Jean-Luc Bannalec - Bretonische Verhältnisse

  • Also, das war ja jetzt mal ein doofes Buch! Und dabei fing es so gut an.
    "... die Luft war sehr warm (....) und dabei ganz luzid; die Dinge besassen eine klare, scharfe Gegenwart"
    Jo, dachte ich mir, genauso ist das in der Bretagne. Aber was dann kam, war leider nur ein sehr, sehr mittelmaessiger Regionalkrimi, weshalb ich uebrigens ueberzeugt bin, dass der Autor Deutscher ist, zu sehr laeuft die Geschichte nach Schema F:


    Zuerst braucht's also einen kauzigen Kommissar, Dupin. Der ist irgendwie eine Mischung aus Kluftinger, Maigret und Gustl Bayrhammer als Oberinspektor Veigl. Und dem nimmt man den Kommissar leider so gar nicht ab, eher wirkt er wie der garstige Hausmeister einer kleinstaedtischen Mittelschule. "Er musste den Moerder finden. Schnell" Na, das ist doch mal eine Berufseinstellung!
    Ansonsten ist das Personal weitestgehend gesichtslos, oberflaechlich, so bretonisch wie mein vietnamesischer Gemuesemann.


    Naechster Punkt, Lokalkolorit. Was faellt einem da zum Thema Bretagne ein? Klar, das Wetter, Fischerboote und Austern, Oceanopolis und Mt St Michel. Bis auf letztere (ich nehme mal an, der kommt in einem spaeteren Band) durften denn auch all diese Zutaten ausgiebig mitspielen, das liest sich so authentisch wie die Werbebroschuere des Office du Tourisme der Finistere. Es wurde dadurch nicht glaubwuerdiger, dass der Kommissar staendig cafe statt schnoedem Kaffee trank. Und ein "kauziger Bretone" ist mir ueberhaupt nicht begegnet.


    Bleibt ein ortstypischer Plot. Die Idee war ja ganz huebsch, aber leider viel zu einfach gestrickt, um mich ueber die 300 Seiten des Romans bei der Stange zu halten. Und auch hier wieder nichts als Kulissen, das Ganze haette genauso gut in Worbswede spielen koennen.


    Sprachlich ist das Ganze einfach nur langweilig und die Dialoge haben diesen Namen nicht verdient. Kurz: ein ziemlicher Reinfall, das ;-(

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Oh, danke fuer den link, diese Diskussion ging ja voellig an mir vorueber.


    Ich las nur im Klappentext von einem deutsch-franzoesischen Autor und mir erschien die ganze Machart eben eher deutsch als franzoesisch, typisch deutscher Regionalkrimi eben. Und kein Bretone wuerde so ueber die Bretagne schreiben.


    Allerdings fuehle ich mich ein wenig verarscht: bretonischer Name, bretonische Biographie und dann kriege ich deutsche Regionalkrimi-Massenware. :fetch

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Das Buch ist für mich ein wunderbarer Sommer-Schmöker, der einen das Flair der Bretagne spüren lässt. Die Krimihandlung kommt allerdings erst nach und nach in Fahrt, was das Leseerlebnis jedoch keineswegs mindert.


    Kommissar Dupin ist ein Meister seines Fachs, er erinnerte mich zuweilen ein wenig an Kommissar Columbo, dem kurz vor Schluss doch noch der entscheidende Einfall kommt.


    Ich hatte anfangs etwas Probleme, die ganzen Namen auseinander zu halten, das hat sich aber schnell gegeben. Je weiter ich voran kam, umso mehr Lust hatte ich an der Geschichte. Insbesondere der Bezug zur Bretagne und die in Pont Aven beheimateten Künstler war interessant herausgearbeitet.


    Mir hat das Lesen großen Spaß gemacht, ich habe eine kurze Reise in die Bretagne unternommen. Für mich ein guter Einstand - ich geb daher 8 Punkte. :-)

  • Eigentlich wollte ich diesen Krimi gleich lesen, als ich auch nur den Titel las. Habe schon lange nichts mehr gesehen, was in der Bretagne spielt. Und da ich die Gegend liebe und dort mal ein Jahr gelebt habe, sollte es doch ein leichtes sein mich von einem Regionalkrimi begeistern zu lassen. Dann kamen die ersten zweifelnden Stimmen und die Diskussion um die Identität des Autors verwirrte mich zunehmend. Meine Leselust nahm ab.


    Doch dann hat mir eine liebe Seele ein unwiderstehliches Angebot gemacht und ein Exemplar auf den Weg nach Kanada geschickt. Und ich gelobte mir ganz unvoreingenommen an das Buch heranzugehen und vor allem der Geschichte erstmal eine Chance zu geben.


    Leider war jedes Wohlwollen gleich nach den ersten Seiten schon verspielt. Die ausführlichen Landschaftsbeschreibungen lesen sich einfach wie ein touristischer Werbeprospekt für die Bretagne und nicht mehr. Alle Klischees, die man sich denken kann, werden hier aufgeführt. Aber die eigentliche bretonische Stimmung kam gar nicht wirklich durch. Wie auch andere Kritiker anmerkten, ist von grantelnden, abweisenden Bretonen, wie sie im Buch vorwiegend beschrieben werden, in der Wirklichkeit nicht viel zu sehen. Ich hab selten gastfreundlichere und liebenswürdigere Menschen kennen gelernt. Und war mehr als froh, dass ich nach einem Sommer an der Sorbonne zur Université de Haute Bretagne wechseln konnte!!!!


    Manche Leser fühlen sich durch die vielen französisch-bretonischen Namen verwirrt. Ich war eher irritiert, da sie sich für mich eigentlich gar nicht bretonisch anhörten, im Gegenteil, ich vermisste regelrecht die typisch bretonischen Namen, an die ich mich über die Jahre so gewöhnt hatte. Der Autor hat statt dessen diese merkwürdige Eigenart nicht nur sein Pseudonym sondern auch einige seiner Figuren mit Ortsnamen zu belegen - bei Locmariaquer gruselte es mich jedes Mal :yikes Da ist es wohl kein Wunder, dass auch Dupin nie Lust hatte mit seinem Boss zu reden .....


    Aber davon ganz abgesehen, hat mich der Krimi als solcher nicht überzeugen können. Die erste Hälfte verlief so schleppend, dass ich wiederholt ans Abbrechen dachte. Es passiert nichts, die Ermittlungen bestehen aus nicht viel mehr als langweiligen Gesprächen, die ich kaum Verhöre zu nennen wage.


    Ich konnte auch nie wirklich mit dem Protagonisten warm werden. Kommissar Dupin bleibt eine eher leblose Figur für mich, konnte nie wirklich verstehen, warum er so im Alleingang unterwegs ist - beruflich wie privat.


    Erst als nach gut 150 Seiten (das halbe Buch ist schon durch!!!) eine Kunstexpertin als neue Figur auftritt, gewinnt der Plot mehr Fahrt und wird interessanter. Der Kunsthintergrund rund um Gauguin und die Schule von Pont Aven war letztlich das einzige, was ich an dem ganzen Buch wirklich interessant finden konnte. Ich bin übrigens bei meinem ersten Besuch im Musée d'Orsay 1987, nur wenige Monate nach der Eröffnung, zum Gauguin Fan geworden :-]


    Übrigens ist die ganze Diskussion um die Identität des Autors nun auch in der Bretagne angelangt. Hier ist ein kurzer Artikel zu lesen, bei dem mir vor allem der Schlusssatz sehr gefiel:


    Finalement, il faut croire que le microcosme breton est moins cruel que le microcosme de l'édition.

    Gruss aus Calgary, Canada
    Beatrix


    "Well behaved women rarely make history" -- Laura Thatcher Ulrich

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  • Zitat

    Original von Beatrix
    Leider war jedes Wohlwollen gleich nach den ersten Seiten schon verspielt. Die ausführlichen Landschaftsbeschreibungen lesen sich einfach wie ein touristischer Werbeprospekt für die Bretagne und nicht mehr. Alle Klischees, die man sich denken kann, werden hier aufgeführt. Aber die eigentliche bretonische Stimmung kam gar nicht wirklich durch.[/I]


    Genau das finde ich bedauerlich. Es geht ja nicht darum, ein "richtiges" Bild der Bretagne zu entwerfen, das liegt ja bekanntermaßen im Auge des Betrachters. Aber ein bisschen mehr als das, was sowieso in unseren Köpfen herumspukt, könnte es ja schon sein.

    "Das Meer brandete gegen die Klippen und legte einen feinen Schleier aus Salz über die Landschaft (Poesie!). Die Sonne schaffte es immer nur für wenige Augenblicke, die dräuende (welch ein Wortschatz!) Wolkenwand zu durchbrechen (jaja, das Wetter in der Bretagne!) und die im Hafen zusammengeduckten Häuschen mit den charakteristischen breiten Kaminen (Ortskenntnis!) in gleißendes Licht zu tauchen"


    Das hab ich jetzt zwar erfunden, aber damit auch gleich den Beweis angetreten, dass sowas wirklich jeder schreiben kann :rolleyes


    Gleiches gilt für das "kauzige Personal". Unser Haus in der Bretagne liegt an einem Sträßchen mit vier weiteren Häuser. Alleine diese Straße bietet eine größere Auswahl an Lebenseinstellungen, Charaktereigenschaften und Eigenheiten als der gesamte Roman.


    Zitat

    Original von Beatrix
    Finalement, il faut croire que le microcosme breton est moins cruel que le microcosme de l'édition.


    :chen

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich habe gestern auch mal in den Film reingeschaut. Leider bin ich nach 20 Minuten eingeschlafen, was aber nicht am Film gelegen haben muss....
    Immerhin war der Hauptdarsteller hübsch, wenn auch eigentlich für die Rolle zu jung. Jedenfalls für meine Vorstellung von ihm.


    Das Buch hat mich nicht begeistert. Ich habe es gleich nach dem Erscheinen gelesen, weil es vielversprechend klang. Es ist ein Krimi, den man mal zwischendurch lesen kann, wenn man nicht allzuviele Gedanken drauf verwenden will.


    Das zweite Buch hat mir übrigens viel besser gefallen.

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Hat jemand die Verfilmung gesehen?


    http://www.ardmediathek.de/das…nisse?documentId=20970506


    Ich habe es gestern angesehn war aber ziemlich enttäuscht. Die Schauspieler machten auf mich überhaupt keinen bretonischen Eindruck. gut der Kommissar war ganz nett, der geht auch mal als Franzose durch, war aber meiner Meinung nach auch zu jung. Aber wenn ich lauter Leute aus deutschen Uraltserien in einem französischen Krimi sehe, die überhaupt nicht ins Bild passen ist das schon ein Manko.

  • Ich kenne das Buch und war gestern ganz erstaunt, als der Film anfing. Ich hatte von der Verfilmung vorher gar nichts gelesen. Das Buch lebt ja eigentlich vor allem von der Stimmung und von den Beschreibungen der Bretagne. Angeblich sind ja auch viele Deutsche nach Lektüre des Buches dort in den Urlaub gefahren, um diese Atmosphäre zu spüren und zu erleben. Davon hätte der Film gerne mehr haben können. Diese dauernde Raserei in die Radarfalle sowie die Charaktere der Kommissare waren mir etwas zu viel Slapstick. War das im Buch genauso? Also die Radarfalle zumindest nicht. Und auch das Ende war sehr frei erzählt, das habe ich vom Buch her anders in Erinnerung.
    Fazit: Man konnte sich den Film ansehen, ein Highlight war es aber eher nicht. Eher die Neugier, was denn aus dem Buch geworden ist, verleitete zum Zuschauen.

  • Kommissar Dupin, aus Paris in die Bretagne strafversetzt wegen ungemäßem Verhaltens gegenüber Vorgesetzten, wird jäh in seiner morgendlichen Idylle gestört. Ein alter Hotelier wurde ermordet aufgefunden und das zu Beginn der Saison. Schnelle Aufklärung wird sowohl von seinem ihm etwas lästigen Vorgesetzten als auch vom Bürgermeister des Ortes gewünscht.


    Das steht ganz entgegen der geruhsamen aber durchaus effektvollen Ermittlungsarbeit des kauzigen Kommissars, den ich sehr schnell ins Herz geschlossen hatte. Stellenweise erinnerte er mich an Monsieur Poirot, der auf ähnliche Art, still, leise und sich auf seine grauen Zellen verlassend ermittelt. Komissar Dupin nutzt dazu sein unerlässliches Notizbuch. Die Dialoge sind oft zum schmunzeln aber auch kurz, knapp und pointiert. Was eine Freude ist zu lesen.


    Für mich ein vergnügliches Leseerlebnis, mit ausreichend Spannung, kein Nägelbeißer und nicht blutrünstig dafür mit Esprit und viel Lokalkolorit.


    Das war mein vorablesenkommentar.

  • Ich habe das Buch jetzt als "Lückenfüller" schnell zwischendurch gelesen und fühlte mich gut unterhalten.


    Es hat ca. 100 Seiten gedauert, bis ich in der Bretagne angekommen war und die Story Fahrt aufgenommen hat, dann hat es sich flüssig gelesen. Dupin stellt sich als ein richtiger Eigenbrötler heraus, den ich nicht als Kollegen haben möchte. Die Atmosphäre fand ich gut geschildert und ja die Beschreibungen könnten einem Reiseführer entnommen sein :chen Den Plot fand ich ganz gut und ich werde den 2. Fall auch lesen.


    Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich den Anfang des Films gesehen, aber der deutsche Schauspieler als Franzose - nein, nein


    Ist mittlerweile eigentlich bekannt, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt???

  • Das verschwundene Bild


    Der Autor (Quelle: Bücher.de)
    Jean-Luc Bannalec wurde 1967 in Brest geboren; sein Vater ist Bretone, seine Mutter Rhein länderin. Er arbeitet in Deutschland und Frankreich und lebt mit seiner Familie in beiden Ländern. "Bretonische Verhältnisse" ist sein erstes Buch; weitere Fälle von Kommissar Dupin folgen.


    • Produktdetails
    • Verlag: Kiepenheuer & Witsch
    • 29. Aufl.
    • Seitenzahl: 304
    • 2012
    • Ausstattung/Bilder: 304 S.
    • Deutsch
    • Abmessung: 217mm x 136mm x 29mm
    • Gewicht: 414g
    • ISBN-13: 9783462044065
    • ISBN-10: 3462044060
    • Best.Nr.: 34519801


    Über das Buch
    Kommissar Dupin wird an einen Tatort gerufen. Der Besitzer des berühmtesten Hotels in Pont Aven war brutal erstochen aufgefunden worden. Und Kommissar Dupin trifft Auf Personen, die dem Hotelier nicht grün waren. Heimlich natürlich .
    Da ist zunächst mal der Sohn, der den Vater auf irgendeine Weise enttäuscht hat… Und natürlich seine Frau, die Schwiegertochter des Toten….
    Dann gibt es eine Mitarbeiterin des Hotels, der heimlich eine Affäre mit dem Toten nachgesagt wird, die sie jedoch bestreitet…
    Den Leiter eines kleinen Kulturmuseums am Ort…
    Den Arzt, den der Tote ein paar Tage zuvor aufgesucht hat…
    Seinen Halbbruder, mit dem er keinen Kontakt pflegt….
    Einen Freund, mit dem er sehr viel besprochen hat…
    Eine Notarin, mit der er einen Termin vereinbart hatte….
    Und den Museumsdirektor eines größeren Ortes, dem der Verstorbene eine Schenkung versprochen hatte…
    Und dann noch ein verschwundenes Bild

    Wer hatte einen Grund den Hotelier zu ermorden? Warum war der alte Pennec beim Arzt gewesen? Und was hatte dieser ihm gesagt? Was wollte er bei der Notarin? Wieso hatte der Sohn, und wohl auch die Schwiegertochter den Vater enttäuscht? Hatte die Frau wirklich keine Affäre mit dem Toten? Was chatte er mit dem Leiter des kleinen zu tun? Und was war das mit der Schenkung? Wo war das Bild? Alle diese Fragen werden in diesem Buch beantwortet.


    Meine Meinung
    Das Buch ließ sich leicht und flüssig lesen. Der Schreibstil ist unkompliziert, keine Fragen, was der Autor mit diesem oder jenem Wort/Satz gerade meint. Auch war ein gewisses Maß an Spannung vorhanden, jedoch vermochte es der Autor nicht mich übermäßig zu fesseln. Der Kommissar wirkte oft fahrig, so als müsste er erst mal lange überlegen, was als nächstes zu tun sei. Trotzdem hat es mir Spaß gemacht es zu lesen. Es war halt nur ein schönes Buch für Zwischendurch. Wer so etwas ab und zu mal lesen will, für den ist es geeignet.

    Gruß


    Lerchie


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    Nur wer aufgibt hat schon verloren

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  • Die Bretagne Krimis von Jean-Luc Bannalec sind mir zwar immer mal wieder begegnet, haben mich aber irgendwie nie gereizt. Zum ersten Urlaub in der Bretagne habe ich Band 1 dann aber doch mitgenommen und auch gern gelesen.


    Die Bretagne Beschreibungen mögen klischeehaft und reiseführer-like sein, aber ich musste oft schmunzeln, weil einfach Dinge thematisiert wurden, die uns auch aufgefallen sind und über die wir gesprochen hatten. Butter zum Beispiel. Oder Palmen.


    Der Krimi selbst ist nett und mal ein wenig was anderes. Der Kommissar selbst wirkt uralt und ich fand ihn mit seinen dauernden Alleingängen ein wenig anstrengend.


    Dennoch habe ich das Buch gern gelesen, prima für zwei entspannte Urlaubsabende und ich habe nun Lust auch noch die Südküste der Bretagne zu bereisen.