Dave Eggers: Der Circle

  • Mich hat das Buch ebenfalls gepackt. Gerade weil die Geschichte so simpel daherkommt.
    Hier passt die Form zum Inhalt.
    Ich bekenne mich dazu - mir als Berufsanfängerin hätte es auch so gehen können, wie Mae. Aus einfachen Verhältnissen kommend, unter Schwierigkeiten und persönlichen Opfern die soziale Leiter hochgestiegen. Die Sorge, wie der Kredit wohl zurückgezahlt werden kann. Die kranken Eltern, denen die soziale Absicherung fehlt.
    Und dann der vermeintliche Retter. Eine Firma, die mir alle Sorgen abnimmt. Die mein Selbstbewusstsein puscht, mir zeigt, dass ich was kann. Mir erlaubt, in einer heilen Welt zu leben und dafür zu sorgen, dass andere auch in dieser Welt leben können.
    Was da geschieht ist Manipulation, Gehirnwäsche übelster Art. Auch kritischere Gemüter als Mae wären davon nicht unbeeindruckt geblieben.
    Dies kann man so nur in einer so einfachen Geschichte zeigen. Die dann aber trotzdem ihre Highlights hat. Für mich waren das Maes Paddeltouren und noch viel mehr die Aquariumszenen.


    Viele politische Fragen finde ich in diesem Buch wieder. Die so weit verbreitete Meinung: Ich habe ja nichts zu verbergen, von mir kann man alles gerne sehen, veröffentlichen. Verbrecher markieren und erkennbar machen. Manipulierte Abstimmungen.
    Hier wird plakativ gezeigt, wohin das führen kann. Wie gefährlich die Wohlgesinnten und vermeintlichen Wohltäter werden können.
    Nicht alles ist neu, was hier angesprochen wird. Aber verschiedene Entwicklungen zusammenzuführen und die möglichen Auswirkungen aufzeigen, das war für mich beeindruckend.

  • Ich fand das Buch auch eher mäßig. Das liegt zum einen sicher an der extremen near-future-Perspektive, die ein paar wenige und zufällig wirkende Versatzstücke aus der gegenwärtigen Diskussion nimmt und sie in einen sehr plakativ pädagogischen Roman überführt, der noch dazu einen sehr amerikanischen Blickwinkel hat, sodass der Handlungsverlauf auf mich als Europäer fast grotesk antiklimaktisch wirkt.


    Viele der suggestiven Dialoge sind hölzern und für meinen Geschmack nicht logisch. Da hilft natürlich eine extrem simple und blutleere Protagonistin, die zu allem ja und amen sagt.


    So ist es oft in den Dialogen, die Widerworte, die einem sofort in den Sinn kommen, werden von den Figuren nicht augesprochen, und so holpert eine pseudologische Argumenation zu ihrem vorherbestimmten Ende. Man hat sehr oft den Eindruck, die öffentliche Debatte ist heute schon weiter und differenzierter als die near-future-Schreckensvision des Autors. Zu den interessanten und bedenkenswerten Aspekten des Themas dringt man auf diese Weise kaum einmal vor. Insofern kann man über den dünnen Schlussdialog zwischen Ty und Mae einfach nur den Kopf schütteln oder lachen.


    Die sehr holzschnittartigen und redundanten Metaphern der Natur, die sich versteckt und nicht gesehen werden will (untertauchende Robben, das Nest auf Blue Island, in das Mae nicht schauen kann, das erschöpte Seepferdchen, das sich versteckt usw. usf.), haben mich auch schnell ermüdet.
    Hinzu kommen zahlreiche sachliche Unplausibilitäten unterschiedlichster Art, etwa die Beschreibung des Tools, das häusliche Gewalt verhindern soll, oder die unmögliche Haltung von an enorme Druckverhältnisse angepassten Tiefseekreaturen aus dem Marianengraben in gewöhnlichen Aquarien.
    Außerdem die vor allem im zweiten Teil endlos ausgewalzten ewigen Beschreibungen von Maes Tätigkeiten an ihrem CE-Arbeitsplatz, deren Funktion man spätestens nach zweihundert Seiten verstanden hat, die einem aber dennoch in der Folge nicht erspart bleiben.


    Alles in allem ein Bucherfolg, der zu erwarten war, ein Buch, das sich flüssig und schnell lesen lässt (150 Seiten weniger hätten es allerdings auch getan) und das - wie oben schon sinngemäß eine Mitforistin gesagt hat - durch seine inhaltliche Schlichtheit allen Lesern das Gefühl gibt, schlauer und gedanklich weiter zu sein als die Hauptfigur.

  • Schade, das Thema ist absolut heiß. Wenn es so lau verarbeitet wird sieht die Lektüre nach Zeitverschwendung aus.
    Ich werde das Buch dann doch lieber liegen lassen.

    "Reading is food for thought, and anything to do with food must be good." Snoopy


    :lesend : Vladimir Vertlib: Spiegel im fremden Wort
    :lesend : Ingeborg Bachmann: Malina
    :lesend : Michael Stavaric: Königreich der Schatten

  • "Mit seinem neuen Roman Der Circle hat Dave Eggers ein packendes Buch über eine bestürzend nahe Zukunft geschrieben, einen Thriller, der uns ganz neu über die Bedeutung von Privatsphäre, Demokratie und Öffentlichkeit nachenken und den Wunsch aufkommen lässt, die Welt und das Netz mögen uns bitte manchmal vergessen."


    Naja, ein Thriller war es für mich nicht. Ich fand es wenig spannend. Bei manchen Sachen stellte sich bei mir ein Aha-Effekt ein, aber ob man deshalb das ganze Buch lesen muss, ist fraglich. Vielleicht doch eher ein Buch für Jugendliche, wie Denis Scheck es mal erwähnte.


    Ich gebe dafür 5 Punkte.

  • Habe das Buch gerade fertig gelesen (auf englisch)


    Obwohl die Personen recht naiv und nicht gerade vielschichtig dargestellt werden und die Handlung teilweise tatsächlich recht monoton wirkt mit nur wenigen unerwarteten Momenten, finde ich Circle ein sehr lesenswertes Buch. Vielleicht sind sogar die flachen Personen genau richtig und auch nötig für dieses Buch.


    Gerade weil die technischen Möglichkeiten für eine wie im Buch geschilderte Welt heute schon vorhanden sind!
    Da stellt sich schon die Frage, ob wir uns genau auf solch einen Zustand der totalen Überwachung hin entwickeln.

  • Der Anfang ist langatmig. Die Sprache ist blechern, dabei durchaus „Facebook-like“, aber zwischen den Dialogen hätte man die Story mit mehr Spannung und Aktion würzen können. Auf mich wirkte das Buch wie ein überstürzt zusammengefügtes Puzzle, bei dem man manche Teilchen mit dem Hammer reingeschlagen hat.


    Sieht man von den Schwächen ab, ist das Werk ein großer Entwurf für eine Dystopie, die wir mit „1984“, „Schöne Neue Welt“ und „Fahrenheit 451“ vergleichen können. Und es ist eine Mahnung: Ja, wir müssen verdammt aufpassen!


    Auf Seite 545 oben steht das Ziel des Circle-Schöpfers: Er wollte das Netz zivilisierter und eleganter machen, Anonymität abschaffen und tausend verschiedene Elemente in einem bündeln. Heraus kam eine Welt der totalen Überwachung, in der die Circle-Mitgliedschaft Pflicht ist und alles Leben durch ein einziges Netzwerk geschleust wird.


    Ganz zum Schluss will er die Uhr zurückdrehen, die er gebaut hat. Jede Revolution frisst ihre Kinder. 7 Eulenpunkte.

  • Mir hat das Buch gut gefallen.


    Ich finde auch, dass die Charaktere und auch der Schreibstil eher flach sind. Trotzdem hat es mich gefesselt.
    Nicht jedes Buch kann einen intelligenten oder schlauen Protagonisten haben. Das wäre ziemlich unrealistisch. Dumme brauchen ihren Platz. So wie im echten Leben auch. ;-)


    Mae ist sehr naiv und beeinflussbar, erinnert mich aber auch sehr an Leute, die ich in den letzten Jahren so kennengelernt habe. Private Ereignisse teilen, Adresse und manchmal sogar Telefonnummern bereitwillig online stellen, etc. ohne darüber nachzudenken.
    Ja, ich weiß, das Problem ist nicht neu, aber irgendwie wird es mMn immer schlimmer.


    Mit wachsendem Grusel habe ich Maes Weg in den Circle gelesen. Nebenbei passiert ziemlich viel, was ihr anscheinend am Allerwertesten vorbei geht, aber (zumindest für mich) einen bedrohlichen Unterton mit sich bringt. Und das Ende ist traurig, aber schlüssig.


    Diese Frau ist so... grrrr. Hab mich wirklich sehr über sie aufgeregt. Auch bei ihren Männergeschichten... :rolleyes



    Ich als Exotin (kein Twitter, kein Facebook, kein Mobiltelefon) fand das Buch unterhaltsam und schrecklich zugleich.


    8 Punkte



    ASIN/ISBN: 3462048546

    Viele Grüße
    Inks



    bokmal.gif


    Aktuell: Karsten Dusse - Achtsam morden im Hier und Jetzt

    SuB: 48

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  • Ich gestehe es - ich habe dieses Buch ganz zufällig und nichtsahnend gekauft. Ich war in der Buchhandlung, wollte ein-zwei Bücher kaufen und war recht unentschlossen, welche es sein sollen. Nachdem ein Jugendbuch in meinen Händen gelandet war, dachte ich, ein Roman wäre ja dann auch ein gutes zweites Buch. Irgendwie fiel mir "Der Circle" in die Hand - wahrscheinlich tatsächlich aufgrund des orangefarbenen Covers und des "SpiegelBestseller"-Aufklebers. Ich las dann, um was es geht und fand das Buch ansprechend. Und - Schande über mich - letztendlich überzeugt hat mich das Zitat aus der Brigitte (:rolleyes), dass ich danach angewidert mein Smartphone in die Ecke pfeffern würde.
    Erst später merkte ich, dass es kein lustiger einfacher Roman ist, sondern ein wirklich richtig gutes Buch. Als ich es vorgestern Abend aus der Hand legte, war ich immer noch sehr erstaunt und fühlte mich irgendwie wie im falschen Film.


    Wo soll ich anfangen?
    Zu dem Inhalt selbst wurde hier ja schon einiges geschrieben. Die 24-jährige Mae fängt also ihre Arbeit bei dem Konzern "Circle" an und wir verfolgen ihre Arbeitsabläufe wie auch die Abläufe beim Circle und die Entwicklung. Mit einigen "Zwischenspielen", was den mysteriösen Fremden angeht und einem in meinen Augen gelungenen Schluss. Die Aufteilung in die drei Bücher finde ich auch gut gemacht, allerdings habe ich mich etwas gewundert, denn Buch 1 wurde ja nicht extra als "Buch 1" begonnen und ich war dann etwas irritiert.


    Wie auch immer - im Buch 1 spielten vor allem Maes Anfangszeiten bei Circle und die Arbeitsabläufe eine große Rolle. Obwohl ich das Buch nicht als einen leichten Roman bezeichnen würde, fand ich Eggers' Stil doch sehr angenehm zu lesen und keinesfalls zu schwierig. Die Arbeitsabläufe und die Kommunikation innerhalb des Konzerns empfand ich auch als wunerbar gut beschrieben, denn mit jedem hinzugekommenen Bildschirm steigte fast schon auch mein persönlicher Stresslevel und mit jedem seltsamen Gespräch mit Kollegen oder Vorgesetzten ist mir fast immer mehr übel geworden. Ich musste mich regelrecht an Kopf fassen, mit dem Kopf schütteln und bei fast jedem neuen Bildschirme eine Pause einlegen, weil mir schwindelig wurde.
    Bei solchen Gesprächen wie mit diesem Portugal-Party-Alistair oder mit Denise und Josiah wäre ich fast wahnsinnig geworden. Ich bin sicher, das liegt auch daran, wie treffend Eggers das Szenario geschildert hat.


    Buch 2 fand ich dann teilweise etwas zäh, durcheinander und es zog sich einfach oft. Solche Szenen wie z.B. diese Haifütterung usw. war mir einfach zu lang beschrieben. Und ich fragte mich immer, was das mit dem Fremden soll. Bis ich irgendwann dachte, ich muss die ganze Zeit ein Brett vorm Kopf gehabt haben. :wow


    Buch 3: Grandios. Mehr kann ich dazu nicht sagen.


    Insgesamt finde ich, dass Eggers sowohl mit seinen kreativen Ideen als auch mit dem Schreibstil eine richtig erschreckende Athmosphäre geschaffen hat, die aber auf mich auch nicht unbedingt unglaubwürdig wirkt. Ich habe wenig Einblick in die Materie, um zu sagen, wie weit solche Schritte heutzutage schon umgesetzt wurden/werden oder geplant sind, ob dies eher Realität sein könnte irgendwann oder doch "nur Spinnerei" und ich habe mich im Laufe des Buches auch damit beschäftigt, wie ich zu der Thematik stehe und mir auch Vorteile von einer solchen Transparenz durch den Kopf gehen lassen. Aber ich habe dennoch das Buch sehr genossen, fand es unglaublich spannend und werde sicherlich noch etwas von Eggers lesen. Denn auch wenn hier nichts war, was mich emotional (im Sinne von "Liebe", "Gefühlswelt",...) einnimmt - was mir in Büchern oft wichtig ist, so hat mich dieses Buch doch in seinen Bann gezogen und mir eben andere tiefe und intensive Gefühle entlockt - Entsetzen und Abscheu waren ganz vorne dabei. Und nachdem ich das Buch ausgelesen habe, konnte ich erstmal kein neues Buch anfangen, weil ich das alles erst ein wenig sacken lassen musste.


    Natürlich könnte man jetzt auch sagen, Eggers übertreibt (und ich hätte das Buch gar nicht als "Science Fiction" eingestuft :grin), aber ich finde es klasse, dass solch ein Szenarion angedacht und durchgespielt wird. Und so ganz absurd finde ich den Plot gar nicht mal.


    Nochmal zu dem "gelungenen Schluss":



    Von mir bekommt das Punkt wunderbare 9 Punkte. Der Abzug des einen Punktes ist einfach aufgrund der leicht aufkommenden Langeweile im Buch 2.

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  • Ich muss mich auch denjenigen anschließen, die das Buch gut fanden, sogar grandios.


    Natürlich, Mae ist absolut naiv und auch der Schreibstil etwas flach und ihre Ausdrucksweise auch.


    Doch trotzdem finde ich, dass man wunderbar sieht, wie die Welt tatsächlich einmal aussehen kann. Denn mal ehrlich, es gibt genug Menschen wie Mae. Die sich nach Anerkennung im Internet sehen und sich selbst nur daran messen wie viele Follower, Freunde oder wie auch immer man in allen sozialen Netzwerken hat (Facebook, Twitter, Instagramm etc).
    Und sind die Menschen nicht auch willens, mehr von ihrem Privatleben preiszugeben? Man schaue sich nur mal auf Youtube an, wie da in so genannten VLOGS viele ihren kompletten Alltag der kompletten Menschheit auf Video zeigen. Die Transparenz, die der Circle erreichen will, wird also bestimmt nicht von allen als schlecht angesehen.


    Das Buch ist in der Hinsicht nicht sooo sehr Science Fiction, als dass das meiste in Ansätzen ja schon vorhanden ist.


    Ich finde Mae als Hauptperson in der Hinsicht gut gewählt, da der Leser sich selbst ein Bild von der Lage machen kann (Mae ist ja generell sehr leicht zu überzeugen und zweifelt selten).


    Dennoch kann man selbst überlegen, ob man das wirklich so wollte, wird von Charakteren wie Mercer und Mae's Eltern dann wieder vom Gegenteil überzeugt.


    Zum Ende:
    [sp] Ich finde das genau richtig. Ich hatte bis zum Ende gehofft, dass irgendwie alles "gut" werden würde und war dann erst mal ein wenig geschockt. Doch dann ist mir bewusst geworden, dass es höchstwahrscheinlich die realistischste Version war, die der Autor gewählt hat. Von einem Charakter wie Mae kann man ja nun wirklich nicht erwarten, dass sie plötzlich ihre Ansichten komplett ändert, nur weil Kalden/Ty das sagt.


    Für alle, die das ganze Buch gelungen fanden: Im April erscheint der Film mit Emma Watson als Mae.

  • Ich kann mich den begeisterten Stimmen nur anschließen.


    Zunächst konnte ich Mae gut verstehen, dass es für sie wie ein Wunder ist, in dieser bekannten und innovativen Firma anfangen zu können. Dass sie Angst hat, ihren Job zu verlieren und teilweise konfus ob der Anforderungen ist.


    Doch irgendwann konnte ich nur noch entsetzt den Kopf schütteln und mich wundern, dass sie nicht einmal aufbegehrt hat und alles hinnahm bzw. sogar bereitwillig mitmachte. Als hätte sie wie in der Schneekönigin einen Splitter im Auge bzw. Herz, mit dem sie alles nur noch verzerrt wahrnehmen kann.


    Mir ging es ähnlich, mit jedem neuen Bildschirm stieg mein Stresslevel. Dazu noch diese Befragungen. :rolleyes Schön, wenn man ein so reges Sozialleben in der neuen Firma hat und sich schnell einleben kann, doch das artet in Zwang aus. Sich zeigen, Fotos schießen, Kommentare abgeben - alles oberflächlich.


    Für mich war dieses Buch ein erhobener Zeigefinger, dass man einfach mal nachdenken sollte, wie öffentlich man sein Leben machen will.


    Ich vergebe 8 Punkte für dieses spannende Buch.


    Ich bin sehr gespannt auf die Verfilmung, die im September in Deutschland ins Kino kommt mit Emma Watson als Mae und Tom Hanks als Eamon. Ich werde mir den Film auf jeden Fall ansehen.

  • Ich bin eher zufällig zu dem Buch gekommen. Es stand bei meiner Mutter im Regal und sie konnte so gar nichts damit anfangen. Ich habe schon mehrerer solcher Bücher gelesen, daher ist die Idee ja hier nicht wirklich neu, auch das Mae einfach alles mitmacht um dabei zu sein, ist irgendwie auch nicht neu. Trotzdem wollte ich wissen, wie es ausgeht, wer Kalden ist, war mir sofort klar, auch hier kein Geheimnis, außer das Mae ziemlich lange auf dem Schlauch steht.


    Trotzdem für mich immer wieder eine Mahnung, nicht alles mit zu machen, sich nicht völlig gläsern da zu stellen, mal eine Pause einlegen. Denn wenn ich ehrlich bin,war ich schon beim Lesen, was Mae so alles posten, liken usw. machen muss total genervt und gestresst. Wenn man sowas 24 Std. machen muss, wird man doch verrückt - oder fällt ins Koma.


    Kann man lesen, muß man aber nicht.


    Und es ist keine Dystopie keine Fantasy - es ist einfach nur ein Roman, der irgendwie schon in der Gegenwart spielt.

  • Mir hat das Buch auch gut gefallen, vor allem aufgrund seiner aktuellen Relevanz. Literarisch, insbesondere stilistisch ragt es definitiv nicht heraus, aber dasselbe kann man durchaus von Orwells 1984 behaupten, mit dem es nicht ganz treffend verglichen wurde. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass es sich beim Circle keinesfalls um eine Utopie / Dystopie handelt, sondern bereits (fast) ausgereifte Entwicklungen nur überspitzt (konsequent?) weitergedacht werden.


    Mit Maes zweifellos vorhandenen Naivität hatte ich keinerlei Probleme, ebensowenig mit ihrer durchaus begrenzten Entwicklung im Verlauf des Romans, weil ich beides für absolut realistisch halte. Sie ist dem Circle und seiner perfiden Argumentation auf den Leim gegangen und fühlt sich in ihrer Verblendung gar erleuchtet, sodass ich eine späte Einsicht unrealistisch und als Aussage der Geschichte kontraproduktiv gefunden hätte. Die Kritik an ihrer Sicht wird nicht nur durch Ty und Annie deutlich genug zum Ausdruck gebracht. Wer das Buch gelesen hat, weiß, wovon ich spreche, auch ohne dass ich spoilern müsste.


    Darcy schrieb weiter oben, Der Circle sei für sie ein Horror-Buch und zum Fürchten. Dem kann ich mich nur anschließen, und gerade weil die geschilderte Drohung so realitäts- und zeitnah scheint, finde ich das Buch wichtig, wenn auch, wie bereits ausgeführt, gelegentlich etwas schlicht umgesetzt. Der ideologische Boden für den intensiven und großflächigen Mißbrauch moderner Internet-Technologien ist meiner Meinung nach bereits weitaus stärker bereitet, als ich es mir wünschte, und von Maes, die irgendwelchen pseudohippen Gurus a la Steve Jobs (jetzt auch schon von FDP-Lindner mit Eifer kopiert :lache) zu Füßen liegen, wimmelt es weltweit nur so. Wie sonst wäre es zu erklären, dass Menschen massenhaft, mit Freude und teilweise beschämend ihre Privatsphäre in die Öffentlichkeit kübeln, während noch vor wenigen Jahrzehnten gegen vergleichsweise harmlose Erhebungen wie die Volkszählung und den Mikrozensus rebelliert wurde? Da hat sich einiges gedreht, für meinen Geschmack nicht zum Besseren, und diese Gefahr anzuprangern, ist der Verdienst dieses Romans.


    LG harimau :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Ein heftiges Buch, gerade gegen Ende. Beeindruckend. Und wichtig! Aber leider – und da muss ich mich meinen Vorschreibern anschließen - auch stellenweise langatmig.


    „Circle“ zeigt für mich sehr gut, wo die Suche nach dem Perfekten, die „schöne, neue Welt“ hinführen kann und lässt die LeserInnen auf die „richtigen“ Fragen kommen: Wollen wir das? Wo sind die Grenzen? Und vor allem: Wie können wir diese Grenzen schützen? Ein Buch, in dem sehr viel mehr drinsteckt, als auf den ersten Blick scheint und zu dem man stundenlang diskutieren kann.


    Aufgezeigt wird das am Beispiel von Mae, einer neuen jungen Mitarbeiterin des Circles. Für mich ist Mae nicht sonderlich naiv oder dumm – und genau das ist ja das Erschreckende daran. Das Buch beschreibt einen „normalen“, jungen Menschen, der in seinem neuen Traumjob alles gut und richtig machen will (durchaus nachvollziehbar und gutzuheißen). Und dann mit ganz alten pädagogischen Mitteln, mit Lob und Anerkennung (Smileys!) bzw. „Tadel“ (in Form von unangenehmen, bohrenden Gesprächen) in eine ganz bestimmte Richtung gelenkt wird. Davor sind wohl die wenigsten geschützt. Und irgendwann ist Mae „verführt“, gefangen in ihrer digitalen Wohlfühlwolke, dass sie alles andere nicht mehr wahrnimmt bzw. nicht mehr wahrnehmen will. Menschen sind manipulierbar, wie das Buch an ganz vielen kleinen Beispielen zeigt, und gerade das ist wohl die größte Gefahr von allen.


    Am Rande 1: gerade diese ständige Bestätigung auf höchstem Niveau, die erwartet und geradezu eingefordert wird, finde ich höchst problematisch. Das erzeugt ein völlig falsches Selbstbild (sehr schön am Beispiel von Francis zu sehen!).


    Das Buch fand ich anfangs sehr fesselnd, als wir mit Mae ihren neuen Arbeitsplatz und die neuen Möglichkeiten erkunden und auch am Ende nimmt es wieder Fahrt auf. Zwischendurch hat es seine Längen und wenn ich nicht gerade zufällig viel Lesezeit gehabt hätte, hätte ich es vielleicht gar nicht durchgehalten. Da hätte eine sinnvolle Straffung gutgetan. Gegen Ende fand ich es stellenweise hart zu lesen, es wird zunehmend gruselig und immer, wenn ich dachte, jetzt kann es doch nicht noch schlimmer kommen, setzt Eggers nochmal einen drauf. Stilistisch ist es ein einfaches Buch, auch ohne Nebenstränge: Mae geht von hier nach dort und lässt von XY schlaue Reden halten.


    Der Schluss: Ja, er passt in seiner Radikalität, ist für mich aber nicht ganz „rund“.


    Es ist richtig, dass das Buch amerikanische Verhältnisse abbildet und es nicht so einfach nach Europa, speziell nach Deutschland übertragbar ist. Gerade nach der Datenschutzgrundverordnung, die sicher oft nervig ist, aber auf alle Fälle das Bewusstsein für schützenswerte persönliche Daten geweckt hat. Das tut aber für mich der Grundaussage keinen Abbruch, denn freiwillig geben überall auf der Welt Menschen ihre Daten her.


    Am Rande 2: Ich fand es immer unfreiwillig komisch, wenn zwar Maes Arbeit digital 100 % nachzuvollziehen ist, es aber trotzdem einen Teamleiter braucht, der morgens und nach der Mittagspause die E-Mail-Schleuse öffnet und pünktlich um 17 Uhr schließt. :rolleyes:


    Am Rande 3:


    Hier regt sich noch jemand über Mae auf. Gemeingefährlich, das trifft es gut, wie ich finde.
    (Achtung, enthält Spoiler!

    Der Artikel hinter dem Link ist wirklich gut und beleuchtet nochmal eine ganz andere Seite. :thumbup:Empfehlenswert! Allerdings lese ich es ganz anders als Aeria.


    Fazit: Ein wichtiges Buch mit vielen nachdenkenswerten Gedankenanstößen, leider auch mit Längen. Deswegen 8 Eulenpunkte von zehn.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Dank dem Tipp von Gummibärchen habe ich den Circle dieses Jahr ja auch gelesen. Ich habe jedoch momentan keine Ruhe, einen Leseeindruck zu verfassen.


    Allerdings war ich heute über die Jobplattform StepStone kurz geschockt, und habe mich dann gefragt, ob es Unwissen oder Absicht ist:


    Persönlichkeitstest hilft, Menschen und Jobs besser zu matchen

    Doch wie können Menschen herausfinden, welche Soft Skills sie besitzen? StepStone hat dafür den TrueYou Persönlichkeitstest entwickelt. Anhand einiger kreativer Fragen erhalten Menschen einen detaillierten Persönlichkeitsreport, der ihnen zeigt, welche persönlichen Eigenschaften bei ihnen besonders ausgeprägt sind. "Wir bei StepStone wollen, dass jeder Mensch den richtigen Job findet. Um sich bei einem Arbeitgeber wohlzufühlen, kommt es aber nicht nur darauf an, dass der Lebenslauf dem Anforderungsprofil entspricht. Auch die Persönlichkeit eines Menschen muss zum Job und zum Unternehmen passen", sagt Schröder. "Deshalb messen wir auch die persönlichen Faktoren von Jobsuchenden, um ihnen künftig automatisch den Job vorzuschlagen, der wirklich zu ihnen passt."

    [...]

    Mit dem TrueYou Persönlichkeitstest hat StepStone einen statistisch validierten psychometrischen Test entwickelt, der sich speziell für die Bewertung der Persönlichkeit von Menschen im Kontext einer Unternehmenskultur eignet. Hierbei wird ein proprietärer psychometrischer Algorithmus (PPA) angewandt: Das weit verbreitete Big-Five-Modell aus der Persönlichkeitspsychologie wurde um die drei Faktoren Antrieb, Autorität und Emotionale Intelligenz (Empathie) erweitert, die für den Arbeitskontext relevant sind. In dem Persönlichkeitstest erhalten Bewerber*innen und Arbeitnehmer*innen nach der Beantwortung von mindestens 18 Fragen einen ausführlichen TrueYou Report, der Aufschluss über die eigenen Stärken und den eigenen Organisations-, Denk-, Führungs- und Motivationsstil gibt.

    Mal sehen, wann SeeChange fürs Homeoffice kommt...

  • baro

    Jetzt muss ich ganz naiv fragen - was konkret schockt Dich daran?

    Es gibt ja einige Persönlichkeitstests, die ich generell gar nicht mal so schlecht finde (nicht alle, kommt immer auf die Tests an - ich müsste jetzt recherchieren, aber ich meine solche, die wirklich gut validiert wurden und sich jahrelang bewährt haben, weil sie auf wissenschaftlichen Theorien beruhen). Und generell denke ich schon, dass ein Job zu einem Menschen auch passen sollte, wobei die "Passung" natürlich eine nicht ganz so einfache Geschichte ist.


    Problematisch könnte hier "das Kleingedruckte" sein - also, wenn der Arbeitgeber da was erfährt und so. Aber wenn es nur für einen selbst ist, halte ich das durchaus für eine gute Überlegung. Sofern der Test denn wirklich aussagekräftig ist. Wenn der von StepStone selbst entwickelt würde, wäre ich skeptisch, denn so einfach ist die Testentwicklung ja nun auch wieder nicht.


    Ich hab noch was im Hinterkopf - falls ich es finde, editiere ich hier noch.


    Edit: Gefunden - neben den Tests, die sonst so verwendet werden (z.B. BIP- Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung), habe ich irgendwann von Explorix gehört. Habe den noch nie gemacht, aber ich finde das Modell dahinter (RIASEC) sehr gut und ansprechend.

    Klar, das braucht nicht jeder, aber im Bereich des Coachings, der Findung nach dem geeigneten Job usw. finde ich solche Tests grundsätzlich brauchbar, um sich auch einfach mit sich und seinen Fähigkeiten/Eigenschaften auseinanderzusetzen. Aber das ist hier evtl. fehl am Platz und ich habe ohnehin keine Ahnung, was Dich genau schockt. Mich verwundert nur, dass es anhand von 18 Fragen gehen soll. Halte ich für sehr wenig bei der Thematik.

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  • Der Name. TrueYou war ja beim Circle so genannt.


    Ach sooo.

    Danke für die Erklärung. Das finde ich dann schon etwas grenzwertig. Sehr ungünstige Absicht oder hat da jemand gepennt bei StepStone? :gruebel

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  • Irgendwie ist das Buch seinerzeit komplett an mir vorbei gegangen, erst durch ein Gespräch mit meiner Freundin wurde ich darauf aufmerksam.

    Das Thema des Buches hat ja an Aktualität nichts verloren, von daher konnte ich es stellenweise nur kopfschüttelnd lesen.

    Vor allem habe ich meinen Kopf über Mae geschüttelt, wie man stellenweise so naiv sein kann und sich so manipulieren lassen kann. Die Geschichte an sich spiegelt ja komplett unsere Zeit wieder, daher konnte mich hier nichts wirklich überraschen. Selbst das Ende nicht, denn nach all dem was ich bereits gelesen hatte, und wie sich der Charakter Mae entwickelt hatte, war es sehr absehbar. Auch fand das Buch stellenweise sehr zäh, vor allem, wenn diese Massengehirnwäschevorträge kamen. Hier musste ich mich echt zwingen weiterzulesen.

    Ich denke, von der Story her hätte das Buch mehr Potenzial gehabt. Ich wollte eigentlich "Every" noch lesen, aber ich denke, das lasse ich erst mal.

    Für mich war das Buch eher Durchschnitt, nichts was ich guten Gewissens weiter empfehlen könnte.

    5 Punkte von 10