Der Distelfink – Donna Tartt

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Wenn ein Bild dein ganzes Leben auf den Kopf stellt...


    Wer zum „Distelfink“ von Donna Tartt greift, der hat sich etwas vorgenommen, denn mit seinen über 1000 Seiten ist der Roman alles andere als schnell gelesen. Für mich war es das erste Buch der Autorin und die Seitenzahl schreckte mich zunächst ein wenig ab, aber die Geschichte überzeugt von Anfang bis Ende.


    Wir lernen den dreizehnjährigen Theo Decker kennen, der an einem völlig normalen Tag seine Mutter bei einem Anschlag auf ein Museum verliert. Aus den Trümmern kommt er als einer der wenigen lebend heraus und mit ihm das Bild „Der Distelfink“, welches ihn von nun an in seinem Leben weiter begleitet. Doch was dieses Bild aus seinem Leben macht, das ahnt er zu Beginn noch nicht.


    Theos Leben wird immer überschattet von diesem einen Tag und so verwundert es kaum, dass er Drogen und Alkohol nicht widerstehen kann, wo er doch auch nirgendwo Geborgenheit und eine neue Familie findet.


    Donna Tartt kann einfach schreiben. Ihre Protagonisten sind so gut beschrieben und dargestellt, dass man aus dem Gedächtnis heraus ein Bild von jenen Menschen zeichnen könnte. Man fühlt und leidet mit den Hauptakteuren und hat zum Ende der Geschichte hin das Gefühl gute Freunde verlassen zu müssen. Zudem merkt man diesem Werk an, dass die Autorin sehr ausführlich recherchiert hat, es passt einfach irgendwie alles.


    Die Handlung, die aus der Ich- Perspektive (Theo) dem Leser näher gebracht wird, ist sehr detailliert beschrieben, die Autorin verliert jedoch nie den roten Faden, alles ist schlüssig und nachvollziehbar. Auch hatte ich nie das Gefühl, dass der Leser durch Längen geplagt wird, denn die ausführlichen Schilderungen sind einfach nötig um das große Ganze zu verstehen.


    Dachte ich zu Beginn der Lektüre, dass ich dieses Buch mit den vielen Seiten wohl niemals schaffen werde, musste ich schnell feststellen, dass sich die hohe Seitenzahl verhältnismäßig schnell weglesen lässt. Da kommen einen die 1000 Seiten nicht mal wie 500 vor.


    Fazit: Sehr lesenswert und für mich große Kunst in der Literatur. Sicher nicht das letzte Buch, welches ich von dieser Spitzenautorin gelesen habe.


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Der Distelfink ist nach "Die geheime Geschichte" (1992) und "Der kleine Freund" (2002) das dritte Buch der Autorin. Vom Buch "Die geheime Geschichte" war ich damals sehr begeistert und hatte daher beim aktuellen Buch auch sehr hohe Erwartungen. Wikipedia schreibt dazu noch "Der Roman wurde 2013 von Amazon zum besten Buch des Jahres gekürt[10], 2014 wurde er mit dem Pulitzer-Preis im Bereich Belletristik ausgezeichnet." (http://de.wikipedia.org/wiki/D…Preise_und_Auszeichnungen).


    Den Roman kann man in die drei Bereiche Kinderzeit, Pubertät und Erwachsenenalter vom Protagonisten Theo Decker aufteilen. Für mich bestach der Roman weniger durch die ausgeklügelte Handlung und die spannenden Ereignisse, sondern mehr durch die Sprache sowie Zeichnung der Personen. Durch die 1.024 Seiten durchzieht sich durchgängig eine eher melancholische Grundstimmung. Theo Decker hat eher selten vollumfänglich Grund zur Freude und geht im Gegensatz zu seinem Freund Boris eher schwermütig durch das Leben.


    Mir hat das Buch letztlich recht gut gefallen. 7 Punkte vergebe ich, da es trotz allem manchmal auch ein wenig Mühe kostet, durchzuhalten. Die schweren Zeiten Theos werden ebenso schwer erzählt. Sehr gut fand ich, dass sich viele kleine Details im Verlauf des Buches als sehr wichtige Mosaiksteinchen erwiesen. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung, allerdings ist es kein leichter Schmöker. Aber diesen Anspruch hatte wohl weder Donna Tarrt, noch wäre sie dann mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden.

  • Kurz zum Inhalt:
    Der dreizehnjährige Theo besucht mit seiner alleinerziehenden Mutter ein Museum in New York, als sich sein Leben auf einen Schlag verändert. Ein Gemälde aus dem Museum "Der Distelfink", das er heimlich mitgehen ließ, begleitet ihn von nun an, während er bereits in jungen Jahren den Boden unter den Füßen verliert.


    Der Distelfink ist ein Roman mit Überlänge, der schwelgerisch in die Beschreibung von Gegenständen und Arbeitsabläufen eintauchen lässt. Viele ausgefüllte Lesetage habe ich mit Theo und seinem Bild verbracht.


    Was die Autorin dokumentiert ist der Abstieg des jungen Icherzählers Theo, der sich über verschiedene Situationen seines noch jungen Lebens von einer Depression zur nächsten, von einer Trunksucht zur nächsten und von einem Drogenrausch zum nächsten manövriert und dabei auf Nebendarsteller trifft,von denen kaum eine Entwicklung ausgeht und die in den meisten Fällen eine so sehr gespaltene Persönlichkeit besitzen, das ihre Undurchschaubarkeit für den Leser zwar auch regelmäßig Überraschungen mit sich bringt und sie als Charaktere spannend macht.
    Indem Donna Tart Theo als Icherzähler auftreten läßt, beschränkt sie den Blickwinkel des Lesers über den größten Teil der Handlung auf das, was Theo in der jeweiligen Situation von sich preisgeben will.


    Der Distelfink ist mein erster Roman von Donna Tartt und hat mich sehr beeindruckt.Die Geschichte von Theo ist wunderbar ausführlich geschrieben. Manchmal vielleicht etwas zu langatmig. Deshalb einen Punkt Abzug. Die Geschichte hat mich aber bis zum Ende gefesselt.


    9/10 Eulenpunkte

    Bücher lesen heißt wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben über die Sterne. (Jean Paul)



  • Nachdem ich vor Jahren das Buch "Die geheime Geschichte" von Donna Tartt gelesen und geliebt habe, wollte ich unbedingt "Der Distelfink" lesen. Dieses Buch hat sich als Langzeitprojekt entpuppt, was aber nicht am Inhalt des Buches lag, sondern einfach daran, dass ich nach einem anstrengenden Arbeitstag nicht in der Lage war, den Gedankengängen des Protagonisten zu folgen.


    Theo Decker verliert seine Mutter bei einer Explosion in einem Museum und bekommt zufällig ein sehr wertvolles Gemälde in die Hände, das er die längste Zeit des Buches behält und zu schützen versucht. Alles in seinem Leben dreht sich um das Bild und um sein schweres Schicksal und um die Situationen, in die er sich aus Unwissenheit oder aus Trägheit bringt. Das ist auch eigentlich schon fast alles, was in dem Buch passiert.


    Die Autorin hat die Charaktere sehr detailliert beschrieben, so dass man als Leser fast das Gefühl hat, die Personen tatsächlich zu kennen. Besonders toll fand ich die vielen langen Dialoge, die durch das Einfließen von den verschiedenen ausländischen Akzenten noch authentischer wirkten. Das Buch ist aus Sicht von Theo geschrieben, der nicht selten in eine Depression verfällt und durch seinen Freund Boris auch noch anfängt Drogen zu nehmen. Eine gefährliche Mischung. Weniger gut hat mir - zumindest ab einem bestimmten Punkt - gefallen, dass Theo seine Ausfälle, die durch die verschiedenen Drogen hervorgerufen wurden, sehr detailliert beschrieben hat. Allerdings hat diese Tatsache das Buch für mich nicht unlesbar gemacht, denn die Beschreibungen kamen ebenfalls lebensecht herüber und sind zum Teil sehr erschreckend.


    Was den Inhalt angeht, finde ich, dass nicht so furchtbar viel passiert. Theo beschreibt viel und erzählt sehr viel von seiner Stimmungslage und immer wieder rücken der Schutz des Bildes und vor allem der Verlust seiner Mutter in den Vordergrund. Ich habe schon des Öfteren gelesen, dass das Buch total langweilig ist, habe das aber selber nicht so empfunden. Ich gebe zu, dass es zwischenzeitlich etwas langatmig ist, aber dafür wird man mit einer wundervollen Sprache entlohnt.


    Ich kann das Buch Lesern empfehlen, die geneigt sind, sich auf ein besonderes Buch einzulassen und in die Welt eines zutiefst verstörten Charakters hineinzudenken. Mir hat es wirklich gut gefallen und ich werde es mit Sicherheit noch einmal lesen. Ich bin mir sicher, dass ich bei der hohen Anzahl an Seiten bestimmt einiges überlesen oder schlicht wieder vergessen habe.

  • Ich hatte im Urlaub viel Zeit zum Lesen, habe aber nur ein einziges Buch geschafft: [IDer Distelfink[/I]. In der E-Book-Fassung 2512 Seiten.
    Ein richtiges Epos, sehr detailliert, auf sprachlich hohem Niveau fließend erzählt, überwiegend spannend, manchmal sehr traurig, oft absurd, teilweise witzig oder absurd komisch, rasante Ereignisse wechseln mit Passagen, die ruhiger sind, hier und da etwas zu sehr in die Länge gezogen, dann aber folgte immer eine Wende, die wieder so atemberaubend spannend war, dass ich die Langeweile der überlangen Passagen zuvor gleich wieder vergaß. Und was für Charaktere, was für Gespräche, was für ein wilder Strudel von Ereignissen!


    Zitat

    Original von Luc:
    Besonders imponiert hat mir, wie die Autorin diesen traumatisierten Protagonisten mit seiner ganzen Verletzlichkeit, seinem Minderwertigkeitskomplex, der Verlorenheit eines früh verlassenen (Jungen) in seiner Tragik und Lächerlichkeit zeigt und ihm eine Würde gibt, wie sie jeder Mensch verdient hat. Der Roman hat mich zwar nicht restlos begeistern können, aber ehrfürchtig gemacht.


    Dem kann ich mich voll und ganz anschließen. Und beeindruckend gelungen finde ich auch die beiden anderen Protagonisten Boris und Hobie.


    Zum Schluss wird es leider so typisch amerikanisch - dieses "Ich erzähle euch jetzt mal, was meine eigene ganz individuelle besondere Philosophie ist und diese wird dann nochmal und nochmal und nochmal gewendet und mit Beispielen und Zitaten verdeutlicht und betont und gedreht und Gott und Schicksal, das Böse und das Gute und die Kunst und und und...alles wird wiedergekäut. Und - leider - dadurch verwässert und banalisiert. Als ob ich Leserin nicht schon lange, lange innerhalb des Romans, in den langen philosophisch angehauchten und oft dramatischen sowie auch witzigen Dialogen verstanden hätte, was die Autorin mit ihren verschiedenen Figuren zum Ausdruck bringen wollte. Dieser seltsam schwunglose Schluss im Tagebuchstil macht wieder kaputt, was vorher dramaturgisch (fast) perfekt aufgebaut war, so wie ein Bild, das nicht im richtigen Moment beendet wurde, sondern stattdessen vom Künstler in einem nachträglichen Anfall von Übereifer und Pedanterie halb totgemalt wurde.
    Ein Kunstwerk wirkt und beeindruckt, es braucht keine Erklärung. Wer nicht beeindruckt ist, wird es auch nicht sein, wenn ich es noch fünfmal nachträglich erkläre.
    Donna Tartt widerspricht mit diesem Schluss einer der ganz wichtigen zentralen Aussagen dieses Romanes.


    Ich werde viele Szenen dieses Romans nicht (so schnell) vergessen, denn die Figuren sind wirklich großartig gezeichnet und ausgemalt, auch wenn die Übersetzung meiner Meinung nach in mancher Hinsicht zu zaghaft und zu wenig flexibel ist. Boris' russischer Akzent ist mMn zu sehr glattgeschliffen, und auch die Dialoge, die die beiden Jungen in Las Vegas miteinander führen, wirken stellenweise künstlich. Statt blockweise Aussagesätze mit Fragezeichen zu versehen, hätte man umgangssprachliche oder jugendsprachliche typische Satzanhängsel benutzen können, hier und da das typische "vielleicht" einbauen können, das wir in solcherlei Sätzen verwenden, und schon hätte es echt geklungen.
    Auch sind dem Lektorat standardisierte Rechtschreibfehler in Mengen (Zusammen- bzw. Getrenntschreibung) durchgerutscht.
    Insgesamt ein beeindruckender Roman mit einigen kleinen Fehlern und einem misslungenen Schluss.


    Insgesamt gebe ich für die nicht so toll redigierte E-Book nur 8 statt 9 Eulenpunkte.

  • Zitat

    Original von bauerngarten
    Wenn das Buch im Großen und Ganzen nur halb so lang gewesen wäre, hätte es der Geschichte keinen Abbruch getan und auf das ständige konsumieren von Drogen und Alkohol hat mich auch etwas gestört. Ich glaube ich werde so schnell kein weiteres Buch von Donna Tartt lesen, gefallen hat es mir nicht wirklich.


    Genauso geht es mir auch - die Hälfte hätte vollkommen gereicht. Ich hatte wirklich sehr viel Mühe das Buch zu lesen. Anfangs konnte ich immer nur ein paar Seiten am Stück lesen und musste sogar zwischendurch mal aufhören. Als ich mich dann wieder aufrappeln konnte, ging es zwar ein wenig besser, trotzdem ging es nur langsam voran.


    Ich habe mich immer wieder gefragt was uns die Autorin eigentlich sagen möchte, aber muss ehrlich zugeben, dass mir der Sinn des Ganzen nicht schlüssig war. Es geht um Theos Leben und seiner "Beziehung" zu dem Bild "Der Distelfink", der ihn einen großen Teil seines Lebens begleitet. Teilweise hat mir die Geschichte ganz gut gefallen, jedoch war mir alles einfach zu viel drumherum und zu viel beschrieben. Stellenweise habe ich die Kapitel sogar nur überflogen.


    Fazit: Ein im Kern nicht schlechter Roman, der aber viel zu langgezogen war und der sehr viel Durchhaltevermögen braucht. Von mir daher nur 5 von 10 Punkten.

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Theo Decker ist erst dreizehn Jahre alt als er seine Mutter bei einer Explosion im New Yorker Metropolitan Museum of Art verliert. Während die beiden die dort ausgestellten Bilder besichtigen, explodiert eine Bombe. Im allgemeinen Chaos nimmt sich Theo dem Lieblingsbild seiner Mutter an. Der Distelfink ist ein kleines Gemälde von Fabritius, einem Schüler Rembrandts mit beträchtlichem Wert. Erst zu Hause erkennt er, dass er es nicht hätte mitnehmen dürfen. Er wartet stundenlang, dass seine Mutter ebenfalls in die Wohnung kommt. Als schließlich die Polizei und ein Sozialarbeiter kommen, wird ihm klar, dass er seine Mutter niemals wiedersehen wird. Das Bild, das sie sich als letztes gemeinsam angesehen haben, wird zur letzten Verbindung.


    Donna Tartt lässt ihren Protagonisten im Rückblick sein Leben erzählen. 14 Jahre sind seit dem verhängnisvollen Tag vergangen. Zeit, um endlich eine Lebensbeichte abzulegen. Der Leser erfährt von der Trennung von Theos Eltern und wie er den größten Teil seiner Kindheit mit seiner Mutter in New York gelebt hat. Nach ihrem Tod nimmt ihn die Familie seines besten Schulfreundes kurzzeitig auf. Die Barbours sind wohlhabend genug, um Theo Obdach zu geben, allerdings lässt sich nicht verbergen, dass es familiäre Probleme gibt. Fast scheinen sie froh zu sein, als Theo endlich Kontakt zu seinen Großeltern bekommt, die ihn allerdings auch nicht bei sich haben wollen. Lediglich sein alkohol- und drogensüchtiger Vater scheint Interesse an einem gemeinsamen Leben zu haben. Durch seinen Sohn hofft er, an Geld zu kommen und holt ihn nach Las Vegas. Doch die Verwahrlosung kommt dort erst richtig zum Tragen. Theo lernt den Sohn eines russischen Unternehmers kennen und damit auch stimmungsaufhellende Drogen.


    Die Autorin zeichnet auf eine verstörende Weise den kurzen Lebensabschnitt von Theo Decker. Der eingängige Schreibstil lässt den Leser sehr nah an die Figuren herankommen. Mal sind sie begeisternd in ihrem Tun, wie Theos väterlicher Freund Hobie, mal befremdlich kalt wie Mrs. Barbour oder emotional abgestumpft wie Boris. Alle gemeinsam tragen Entscheidendes zum Verlauf von Theos Leben bei. Es geht dabei um den Verlust geliebter Menschen, Trauer, der Suche nach Liebe, aller Arten von Freundschaft und deren Betrug und sogar Verrat. Verbunden wird alles durch das kleine Paket, das Theo nun schon zu lange bei sich hat, um es zurückzugeben. Der Erzählstil des Rückblicks vermittelt dabei eine beruhigende Wirkung in den immer ereignisreicheren Abschnitten, in denen Theo um sein Leben fürchten muss. Trotz der zum Teil ethisch nicht zu vertretenden Handlungen kann man auch immer wieder Verständnis dafür aufbringen. Die Vielschichtigkeit ergibt immer wieder ein neues Bild, was sogar kriminelle Handlungen erklärt. Das alles kann jedoch nicht verhindern, dass der bittere Geschmack der Drogensucht zurückbleibt und die gut gemeinten Taten nicht doch den Anstrich von Egoismus bekommen.


    Der Distelfink ist nicht einfach nur eine fiktive Biografie eines jungen Mannes, dessen Seele schwere Traumata aushalten musste, sondern ein literarisches Gemälde. Genau wie das Original von Fabritius stellt es ein kleines Wesen dar, das aus eigener Kraft die Welt nicht ändern kann. Die Einhaltung von Gesetzen presst Theo in ein Leben, aus dem er genauso wenig fliehen kann, wie es das gefiederte Pendant vermag. Das Buch ist schon allein wegen der mehr als tausend Seiten nicht schnell gelesen. Es verlangt auch die Zeit, um die angesprochenen Emotionen beim Leser zu verarbeiten. Danach eröffnet sich ein farbenprächtiges Bild in die Seele eines Menschen.

  • Der Distelfink erzählt die Geschichte eines menschlichen Schicksals, das mit einem Schlag aus der Bahn geworfen wird, um dann irgendwie neben der Spur zu verlaufen. Über viele Jahre entwickelt sich der Protagonist vom Kind zum Erwachsenen und kommt doch über das eine traumatische Ereignis in seinem Leben nicht hinweg.
    Die Autorin versteht es meisterhaft, dieses "neben-der-Spur"-Gefühl des Protagonisten sprachlich zu veranschaulichen, der sich plötzlich in einem Leben wiederfindet, das nicht sein eigenes zu sein scheint. Die Stimmung des Romans habe ich überwiegend als düster und bedrückend erlebt, sprachlich wunderschön erzählt und irgendwie tief berührend. Wahrscheinlich weil ich so berührt von der Geschichte und dem Protagonisten war, ist es mir nicht gelungen, das Buch "in einem Rutsch" zu lesen. Ich habe mir Zeit genommen, insgesamt hat es mich über mehrere Monate begleitet. Schließlich habe ich es mit einem nachdenklichen und irgendwie doch bezaubertem Gefühl beendet.
    Insgesamt war das Buch mir an vielen Stellen zu umfangreich, die Handlung geriet aus meiner Sicht ins Stocken und es war schwierig, die Lust am Lesen die ganze Zeit aufrecht zu erhalten. Andererseits liebe ich an diesem Buch insbesondere die sprachliche Gestaltung und die Anregungen, sich am Gedankengang der Protagonisten zu beteilige, sodass ich es dann doch weiterempfehlen kann.

    It’s not enough for the phrases to be good; what you make with them ought to be good too. - Aldous Huxley

  • Theo Decker ist 13 Jahre alt und lebt mit seiner Mutter in New York. Sie haben nicht viel Geld, sind aber glücklich und kommen gut miteinander zurecht. Doch dann geschieht etwas Furchtbares, ein harmloser Museumsausflug gerät zur Katastrophe. Theos Mutter stirbt bei einer Explosion und der Junge steht plötzlich ganz alleine da. Doch während des Unglücks geschieht noch mehr. Theo trifft auf einen alten, schwer verletzten Mann und nimmt heimlich ein Gemälde mit aus dem Museum. Aufgrund des Todes seiner Mutter ist er in tiefer Trauer und ziemlich verwirrt, irgendwie kommt er nicht dazu, die Sache mit dem Gemälde aufzuklären und es zurückzugeben. Mehr und mehr ist er von dem kleinen Bild eines Distelfinks besessen und so begleitet es ihn nun durch sein ganzes folgendes Leben.


    Das erste Buch der Autorin fand ich vor vielen Jahren unglaublich fesselnd und hatte mir damals dann sehr gespannt das zweite gekauft, welches ich leider völlig langweilig fand. Es stand als 50/50 und da „Der Distelfink“ sehr interessant klang, war ich entsprechend neugierig.


    Leider konnte mich der über 1000 Seiten starke Wälzer wieder nicht überzeugen. Zu Beginn hatte ich etwas Schwierigkeiten, mich in Tartts ziemlich ausufernden Schreibstil hineinzufinden, aber das war dann gar nicht mein Hauptproblem mit dem Buch. Die Geschichte begann interessant, wurde dann aber immer abstruser. Theos weiteres Leben weckte bei mir Irritation, streckenweise regelrechte Abscheu. Die Handlung wirkte auf mich extrem langatmig und teilweise konnte ich nur noch querlesen, denn es passiert seitenlang nicht wirklich etwas, die Handlung kommt nicht voran und verliert sich in den unglaublich ausufernden, viel zu detaillierten Beschreibungen. Theo Decker war anfangs ein netter Junge, seine weitere Entwicklung machte ihn leider kein bisschen sympathisch. Nun muss eine Hauptfigur in einem Buch dem Leser ja nicht unbedingt liebenswert erscheinen, aber ich konnte mit Theo einfach immer weniger anfangen. Auch die Nebenfiguren haben mich nicht überzeugt, entweder sie blieben mir zu blass und farblos oder sie waren genauso schrecklich wie Theo. Verstehen konnte ich in diesem Buch irgendwie keinen und daher war es leider ein ziemlicher Kampf für mich, das Buch schließlich zu beenden.


    Wenn die Autorin wieder 10 Jahre bis zur nächsten Veröffentlichung braucht, erinnere ich mich hoffentlich noch daran und werde nicht wieder zugreifen.

  • .........oder mein schwierigstes Leserundenerlebnis 2014.


    Aber von Anfang an:
    Ich liebe Leserunden, beteilige mich gerne an welchen und denke, ich hab ein ziemlich gutes Gespür dafür, ob mir das Buch gefallen könnte.
    Aber manchmal will es einfach nicht klappen mit uns beiden, dem Buch und mir.
    So geschehen beim Distelfink.
    Mich hat das Thema interessiert, die Schriftstellerin kenne ich und auch die vielen Seiten haben mich ganz sicher nicht abgeschreckt.
    Und dann war es da, das Buch. Optisch wunderschön gestaltet - die Leserunde konnte starten.
    Der Schreibstil gefiel mir gut, aber ich kam nur langsam voran, sehr langsam. Es entstand kein Lesesog, kein drängendes Gefühl, endlich weiterlesen zu können. So zwang ich mich immer wieder ein paar Seiten zu lesen. Irgendwann hatte ich das dringende Bedürfnis, eine Pause einzulegen. Diese wurde leider etwas länger. Und länger.
    Dann kam eine Erinnerung von Wolke, ich versuchte, wieder in das Buch reinzufinden.
    Es gelang fast gar nicht.
    Ich habe mir das Hörbuch ausgeliehen - ich dachte, vielleicht hilft mir das Hören ein wenig weiter. Auch nicht.
    Nun gebe ich erstmal auf.........vielleicht starte ich einen Neuanfang 2015.
    Denn ich denke, das Buch wäre es wert.


    So, dies war also der Bericht meines Scheiterns bei einer Leserunde.

  • Ich habe auch an der Leserunde teilgenommen und mir ist es ganz genau so ergangen wie Rosenstolz. :wave
    Auf die Leserunde hatte ich mich sehr gefreut, da mir "Die geheime Geschichte" damals unheimlich gefallen hatte und fing hochmotiviert zu lesen an.
    Ich kann leider nicht sagen was mir an dem Buch nicht gefallen hat. Der Schreibstil ist gut und die Geschichte ist interessant. Ich kam aber nur seitenweise voran und irgendwann blieb das Buch auf dem Nachttisch liegen. Dort liegt es noch heute und wartet darauf, dass ich 2015 einen Neustart wagen werde.
    Ich hoffe ich kann dann mehr zu dem Buch sagen.

  • Hier hab ich noch keine Rezi geschrieben, obwohl ich das Buch für die LR damals bekommen hatte, da ich es nach ca 1/3 abgebrochen hatte, weil ich einfach nicht so recht reinfinden konnte. Ich hab immer gehofft, dass ich wieder Lust darauf bekomme und auch ab und zu ein Stückchen weitergelesen bis es dann wieder im Regal gelandet ist. Irgendwie war für mich auch einfach bisher nie die richtige Zeit wirklich reinzufinden, da ich es extrem langatmig fand und sehr zäh, außerdem eher trocken geschrieben und ich konnte mich auch nciht wirklich in den Charakeren wiederfinden. Interessant fand ich einerseits die vielen Infos zur Kunst und den Gemälden, aber irgendwie waren mir auch diese Passagen dann oft zu lang.
    Ich werde versuchen dem Buch nochmal irgendwann eine Chance zu geben, vll, wenn ich mal wieder Ferien hab, aber das dauert wohl noch, vor allem, weil viele es so toll fanden.


    Fazit: Kein total schlechter Roman, aber ich finde man braucht sehr viel Durchhaltevermögen. Von mir daher nur 6 von 10 Punkten, erstmal. Ändert sich vll nochmal, falls ichs schaff das Buch doch mal ganz zu lesen.


    Tut mir auch sehr Leid, da ich das Buch ja gewonnen habe. Aber ich konnte mich echt nciht aufraffen dazu. Sorry! :-(

  • Der "Goldfinch" ist mir von einer lieben Freundin, die ausgesprochen viel von Spannungsliteratur versteht, wärmstens ans Herz gelegt worden. Es gibt aus meiner Sicht auch viel Positives über das Buch zu sagen, und dennoch habe ich im Anschluss an meine Lektüre sehr intensiv mit eben jener Freundin diskutiert, um unsere doch ein wenig unterschiedlichen Perspektiven auf das Buch übereinander zu kriegen.
    Zunächst steht außer Frage, dass Donna Tartt sehr gut schreibt und wirklich mit Sprache umgehen kann - für zeitgenössische Schriftsteller leider alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
    Die Geschichte ist sehr eigenartig. Der zentrale Plot lässt sich in ungefähr drei Sätzen zusammenfassen und ist eine haarsträubende, vor unwahrscheinlichen Zufällen strotzende Räuberpistole. Doch das stört mich nicht.
    Die Traumatisierung Theo Deckers macht ihn zu einer in den entscheidenden Momenten auffallend passiven Figur, die oft in Dinge eher hineintreibt. An anderen Stellen wiederum nimmt er praktisch aus dem Nichts heraus erstaunliche Weichenstellungen vor, die in der Folge weitreichende Konsequenzen haben. Obwohl die Erzählerin sehr nah bei Theo ist, habe ich oft nicht begriffen, warum er handelt (oder eben auch nicht handelt), wie er handelt. Es hat dabei sicherlich nicht geholfen, dass es in dem Buch Zeitsprünge gibt. Vor allem der zwischen seiner Rückkehr aus Las Vegas und seiner Verlobung hat mich völlig aus der Bahn geworfen. Hier werden mehrere Jahre übersprungen, in denen sich für mich die Hauptfigur vollkommen verändert. Es ist mir nicht gelungen, die Entwicklung vom Las-Vegas-Theo zum Theo der frühen Zwanziger zu begreifen. Hier lässt die Autorin ausgerechnet die Teile aus, die für mein Verständnis der Figur entscheidend gewesen wären.
    Das führt mich zu dem vielleicht größten Problem, das ich mit diesem Roman hatte, und das ich in wunderbar dialektischer Weise zugleich auch unheimlich faszinierend fand: Er ist auf eine sehr ungewöhnliche Weise überraschend. Ständig passieren Dinge, tauchen Figuren auf usw., und ich als Leser denke mir: Aha, dahin läuft der Hase. Und dann läuft er doch ganz woanders hin. Die Autorin verhandelt vieles nur indirekt, die Geschichte läuft stets in die Richtung, die ich man als letzte erwartet hätte. Viele zentrale Konfliktpotenziale werden auf diese Weise ganz kontraintuitiv links liegen gelassen. Ohne dass der Text dadurch artifiziell oder übermäßig konstruiert wirkt, gelingt der Autorin so etwas ganz Bemerkenswertes. Sie hält der Leseerwartung einen Spiegel vor, hängt uns eine Art roten Hering vor die Nase und sagt dann: "Das, lieber Leser, würdest du nun wohl gern erfahren, aber so funktioniert das Leben nicht, und dieser Roman ist kein Wunschkonzert."
    Insofern ein sehr lesenswertes Buch, das mir vor allem bewusst gemacht hat, wie eingefahren manchmal meine Erwartungen schon sind. Dafür gebührt Donna Tartt Hochachtung und mein großer Dank.

  • Nachdem die Kritiken weitesgehend positiv ausgefallen sind, habe ich mir das Buch jetzt mal bestellt.


    Da ich inzwischen dicke Stephan King Bücher liebe und Tana French Bücher ebenfalls, wage ich mich jetzt mal an das Buch.


    Werde es nach Ostern anfangen zu lesen. Ostern wird gearbeitet und danach das Osterei :grin gelesen :-) . Bin schon sehr gespannt.