Weniger lesen / Abkehr vom Lesen

  • Mir ist aufgefallen/bewusst geworden, dass ich weniger lese als früher. Zum einen frage ich mich natürlich, ob hier andere Ähnliches bei sich feststellen, zum anderen habe ich über die Gründe nachgedacht.

    Es ist beruhigend, daß es nicht nur mir so geht. Ich habe das schon seit geraumer Zeit bei mir festgestellt, über Gründe allerdings (bisher noch) nicht nachgedacht. Mir ist nur irgendwann vor ein paar Monaten aufgefallen, daß ich deutlich weniger lese. Ich möchte zwar lesen, tue es aber nicht. Nach einiger Zeit, da ich mich darüber geärgert habe, bin ich zum Ergebnis gekommen, daß das eben so ist, ich mich nicht ärgern muß, denn weshalb sollte ich mich in der Freizeit zu etwas zwingen, was ich derzeit offensichtlich nicht so recht (warum auch immer) will?


    Die letzte Zeit habe ich öfters auf- und umgeräumt, um beispielsweise neu eingetroffene Bücher einsortieren zu können. Dabei sind mir einige „Schätze“ in die Hände gefallen, von denen ich gar nicht mehr wußte, daß ich die besitze. „Oh - die will ich aber gleich bzw. so bald als möglich lesen“ dachte ich und ließ die aus dem Regal auf einem gesonderten Stapel heraußen. Dort liegen sie heute noch...


    Interessanterweise (?) / Seltsamerweise (?) ist das aber auch bei meinem zweiten Hobby so: der Modelleisenbahn. Seit vielen Monaten würde ich da gerne Baufortschritte sehen - aber von selbst kommen die nicht. Und zum Bauen (obwohl das meistens das Liebste am Hobby ist) habe ich schlicht keine Lust - ich würde nur gerne die fertigen Modelle bzw. Dioramen vor mir sehen.


    Stattdessen braucht es immer wieder enorme „Vernunftenergie“ dem Drang, mich den größten Teil der Freizeit schlicht und einfach vor die „Glotze“ zu setzen, zu widerstehen.


    Inzwischen überlege ich schon, ob das möglicherweise (auch) mit den nunmehr seit Jahren sich abwechselnden Krisen zusammen hängt und mein Unterbewußtsein der Meinung ist, es lohne sich eh nichts mehr.


    Vielleicht spielt aber auch eine Rolle, daß ich inzwischen doch gewisse Alterserscheinungen zeige. Etwa, daß ich zum Lesen meist (nahezu) absolute Ruhe brauche, um mich konzentrieren zu können. Selbst bei „einfachen“ Romanen. Radio / CD nebenbei - geht nicht mehr. Gespräche anderer nebenbei - geht nicht mehr. Irgendwas nebenbei - geht nicht mehr.


    Wie dem auch sei - ich habe einfach akzeptiert, daß ich selbst bei Büchern, deren Ende ich unbedingt wissen will, nicht mehr in einen „Leserausch“ verfalle. Ich kann im Rest meines Lebens sowieso nicht mehr alle Bücher lesen, die ich gerne lesen würde. Da kommt es am Ende auf ein paar mehr oder weniger auch nicht mehr an. Wozu sollte ich mich also ärgern oder aufregen?

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Ich habe nun alle eure Beiträge gelesen und mir drängt sich eine Frage auf. Einige von euch berichten, jetzt mehr Zeit am Handy zu verbringen und ich meine, dabei Unzufriedenheit über diese Tatsache heraus zu lesen. Ich möchte mein Smartphone auch nicht missen und natürlich nutze ich es auch täglich.
    Aber ich kann es auch durchaus zur Seite legen und ignorieren. Mal ehrlich- was ist da so wichtig, dass ich es sofort lesen muss? Wenn ich mich ärgere, zu viel Zeit mit diesem Medium zu verbringen, ist die Einsicht doch schon mal viel wert. Was spricht dagegen, das zu ändern? :/

    Das sagt sich einfacher, als es ist. Da merke ich bei mir schon ein gewisses Suchtverhalten. Nur noch schnell bei Facebook reinsehen, die Büchereule aufrufen, das Kindle Angebot des Tages checken, bisschen spielen ...

    Und gemeinsam kann ich fernsehen oder Playstation spielen (wir haben uns im Angebot mal wieder Playstation Plus geholt und meine Große spielt mit mir ab und an Sackboy), aber nicht lesen. Zum Glück kann ich im Homeoffice beim Mittagessen täglich so 30-45 Minuten lesen.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Das sagt sich einfacher, als es ist. Da merke ich bei mir schon ein gewisses Suchtverhalten.

    Macht dir das keine Angst? Okay, das ist eigentlich gar nicht das Thema dieses Threads. Wie gesagt, ich möchte mein Smartphone auch nicht missen, aber ich sehe schon zu, die Nutzung in Grenzen zu halten. Mein System teilt mir jeden Montag mit, wie lange ich das Handy in der vergangenen Woche genutzt habe und auch, ob es mehr oder weniger als in der Vorwoche war. Sobald es mehr als ein paar Minuten mehr waren, halte ich mich bewusst bei der Nutzung zurück.

  • SiCollier


    Auch wenn man es nicht gerne hört, aber bei mir muß ich z.B. schon einiges auf Alters-/Ermüdungserscheinungen zurückführen.


    Früher (also noch mit Mitte 30) war ich auch nach einem langen Arbeitstag voller Elan. Ich hatte noch Energie für Unternehmungen übrig und ich war selbst abends noch aufnahmebereit für Bücher und Filme. Ich habe allerdings schon allein deswegen mehr gelesen damals, weil ich jeden Tag ca. 40 Minuten mit der U-Bahn unterwegs war.


    Jetzt bin ich 20 Jahre älter und müder. Mein Job - der schon immer stressig und anspruchsvoll war - hat noch mal angezogen (gefühlt auf jeden Fall, tatsächlich aber ebenso) und ich bin abends einfach kaputt. Obwohl ich immer noch gerne Dinge unternehme, bin ich oft genug froh, wenn ich nach Arbeit und Haushalt einfach nur auf meiner Couch fläzen darf, die Füsse hochlegen und den Feierabend genießen. Die Zeit zum Lesen hätte ich da, aber mein Kopf ist dann einfach nicht mehr aufnahmebereit. Mehr als nebenbei TV gucken, surfen und online die Zeitung lesen geht dann einfach nicht mehr.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Bei mir kommt noch hinzu, dass ich früher im Außendienst gearbeitet habe. Da habe ich beim Frühstück, beim Abendessen und im Hotelzimmer gelesen, weil ich ja alleine war. Fernsehen war eher uninteressant (vor allem im Ausland) und Streaming gab es noch gar nicht.


    Jetzt arbeite ich vorwiegend im Home-Office und genieße die Zeit, die meine Kinder freiwillig mit mir verbringen. Und durch die Streaming-Angebote ist der Fernseher schon interessanter geworden.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss

  • Ich habe nun alle eure Beiträge gelesen und mir drängt sich eine Frage auf. Einige von euch berichten, jetzt mehr Zeit am Handy zu verbringen und ich meine, dabei Unzufriedenheit über diese Tatsache heraus zu lesen. Ich möchte mein Smartphone auch nicht missen und natürlich nutze ich es auch täglich.
    Aber ich kann es auch durchaus zur Seite legen und ignorieren. Mal ehrlich- was ist da so wichtig, dass ich es sofort lesen muss? Wenn ich mich ärgere, zu viel Zeit mit diesem Medium zu verbringen, ist die Einsicht doch schon mal viel wert. Was spricht dagegen, das zu ändern?


    Geht mir ähnlich, wenn ich ein spannendes Buch lese, kann es so oft *pingen*, wie es will. :grin

    Ich komm noch früh genug in die Küche, um drauf zu gucken. Ich habs zu Hause eh nur in der Küche liegen und guck und schreib dann, wenn ich dort bin.


    Mich erschreckt es immer so, wenn ich im Bus oder der U Bahn nur die gebeugten Köpfe aufs Handy starren sehe. Wär nix für mich, in der Bahn brauch ich ein Buch.

  • Also bei mir paßt die Lesezeit - habe ja den ganzen Tag mehr oder weniger Zeit :alter  :grin aaaaber, wenn das Handy in Griffweite liegt, werde ich oft durch irgendeinen Vermerk bzw. Hinweis im Buch neugierig und abgelenkt, das will ich dann gleich nachgucken. Meist bleibt es dann nicht bei einem Thema, sondern es wird mehr und ich vertrödel durch das Abschweifen dann auch Zeit. Ich versuche jetzt immer, das Handy auf meinem Schreibtisch im 1. OG liegen zu lassen und damit aus meinen Augen, denn diese Ablenkung und die "verlorene" Zeit ärgert mich schon sehr.


    SiCollier Ich unterschreibe zu 100 %, daß ich mit fortschreitendem Alter Ruhe zum Lesen brauche, Störgeräusche - dazu gehören vor allem Nachbarn mit Musikgedudel etc. packe ich nicht mehr.

  • Ich lese auch weniger als früher. Ist auf der einen Seite schade, aber auf der anderen Seite heißt es zur Zeit auch ich bewege mich mehr der mache andere Sachen wie Konzerte oder einfach nur raus. Ich bin immer schnell abgelenkt und kann mich auch schlecht konzentrieren. Vieles langweilt mich. Geht mir beim Fernseh schauen ähnlich, was ich aber auch gerne tue. Ich denke es kommen auch wieder andere Zeiten. Meine Bücher werde ich auch nicht mehr alle lesen können. Ich hoffe im nächsten Leben wieder das Hobby Lesen zu haben und das solange bis der SuB abgearbeitet ist ;-) Ich versuche es nicht zu bedauern so wenig zu lesen. Ich bin froh wenn ich am Tag produktiv bin, d.h. momentan Arbeiten gehen und Sport machen. Mehr Lesen wird schon wieder kommen!


  • Mich erschreckt es immer so, wenn ich im Bus oder der U Bahn nur die gebeugten Köpfe aufs Handy starren sehe. Wär nix für mich, in der Bahn brauch ich ein Buch.


    Wir waren vor kurzem in Genf und sind viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren. Ich war völlig entsetzt, dass geschätzt 90% der Mitfahrenden entweder das Handy am Ohr oder in der Hand hatten. Auch auf der Straße waren die Menschen, die kein Handy in der Hand hatten, schon deutlich in der Minderheit und die meisten hatten es nicht (wie ich) in der Hand, um Fotos zu machen. Eine erschreckende Entwicklung, finde ich.

  • Unterwegs habe ich mein Handy in der Tasche. In der Hand habe ich es auch nur, wenn ich Fotos machen will.


    Im Urlaub sehe ich oft (meist junge) Leute, die sogar beim Frühstücken ständig damit beschäftigt sind oder halt Fotos vom Essen machen und versenden.


    Dass man inzwischen ohne Handy nicht mehr kann, ist so, aber ich muss doch nicht jede Minute damit beschäftigt sein. Aber es wird ja viel über soziale Medien gemacht, auch Filme geschaut oder über WhatsApp geschrieben, da sind so Viele inzwischen drin.

    Irrlicht und Hexe (7. Hexenregel: Unterschätze nie die Kraft des Wortes - es hat eine besondere Kraft, es kann befreien, anstoßen und verändern, aber auch verletzen und zerstören)

  • Wir waren vor kurzem in Genf und sind viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren. Ich war völlig entsetzt, dass geschätzt 90% der Mitfahrenden entweder das Handy am Ohr oder in der Hand hatten.

    Gerade in den Öffis finde ich es am verständlichlichsten, Handy hat man eh dabei und vertreibt sich die Zeit. Buch nehme ich nur für lange Strecken mit und wenn ich es am Ziel nicht rumschleppen muss.

  • Gerade in den Öffis finde ich es am verständlichlichsten, Handy hat man eh dabei und vertreibt sich die Zeit.

    Finde ich auch - besser als wenn mich die Mitfahrenden mit ihrem Musikgeschmack belästigen oder mich oder andere anstarren und sich ein Urteil über Aussehen oder Outfit erlauben.

    Man weiß doch gar nicht, was die Leute am Handy machen. Vielleicht informieren sie sich über ein interessantes Thema oder pflegen wichtige Kontakte - besser sie machen das still über WhatsApp o.ä. als wenn sie laut telefonieren.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Tom Liehr: Im wechselnden Licht der Jahre

  • Man weiß doch gar nicht, was die Leute am Handy machen. Vielleicht informieren sie sich über ein interessantes Thema oder pflegen wichtige Kontakte - besser sie machen das still über WhatsApp o.ä. als wenn sie laut telefonieren.

    Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass etwa 1/3 der Leute telefoniert haben und das fand ich echt belästigend.

  • Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass etwa 1/3 der Leute telefoniert haben und das fand ich echt belästigend.

    Ja, das kann schon ganz schön nervig sein.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Tom Liehr: Im wechselnden Licht der Jahre