Mein Leben ohne Gestern - Lisa Genova

  • OT: Still Alice
    übersetzt von Veronika Dünninger


    Kurzbeschreibung
    Alice ist zufrieden mit sich und ihrem Leben. Sie ist glücklich verheiratet, ihre drei Kinder sind bereits aus dem Gröbsten raus, und auch beruflich hat sie ihren Traum verwirklichen können. Als Professorin für kognitive Psychologie ist sie eine anerkannte Größe in Harvard. Doch plötzlich beginnt sie, die immer so zuverlässig war, Termine zu vergessen, sie verlegt ihre Sachen, und beim Joggen weiß sie auf einmal nicht mehr, wie sie nach Hause kommt. Obwohl sie nur wenige Blocks weit gelaufen ist. Ein beängstigender Verdacht schleicht sich in ihr Leben: Ein Hirntumor? Alice rechnet mit dem Schlimmsten. Als sie erfährt, dass sie an einer frühzeitigen Form von Alzheimer leidet, kann sie es zunächst gar nicht glauben. Sie ist doch erst fünfzig! Machtlos muss sie dabei zusehen, wie ihre Erinnerungen ihr mehr und mehr entgleiten...
    Eine ergreifende Geschichte einer Frau in den besten Jahren, die ihr eigenes und wohl vertrautes Leben schwinden sieht. Mein Leben ohne Gestern ist ein schmerzliches Porträt und ein Buch, das Sie nicht vergessen werden. Lisa Genova zeigt uns: Wenn die Gedächtnisleistung nachlässt, bleiben immer noch die Gefühle.


    Über die Autorin (lt. Verlag)
    Nach ihrem Psychologiestudium hat Lisa Genova an der Universität Harvard in Neurowissenschaft promoviert. „Mein Leben ohne Gestern“, zunächst im Eigenverlag veröffentlicht, hat sich inzwischen zu einem internationalen Bestseller entwickelt, stand lange auf der New-York-Times-Bestsellerliste und wurde von Lesern und Rezensenten begeistert aufgenommen. Die Autorin schreibt bereits an ihrem zweiten Roman.


    Meine Meinung
    Über zwei Jahre verfolgt der Leser in Episoden das Leben der 50-jährigen Alice Howland, Professorin für kognitive Psychologie an der Harvard-Universität.
    Alice kann auf eine geglückte Karriere auf dem Gebiet der Psycholinguistik zurückblicken, ihr geliebter Ehemann John hat ebenfalls eine beeindruckende wissenschaftliche Laufbahn vorzuweisen. Die drei erwachsenen Kinder Anna, Tom und Lydia sind erfolgreich ins Leben gestartet, auch wenn Alice mit Lydias Berufswunsch, Schauspielerin zu werden, nicht ganz glücklich ist.


    Im September 2003 fällt Alice erstmals auf, dass sie zunehmend unter Vergesslichkeit leidet. Immer häufiger verlegt sie Dinge, vergisst einen Termin mit ihrem Doktoranden und in der Vorlesung will ihr partout ein bestimmtes Wort nicht einfallen. Alice führt diese Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen auf Stress und ihre Wechseljahre zurück.
    Als sie jedoch eines Tages auf ihrem üblichen Heimweg plötzlich nicht mehr weiß, wie sie nach Hause kommen soll, beschließt Alice, sich untersuchen zu lassen. Nach zahlreichen Tests erhält sie im Januar 2004 eine schockierende Diagnose: sie leidet an der früh einsetzenden Alzheimer-Krankheit.


    Alice lässt sich zunächst allerlei Tricks einfallen, um ihre „Ausfälle“ zu kaschieren. Doch mit Fortschreiten der Erkrankung kann sie keine Vorlesungen mehr halten, kann nicht mehr reisen und muss ihren Lehrstuhl in Harvard aufgeben.


    Lisa Genova beschreibt auf sehr einfühlsame Weise, was sich in Alices Gedanken- und Gefühlswelt abspielt, sowohl zu Beginn ihrer Erkrankung als auch mit fortschreitendem Verlust ihres Gedächtnisses.
    Nachdem zuerst vor allem das Kurzzeitgedächtnis betroffen ist und Alice alles in ihrem Blackberry vermerkt, erlebt man mit, wie schmerzhaft es für Alice ist, nach und nach auch alte, lieb gewonnene und wertvolle Erinnerungen zu verlieren.


    Sehr beeindruckend schildert die Autorin nicht nur die Verluste und die Entfremdung, sondern auch „Gewinne“, die erhöhte Sensibilität Alices für das Ungesagte und die unausgesprochenen Gefühle.
    Nicht zuletzt gelingt es Lisa Genova die schwere Belastung, die diese Erkrankung auch für die Familie bedeutet, beeindruckend deutlich zu machen. Dabei sind ihre Schilderungen klar, ausdrucksstark, aber ohne Pathos.


    Lisa Genova gewährt in ihrem Roman einen Einblick in das nicht leichte Leben eines Alzheimer-Patienten, in dem das Gestern verschwindet und das Morgen unsicher wird. Trotzdem und gerade deswegen benötigen diese Menschen Empathie, denn die Gefühle bleiben – oder wie Alice am Schluss sagt: „Ich fühle Liebe.“


    10 Punkte von mir.

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Endlich eine Rezi :anbet Ich danke! Leider hat sie nicht - wie ich gehofft hatte - zur Vertreibung des Buches von meiner Wunschliste geführt, im Gegenteil ist es darauf sogar noch gestiegen :rolleyes. Mir bleibt aber auch keine Ausgabe erspart. Es freut mich, dass du ihm 10 Punkte gegeben hast!

  • Endlich mal ein Buch das nicht auf die WL muss, denn ich habe es letzte Woche schon bestellt :lache
    Vielen Dank Sigrid für die tolle Rezi :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Vielen Dank für diese schöne Rezi, mal wieder ein Buch, das nicht lange auf der Wunschliste bleiben wird, da meine aktuelle Sterbebegleitung ja auch an M. Alzheimer erkrankt ist...

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Das Buch habe ich leider abgebrochen.


    Diese Anhäufung von hochintelligenten Personen, die alle einen tollen Job haben und ein kulturelles Leben führen, hat mich doch sehr gestört.


    Das Thema "Gedächtnisverlust" interessiert mich aber schon.


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

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  • Danke, Caia, für den Tipp - das Buch werde ich mir dann mal vormerken. Die Bücherei hat es sicher :-)


    :wave

    Jeder trägt die Vergangenheit in sich eingeschlossen wie die Seiten eines Buches, das er auswendig kennt und von dem seine Freunde nur den Titel lesen können.
    Virginia Woolf

  • Meine Rezension
    Alice und ihr Mann sind beide Professoren in Harvard, ihre drei Kinder inzwischen erwachsen. Ihr Leben ist voll ausgefüllt mit Terminen, Reisen, Vorträgen. Doch eines Tages bemerkt sie an sich selbst schleichende Veränderungen: mal vergisst sie einen Termin, dann wieder wollen ihr Worte nicht einfallen. Zuerst erklärt sie sich das mit ihrem stressigen Alltag und den vermutlich nahenden Wechseljahren. Doch als sie eines Tages beim Joggen keine fünf Ecken von ihrem Zuhause plötzlich völlig desorientiert ist, beschließt sie, der Sache auf den Grund zu gehen.


    Nach einigen Untersuchungen erhält sie die vernichtende Diagnose einer frühen Alzheimererkrankung und sie muß sich der Tatsache stellen, dass es von nun an eigentlich nur noch abwärts gehen kann mit ihr. Als sie ihrem Mann von ihrer Diagnose erzählt, will dieser es zuerst nicht wahrhaben, die Erkenntnis muß erst noch sickern. Noch schlimmer ist: die Veranlagung zu dieser Form der Alzheimerkrankheit könnte sie auch noch unwissentlich an ihre drei Kinder vererbt haben.


    Hier kommen wir auch zu der einzigen, für mich ein wenig unglaubwürdigen Passage des Buches: Alices Ehemann John ist Biologe. Doch auch, wenn er sich dadurch vielleicht besser in „menschlichen Dingen“ auskennt als Otto Normalverbraucher fand ich hier sein Engagement und sein Wissen (selbst wenn er es sich in kürzester Zeit angelesen haben sollte) ein wenig überzogen dargestellt. Hier hätte mich die Reaktion eines „normal verängstigten Otto Normalverbrauchers“ mehr überzeugt.


    Dennoch hat mich das Buch restlos begeistert. Man ist als Augenzeuge dabei, wie Alice ihr Leben und ihr Wissen immer mehr entgleitet. Dabei hat sie gute und schlechte Tage und das Schlimme an der Krankheit ist: Ihr ist in manchen Dingen sehr wohl bewusst, was sie Tag für Tag an Leben verliert.


    Ihr Mann ist ihr dabei auf der einen Seite zwar schon eine große Hilfe, auf der anderen ist er aber eben noch immer als angesehener Professor in Harvard tätig, der auch zu Kongressen reisen muß und viel Zeit in seinem Labor verbringt, das an manchen Tagen sicher auch zu seiner Fluchtburg geworden ist.


    Die Autorin beschreibt die Entwicklung Alices von einer renommierten Professorin zu einer hilflosen, kranken Frau sehr einfühlsam und kenntnisreich. Dabei schildert sie beeindruckend die zunehmenden Erinnerungsverluste, die erst nur das Kurzzeitgedächtnis betreffen, später aber immer mehr Erinnerungen betreffen – selbst solche an die Familie, von denen man eigentlich glaubt und hofft, diese wären für immer und ewig in einem abgespeichert.


    Man spürt auch die Belastung, die durch Alices Krankheit für die ganze Familie einhergeht – so ist es mit zunehmendem Fortschreiten der Krankheit immer mehr nötig, Alice rund um die Uhr zu beaufsichtigen, da sie sonst in ihren sprunghaften Gedankengängen das ganze Haus auf den Kopf stellt.


    Sehr schön und berührend geschrieben, ohne dabei weinerlich zu sein. Ein wundervolles Buch, das ich sehr gerne gelesen habe. Volle Punktzahl!

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Mein Leben ohne Gestern hat mich sehr berührt.


    Die Entwicklung von Alice Krankheit wird sehr anschaulich beschrieben und man fühlt mit ihr von den ersten, harmlosen Gedächtnislücken bis zum Fortschreiten der Krankheit. Alices Gedanken und Gefühle (an guten und an schlechten) werden überzeugend dargestellt und viele Verhaltensweisen von an Alzheimer Erkrankten werden ein wenig nachvollziehbarer.


    Aber auch wie ihre Angehörigen mit ihrer Krankheit umgehen fand ich überzeugend.
    Mit Ehemann John ging es mir ähnlich wie Batcat, sein Fachwissen fand ich überzogen.
    Das waren überhaupt die wenigen Stellen im Buch, die mir nicht so sehr gefallen haben: wo die diversen Tests und Medikamente allzu wissenschaftlich dargestellt wurden. Da dies aber immer nur kurze Passagen waren, fällt dieser Punkt kaum ins Gewicht...


    Alles in allem: ein lesenswertes Buch!

  • Alice ist eine hochgeschätzte Professorin in Harvard, knapp über fünfzig und glücklich verheiratet. Obwohl sie und ihr Mann voll in ihre Berufe eingespannt sind und ihr stressiger Alltag nur wenig Zeit für gemeinsame Unternehmungen lässt, sind beide mit ihrem Leben zufrieden.


    Doch plötzlich beginnt Alice wichtige Termine und Namen ihr seit Jahren bekannten Menschen zu vergessen. Sie verlegt Dinge und wiederholt Sätze, die sie nur Minuten zuvor sagte. Anfangs schiebt sie diese Aussetzer auf den Stress, den ihr Beruf mit sich bringt. Doch als sie eines Tages beim Joggen die Orientierung verliert und nicht nach Hause findet, beschließt sie, einen Arzt aufzusuchen. Die Diagnose ist niederschmetternd: Sie leidet an der früheinsetzenden Alzheimerkrankheit.


    Wer Mein Leben ohne Gestern liest, dem ist klar: Das wird keine leichte Lektüre. Dennoch ist man geschockt von der Wucht, mit der die Diagnose Alzheimer in das Leben der Betroffenen einschlägt. Alzheimer ist eine Krankheit, über die sich die wenigsten jungen Menschen Gedanken machen. Dieses Buch rüttelt auf und zeigt, dass sich die Gefährdung zu erkranken nicht am Alter festmachen lässt.


    Gleichermaßen sachlich und packend, distanziert und berührend schildert die Autorin das Leben einer Frau, das sich nach und nach in Luft auflöst. Immer präsent ist die Frage, was übrig bleibt, wenn man die Namen seiner Kinder vergisst und die emotionalsten, wichtigsten Episoden im Leben einfach ausgelöscht werden. Kann ein Mensch ausschließlich im Hier und Jetzt leben? Kann ein Mensch ohne seine Erinnerungen, ohne seine Vergangenheit leben?


    Eindringlich wird Alice Hilflosigkeit gegenüber dem Vergessen geschildert. In ihrem Gehirn schreitet ein Prozess voran, den nichts und niemand aufhalten kann, und die Panik, die sie deshalb empfindet, wird dermaßen drastisch beschrieben, dass ich das Buch immer wieder zur Seite legen musste, um die Dramatik ganz erfassen zu können.


    Und dennoch ist es nicht die Dramatik, die dieses Buch größtenteils ausmacht, sondern die Hoffnung, die Alice empfindet. Wenn einem die Erinnerungen entgleiten, so bleibt immer noch die Familie, die auch in Alice Fall immer hinter ihr stand. Ihre Kinder und ihr Ehemann unterstützen sie von Anfang an und liebten sich auch dann, wenn Alice sie nicht erkannte.


    Mein Leben ohne Gestern ist ein sehr emotionales Buch, das zeigt, dass man trotz der Diagnose Alzheimer, so furchtbar diese auch ist, sein Leben weiterführen kann. Zwar stellt die Krankheit eine 180 Grad Wende im Leben des Betroffenen dar, dennoch kann man im Hier und Jetzt weiterleben. Man verliert zwar seine Vergangenheit, die Gegenwart und Zukunft aber können einem nicht genommen werden.

    "I think too much. I think ahead. I think behind. I think sideways. I think it all. If it exists, I’ve fucking thought of it.''
    — Winona Ryder


  • Ein fantastisches Buch, das ich aber nach dem Lesen wieder leichten Herzens weitergegeben habe, muss ich gestehen. Die Geschichte wog einfach zu schwer und ging mit einfach viel zu nahe. Im Moment mag ich mir über solche "Was wäre, wenn"-Fragen einfach keine Gedanken machen. Nichtsdestotrotz ein Buch, das seinesgleichen sucht. [SIZE=7]Aber für eine grüblerische und eher pessimistische Seele wie mich doch eben an manchen Stellen zu traurig, zu schwer und viel zu nahegehend...da braucht man schon gute Nerven und Optimismus...[/SIZE]

  • Vielen Dank für die zutreffenden Rezensionen.


    Dieses Buch ist eins meiner Highlights in diesem Jahr.
    Ich fand es unglaublich gut beschrieben, welche Ängste bei der Erkrankten wie auch der Familie entstehen, wie unterschiedlich die Reaktionen auf diese Krankheit sind, z.B. vom Aktionismus des Ehemannes bis zu dessen Hilflosigkeit, wie sich die Einstellung der Erkrankten zum Leben ändert, ach, einfach alles fand ich wirklich richtig gut geschrieben.

  • Habe dieses Buch gestern (Sonntag ;-)) in einem Rutsch durchgelesen. Ich konnte es einfach nicht zur Seite legen...... so ein tolles Buch!!
    Zum Inhalt brauch' ich hier ja nichts weiter zu sagen, ist schon mehrfach geschehen....
    Es ist ein absolut lesenswertes Buch, das mich wirklich sehr stark berührt hat. Diese Mischung aus Tagebuch und Sachbuch hat es absolut ausgemacht. Zu keiner Zeit war die Geschichte um Alice kitschig oder rührselig geschrieben. Gerade das hat mir zeitweise fast den Atem genommen..... und im letzten Drittel saß ich einige Male in Tränen aufgelöst auf meiner Couch.....


    Im Normalfall mache ich um solche Bücher eher einen Bogen, weil ich immer die Befürchtung habe, sie nicht ertragen zu können.
    Ich muss auch zugeben, nachdem ich das Buch gestern Abend beendet hatte, bin ich in Gedanken erstmal meine Familie und die meines Mannes durchgegangen, um nach Fällen von Alzheimer zu forschen...... so sehr war ich berührt durch dieses Buch und natürlich durch die unvergleichliche Schreibweise von Lisa Genova. Ihre meist sehr schlichten Worte (von einiger Fachtermina mal abgesehen) sind ein wunderbarer Weg gewesen, das Leben einer Alzheimerpatientin und ihrer Familie sehr authentisch darzustellen.
    Ich empfand das Buch auch überhaupt nicht als 'Nabelschau', nur weil es um eine akademische Familie und deren logischerweise meist akademischen Freunde und Bekannte geht. Denke, das war auch nicht das, was die Autorin vermitteln wollte. Wichtig ist wohl der extreme Kontrast zwischen einer Protagonistin, die zwar hochgebildet ist

    aber damit oder gerade deshalb keinesfalls verschont wird von dieser noch unheilbaren Krankheit.


    Von mir gibts auf jeden Fall 10 Pkt. für dieses Buch.

  • Ich habe dieses Buch innerhalb von 2 Tagen durchgelesen und bin absolut beeindruckt.


    Doch zunächst zu einem kleinen Minus-Punkt: Das Leben als Wissenschaftler wird teilweise etwas verzerrt dargestellt meiner Meinung nach: Kein Laborleiter geht selbst ins Labor so wie Alice' Ehemann John. Und in einer Prüfungskommission zu sitzen ist noch nix, die meisten Profs sitzen in Dutzenden Disputationen als Gutachter. Und auch aktiv betreuen tun Laborleiter oder Profs mehrere Doktoranden. Hinzu kamen andere kleine Unstimmigkeiten. Und teilweise waren die Fachbegriffe falsch (übersetzt), am schlimmsten fand ich "Krebszellenbiologe" - das klingt schon fast wie eine Beleidigung. Wenn mich einer mal so nennen würde... :fetch


    Das schmälert allerdings nicht das Lesevergnügen, wenn man es denn so nennen kann. Sämtliche Reaktionen der Personen erscheinen glaubwürdig und es ist absolut nicht überzogen, wieviel Fachkenntnis John für die Krankheit seiner Frau an den Tag legt (wie hier von einigen vermerkt wurde). Dieses Wissen könnte ich mir als "Krebszellenbiologin" ebenfalls aneignen und ich bin nur Doktorandin, er ein bereits renommierter Forscher. Und alle Biologen, die ich kenne, würden genauso wie John sich sofort alles an Wissen aneignen, was es gibt. Das hilft einem, das Unfassbare zu begreifen. Man hat zu seiner Arbeit immer eine emotionale Distanz und vielleicht hat er dadurch das Gefühl, es nüchterner betrachten zu können, es dann nicht mehr so emotional betrachten zu MÜSSEN.


    Am beeindruckendsten fand ich die Beschreibungen der Vorgänge, die mit fortschreiten der Krankheit immer ungenauer und undurchsichtiger wurden, so wie Alice sie eben erlebt haben muss.
    Man sieht alles durch ihre Augen, kann sich aber trotzdem ein fast objektives Bild machen und genau das macht das Buch so erschreckend. In Alice' Welt bemerkt sie zwar ihren eigenen Verfall, aber dadurch ist sie eben auch nicht mehr so beunruhigt wie es ein gesunder Mensch wäre und der Leser kriegt quasi nebenher einen kleinen Blick in die Abgünde der Krankheit, die dann umso schockierender sind.


    Ein absolut gelungenes Buch, gerade durch die Perspektive und die Erzählweise. Selten auf gerade mal 300 Seiten so viel Inhalt gesehen. Volle Punktzahl!

  • Das Buch ist als TB erhältlich und ich habe es mir heute gekauft und gleich angelesen.


    Juliette - Es gibt durchaus Laborleiter, die selbst ins Labor gehen, wenn sie an einer interessanten Sache dran sind (die Routinearbeiten erledigen natürlich andere) und es gibt auch Laborleiter in Prüfungskommissionen und das gar nicht so selten. Ich kenne einige davon und das nicht nur an unserer Uni. :wave