Die ersten drei Sätze eures aktuellen Buches (ab 23.08.2020)

  • Er blickte auf das Nokia, das in seiner Hand vibrierte, steckte es ein, zog es wieder heraus und nahm den Anruf an. Nickte, während die Krankenschwestern mit hektischen Schritten einen Bogen um ihn schlagen mussten, weil er ihnen im Weg stand. Haverkorn ging nicht zur Seite, hörte schweigend zu, sagte dann: "Okay, ich komme", und drückte den Gesprächspartner weg.


  • Der Wagen knallte mit einem so fürchterlichen Knall aufs Wasser, dass ich richtig überrascht war, als ich die Augen wieder aufmachte und wir trotzdem noch am Leben waren. Ich bin noch nie geflogen, aber ich denke, so fühlt sich ein Flugzeugabsturz an. Ein paar Sekunden danach war es auf einmal ganz still, ich hab gedacht, alles ist noch mal gut gegangen, wir treiben mit dem Auto im Wasser wie in einem Boot, bis uns jemand rettet.


  • Als er den Fahrer bat, ihn zu dem Boxclub in der Grenadierstraße zu fahren, war er sich nicht im Klaren darüber, was ihn erwartete. Sein Bestreben war es lediglich, seinen Widersacher in Augenschein zu nehmen. Bisher kannte er nur dessen Namen und wusste, dass er rote Haare hatte.


  • Als der Portier aus der Telefonzelle 7 herauskam, war er ein wenig weiß um die Nase herum; er suchte seine Mütze, die er im Telefonzimmer auf die Heizung gelegt hatte. "Was war's denn?" fragte der Telefonist an seinem Schaltbrett, Hörer vor den Ohren und rote und grüne Stöpsel in den Fingern.

    "Ja - sie haben die Frau plötzlich in die Klinik gebracht. (...)"

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Der Bub ist wieder in der Stadt. Als der Bus in Galway einfuhr, lärmten Thin Lizzie in meinem Kopf. Eins der großen Soli, abgebratzt von Gary Moore.


  • Zwei Stufen auf einmal nehmend, stürmten sie die Treppe hinauf. Gleichzeitig versuchten sie, so wenig Lärm wie möglich zu machen. Gamache gab sich große Mühe, ruhig zu atmen, als ob er zu Hause säße und alles in bester Ordnung wäre.


  • Das Wasser war nie mein Freund.

    Wann immer in meinem Leben eine Katastrophe passierte, hatte sie mit Wasser zu tun. Im Grunde begann das schon in meiner Kindheit, aber die eigentliche Geschichte nimmt ihren Anfang an einem kalten Wintertag vor acht Jahren.


  • Tief in meinem Herzen wusste ich immer, dass er gehen würde, dass sie letzten Endes alle gehen würden. Nun ist der gefürchtete Tag gekommen. Teddy wird in den Krieg ziehen, und ich kann nichts tun, um es zu verhindern.


    "Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder!" (Dante Alighieri)

  • Sie sehen bezaubernd aus! Wann sehen wir uns wieder?

    So stand es in schwungvoller pinker Schrift auf einem cremeweißen Visitenkärtchen, daneben die Adresse: Helen Bross - Schönheitsbehandlungen aller Art, Pariser Platz 13, Berlin.


  • Ich stand auf der Bühne des Latino in South Shields, als mir klar wurde, dass ich so nicht weitermachen konnte. Das Latino war einer dieser Supper Clubs, die es im Großbritannien der Sechziger- und Siebzigerjahre überall gab und die alle identisch aussahen. Leute in Abendgarderobe saßen an Tischen und tranken Wein aus Bastflaschen; die Lampenschirme hatten Fransen, die Tapeten Blumenmuster und die Kellner Fliegen um den Hals.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Ich begann dieses Buch kurz nach dem Ende meiner Präsidentschaft zu schreiben - nachdem Michelle und ich ein letztes Mal die Air Force One bestiegen hatten und in einen lang aufgeschobenen Urlaub im Westen gereist waren. Die Stimmung an Bord war bittersüß. Wir waren beide körperlich wie emotional ausgelaugt.


  • Andrew trat nach draußen in die klirrende Morgenluft und stülpte den Kragen nach oben.

    Seine Haare waren noch feucht von der ausgiebigen Dusche, aber das störte ihn nicht.

    Früher hatte er - um seine Willenskraft zu schulen - in Wannen mit eiskaltem Wasser gesessen, bis er seine Finger und Zehen nicht mehr spürte.

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Das Licht in dem Saal mit den hohen Fenstern und den gekachtelten Wänden war grell, es stach Gerda in die Augen und sie kniff sie zusammen, so fest sie konnte. Über ihr strahlte eine Lampe, weiß wie ein unerbittlicher Stern, dessen Licht niemals erlosch, und hinterließ lilafarbene Streifen auf ihrer Iris. Gerdas Leib schmerzte, und sie umfasste ihren Bauch mit den Händen.


  • In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb.

    Das alles ist jetzt schon mehr als ein Jahr her, aber für mich wird es immer "dieser" Sommer bleiben. Komischerweise denke ich oft daran, wie ich damals hinter dem Haus stand und mit einem Schlauch den Garten sprengte.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Für die feierliche Verabschiedung einer beliebten Schulleiterin in den wohlverdienten Ruhestand scheute der Schuldistrikt von Willow Crest keine Kosten und Mühen: Der Speisesaal des Gemeindezentrums war so elegant geschmückt und eingedeckt, dass nichts mehr an die Bingorunde der Senioren vom Vorabend erinnerte. Spitzendeckchen zierten die Tische, darauf Blumenarangements, elektrische Kerzen und an jedem Platz goldene Teller, umgeben von so viel Besteck, dass die Gäste mit der Hälfte überhaupt nichts anzufangen wussten.

    Fach- und Beratungslehrer, Hausmeister, Kantinenpersonal und ehemalige Schüler waren scharenweise gekommen, um Lebewohl zu sagen und der scheidenden Schulleiterin alles Gute zu wünschen.


    "Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben: die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und die Augen der Kinder!" (Dante Alighieri)

  • An einem verhangenen Septembernachmittag des Jahres 1969 wurde Diakon Cuffy Lambkin von der Five Ends Baptist Church zu einem lebenden Toten. An dem Tag ging der alte Mann, der von seinen Freunden "Sportcoat" genannt wurde, hinaus auf die Plaza, den zentralen Platz des Causeway Housing Projects, eines Sozialwohnungskomplexes in Süd-Brooklyn, hielt einem neunzehnjährigen Drogendealer einen alten 38er Colt vors Gesicht und drückte ab. Es gab jede Menge Theorien unter den Leuten, warum der alte Sportcoat, ein drahtiger, gut gelaunter, dunkelhäutiger Mann den rücksichtslosesten Drogendealer, den es je in der Siedlung gegeben hatte. erschießen wollte.


  • Philipp Gerber pfiff Warum ist es am Rhein so schön?, während der kleine Konvoi durch die idyllische Landschaft rollte. Links lag der Rhein, rechts das Siebengebirge mit dem hoch vor ihnen aufragenden Drachenfels, darüber der blaue Himmel. Bilder aus Kindertagen stiegen in ihm auf.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

  • Sie hatte gewusst, dass sie irgendwann kommen würden. Dass es mitten in der Nacht passieren würde, überfallartig und brutal. Sie wusste aber auch, dass sie trotz all des Trainings, trotz mentaler und körperlicher Vorbereitung, in dem Moment nicht darauf gefasst wäre.


  • Viel zu früh am Abfluggate in Leipzig und allein zwischen den leeren Sitzreihen, kommt mir ein Rat meiner Mutter in den Sinn. Ein ukrainischer Rat, eigentlich eher ein Verbot. Ich musste es seit Ewigkeiten nicht mehr bedenken, es war nicht nötig hierzulande.