'Lange hatte ich Angst in der Nacht' - Seiten 084 - 153

  • Ich fand es interessant, dass die Schriftestellerin und Arsene sich sozusagen gegenseitig geheilt haben. Arsene war mir sympathisch. Suzannes Trauma habe ich jetzt nicht als Vergleich zu seinem Schicksal gesehen. Ich denke ihre Empathie galt Arsene, auch, oder weil sie über ihn schreiben wollte.
    Sympathisch waren die Adoptiveltern, obwohl sie nur eine Nebenrolle im Buch spielen.
    Diese "Du Form" für Arsenes Sicht hat seinen Zweck, doch es ist gewöhnungsbedürftig. Ein ganzes Buch mag ich so eher nicht lesen.
    Das die Adoptivmutter zwei verschiedene Namen im Buch hatte, ist mir gar nicht aufgefallen :gruebel

  • Für ein Trauma und seine Intensität ist der Entstehungsgrund egal. Den psychischen Folgen ist nicht wichtig, warum sie auftreten. Nach meiner Einschätzung ist das eine der Botschaften des Buchs.


    Der eine überlebt ohne Trauma eine Mißhandlung im Krieg, der andere verzagt, wenn er mit dem Alltag nicht klarkommt. Tragisch ist beides, aber nicht die Autorin wog beide Erscheinungsformen auf, sondern hier eher der ein oder andere Leser. ;)

  • Der eine überlebt ohne Trauma eine Mißhandlung im Krieg, der andere verzagt, wenn er mit dem Alltag nicht klarkommt. Tragisch ist beides, aber nicht die Autorin wog beide Erscheinungsformen auf, sondern hier eher der ein oder andere Leser.

    Stimmt.

    Aber das ist doch auch ok so, oder?

    Jeder Leser liest, empfindet und wertet auf seine ganz persönliche Weise, gerade bei einer solchen Geschichte, die mehr auf Gefühlen und Wahrnehmungen fußt als auf einer Handlung.

  • Es ist leider immer wieder so, dass man sich kaum traut, auch nur die leiseste kritische Anmerkung zu einem Buch zu machen, wenn man dieses gratis bekommen hat. Vielleicht sind solche Leserunden wirklich nichts für mich...

    Woher nimmst Du diesen Eindruck? Kritisieren kann man doch immer. Aber man muss auch damit leben können, dass man seine Kritik eventuell argumentativ erläutern muss. Und hier hat noch nicht einmal jemand versucht, Dir Deine Kritik auszureden. :/

  • Aber mal abgesehen von Kritik, doppelter Namensgebung und ähnlichem. Das Buch hat letztlich drei bis vier Handlungsstränge: Arsene in Afrika, Arsene in Frankreich, Suzanne als Kind und Suzannes Nachmieterin in der ehemaligen Wohnung. Bei 150 Seite ist da ganz schön viel gewollt, finde ich. Und am spannendsten sind dann vor allem Arsenes Erzählungen. Hätten die nicht gereicht? Brauchte man wirklich noch eine Suzanne mit Schicksalsschlag? Und dann noch in der Ausführlichkeit? Aber hätte man auch noch mehr aus Ruanda erfahren müssen oder reichte es nicht so auch schon aus, um Arsenes Trauma nachvollziehen zu können?


    Mir war das Buch insgesamt etwas zu kurz, der Schreibstil etwas zu reduziert, um wirklich großen Nachhall in mir zu verursachen. Einzig Ruandas jüngere Geschichte ist mir jetzt wieder ein wenig präsenter.

  • Woher nimmst Du diesen Eindruck? Kritisieren kann man doch immer. Aber man muss auch damit leben können, dass man seine Kritik eventuell argumentativ erläutern muss. Und hier hat noch nicht einmal jemand versucht, Dir Deine Kritik auszureden. :/

    Ich sehe das genau so, ich bin hier noch nie für meine Kritik verurteilt worden und ich denke auch jeder Autor kann mit Kritik gut umgehen, solange sie sachlich rübergebracht wird und man nicht persönlich oder beleidigend wird. Es kann niemals jedem jedes Buch gefallen, das ist ja normal. Und eine Leserunde ist genau dafür da. Ich finde es sehr spannend zu lesen was jemandem hier an einem Buch nicht gefallen hat, was ich z.B mega gut fand und andersrum auch. Und letzendlich bekommen einige Leser das Buch ja auch im Vorwege um es zum Test zu lesen und zu bewerten. Man muss dann nicht aus Dankbarkeit "rumschleimen", das ist gar nicht gewollt, denke ich. Aber jeder macht das anders. Ich hab z.B ein Regal nur für Bücher, die ich netterweise testlesen durfte, für mich ist das eine Ehre und ich behalte jedes dieser Bücher, egal wie ich das Buch nachher bewerte. Wollte das einfach mal sagen, und ich fühle mich sehr wohl hier:liegestuhl

  • Aber mal abgesehen von Kritik, doppelter Namensgebung und ähnlichem. Das Buch hat letztlich drei bis vier Handlungsstränge: Arsene in Afrika, Arsene in Frankreich, Suzanne als Kind und Suzannes Nachmieterin in der ehemaligen Wohnung. Bei 150 Seite ist da ganz schön viel gewollt, finde ich. Und am spannendsten sind dann vor allem Arsenes Erzählungen. Hätten die nicht gereicht? Brauchte man wirklich noch eine Suzanne mit Schicksalsschlag? Und dann noch in der Ausführlichkeit? Aber hätte man auch noch mehr aus Ruanda erfahren müssen oder reichte es nicht so auch schon aus, um Arsenes Trauma nachvollziehen zu können?


    Mir war das Buch insgesamt etwas zu kurz, der Schreibstil etwas zu reduziert, um wirklich großen Nachhall in mir zu verursachen. Einzig Ruandas jüngere Geschichte ist mir jetzt wieder ein wenig präsenter.

    Suzannes Schicksal sollte dazu dienen, zu zeigen, dass die zwei sich gegenseitig geholfen haben, mit dem Aufschreiben der Geschichte.
    Trotzdem wäre mir auch Arsenes Geschichte allein auch lieber gewesen. Vielleicht mit etwas mehr über sein Leben vor der Flucht und danach.

  • Ich bin fertig und sehr zwiegespalten. Mir wäre es am liebsten gewesen, die Geschichte hätte auf S. 104 geendet, also nach Susannes Besuch bei den Adoptiveltern.


    Danach wird vieles nochmal wiederholt, die Mutter heißt plötzlich Annie und nicht Paule, Susanne verabschiedet sich nochmal von der Wohnung, obwohl beim ersten Weggang von dort bereits beschrieben wurde, dass sie das letzte Mal dort war und, und, und.

    Das ist ganz schön ärgerlich. Mir hat auch nicht gefallen, dass Susanne feststellt, dass sie, aufgrund ihrer eigenen Erfahrung genau weiß, womit Arsène leben muss. Das kann sie gar nicht wissen. Diesen Vergleich mochte ich überhaupt nicht. Ich verstehe auch nicht, wieso die Autorin das betonen musste.

    Über die Rezi muss ich jetzt noch nachdenken.

  • Ich habe heute morgen die letzten Seiten gelesen und kann mich den zwiegespaltenen Stimmen anschließen.


    Insgesamt hat mir die "Du"-Form ganz gut gefallen, nachdem ich mich einmal daran gewöhnt hatte. Trotzdem hatte ich hier ab und an das Problem, dass mich die Sprach vom Inhalt abgelenkt hat. Gefühlt rührte das einfach daher, dass die Verbformen sich beim Lesen komisch "angefühlt" haben.


    Suzannes Schicksal empfand ich auch etwas zu viel. Zwar glaube ich, dass es traumatisch für ein Kind sein kann, in frühen Jahren seinen Vater zu verlieren und mit der Trauer quasi alleine da zustehen, einfach weil die Mutter selber nicht weiß, wie sie damit umgehen soll. Auf der anderen Seite, empfand ich diese Geschichte als zu "gewollt". Für mich hat es den Eindruck gemacht, als wollte die Autorin einen Konterpart für Suzanne schaffen, damit sie sich vermeintlich besser in Arsène hineinversetzen kann.

    Ja, ich fand ihre Art auch selbstmitleidig und ihre selbstsüchtige Gleichgültigkeit der alten Frau gegenüber, die sie mehrfach in "ihrer" Wohnung aufsucht um sich dort fast ausschließlich mit sich selbst und der Trauer um den Vater zu beschäftigen, hat mich sehr unangenehm berührt.

    Das fand ich auch schlimm. Da hat die arme Frau gerade ihren Mann verloren und hat andauernd die komische Frau bei sich sitzen, deren Vater dreißig Jahre zuvor gestorben ist, und die sie dann immer noch trösten muss. Nachdem Suzanne dann mit ihrer Trauerbewältigung fertig war, hieß es, dass sie die Wohnung nun ein letztes Mal gesehen habe. Da hatte ich schon das Gefühl, dass Suzanne nun, da sie mit ihrer Trauer besser umgehen kann, die alte Dame alleine lassen kann. Dass sie später doch noch mal wieder kommt hat mich dann irgendwie irritiert.


    Insgesamt bin ich mit Suzanne nicht wirklich warm geworden. Auf der anderen Seite waren mir die Adoptiveltern schon fast etwas zu verständnisvoll. Ich empfand es als etwas übertrieben, dass sie auf Anhieb immer alles richtig gemacht haben. Zwar haben sie (beide?) eine pädagogische Ausbildung, trotzdem hätte ich mir bei ihnen ein paar mehr "Ecken" gewünscht. Vielleicht hätte es da schon gereicht, wenn sie im "hier und jetzt" etwas präsenter gewesen wären? :gruebel


    Arsènes Geschichte hat mich hingegen bis zum Schluss gefesselt. Bis zum Schluss hat er es geschafft, seinen Koffer, mit dem er schon so viel auf seiner Flucht durchgemacht hat, zu behalten. Schlimm fand ich, dass die anderen Kinder in dem Flüchtlingscamp ihm den Koffer abgenommen haben. Sie müssen doch etwas ähnliches durchgemacht haben...


    Nadezhda Noch einmal zum Thema Genozid in Ruanda: In diesem Teil wurde noch einmal kurz auf die Hintergründe eingegangen. Zumindest ist meine ich angesprochen worden, dass ein solcher Genozid stattfand. Insbesondere die letzten beiden Sätze: "Am nächsten Tag war um die Mittagszeit kein einziger Tutsi aus deinem Dorf mehr am Leben. Kein einziger Tutsi, außer dir." (S.153) sprechen das Thema implizit noch einmal an.

    Insgesamt wurde in der Tat wenig zu den Hintergründen oder zum Genozid selber gesagt. Es blieb wohl eher bei Andeutungen. Ich denke aber auch nicht, dass das wirklich zu dem Buch gepasst hätte oder es auch nur irgendwie aufgewertet hätte. Vielleicht hätte man in einem Nachwort noch einmal auf die Gegebenheiten eingehen können, aber zum eigentlichen Inhalt hätte es denke ich eher weniger gepasst. Nichtsdestotrotz regt das Buch zum Nachschlagen an. Man will ja doch irgendwie wissen, was damals geschehen ist.

    Ich glaube schon, dass du mit mehr Hintergrundwissen das Ganze vielleicht besser einordnen kannst, als ich der erst einmal recherchieren muss. Trotzdem denke ich, dass das Buch mit beiden Wissensständen gut zu lesen ist und zumindest in meinem Fall dazu anregt, mehr darüber erfahren zu wollen.

    Paulé ist die Adoptivmutter und Annie von der Verwaltung, die die Adoptiveltern aussucht und begleitet.


    :wave Die Dame von der Verwaltung hieß Axelle.

    :lesend Jay Kristoff; Nevernight - Die Rache

    :lesend Laura Imai Messina; Die Telefonzelle am Ende der Welt (eBook)

    :lesend Rebecca Gablé; Teufelskrone (Hörbuch: Detlef Bierstedt)

  • Nadezhda Noch einmal zum Thema Genozid in Ruanda: In diesem Teil wurde noch einmal kurz auf die Hintergründe eingegangen. Zumindest ist meine ich angesprochen worden, dass ein solcher Genozid stattfand. Insbesondere die letzten beiden Sätze: "Am nächsten Tag war um die Mittagszeit kein einziger Tutsi aus deinem Dorf mehr am Leben. Kein einziger Tutsi, außer dir." (S.153) sprechen das Thema implizit noch einmal an.

    Insgesamt wurde in der Tat wenig zu den Hintergründen oder zum Genozid selber gesagt. Es blieb wohl eher bei Andeutungen. Ich denke aber auch nicht, dass das wirklich zu dem Buch gepasst hätte oder es auch nur irgendwie aufgewertet hätte. Vielleicht hätte man in einem Nachwort noch einmal auf die Gegebenheiten eingehen können, aber zum eigentlichen Inhalt hätte es denke ich eher weniger gepasst. Nichtsdestotrotz regt das Buch zum Nachschlagen an. Man will ja doch irgendwie wissen, was damals geschehen ist.

    Ich glaube schon, dass du mit mehr Hintergrundwissen das Ganze vielleicht besser einordnen kannst, als ich der erst einmal recherchieren muss. Trotzdem denke ich, dass das Buch mit beiden Wissensständen gut zu lesen ist und zumindest in meinem Fall dazu anregt, mehr darüber erfahren zu wollen.


    Es freut mich sehr, das zu lesen. Bin mit dem Buch ja noch nicht so weit. Und ich wollte auch nie den Anschein erwecken, dass ich hier der Super-Crack wäre, was die Geschichte Ruandas betrifft; es ist nur einfach näher an einem dran, wenn man Betroffene persönlich kennt und aus diesem Grund dann mit ganz anderen Augen Bücher zu dem Thema liest. Es sollte auch nicht so klingen, als ob ich da stets einen umfassenden historischen Abriss verlangen würde. Wenn im zweiten Teil ein paar entsprechende Stichworte auftauchen, finde ich persönlich das auch völlig ausreichend. Im ersten Teil erschien es mir halt sehr knapp.


    Freue mich schon sehr darauf, die Rezis zu lesen! :wave



    Aber erstmal muss ich das Buch auslesen... :lesend  :lesend  :lesend

  • Es freut mich sehr, das zu lesen. Bin mit dem Buch ja noch nicht so weit. Und ich wollte auch nie den Anschein erwecken, dass ich hier der Super-Crack wäre, was die Geschichte Ruandas betrifft; es ist nur einfach näher an einem dran, wenn man Betroffene persönlich kennt und aus diesem Grund dann mit ganz anderen Augen Bücher zu dem Thema liest. Es sollte auch nicht so klingen, als ob ich da stets einen umfassenden historischen Abriss verlangen würde. Wenn im zweiten Teil ein paar entsprechende Stichworte auftauchen, finde ich persönlich das auch völlig ausreichend. Im ersten Teil erschien es mir halt sehr knapp.

    Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich beim Lesen jetzt mehr darauf geachtet habe, als ich das vielleicht beim "normalen" Lesen getan hätte.

    So hatte ich das auch nicht aufgefasst :wave . Trotzdem macht es einen Unterschied, ob man schon etwas darüber weiß, vor allem wenn man Betroffene kennt, oder wenn man vorher noch nicht einmal davon gehört hat. Ich bin mal gespannt, was du abschließend dazu sagen wirst.

    :lesend Jay Kristoff; Nevernight - Die Rache

    :lesend Laura Imai Messina; Die Telefonzelle am Ende der Welt (eBook)

    :lesend Rebecca Gablé; Teufelskrone (Hörbuch: Detlef Bierstedt)

  • Tja.... irgendwie lässt mich das Buch ratlos zurück. Wir haben jetzt alles über die Flucht und auch über Suzannes Leben erfahren, was wichtig ist, aber ich finde, dass die Autorin da nur mal zaghaft am Rand gekratzt hat. Sowas gefällt mir ja gar nicht. Und obwohl sie wohl mit der Du-Form mehr Intensität schaffen wollte, hat es bei mir das genaue Gegenteil verursacht.


    Es ist nicht so, dass mir das Buch nicht gefallen hätte, aber ich habe trotz der Erklärung im Anhang den Zusammenhang der beiden Lebensgeschichten nicht begriffen. Ich hätte lieber mehr über Arsène gelesen und dafür nichts von Suzanne.


    Ich werde mich jetzt allerdings erst mal auf die Suche machen nach anderen Büchern (vielleicht mit mehr Emotionen ;)).