Amalientöchter - Joan Weng

  • Amalientöchter

    Roman

    Aufbau Verlag

    Autorin: Joan Weng

    ISBN 978-3-7466-3508-8

    382 Seiten

    erschienen am 16. August 2019




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    Inhalt und Personen


    Klara Heinemann ist die Protagonistin dieser Geschichte und wartet nun - nach dem erfolgreichen Abschluss ihres Abiturs - auf die Rückkehr ihres Freundes Fritz Faber. Dieser ist zu der Zeit noch in Berlin als Arzt tätig, wird aber bald zurück in Weimar erwartet. Offiziell verlobt sind die Beiden noch nicht, aber das sollte nur noch eine Formalität sein.


    Der erste Weltkrieg ist gerade vorbei und in Berlin wird jede helfende Hand gebraucht. So kommt Fritz nur nach Weimar zurück, um neu ausgestattet wieder nach Berlin zu reisen. Doch diesmal lässt Klara nicht zu, dass er sie in Weimar zurücklässt und so reist sie ihm einige Tage später nach.


    In Berlin ist der Umbruch durch die Ablösung der Monarchie deutlich spürbar. Ebenso die Emanzipation der Frauen. Klara hält nicht viel von den gesellschaftlichen Konventionen der Frauen, auch wenn sie danach erzogen wurde. So passt sie ihr Äußeres ihren inneren Idealen an, orientiert an Frauen, die ähnlich wie Herzogin Anna Amalia, eigene und ungewöhnliche Wege gehen.


    Meine Meinung

    Klara erlebe ich als eine aufgeweckte junge Frau, die neugierig und begeistert vom Umbruch und der Emanzipation der Frauen von Weimar in die große Stadt Berlin aufbricht. Dort findet sie schnell Gefallen an der Eigenständigkeit und will unabhängig sein. Eine selbstbewusste junge Frau, die für sich selbst sorgen kann und will. Das Wahlrecht hatten die Frauen sich gerade erkämpft, nun durfte es gern noch ein paar Schritte weitergehen.



    Zitat
    "Denn solche Frauen wären es, die aus einer weichen Auslegung des Gesetzes ihre wirtschaftlichen Vorteile zögen. Am Ende würden hier sogar unschuldige Männer verführt." - Seite 346



    Der Schreibstil ist dermaßen mitreißend, dass ich mich beim Lesen flink an Klaras Fersen heftete, um mitzukommen. Sie sprüht vor Leben und ist ein echter Wirbelwind. Damit hat sie mein Herz im Sturm erobert.


    Mir gefallen lebendige, starke Frauencharaktere und das verkörpert Klara. Und doch kann sie sich auch zurücknehmen, wenn Zurückhaltung gefragt ist und sie weiß, dass sie gerade nicht vernünftig punkten kann. Das macht die Geschichte um Klara auch immer wieder spannend.


    Die geschichtlichen Ereignisse um die gerade in den Anfängen befindliche Weimarer Republik sind toll eingebunden. Am Ende des Romans befindet sich neben eines Glossars auch noch ein Nachwort der Autorin Joan Weng, in dem sie erzählt, wie sie die historischen Ereignisse eingebunden und was sie frei erfunden hat. So hatte ich ganz nebenbei auch noch eine unterhaltsame Auffrischung in Geschichte.


    Auch die weiteren Charaktere sind sehr lebendig dargestellt. Vor allem die Freunde von Klara und ihrem Freund Fritz. Die Familie bleibt eher im Hintergrund, ist aber trotzdem stets präsent.



    Zitat
    "Lotti seufzte, Grete seufzte, und dann schlang sie ihre Arme um Klara, drückte sie fest, flüsterte leise: "Dann nimm wenigstens meinen guten Koffer, dass der auch mal was von der Welt sieht."" - Seite 57



    Es hat mir große Freude bereitet, Berlin und Weimar zu der Zeit von 1918/1919 zu erleben. So wurde für mich Geschichte wieder lebendig und Berlin war mir sehr nah.



    Zitat
    "Ich muss jestehen, ich hab mir dir jar nich so hübsch vorjestellt. Weil der Fritz immer nur so von deinem Charakter schwärmt, und normalerweise, also wenn ein Mann die Wahl hat, juter Charakter oder fesch in der Bluse, also da jehen die Ideal jern mal flöten." - Seite 67

    Fazit



    Ein Roman für alle, die gern mit einer fiktiven bezaubernden Protagonistin in die Zeit nach dem ersten Weltkrieg zurückreisen und die Anfänge der Weimarer Republik und die Emanzipation der Frauen erleben wollen.


    ASIN/ISBN: 374663508X

  • Weimar, Ende 1918. Klara ist mit ihrer Situation als gehobene Tochter eher unzufrieden. Die vielen Regeln, die sie zu befolgen hat, erscheinen ihr einfach nur unsinnig. Nur gut, dass ihr Fast-Verlobter auch eher ungewöhnliche Wege geht und als Arzt eher Interesse am gemeinen Volk, als an den Patienten seines Vaters hat.

    Als Fritz wieder nach Berlin will, beschließt sie ihm zu folgen, auch wenn es dort gerade jetzt nicht ungefährlich ist. Aber sie hofft, durch ihre Anwesenheit Fritz dazu zu bringen, nicht an vorderster Front sein Glück zu suchen.


    In Berlin angekommen ist sie erst einmal verwirrt und dann sehr angetan von der trubeligen Stadt. Hier scheint alles möglich, so wie in Weimar alles unmöglich ist. Erst wird der Rock und dann die Haare kürzer und auch das eigene Denken und die eigenen Wünsche nehmen zu. Vor allem der Wunsch eigenes Geld zu verdienen. Als Martha, die Frau von Fritz Onkel ihr die Möglichkeit bietet für ihre Zeitschrift zu schreiben, scheint das Glück perfekt.


    Doch Fritz zieht es zurück nach Weimar und nur die Aussicht, die dort anstehende Nationalversammlung erleben zu können, bringt Klara dazu ihm zu folgen und das geliebte Berlin wieder zu verlassen. Und tatsächlich wird dann auch ein Artikel von Klara zum großen Aufreger in der Nationalversammlung.


    Mir hat dieses Buch von Joan Weng wieder gut gefallen, ihre Frauenfiguren sind einfach klasse. Klara hat zwar gelernt die alten Regeln zu befolgen, aber die neue Zeit und die Möglichkeiten, die sich für Frauen dadurch ergeben faszinieren sie. Sie möchte auch ein Stück vom Kuchen haben und wird von den anderen Frauen in Berlin nur bestärkt. Die Männer hingegen, sind zwar teilweise recht fortschrittlich, aber wenn sie durch die Frauenrechte plötzlich etwas anders machen müssen, auch nicht mehr begeistert. Am Ende denken sie dann doch, dass alles nach ihrem Willen geht.


    Das Buch ist ein Plädoyer dafür auch mal mutig zu sein und nicht immer das zu machen, was von einem erwartet wird. Auch wenn es dann ungemütlich wird. Denn ohne etwas zu wagen, wird sich nie etwas verändern.


    Gerne hätte ich noch mehr über Klara und ihre Zukunft erfahren, das Ende blieb dann ja doch relativ offen, wie es denn nun bei ihr weiter geht. Aber vielleicht ist das ja auch einfach die Möglichkeit in einem weiteren Buch von Klara und ihrer Zukunft in der Weimarer Republik zu erzählen.


    Von mir eine Leseempfehlung!

    8 von 10 Punkte

    ASIN/ISBN: 374663508X

  • „Amalientöchter“ ist der erste Roman, den ich von Joan Weng las. Das Buch behandelt einen interessanten und wichtigen Zeitraum der deutschen Geschichte im Winter 1918/19, also vor mittlerweile einhundert Jahren. Hauptperson ist die 19-jährige Klara Heidemann. Klara wuchs im beschaulichen Weimar als Tochter einer wohlhabenden Witwe auf. Bereits in diesem jungen Alter ist Klara mit dem Arzt Fritz Faber verlobt, der aber in einem Armenlazarett in Berlin arbeitet. Klara ist voller Abenteuerlust und möchte dem klassischen Leben entfliehen, da sie dies eher als eine Last empfindet und zieht zu Fritz nach Berlin.


    Klara erlebt zum einen die Aufstände rund um den Spartakusbund in Berlin sowie das neu aufblühende Nacht- und Partyleben in der deutschen Hauptstadt. Viel Aufregendes also für eine junge Frau, die auf dem Weg der Selbstentdeckung ist. In der Folge lebt sie gedanklich zwischen den beiden Städten Berlin und Weimar – ohne aber weitere Details der Handlung verraten zu wollen.


    Die geschichtlichen und politischen Beschreibungen des Romans haben mir sehr gut gefallen, die Nebenhandlung mit der Liebesgeschichte rund um Klara war für mich aber nicht völlig überzeugend. Da mir die individuellen Liebesbeziehungen in Büchern jedoch nicht ganz so wichtig sind, erfreute ich mich mehr an den allgemeinen Details der damals bestehenden Gesellschaftssituation. Darüber hinaus habe ich viel über die Zeit der Berliner Revolten und der Weimarer Nationalversammlung gelernt und wurde motiviert, weiteres darüber nachzulesen. Insgesamt war es für mich eine lohnenswerte Lektüre und 7 Punkte wert.

  • Nach „Das Café unter den Linden“ vor zwei Jahren ist „Amalientöchter“ der zweite Roman der Autorin für mich. Das Buchcover gefällt mir sehr gut und von der typografischen Gestaltung ist das Buch dank Schriftgröße und Zeilendurchschuss sehr lesefreundlich.

    Die Autorin beschreibt gut verständlich die politischen und geschichtlichen Geschehnisse der Zeit nach dem verlorenen ersten Weltkrieg von Dezember 1918 bis März 1919/ Weimarer Nationalversammlung. Mir war nicht viel davon vorher bekannt, daher ist es schön dass man beim Lesen eines Romanes nebenbei etliche Details von vor 100 Jahren erfährt und angeregt wird, dies durch weitere Texte zu vertiefen.

    Im Mittelpunkt der Geschichte steht die neunzehnjährige Klara, die mit dem auch aus Weimar stammenden jungen Arzt Fritz ein Paar bildet. Fritz lebt nach seinem Kriegseinsatz in Berlin, versorgt Verletzte und will in diesen politischen Umbruchzeiten auch etwas langfristig bewirken. Klara ist auch noch auf der Suche ihres Lebensweges, ergänzend zu dem gesellschaftlich vorbestimmten Wirken als Arztgattin und Mutter. Sie folgt ihrem Verlobten nach Berlin und erlebt dort, leider nur für kurze Zeit, ein einerseits schillerndes, andererseits revolutionär umbrechendes Lebensgefühl mit Gefahren. Ihr Rocksaum endet kurz nach Eintreffen in der Hauptstadt um einiges höher, die Haare fallen, ein Bob bleibt und sie beschäftigt sich mit Politik. Sie erkennt, dass sie nicht nur wählen möchte, sondern auch etwas bewirken will und eigenes Geld verdienen. Fritz Tante bietet ihr als Schreibende eine Chance.

    Leider wird auf den 400 Seiten mir zu wenig von der Arbeit im Verlag berichtet, da hatte ich auf noch mehr Handlung zur Zeitschriftenproduktion gehofft.


    Die Liebesgeschichte wirkt auf mich leider etwas unvollständig, damit ich das Handeln und die Folgen der handelnden Personen etwas besser verstehen könnte. Schade ist, dass mal wieder einige Fehlerchen in der Erstauflage stecken. Vor 100 Jahren hätte es diese Fülle trotz Bleisatz nicht in einem Druckerzeugnis gegeben.


    Der Roman endet recht offen, gibt Raum für Kopfkino und Spekulationen, sowie Potential für eine Fortsetzung. Von Klara und auch ihren beiden Weimarer Freundinnen würde ich gern noch wieder etwas lesen. Das Buch hat mich auf einen weiteren Geschichtsfleck hingewiesen, der gut recherchiert in diesem Buch beschrieben wird und ich hab es gern gelesen. Von mir gibt es 7 Punkte

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Der 1. Weltkrieg ist vorbei, Deutschland ist nun eine Republik und sogar die Frauen bekommen nun das Wahlrecht. Aber immer noch gibt es Erwartungen an Frauen und Regeln, die sie einengen. Die neunzehnjährige Klara fühlt sich schon lange eingeengt und möchte raus aus dem Elternhaus und auf eigenen Füßen stehen. Sie reist nach Berlin zu Fritz, ihrem Freund aus Kindertagen, und findet es aufregend, dass alle in Aufbruchstimmung sind. Sie lernt Martha kennen, die es ermöglicht, dass Klara für eine Zeitschrift Artikel schreiben kann. Doch Fritz will zurück nach Weimar. Da dort die Nationalversammlung tagen soll, folgt ihm Klara, obwohl sie sich in Berlin sehr wohlfühlt. Ein Artikel von ihr sorgt dann für einen politischen Skandal.

    Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es ist eine interessante Zeit und ich kann Klara gut verstehen, die in solche aufregenden Zeiten der Enge des Elternhauses entfliehen möchte. Doch auch wenn vieles möglich erscheint, so ist es nicht einfach für eine junge Frau, so zu leben, wie es ihr gefällt. Frauen hatten noch lange nicht die gleichen Rechte wie die Männer. Aber Klara ist eine starke Frau, die sich nicht so leicht entmutigen lässt. In Berlin brodelt es und die unterschiedlichsten Gruppierungen versuchen ihre Interessen zu verfolgen. Dabei geht es auch gewalttätig zu in den Straßen von Berlin. Als Klara Fritz nach Weimar folgt, spürt man ihre Zerrissenheit.

    Dieses Buch ist ein Plädoyer dafür, seine Interessen mutig zu verfolgen, denn wenn niemand etwas tut, ändert sich auch nichts.

    Die Autorin Joan Wenig hat gut recherchiert und eine tolle Geschichte aus historischen Fakten und Fiktivem geschrieben. Mir hat das Buch gut gefallen und ich kann es nur empfehlen.


    8/10

  • Ein Buch über die Zeit zwischen den Kriegen, braucht es da etwas Neues? Sicher gibt es genügend Sachliteratur und auch Romane, die in der Zeit spielen, die eine der aufregendsten aber auch eine der dramatischsten und Weg weisenden war.

    Allerdings hat jedes Genre sein eigenes Klientel und in dieser Sparte erreicht man doch wieder ganz anderes Publikum, das sich dann vielleicht Gedanken zur deutschen Geschichte machen kann.

    Vom Kaiserreich zur Republik, und nebenbei noch die emanzipatorischen Bestrebungen einer junge Provinzlerin aus Weimar namens Klara, das beschreibt Joan Weng in ihrem neuesten Roman "Amalientöchter" gekonnt unterhaltsam, humorvoll aber auch mit ernsten Tönen.

    Dass Berlin eine derartige Anziehungskraft auf Klara ausübt war zu erwarten, dass sie dort neue Freunde findet auch. Außerdem lernt sie auf eigenen Füßen zu stehen und mit ihrer journalistischen Ader fährt sie erste Erfolge ein. Als sie die politische Lage in Berlin zuspitzt und eine gemeinsame Freundin verschwindet, will Fritz mit Klara zurück nach Weimar.

    Aber Weimar ist Klara inzwischen zu eng. Und ob sie mit Fritz glücklich wird ist die große Frage.


    Mir hat der Roman sehr gut gefallen und ich habe die Leserunde mit großer Freude mitgemacht. Die geschichtlichen Daten sind gut recherchiert und sehr passend in die Handlung eingebaut. Zum Schluss gibt es noch eine große Überraschung, dass die Handlung eigentlich nach einer Fortsetzung ruft.

    Von mir gibt es auch eine Leseempfehlung und 8 Punkte.

  • Weimar 1918: Der erste Weltkrieg ist vorbei, für Frauen scheint die Zukunft Gutes zu bringen. Klara hält es nicht im gutbürgerlichen Weimar, sie folgt ihrem Verlobten Fritz nach Berlin, Dort lernt sie neue Freunde kennen, dort führt sie ein freies, unabhängiges Leben – bis es zu Unruhen kommt. Fritz und Klara kehren schließlich nach Weimar zurück, gerade rechtzeitig, denn dort wird Geschichte geschrieben, die verfassungsgebende Versammlung tagt in Weimar.


    Die Autorin nimmt sich dieses Mal eines historischen Ereignisses an, das Entstehen der Weimarer Republik, und lässt ihre Charaktere vor diesem Hintergrund agieren – sehr gelungen werden deren Schicksale mit den historischen Gegebenheiten verbunden. Mir gefällt auch gut, dass die verschiedensten Meinungen, wie es mit Deutschland weitergehen sollte, in die Gespräche einfließen.


    Mit Klara ist ihr wieder eine bemerkenswerte Frauengestalt gelungen, die sich im Laufe der Geschichte emanzipiert und sich das auch für alle Frauen wünscht. Auch die anderen Charaktere sind, wie von der Autorin gewohnt, gut gezeichnet, echte Typen eben. Leider macht es in diesem Band keinen Sinn nach aus Vorgängerbänden bekannten Charakteren Ausschau zu halten, die gibt es hier leider nicht. Ich finde das ein bisschen schade, da das für mich immer die Besonderheit der Romane Joan Wengs gewesen ist.


    Die Verknüpfung zum Titel war mir schnell klar, immerhin schwärmt Klara für Anna Amalia, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach. Wie es sich für einen guten historischen Roman gehört, gibt es im Anhang ein lesenswertes Nachwort der Autorin und auch das Glossar ist nützlich.


    Ich fühlte mich beim Lesen wieder gut unterhalten und habe ein bisschen dazugelernt. Joan Weng ist mittlerweile eine Lieblingsautorin für mich. Daher kann ich auch diesen Roman wieder empfehlen und vergebe 9 Punkte.

  • Buchmeinung zu Joan Weng – Amalientöchter


    „Amalientöchter“ ist ein Roman von Joan Weng, der 2019 bei Aufbau Taschenbuch erschienen ist.


    Zum Autor:

    Joan Weng, geboren 1984 in Stuttgart, studierte Germanistik und Geschichte und promoviert aktuell über das Frauenbild in der Literatur der Weimarer Republik. Für ihre Kurzprosa wurde sie mehrfach ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrer Familie bei Tübingen.


    Klappentext:

    Aufbruch in ein neues Leben.

    Weimar im Dezember 1918: Klara verspürt eine unbändige Lust auf Leben. Der Krieg ist vorbei, gerade wurde die Republik ausgerufen, und es wird ein Wahlrecht für Frauen geben! Aber was nutzt ihr alle Freiheit, in der Enge ihres kaisertreuen Elternhauses? Kurzentschlossen folgt Klara ihrer großen Liebe Fritz nach Berlin. Doch die Aufbruchsstimmung kippt: Bewaffnete Unruhen machen ihren Aufenthalt nicht mehr sicher. Als bekannt wird, dass die neue Verfassung in Weimar gegründet werden soll, kann Fritz sie überreden, zurückzukehren. Denn seit Kurzem schreibt Klara für eine Zeitung, die sich ꟷ ganz im Sinne der neuen Zeit ꟷ nur an Frauen richtet. Klara besucht die Versammlungssitzungen, ihre Berichte finden immer mehr Leserinnen, doch dann verursachen sie einen politischen Skandal …


    Meine Meinung:

    Bei der Lektüre des Buches war ich zwiegespalten. Einerseits gibt es eine Liebesgeschichte, die bei mir den Eindruck erweckte, nur als Verbindungsstück zu dienen. Andererseits gibt es wunderbar gezeichnete Figuren, allen voran die Hauptfigur Klara. Klara kommt als junge wohlerzogene Bürgertochter nach Berlin und erlebt dort einen Kulturschock, festgemacht an ihrer neuen Freundin Klara. Dann folgt sie ihrem Verlobten Fritz zurück nach Weimar, vorbestimmt für das Dasein einer Arztfrau. Doch sie begehrt auf und sucht eine eigene berufliche Zukunft. Eindrucksvoll beschreibt die Autorin den Wandel des Frauenbildes und die zugrunde liegenden politischen Strukturen. Joan Weng hat einen lebendigen Erzählstil, der dem Leser das Gefühl gibt, vor Ort zu sein. Historische Fakten werden unauffällig in die Handlung eingebunden und unterstützen den Eindruck, an einer gewaltigen Entwicklung teilzunehmen.


    Fazit:

    Ein gelungener Roman über den Wandel des Frauenbildes kurz nach dem ersten Weltkrieg. Von mir deshalb vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und eine Leseempfehlung.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Ich durfte das Buch im Rahmen der Leserunde mitlesen, dafür noch einmal herzlichen Dank.


    Ich glaube, zum Inhalt ist schon alles gesagt worden, daher schenke ich mir das.


    Ich war fasziniert von dem Buch, dem Thema und den (für mich) darin enthaltenen neuen Informationen. Einiges hatte ich zwar mal ansatzweise gehört/gelesen, aber sehr viele Sachen musste ich doch noch nachlesen.


    Ich habe das Buch verschlungen, konnte gar nicht aufhören, bin leise enttäuscht, das doch noch einige Cliffhanger da sind, die Aufklärung erbetteln.


    Gerne habe ich das Buch als Empfehlung weiter gegeben, ich vergebe 8 von 10 Punkten (wegen der noch offenen Punkte).

  • An einem Buch von Joan Weng komme ich nicht vorbei.

    Das ist quasi eine Pflichtlektüre für mich - und ich habe mit diesen Büchern schon tolle Lesestunden erlebt.

    Deshalb habe ich mich auf "Amalientöchter" auch sehr gefreut.

    In diesem Buch geht es um Klara, eine junge Frau aus Weimar - die Geschichte spielt im Jahr 1918, der Krieg ist vorbei und Deutschland befindet sich im Umbruch.

    So auch Klara.

    Sie folgt ihrer großen Liebe Fritz nach Berlin.

    Beide sind voller Tatendrang, wollen die Welt verändern, Gutes tun, es herrscht Aufbruchstimmung.

    In die Liebesgeschichte um Klara und Fritz werden die politischen Veränderungen dieser Zeit gut mit eingebaut. Bei wem das Thema "Weimarer Republik" in der Schule also etwas zu kurz gekommen ist, der liegt hier richtig und kann vieles dazu erfahren.

    Klara entdeckt ihre schriftstellerischen Fähigkeiten und auch dadurch verändert und entwickelt sie sich weiter - was auch Auswirkungen auf ihre Beziehung zu Fritz hat.

    Zudem es nun auch noch einen Max gibt...………


    Mir hat das Buch gut gefallen, nicht so gut, wie die anderen Bücher von Joan Weng, aber insgesamt habe ich es gerne gelesen.

    Der Schreibstil war wieder sehr unterhaltsam.

    Ich vergebe diesmal 7 von 10 Punkten.

  • Joan Weng versteht es auf unnachahmliche Weise, ihre Leser in längst vergangene Zeiten zu entführen. Es ist dabei die an die damalige Zeit angepasste Sprache, die ihre Bücher zu einem ganz besonderen Lesevergnügen machen.


    In diesem Buch geht es primär um den Aufbruch in ein neues Kapitel der Weltgeschichte, die Gründung der Weimarer Republik. Doch es ist keineswegs nur die große Politik, die in diesem Roman angesprochen wird. Vielmehr begleiten wir Leser Klara, die ihrer großen Liebe Fritz nach Berlin folgt und dort das Leben fernab jeglichen Kleinbürgertums kennenlernt.


    Klaras Entwicklung hat mir sehr gut gefallen. Sie ist eine starke Frau mit einer ganz eigenen Meinung, die sie auch durchzusetzen weiß. Dabei eckt sie so manches Mal an, nicht nur bei ihrer Partnerin, mit der sie die erste Zeitung nur für Frauen herausgibt. Auch die Liebe zu Fritz bröckelt, schließlich entfremdet er sich immer mehr von Klara. Klara kommt in einen Gewissenszwiespalt, soll sie die Verlobung lösen und ihren heimlichen Gefühlen nachgehen? Das würde einen gesellschaftlichen Skandal hervorrufen. Oder soll sie lieber den für sie vorbestimmten Weg gehen und am Ende wohl ein unglückliches Leben führen? Trotz aller Moderne und Aufbruchstimmung ist sie dennoch in den gängigen Konventionen gefangen, das, was uns heute so selbstverständlich erscheint, war damals noch ein Bruch, der das eigene Fortkommen und den Platz in der Gesellschaft sofort zunichtemachen konnte. Wie Klara sich entscheidet und welchen Weg sie letztendlich einschlägt, dies zu lesen fand ich sehr spannend und gut erzählt.


    Es ist jedoch nicht bloß Klaras Entwicklung, die dieses Buch ausmacht, sondern auch die politische Entwicklung, die jede Menge Raum in dieser Geschichte bekommt. Gemeinsam mit Klara und Fritz erlebt der Leser den Spartakusaufstand und die Unruhen in der Hauptstadt, mit allen positiven wie negativen Seiten. Auch die Umstände der Verhandlungen in Weimar werden interessant dargestellt.


    Das Ende der Geschichte und auch der Bezug zur Verfassung der Weimarer Republik waren gelungen umgesetzt. Und gerne würde ich noch weiterlesen, wie es Klara ergeht… Die Figuren sind mir im Verlauf der Geschichte immer mehr ans Herz gewachsen und insbesondere mit Klara habe ich mitgefiebert und -gelitten. Schade, dass das Buch so rasch ausgelesen war (was mitunter auch mit dem großen Schriftbild zusammenhängen mag). Ich freue mich also jetzt schon auf das nächste Buch von Joan Weng! Für dieses hier vergebe ich gute 8 Eulenpunkte.