. E. sehr gut und intensiv recherchiert, die Einsamkeit der Bühlerhöhe und der Umgebung konnte man spüren, die Figuren waren sehr lebendig und authentisch beschrieben. Als Leserin fühlte ich mich auf jeden Fall mitgenommen und war mittendrin in der Handlung. Der Roman ließ sich flüssig, spannend und angenehm lesen. Für mich war es ein echter Lesegenuß!