• Für mich war die Wiedervereinigung damals aus sehr persönlichen Gründen eine ganz große Sache. Und ich zahle noch heute lieber für ihre Folgen als für die Rettung maroder Banken. :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Ich hätte meine besten Freunde und Patenonkel meiner Kinder niemals kennen gelernt. Klar, dann hätte ich andere beste Freunde und andere Pateneltern, aber ich bin trotzdem glücklich, dass alles so gekommen ist und ich will diese Menschen und all ihre Geschichten und Feinheiten trotzdem nicht gemisst haben. :-)

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Die Sache mit dem Grenzzaun in Ungarn habe ich noch eher mit Staunen wahrgenommen. Als Genscher dann auf dem Balkon in Prag Stand hab ich geheult und auch heute kommen mir da noch die Tränen.


    Da war mir dann klar, dass da etwas passiert, was meine Kinder später mal in der Schule lernen würden. Erlebte Geschichte halt.


    Für die Familie meines Mannes bedeutet drei Mauerfall auch eine Wiederzusammenführung der Familie. Der Onkel lebt mit seiner Familie westlich von Berlin und auch wenn sie sich zu DDR Zeiten regelmässig gesehen haben, ist es jetzt halt auch deutlich einfacher.


    Und zum Thema Kosten: wenn wir nicht für die Wiedervereinigung bezahlt hätten, wäre unseren Politikern garantiert was anderes eingefallen, wofür sie uns das Geld aus der Tasche gezogen hätten.

  • Mich irritiert gerade ziemlich, beim Nachdenken über diese ganzen Ereignisse, dass ich damals tatsächlich keinerlei Emotionen zur Maueröffnung hatte.
    Und das, obwohl der Kerl, den ich als ersten (und einzigen :lache) Mann jemals heiraten wollte, in der DDR lebte. Wir waren fünf, und weil wir uns nicht einigen konnten, ob wir in der BRD oder der DDR leben wollten (und ob ich bei der Hochzeit Schleier oder Hut tragen würde), haben wir das Projekt aufgegeben.


    Nach der Maueröffnung habe ich spontan eine Tour de DDR gemacht, mit meinem alten Opel Kadett, und ihn als erstes besucht. Wir sind immer noch ziemlich gute Freunde, was wohl ohne das Ende der DDR nicht möglich gewesen wäre. Auch zu den meisten anderen Menschen, die ich damals besucht habe, habe ich bis heute Kontakt, auch der wäre sicherlich versandet. Aber das alles habe ich erst später gemerkt, zu DDR-Zeiten hatte ich keine Sehnsucht nach Wiedervereinigung, das war ganz eindeutig außerhalb meiner Vorstellung.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich lebe nun schon im 15. Jahr ganz freiwillig in Magdeburg, Sachsen-Anhalt und bin schon lange angekommen, heimisch geworden.


    Zu gerne würde ich den Motzköppen meine neue Heimat mal wirklich zeigen. Sie beschränkt sich nämlich leider nicht nur auf die mehr oder weniger aufsteigenden und blühenden größeren Städte - sondern eben auch aus dem Umland, und man muß nicht weit und lange fahren um zu sehen, was dort geschieht...


    NÜSCHT!


    Verfall, Überalterung, Abwanderung. Von Geldern weit und breit nichts zu spüren. Wenn ich diese Phrase höre, der Soli wird in den Osten gepumpt und im Westen verfällt alles, übersäuert mein Magen.


    Regionen, die es aus welchen Gründen auch immer nicht schaffen, sich für Volk UND Wirtschaft attraktiv zu gestalten, verkommen und verfallen. Und das im Norden, Süden, Osten, Westen.


    Um es mit Ralph McTell zu sagen

    Zitat

    Let me take you by the hand and lead you through the streets of London. I'll show you something to make you change your mind.


    Danach sollte sich jeder in Grund und Boden schämen, der mit dieser unsäglichen Soli-Diskussion anfängt. Dieses Land hat schon vor dem 2. Weltkrieg eine GEMEINSAME Geschichte und daher dürfte sich die Frage, ob eine Wiedervereinigung sinnvoll oder nicht war, erübrigen. Es hätte erst gar nicht auseinandergerissen werden dürfen. Meine 2 Cent

  • Zitat

    Original von DraperDoyle
    Aber das alles habe ich erst später gemerkt, zu DDR-Zeiten hatte ich keine Sehnsucht nach Wiedervereinigung, das war ganz eindeutig außerhalb meiner Vorstellung.



    Für mich ist das der Punkt: Eine Wiedervereinigung war für mich nicht vorstellbar. Und dann passiert es doch ... Das berührt mich noch heute.

  • Inso, ich denke, die ganze Soli-Debatte ist einfach eine Neid-Debatte. Das westdeutsche Establishment wurde in seinen Grundfesten erschüttert, mit der DDR ist auch die alte BRD untergegangen.
    Das hat nur keiner so konkret gemerkt, nicht unmittelbar mit der Ehemaligen verbundenen Menschen schien alles beim Alten (was sich daran zeigt, dass ein großer Teil der Westdeutschen den Teil Deutschlands, der plötzlich zu ihrem Land hinzukam, noch nie besucht hat. Fragt sich, wie oft der Herr aus H. schon im schönen Osten war).
    Nun hat sich etwas geändert. Irgendwie war zwar früher alles besser, selbst dem härtesten Marktliberalen fällt aber auf, dass zur Zeit die Welt aus den Fugen gerät. Diese ganze Geschichte, der Markt, der uns über Jahrzehnte als einzig wahre Weltordnung verkauft wurde, funktioniert nicht mehr, selbst Staatsanleihen sind, aufgrund der Staatsverschuldung, keine sichere Bank mehr. Dass dies unmittelbar die Folge des Untergangs des Ostblocks, des ärgsten Feindes, ist, ist natürlich bitter. Da ist es leicht zu sagen, das die Milliarden, die im Osten landeten, Schuld an der ganze Misere sind. Dass dieses Geld freilich zum großen Teil in den Taschen privater westdeutscher Unternehmen landete, interessiert keinen.


    Mir geht es auch so, dass ich die Menschen aus dem Westen mal bei der Hand nehmen und durch Leipzigs voordergründig sehr schönen Straßen führen möchte. Da sitzen keine alten Männer auf der Straße, aber hinter den Fassaden wohnen Leute, deren Welt sich vor über zwanzig Jahren komplett auf den Kopf gestellt hat. Alles wurde anders. Wo bekam die Oma jetzt ihre Rente her und wieviel? Was, wenn der Betrieb, für den man dreißig Jahre im Gefühl absoluter Beständigkeit gearbeitet hatte, plötzlich nicht mehr existiert? Wenn das Studiensystem von heute auf morgen ein komplett anderes ist?
    Die meisten dieser Menschen haben das ziemlich souverän gemeistert, aber dabei wirklich interessante Geschichten zu erzählen.


    Zu mir meinte einmal eine ältere Kollegin: "Wir mussten alles neu lernen, und die Wessis kapieren nicht mal, wie der grüne Pfeil funktioniert!" Das bringt's irgendwie auf den Punkt.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • 25 Jahre Freiheit und was macht das dumme Ossi-Pack? Statt sich über blühende Landschaften zu freuen und für die gebratenen Broiler, die überall durch die Gegend fliegen, auf Knieen rutschend den edlen (und weniger edlen) Spendern des Soli-Beitrags zu danken, wünschen sie sich die Tätärä zurück samt Honni und Mauer und Stacheldraht. Das war wirklich Perlen vor die Säue. Bei der nächsten Wiedervereinigung machen ich und mein Stammtisch nicht mehr mit! Prost.

  • Ja, die Ossis haben es nun mal versemmelt. Und bis heute zahlen wir (Westdeutschen) die Zeche.
    Btw habe ich den Eindruck, dass sich bedeutend mehr Westdeutsche als Ostdeutsche die Mauer zurückwünschen :gruebel

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Ich bin immer wieder überrascht davon, wieviele Menschen immer nur das verstehen was sie verstehen wollen. Sind diese intellektuell nicht in der Lage etwas so zu verstehen wie es aufgeschrieben wurde - oder verstehen sie "miss" aus reiner Bosheit. Darüber sollte man vielleicht einmal nachdenken. Allerdings wundere ich mich über Arters Beiträge schon lange nicht mehr.


    Und sehr geehrte Frau DD - ich bin während der DDR-Zeit sehr oft dort gewesen (Verwandte mussten ja besucht werden) und auch nach der "Wende" war ich sehr oft dort, in Leipzig oft und in Dresden sehr oft.



    Zitat

    Btw habe ich den Eindruck, dass sich bedeutend mehr Westdeutsche als Ostdeutsche die Mauer zurückwünschen Grübeln


    Schon mal überlegt warum das vielleicht so sein könnte? Oder war das mal wieder nur eine Bemerkung, einfach so rausgehauen?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Das Schöne an der "nachwachsenden" Generation, also an meinen Kindern beispielsweise ist, dass es sie nicht im Geringsten interessiert, ob ihre Kumpels "Ossis" oder "Wessis" sind. Oder auch, in welchem Teil der Stadt sie sich jetzt grade befinden. Fragt das sonst JEDER, der zu Besuch kommt. War das hier jetzt Westen oder Osten? Wieso ist das wichtig? Klar, Berlin lebt von der interssanten Stadtgeschichte, aber das ist Vergangenheit und ich hoffe, dass sich dieses Empfinden auch in den Köpfen weiter festsetzen wird.

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)

  • Zitat

    Original von rienchen
    Das Schöne an der "nachwachsenden" Generation, also an meinen Kindern beispielsweise ist, dass es sie nicht im Geringsten interessiert, ob ihre Kumpels "Ossis" oder "Wessis" sind. Oder auch, in welchem Teil der Stadt sie sich jetzt grade befinden. Fragt das sonst JEDER, der zu Besuch kommt. War das hier jetzt Westen oder Osten? Wieso ist das wichtig? Klar, Berlin lebt von der interssanten Stadtgeschichte, aber das ist Vergangenheit und ich hoffe, dass sich dieses Empfinden auch in den Köpfen weiter festsetzen wird.


    Das wird sie. Wenn man Teil der Zeitgeschichte ist, verfällt man leicht der Versuchung, dieses oder jenes Ereignis aus der sehr persönlichen Sicht so zu kommentieren, als ließe es sich noch abwenden oder zumindest ändern. Der Zug aber ist abgefahren. Aus einer jahrezehntelangen Entwicklung hat sich eine massive Änderung ergeben, die dann Teil der Geschichte geworden ist. Darüber regen sich, wenn überhaupt, immer nur diejenigen auf, die diese Veränderung miterleben, weil sie sie nicht gutheißen oder anders gewünscht hätten oder auch, weil sie keinen direkten Einfluss haben nehmen können.


    Ist die Veränderung erst einmal Teil der Geschichte, greift der schöne Begriff von "der normativen Kraft des Faktischen". Dann isses gelaufen. Und künftige Generationen werden es mit den Jahren immer stärker als selbstverständlich und völlig normal ansehen.


    Und das ist gut so. Im Falle der Vereinigung - trotz aller Geburts- und Nachwehen, die bei solch einem gewaltigen Ereignis selbstverständlich sind - ganz besonders gut.

  • Lieber Voltaire,


    ich würde dich gern verstehen wollen. Könntest du erklären, warum du die Wiedervereinigun rückgängig machen wollen würdest?


    Ich sehe mich als Deutsche und nicht als Ossi oder Wessi, denn ich war 5 Jahre alt als die Wende war und weiß von davor nicht mehr wirklich etwas. Ich habe sowohl in Westdeutschland als auch in Ostdeutschland gelebt und kann nicht verstehen, warum die Mauer immer noch in den Köpfen drin ist.


    Meine schlimmste Erfahrung als ehemalige DDR- Bürgerin: Ein Kollege mit Mitgrationshintergrund meinte mal zu mir, dass er ja dann länger Deutscher sei als ich. Hat man dazu noch Worte? Ich war jedenfalls zutiefst erschüttert. :cry

  • tja, die Leute sagen ja immer: früher war alles besser.... Blöd nur, daß die Leute früher auch schon immer gesagt haben, das noch früher alles besser war.


    Wann war es dann richtig toll???? Zu Zeiten der Dinos?


    Ich find es gut wie es ist und altem nachtrauern bringt doch nichts. Mittlerweile sind wir auch mehr im Osten als im Westen unterwegs, einfach weil da mehr mit dem Hobby meines Mannes läuft.
    Manchmal wundert sich man zwar über die Unwilligkeit gerade in kleineren Orten und Lokalitäten, Geld zu verdienen, aber man gewöhnt sich auch da dran.
    Fällt ganz einfach unter andere Länder andre Sitten..... Ich denke in Hamburg gibt es auch Sitten und Eigenarten, die ich seltsam finden würde, wenn ich da öfter wäre. ;-)

  • Zitat

    Original von nicigirl85
    Lieber Voltaire,


    ich würde dich gern verstehen wollen. Könntest du erklären, warum du die Wiedervereinigun rückgängig machen wollen würdest?


    Wo habe ich das denn geschrieben? :gruebel
    Ich habe geschrieben, dass man seinerzeit in der DDR eine großartige Chance versemmelt hat.
    Und rückgängig machen kann ich eh nichts. Will ich auch gar nicht.
    Denn wer sollte das denn auch wieder bezahlen?

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

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  • Zitat

    Original von shaiara
    Ein paar Millionen Menschen haben ihre Freiheit gewonnen und hier wird über das "rausgeworfene" Geld diskutiert.
    Unglaublich..


    Nee - echt jetzt. Das durfte nun wirklich nicht kommen.
    Freiheit? Was ist das denn eigentlich?
    Wie war das doch gleich?
    Im Kapitalismus werden die Menschen von Menschen ausgebeutet - im Sozialismus ist es genau umgekehrt.
    Die Menschen in der DDR sind von der einen Abhängigkeit in die nächste Abhängigkeit gerutscht.
    Und dieses "Freiheitsgesäusel" hat doch schon damals von den Verantwortlichen niemand ernst genommen.


    Die Menschen in der DDR haben sich in Bezug auf Freiheit selbst ins Knie geschossen. Sie hätten etwas wirklich Neues machen können.
    Aber sie wollten die D-Mark - nichts anderes.
    Es ging ihnen nicht um Freiheit (Was immer das ist) - es ging ihnen um Konsum, es ging ihnen darum am kapitalistischen Leben teilzunehmen.


    Und wir haben hier damals schon begonnen zu rechnen was das die öffentliche Hand kosten würde. Das war das was uns in der öffentlichen Verwaltung interessierte. Da war nichts mit Freiheit oder Idealismus.
    Es ging ums Geld. Denn das war auch damals das was zählte.


    Einfach mal in den Einigungsvertrag schauen. Da wird nicht von Freiheit gesülzt. Da geht es um handfeste finanzielle Dinge. Und nur um die.


    Diese ganze "Freiheitseuphorie" hat vielen den Blick auf die Realität verstellt. Denn hätte sich die Wiedervereinigung für die westdeutsche Wirtschaft nicht gerechnet - dann hätte sie es nicht gegeben.
    Aber nicht die Wirtschaft hat bezahlt.
    Bezahlt hat der Steuerzahler.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Der "Steuerzahler" , der die Einigung bezahlt hat, bezahlt also demnach auch in ein System, in dem Menschen Menschen ausbeuten, den Kapitalismus. Und der doofe Ossi will das auch sogar noch freiwillig, anstatt mal einfach nen Vogel zu zeigen. Interessant. Dann schließt sich ja der Kreis. :grin

    Ailton nicht dick, Ailton schießt Tor. Wenn Ailton Tor, dann dick egal.



    Grüße, Das Rienchen ;-)