'Kloster Northanger' - Kapitel 25 - Ende

  • Auch der Re-Read von Northanger Abbey hat mir sehr gut gefallen.

    Mir auch. Ich habe das Buch beim ersten mal schon gerne gelesen und auch den Re-Read fand ich wieder gut. Es ist zwar nicht mein Lieblingsbuch von Jane Austen, dafür ist mir Catherine als Hauptperson ein wenig zu naiv und einfältig. Aber dafür finde ich den ironischen, süffisanten Tonfal der Geschichte wirklich sehr amüsant und gelungen.:)

  • Ich muss auch sagen, ich habe mich zwischendurch köstlich amüsiert, aber am Ende bin ich enttäuscht (das liegt aber an mir). Weil ich mich darüber ärgerte, dass das Ende für meine Begriffe schnell abgehakt wurde, konnte ich erstmal bei den vorherigen Kapiteln nichts schreiben. Ich verstehe ja voll und ganz Jane Austens Intension. Es ging ihr wirklich nur um die Ironie, die Überspitzung und das ganze Getue um Geltung, Macht, Geld und Intrigen. Ich brauche aber die Liebesgeschichte dahinter, und das nicht nur mit solchen Worten wie: „Ich überlasse es dem Leser ...“ Ein bisschen mehr Romantik wäre schön gewesen. Im Grunde genommen endete das Buch dann doch irgendwie in dieser rosaroten Wolke, weil der Leser ja ein Happyend möchte. Vielleicht kann ich diesbezüglich einmal eine Frage stellen: War es damals so üblich, dass es ein Happyend gab ?

  • Ich bin inzwischen auch durch mit dem Buch - und leicht zwiespältig.


    Natürlich kann ich anerkennen, dass ihr da eine großartige Parodie gelungen ist. Der süffisante, ironische Ton ist mir allerdings an einigen Stellen zu stark, zu plakativ. Ich nehme an, das liegt daran, dass das Buch aus einer völlig anderen Zeit stammt. Auf jeden Fall ist es für ein Erstlingswerk ziemlich beeindruckend gelungen.


    Ich bin wahrscheinlich auch deshalb nicht ganz zufrieden, weil ich etwas anderes erwartet hatte.

  • Ich kann mich allen Meinungen nur anschließen, was vielleicht auf den ersten Blick widersprüchlich wirkt. :-]


    Zum einen hat mir der Stil des Buches, diese "mit spitzer Feder geschriebene", ironische Parodie sehr gut gefallen. Das ist einfach mal was anderes. Auch das "Spielen" mit den LeserInnen, mit deren Erwartungen, denen der Spiegel vorgehalten wird. Catherine als Hauptperson hat mir dabei sehr gut gefallen, ich glaube, da braucht es so eine junge, gesellschaftlich unerfahrene Frau, die dann vieles wörtlich nimmt, was gesagt wird.


    Zum anderen fand ich den Schluss auch sehr abgehackt. Das Ende war sehr distanziert, sehr schnell, ja fast lieblos erzählt. Für mich passen die letzten Kapitel so gar nicht mehr zum vorhergehenden Buch, es wird nur noch erklärt - kein Leben und keine Gefühle sind mehr dabei. Vielleicht verlässt Jane Austen aber an der Stelle bewusst die Parodie und damit "ihr" Buch und erzählt "schnell" zu Ende, um eben genau das zu tun, was sie vorher karikiert: ein fast unvermeidliches Happy End, typisch für einen Liebesroman.


    Insgesamt kann aber der Schluss den vorher sehr positven Eindruck nicht kaputtmachen. Von daher fand ich es ein schönes, vergnügliches Lesevergnügen!


    Die Übersetzung von Grawe, die Rouge oben als Cover gewählt hat, ist kommentiert. Das fand ich damals sehr hilfreich. Ich hatte den Roman schon vorher gelesen, aber erst durch die Kommentare von Grawe habe ich das Buch richtig verstanden.

    Für den wirklich extrem hilfreichen Tipp im Eingangsthread möchte ich mich hier auch nochmal sehr herzlich bedanken! Ich war auch sehr, sehr froh über die Kommentare und vor allem das Nachwort, das das Verständnis des Buches sehr erleichtern! DANKE Brigitte H. H. und Rouge !

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Zum anderen fand ich den Schluss auch sehr abgehackt. Das Ende war sehr distanziert, sehr schnell, ja fast lieblos erzählt.

    Die meisten Bücher von Jane Austen sind so. Der Schluss ist oft sehr kurz. Das Wichtigste bei ihr ist, dass die zwei Liebenden zueinander gefunden haben. Danach wird die Geschichte nicht mehr weitererzählt, es bleibt der Fantasy des Lesers überlassen, was er daraus macht.

  • Meinst Du? Ich bin da anderer Meinung, kann aber die Absichten des Generals nicht einordnen. Wieso hat er sie dann so plötzlich nach Hause geschickt, wenn er sie für seinen Sohn möchte?

    Ich denke die letzte Frage würde ich lieber an dieser Stelle besprechen. Das Wort Rauswurf passt an dieser Stelle besser. Es war schon sehr grob vom General, wie er Catherine vor die Tür setzte. Die Wahrheit kann dann wohl nicht jeder vertragen. Schon gar nicht, wenn es um das Vermögen geht.

  • Nachdem ich das mit der Parodie danke Lese-rina begriffen habe, hat mir das Buch auch sehr gut gefallen.

    Der Schluss war wirklich ziemlich abgehackt, aber für mich trotzdem passend, dass sie ihrer Parodie am Schluss das übliche, rosarote Ende verpasst.

  • Ganz kurz: zu Ende gelesen. Der letzte Abschnitt gefiel mir trotz allem am Besten, auch wenn es gegen Ende hin dann ziemlich flott ging.


    Was ich im Nachhinein nicht verstanden habe, sind die Andeutungen im ersten Teil des Buches, was Mrs. Allen alles für Unheil heraufbeschwören wird. Hat sie doch gar nicht, John Thorpe war es. Der hat seinem Charakter (so er denn einen hat) nochmals "alle Ehre" gemacht - und der General ist prompt darauf hereingefallen.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Die meisten Bücher von Jane Austen sind so. Der Schluss ist oft sehr kurz. Das Wichtigste bei ihr ist, dass die zwei Liebenden zueinander gefunden haben. Danach wird die Geschichte nicht mehr weitererzählt, es bleibt der Fantasy des Lesers überlassen, was er daraus macht.

    Gut zu wissen! Ist schon lange her, dass ich zum letzten Mal einen Jane-Austen-Roman gelesen habe. Aber die Lektüre dieses Buches hat mich motiviert, vielleicht doch mal wieder zu einem zu greifen - der Schreibstil ist wirklich toll. Und dieser Gedanke von Rouge versöhnt mich doch wieder mit dem Ende: das wichtige ist erzählt, jetzt wird nur noch kurz und knapp das Happy End angehängt. (Und es würde ja auch wirklich was fehlen, wenn das nicht wäre :grin).



    Was ich im Nachhinein nicht verstanden habe, sind die Andeutungen im ersten Teil des Buches, was Mrs. Allen alles für Unheil heraufbeschwören wird. Hat sie doch gar nicht, John Thorpe war es. Der hat seinem Charakter (so er denn einen hat) nochmals "alle Ehre" gemacht - und der General ist prompt darauf hereingefallen.

    In meiner Interpretation waren das nur falsche Fährten, die Austen legen wollte. Und Andeutungen auf Verhaltensweisen, die der LeserIn genretypisch wohl erwarten würde, so a la "die böse Erziehungsbeauftragte". Dass Mrs Allen dann NICHTS von den schlimmen Sachen macht, sondern ihren Kopf ganz woanders hat und somit desinteressiert wirkt, ist wohl der Parodie geschuldet. Genauswo wie die Mutter von Catherine mit ausgezeichneter Konstitution ihre Kinder bekommt und großzieht. :lache

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • Ich schreib mal lieber auch hier über den General, im Abschnitt vorher könnte sonst schon spoilern.

    Zwergin schrieb:

    Den General kann ich auch so gar nicht einordnen, ziemlich seltsam, der Alte.

    Ich auch nicht. Die Sache mit dem Rauswurf wird ja geklärt, die finde ich ja noch einigermaßen stimmig (wobei es auch schon fraglich ist, warum sich jemand in seiner Stellung hinreißen lässt, so extrem unhöflich zu sein - wo doch Höflichkeit in der Zeit alles bedeutete). Aber vorher? Die Erklärung, er wolle sie für seinen Sohn beeindrucken - ich weiß nicht! Das passt für mich so gar nicht in das Bild der Zeit - wobei mein Bild natürlich sehr begrenzt ist!;) Aber warum sucht er eine Frau für Henry, wenn doch der ältere Bruder schon längst verheiratet gehört! Und warum will er sie mit Northanger beeindrucken - Henry kriegt es doch eh nicht und hat schon längst seinen eigenen Hausstand! Und war es nicht durchaus üblich, sich als "älterer" Witwer eine junge Frau zu suchen - schon der Prestigegründe wegen?

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

  • In dieser Hinsicht ist anscheinend die Romanverfilmung deutlicher in ihrer Charakterbeschreibung als das Buch. Da ich nur den Film kenne (habe ich mir erst letztens wieder auf DVD angeschaut) möchte ich dazu bemerken, dass der General anscheinend nur am Geld interessiert ist. Er hat seine Frau wohl nur geheiratet, weil sie vermögend war, erlaubt seiner Tochter den geliebten Mann nicht, solange er nur der zweite Sohn ist und so kein eigenes Vermögen bieten kann und will für seine Söhne nur reiche Frauen haben.

    Er wirft Catherine mit Wut aus dem Haus, weil er sich persönlich getäuscht fühlt und glaubt, sie hätte sich absichtlich unter Vorspiegelung eines zu erwartenden Reichtums bei ihm in sein Haus und in das Herz seines Sohnes eingeschlichen.

    Henry Tilney erklärt am Ende, wie seine Mutter darunter gelitten hat, dass sein Vater ihr nur so lange den verliebten Verehrer vorgespielt hat bis er sich ihrer und ihres Vermögens sicher war. Der General kann also durchaus charmant sein, wenn es seinem Vorteil nutzt.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Virginia Woolf: Orlando

  • In dieser Hinsicht ist anscheinend die Romanverfilmung deutlicher in ihrer Charakterbeschreibung als das Buch. Da ich nur den Film kenne (habe ich mir erst letztens wieder auf DVD angeschaut) möchte ich dazu bemerken, dass der General anscheinend nur am Geld interessiert ist. Er hat seine Frau wohl nur geheiratet, weil sie vermögend war, erlaubt seiner Tochter den geliebten Mann nicht, solange er nur der zweite Sohn ist und so kein eigenes Vermögen bieten kann und will für seine Söhne nur reiche Frauen haben.

    Er wirft Catherine mit Wut aus dem Haus, weil er sich persönlich getäuscht fühlt und glaubt, sie hätte sich absichtlich unter Vorspiegelung eines zu erwartenden Reichtums bei ihm in sein Haus und in das Herz seines Sohnes eingeschlichen.

    Henry Tilney erklärt am Ende, wie seine Mutter darunter gelitten hat, dass sein Vater ihr nur so lange den verliebten Verehrer vorgespielt hat bis er sich ihrer und ihres Vermögens sicher war. Der General kann also durchaus charmant sein, wenn es seinem Vorteil nutzt.

    Ich habe den Film nicht gesehen, aber meine Meinung vom General habe ich mir genauso gebildet. Fr den älteren Sohn müsste die Ehefrau noch vermögender sein als er es von Catherine annahm.

  • Ich könnte mir denken, dass der General es gar nicht so eilig hat, seinen ältesten Sohn zu verheiraten, weil das hieße, dass er dann ihm und seiner Auserwählten mit zu erwartenden Nacherben das Hauptvermögen überlassen und sich auf ein Altenteil zurückziehen müsste. Dafür ist er viel zu gern selber Schlossherr und Gutsbesitzer. Seine Frauenverachtung hat er aber auf diesen Sohn leider schon übertragen.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Virginia Woolf: Orlando

  • Lese-rina


    Sehr gerne geschehen.


    Ich könnte mir denken, dass der General es gar nicht so eilig hat, seinen ältesten Sohn zu verheiraten, weil das hieße, dass er dann ihm und seiner Auserwählten mit zu erwartenden Nacherben das Hauptvermögen überlassen und sich auf ein Altenteil zurückziehen müsste. Dafür ist er viel zu gern selber Schlossherr und Gutsbesitzer. Seine Frauenverachtung hat er aber auf diesen Sohn leider schon übertragen.

    Ich stimme Dir völlig zu, Tante Li. Zudem ist der älteste Sohn ja abgesichert. Er erbt einmal Northanger Abbey. Der jüngere Sohn hingegen geht leer aus (wie alle jüngeren Kinder). Deshalb ist der General erpicht darauf, dessen Situation zu verbessern. Wobei seine Methoden mehr als fraglich sind.


    Ich schreib mal lieber auch hier über den General, im Abschnitt vorher könnte sonst schon spoilern.

    Ich auch nicht. Die Sache mit dem Rauswurf wird ja geklärt, die finde ich ja noch einigermaßen stimmig (wobei es auch schon fraglich ist, warum sich jemand in seiner Stellung hinreißen lässt, so extrem unhöflich zu sein - wo doch Höflichkeit in der Zeit alles bedeutete). Aber vorher? Die Erklärung, er wolle sie für seinen Sohn beeindrucken

    Der Rauswurf von Catherine ist eine Ungeheuerlichkeit, die wir heute nicht mehr nachvollziehen können. Das hat nichts mit fehlendem Anstand oder mangelnder Höflichkeit zu tun. Eine unverheiratete, junge Frau ohne Schutz im wahrsten Sinne des Wortes auf die Straße zu werfen und ihrem Schicksal zu überlassen, das ist skandalös! Was hätte nicht alles passieren können.


    Ich brauche aber die Liebesgeschichte dahinter, und das nicht nur mit solchen Worten wie: „Ich überlasse es dem Leser ...“ Ein bisschen mehr Romantik wäre schön gewesen. Im Grunde genommen endete das Buch dann doch irgendwie in dieser rosaroten Wolke, weil der Leser ja ein Happyend möchte. Vielleicht kann ich diesbezüglich einmal eine Frage stellen: War es damals so üblich, dass es ein Happyend gab ?


    In der Tat schreibt Jane Austen eigentlich keine Liebesromane, sondern Gesellschaftsromane. Daher ist sie auch nicht an Heiratsanträgen etc. interessiert, es sei denn, die junge Dame lehnt einen solchen ab. Dann weiß sie, ausführlich zu berichten. Da denke ich natürlich an Stolz und Vorurteil! :-]

  • Equal


    Ich sehe gerade erst Deine Frage am Schluss: Ob es damals üblich war, dass es ein Happy End gab.


    Ich denke, das hängt vom Autor ab. Im Falle von Jane Austen würde ich bei Sinn und Sinnlichkeit zwar letztendlich von einem Happy End beider Schwestern sprechen. Aber die zentrale Liebesgeschichte zwischen Willoughby und Marianne endet tragisch! Sie fällt dem Wunsch nach einem Vermögen vonseiten Willoughbys zum Opfer. Zudem würde ich die Verbindung von Wickham und Lydia in Stolz und Vorurteil nicht als glücklich bezeichnen.