'Träume aus Samt' - Seiten 102 - 192

  • So, der zweite Abschnitt ist auch geschafft. So langsam kommt Zug in die Sache. Jetzt macht es auch wieder mehr Freude zu lesen. Schön finde ich, wie die Schwestern zueinander finden und ihren Kummer und ihre Gedanken teilen und sich gegenseitig helfen. Ruth hat Arbeit und Freundinnen gefunden und auch der Vater verdient mit seinem Besenverkauf. Es geht aufwärts.

  • Ja, dieser Abschnitt hat mir gut gefallen. Nicht nur Ruth findet Arbeit, auch ihr Vater. Das hat mich besonders gefreut, tut es Karl doch gut, wieder für die Familie Geld verdienen zu können.


    Ilse und Ruth kommen sich näher, das ist toll. Und Ruth lernt wieder Freundinnen kennen. Das sie sich bei Marcella wohl fühlt kann ich verstehen. So italienische Familien haben schon was.


    Und trotzdem liegt gerade bei den jüdischen Freunden auch immer die Sorge um die zurückgebliebenen in der Luft. Es wäre schön da was zu hören. Auch wenn das sicher keine schönen Nachrichten sein werden.

  • Man merkt richtig, wie sich die Stimmung schon geändert hat. Ich empfinde diese als wesentlich heller als im letzten Band, der in England gespielt hat. Dort war alles doch recht düster, es gab kaum Grund zur Freude. Das ist nun schon wirklich anders. Aber ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Familie Meyer der ganzen Sache noch nicht so ganz vertrauen kann.


    Aber es geht stetig weiter und schon bald haben sowohl Ruth als auch Karl eine neue Anstellung gefunden. Ich musste ein wenig Schmunzeln, dass kaum einer Karl haben wollte, weil sein Englisch so schlecht ist, aber nun aufgrund dessen gerade so erfolgreich ist. Es scheinen wirklich viele Migranten dort zu leben und wahrscheinlich fühlt man sich gleich unter seinesgleichen und vertraut Karl deswegen eher. Wie schön, solche Bestätigung braucht Karl auf jeden Fall. Man merkt, wie er darunter leidet, seinen Töchtern nicht mehr das Leben bezahlen zu können, was er sich immer für sie gewünscht hat. Das stelle ich mir auch sehr hart vor, vor allem weil Karl immer dafür hart gearbeitet hat und es nicht sein Verschulden ist, dass die Familie nun in einer solchen Situation ist.


    Aber auch Ruth hat eine tolle Anstellung gefunden und ich kann mir gut vorstellen, dass sie etwas aus der Näherei macht. Ich weiß noch nicht genau, welcher Weg es werden kann, aber man merkt wieder, wie Ruth das Nähen einfach liebt.

    Schön finde ich, wie die Schwestern zueinander finden und ihren Kummer und ihre Gedanken teilen und sich gegenseitig helfen.

    Die Beziehung zwischen den Beiden gefällt mir auch wirklich gut. Ich kann sie auch gut verstehen - die beiden teilen etwas, was sie mit kaum wem anders teilen. Wie schön, dass sie sich darauf auch besinnen können und sich gegenseitig unterstützen!

    Und trotzdem liegt gerade bei den jüdischen Freunden auch immer die Sorge um die zurückgebliebenen in der Luft. Es wäre schön da was zu hören. Auch wenn das sicher keine schönen Nachrichten sein werden.

    Da bin ich auch neugierig, aber ich fürchte auch, dass es denen nicht so gut ergehen wird...



    Ob es eigentlich ein Wiedersehen mit Kurt gibt, wenn er doch in der Nähe nun lebt?

  • Man merkt richtig, wie sich die Stimmung schon geändert hat. Ich empfinde diese als wesentlich heller als im letzten Band, der in England gespielt hat. Dort war alles doch recht düster, es gab kaum Grund zur Freude. Das ist nun schon wirklich anders. Aber ich kann sehr gut nachvollziehen, dass die Familie Meyer der ganzen Sache noch nicht so ganz vertrauen kann.

    Ganz genau. In England musste Ruth ja noch um ihre Familie kämpfen und befürchten, sie nicht aus Deutschland heraus zu bekomme. Nun sind sie wenigstens alle zusammen und können sich, auch wenn aller Anfang schwer ist, sich etwas aufbauen.

    Mit Karls Problemen mussten viele Auswanderer zurecht kommen, früher sah man eben den Mann als "Ernährer" der Familie, was aber gleichzeitig auch bedeutete, dass die Frauen ihnen ausgeliefert waren.

  • Diesen Abschnitt habe ich nun auch beendet und kann euch zustimmen.

    Schön, dass die Familie so gut zusammen hält. Das ist auch nicht selbstverständlich.

    Und dass beide, Ruth und Karl, einen Job gefunden haben, der zu ihnen passt. Was die Zukunft bringt wird sich zeigen.

    Aber ein Anfang ist gemacht............ :-)

  • Bin jetzt auch durch und Familie Meyer fängt an, sich einzugewöhnen. Karl verkauft nun Besen und damit ist sein Selbstwertgefühl erst mal gerettet. Auch Ruth hat einen Job und sie ist die Einzige, die Kontakte zu Menschen außerhalb der jüdischen Gemeinde aufbaut. Die Entwicklungen in Deutschland unterbinden auf Dauer den Kontakt zu den Daheimgebliebenen. Schlimm ist es, wenn man denn so gar nicht weiß, wie es den Verwandten und Bekannten nun geht.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Mit Karls Problemen mussten viele Auswanderer zurecht kommen, früher sah man eben den Mann als "Ernährer" der Familie, was aber gleichzeitig auch bedeutete, dass die Frauen ihnen ausgeliefert waren.

    Ja, da hast du Recht. Karl wird mit einer moderneren Welt konfrontiert und damit kommt er so gut wie gar nicht zurecht. Es ist sehr schade zu lesen, wie er in seinen (ver)alteten Ansichten gefangen ist. Auch seine rigorose Haltung bzgl. Schminken...

  • Nichts von der Familie in Deutschland zu erfahren, war in der Zeit sicher furchtbar. Aber wie sollten auch Nachrichten übermittelt werden? Und wenn man bedenkt, wie in Deutschland die Situation für die Juden war, kann man eigentlich auch fast froh sein, dies nicht konkret erfahren zu haben. Positiv wären die Nachrichten leider nicht.


    Von der Näherei war Ruth sicher nicht lange begeistert. Das brachte ein wenig Geld, aber ansonsten war es eine monotone Fließbandtätigkeit, bei der es vor allem um die Stückzahl ging.


    Aber die Meyers scheinen auf einem recht guten Weg. Traumatische Erinnerungen beeinflussen den Alltag, ansonsten hat jeder eine kleine Aufgabe.

  • Von der Näherei war Ruth sicher nicht lange begeistert. Das brachte ein wenig Geld, aber ansonsten war es eine monotone Fließbandtätigkeit, bei der es vor allem um die Stückzahl ging.

    Ja für Ruths kreativen Geist, der Näharbeiten liebt - und zwar von vorne bis hinten und auch immer das Gesamtstück im Blick hat und nicht nur einen Ärmel, stelle ich mir das auch noch monotoner vor.

    Aber sie macht das Beste aus der Situation. Dieser Kampfgeist ist wirklich bewundernswert.

  • Ich will ganz schnell weiterlesen!


    Mich freut, dass Ruth und Karl gleich eine Chance bekommen haben, arbeiten und damit Geld verdienen zu können. Auch schön, dass Karl, der früher schöne Schuhe an Geschäfte verkauft hat, jetzt auch bereit ist von Haustür zu Haustür zu ziehen, um Besen zu verkaufen. Er ist sich nicht zu fein. Ruth wird aus ihrer Näherei schon noch etwas machen und die Möglichkeit erhalten, andere Saxhenb zu nähen. Doch es ist ein Anfang und sie schließt Kontakte zu Gleichaltrigen ausserhalb der jüdischen Gemeinde.


    Bisschen geärgert hat mich schon, wie sorglos Martha einkaufen geht, weil Karl aber bestimmt auch nicht vorher mit ihr gesprochen hat über das Budget und die wirklich notwendigen Dingefestlegt. Marthas umgehendes Angebot, die Käufe rückgängig zu machen, hat mir gefallen und noch mehr, dass es Karl gelungen ist, den kurz später überzähligen Esstisch mit Gewinn wieder zu verkaufen. Die neuen Tische scheinen kaum Lieferzeit gehabt zu haben... Beim Tischkauf ist sie mir auch zu übereifrig, denn neben dem Küchentisch haben sie doch auch im Wohnzimmer noch einen Wohnzimmertisch (S.135) stehen und der geliebte Esstisch ist nur noch nicht wieder eingetroffen. Auch wenn es sich nur um einen Couchtisch im Wohnzimmer handeln sollte, allerdings hörte sich das für mich nicht so an. Es scheint sich zumindest um eine geräumige Wohnung zu handeln, wenn Platz für so viele Möbel ist.

    Manche Bücher müssen gekostet werden, manche verschlingt man, und nur einige wenige kaut man und verdaut sie ganz.
    (Tintenherz - Cornelia Funke)

  • Die Familie ist in Chicago angekommen und richtet sich ein. Dabei kommen natürlich viele Erinnerungen hoch und ich stelle mir vor, dass es nicht einfach ist, denn die Sorge um die Zurückgebliebenen kann man ja nicht abschütteln.


    Ilse und Ruth teilen sich ein Zimmer und nähern sich auch sonst an. Man spürt auch, dass Ruth schon so viel Verantwortung tragen musste und Ilse dagegen immer behütet wurde als die Kleine. Sie ist oft so unbedarft.


    Karl findet eine Arbeit als Vertreter für Besen, obwohl er ja noch Schwierigkeiten mit der Sprache hat. Aber er ist ein Verkäufer durch und durch, der wird das schaffen. Aber er hat auch viel von seinem Selbstvertrauen verloren. Er möchte seiner Familie alles bieten, doch das wird kaum möglich sein.


    Auch Ruth findet eine Arbeit. Es ist schade, dass sie nicht die Möglichkeit hat, einen Schulabschluss zu erwerben. Sie hadert oft mit sich und hat natürlich auch Ängste. Doch alle gehen davon aus, dass sie so stark ist. Aber man hat ihr ja nie eine Wahl gelassen. Zum Glück wird sie bei der Arbeit freundlich aufgenommen. Marcella ist ziemlich offen, doch ich glaube nicht, dass sie wirklich eine Freundin für Ruth sein könnte, der Ruth alles anvertrauen kann. Ich sehe sie eher als freundliche Arbeitskollegin. Ich glaube auch kaum, dass Ruth auf Dauer mit der Arbeit, die doch sehr einseitig ist, glücklich wird.

  • Und trotzdem liegt gerade bei den jüdischen Freunden auch immer die Sorge um die zurückgebliebenen in der Luft.

    Das ist schrecklich, nicht zu wissen, was mit den Lieben ist. Sie stellen sich wahrscheinlich immer das Schlimmste vor und hoffen, dass es doch anders ist.

    Aber auch Ruth hat eine tolle Anstellung gefunden und ich kann mir gut vorstellen, dass sie etwas aus der Näherei macht.

    Ich finde nicht, dass es eine tolle Stelle ist und sie wird Ruth bestimmt nicht zufrieden machen. Solche Fließbandarbeit ist öde und dennoch anstrengend, denn es muss immer schneller gehen und Stückzahlen höher. Aber die Familie ist wohl auch auf den Verdienst von Ruth angewiesen. Sie hat keine Wahl.

    Karl wird mit einer moderneren Welt konfrontiert und damit kommt er so gut wie gar nicht zurecht. Es ist sehr schade zu lesen, wie er in seinen (ver)alteten Ansichten gefangen ist. Auch seine rigorose Haltung bzgl. Schminken...

    Ich glaube, dass sein Selbstwertgefühl so gelitten hat, dass er auf seine Weise zeigen muss, dass er der Herr im Haus ist.

    Bisschen geärgert hat mich schon, wie sorglos Martha einkaufen geht, weil Karl aber bestimmt auch nicht vorher mit ihr gesprochen hat über das Budget und die wirklich notwendigen Dingefestlegt.

    Martha hat gehandelt, wie sie immer gehandelt hat. Nur früher mussten sie nicht rechnen. Ich vermute auch, dass Karl über die wirklichen finanziellen Verhältnisse nicht geredet hat. Aber das hätte er seiner Familie gegenüber tun sollen. Aber Martha hat auch wenig Fingerspitzengefühl gezeigt.

  • Ich glaube nicht, dass Karl so wirklich über die finanzielle Lage der Familie gesprochen hat. Normalerweise hat sich damals ja der Mann gekümmert und es war ihm sicher unangenehm, dass das Geld nicht mehr so da war.

  • Ich glaube nicht, dass Karl so wirklich über die finanzielle Lage der Familie gesprochen hat. Normalerweise hat sich damals ja der Mann gekümmert und es war ihm sicher unangenehm, dass das Geld nicht mehr so da war.

    Das denke ich auch.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln

  • Bisschen geärgert hat mich schon, wie sorglos Martha einkaufen geht, weil Karl aber bestimmt auch nicht vorher mit ihr gesprochen hat über das Budget und die wirklich notwendigen Dingefestlegt.

    Ich kann es ihr schwer verübeln. Es ist eine alte Gewohnheit von ihr und außerdem ist sie nun in Amerika... Ich persönlich hatte die paar Male, die ich dort war, auch das Gefühl von "Ach, was kostet die Welt...?!". Es wird wesentlich sorgloser mit Geld umgegangen, als ich das von zu Hause gewöhnt bin. Auch auf der Hochzeit, auf der ich mal war, war das durchweg so. "Ach, das ist nicht so teuer!" wird oft gesagt und man bezahlt dann aber einen dreistelligen Betrag oder es wird einfach nicht darüber geredet, wer die Kosten eigentlich übernimmt. Das war damals sicherlich nicht viel anders.


    Ich finde nicht, dass es eine tolle Stelle ist und sie wird Ruth bestimmt nicht zufrieden machen.

    Die aktuelle Stelle ist vielleicht nicht das Beste für Ruth, aber vielleicht schafft sie es, sich hochzuarbeiten, wenn man sieht, welches Talent in ihr schlummert. Und sie lernt doch Dinge, die ihr später helfen?

    Aber an sich ist es eine tolle Sache, wo sie gerne näht und mit Stoffen zu tun hat. Es hat Potential.

  • Die Familie lebt sich so langsam in Chicago ein. Alles ist neu, ungewohnt, die Sprache muss erst noch gelernt werden. Hinzu kommt, dass man nicht mehr wohlhabend ist, so wie man es aus Deutschland gewohnt war. Ganz schön schwer.


    Zum Glück finden Ruth und ihr Vater schnell Arbeit - das fand ich wirklich erstaunlich, zumal Karl ja noch nicht gut Englisch spricht. Interessant, dass dieser Nachteil später geradezu ein Vorteil ist, und er als Vertreter richtig erfolgreich ist.


    Ich glaube nicht, dass Ruth in diesem Job auf Dauer glücklich wird - ihre Tätigkeit ist zu eintönig, das wird ihr sicher bald langweilig werden . Aber vielleicht erkennt jemand, dass sie gut mit Stoffen umgehen und nähen kann, und sie bekommt eine anspruchsvollere Arbeit - ich würde es ihr wünschen.


    Immerhin findet sie in der Fabrik schnell Anschluss und knüpft ein paar - wenn auch eher oberflächliche - Freundschaften.


    Das Verhältnis zu ihrer Schwester Ilse wird sehr vertraut - das finde ich sehr schön. So können sich die beiden gegenseitig etwas Halt geben, denn auch wenn die ersten Schritte gemacht sind, ist so ein Neuanfang in einem fremden Land sicher nicht einfach,.

  • Martha hat gehandelt, wie sie immer gehandelt hat. Nur früher mussten sie nicht rechnen. Ich vermute auch, dass Karl über die wirklichen finanziellen Verhältnisse nicht geredet hat. Aber das hätte er seiner Familie gegenüber tun sollen. Aber Martha hat auch wenig Fingerspitzengefühl gezeigt.

    Ich fand Marthas Einkäufe auch ziemlich gedankenlos. Zwar kann ich mir vorstellen, dass Karl sich nicht näher zur finanziellen Situation der Familie ausgelassen hat, aber ich denke, es hätte Martha klar sein müssen, dass sie nicht mehr so wohlhabend sind wie in Deutschland, und sie hätte schon von sich aus ansprechen sollen, was sie sich leisten können, bevor sie irgendwelche Einkäufe tätigt.

  • Ich denke Martha war einfach mal froh, dass sie einfach in einen Laden gehen konnte und etwas kaufen. In Deutschland ging das ja schon lange nicht mehr... Das war für sie sicher auch eine Bestätigung, dass jetzt alles wieder besser und normaler werden wird. Geld war früher nie ein Thema und ich glaube nicht, dass Karl seine Familie mit Geldsorgen belasten wollte.


    Man muss da auch mal in Betracht ziehen, dass das Finanzielle damals einfach Männersache war.

  • Angekommen, festgestellt das vieles anders ist, Sprachbarrieren zu überwinden sind und…. Martha macht genau da weiter, wo sie aufgehört hat. Sie ist „Madam“ und dekoriert die Wohnung, natürlich nicht mit dem Material, was ihr zur Verfügung steht sondern: sie geht einkaufen und gibt somit nicht mehr vorhandenes Geld aus. Ob ihr gar nicht bewusst ist, das sie nicht mehr „in Geld schwimmt“? Die Reisen nach England und in die USA, die Kosten für den Transport der Möbel, die Zahlungen an die Betrüger, all das hat doch gekostet….


    Jetzt fehlt nur noch, das Karl und Ruth ihren Job bekommen und auch behalten können. Bei Karl hab ich so meine Bedenken....