In bildgewaltigen, spannenden Worten zieht uns die Autorin in eine Welt, die vieles von der Faszination erklärt, die Jugendliche beim Spielen am PC empfinden werden. Selbst Nicht-Rollenspieler werden alsbald völlig gefesselt über dem Buch hängen und die Augen nicht von den Seiten abwenden können. Ursula Poznanski schildert die Abenteuer, die Nick in der virtuellen Welt erlebt, dermassen plastisch, dass man meint, zwei Bücher in einem vor sich zu haben. Schnell ist Nick im Spiel, sein alter Ego, der Dunkelelf Sarius, besteht die ersten Herausforderungen und Nick ist süchtig nach Anerkennung und weiteren Fähigkeiten. Er vergisst darüber völlig sein anderes Leben, genauso wie die anderen kommt er gerädert in die Schule oder verpasst sie ganz, sein Basketballtraining lässt er schleifen und enttäuscht somit auch seine Mannschaftskollegen. Pausen gibt es nur, wenn das Spiel es gestattet. Als sein Freund Jamie zu ihm vordringen will und ihm sein Verhalten in letzter Zeit vorhält, reagiert er unwillig und wirft ihm vor, ihn nicht verstehen zu können. Denn das können nur diejenigen, die selbst im Spiel sind.
Genauso wie Nick von dem Spiel ist man als Leser sofort infiziert, wenn man sich auf die Geschichte einlässt. In einfachen klaren Worten zieht die Autorin einen sofort ins Geschehen. Es ist das Neuartige, ein Spiel, was sich jeder bestimmt gerne für zuhause selber wünscht. Woher aber kennt das Spiel den eigenen Namen? Woher weiß es, was außerhalb der beschränkten Welt des eigenen PCs noch passiert? Und wer sind die anderen Mitspieler? Schon am Anfang ärgert man sich über Nicks Verhalten, der egoistisch alle verpetzt und einfach Tatsachen weitergibt, nur um im Spiel weiterzukommen. All das, was er vorher bei anderen angeprangert hat, passiert ihm nun selber, wohlmeinende Ratschläge prallen ungehört an ihm ab. Erst als sein Freund Jamie verunglückt, wird er hellhörig und findet wieder in die Realität zurück. Zusammen mit ihm ist man auf ungewöhnlichen Wegen der Lösung um das geheimnisvolle Spiel auf der Spur, eine Auflösung muss es geben, denn eines kann das Spiel trotz allem nicht – leben. Des Rätsels Lösung ist in der Tat ungewöhnlich und nicht vorhersehbar, sie ist genial und doch verständlich. Wie weit würden Jugendliche wirklich gehen, nur um Macht und Anerkennung zu bekommen? Nüchtern und pragmatisch erklärt die Geschichte so einiges, durchschaubar wird die Welt der heutigen Jugend. Die Beeinflussung durch virtuelle Welten ist zu jeder Zeit groß, die möglichen Konsequenzen sind hier anschaulich dargestellt. Man kann sich ihrer Faszination nicht entziehen, ist man erst einmal drin, ist der Weg wieder nach draußen beschwerlich und steinig. Aber ist er auch lohnenswert?
Faszination Rollenspiel – hier kann man so sein, wie es in der Realität nicht gestattet ist. Verborgene Charaktereigenschaften treten zutage, Vorurteile gibt es nicht und man kann ein Held sein. Gesunder Egoismus ist die stärkste Waffe, nur das eigene Wohlbefinden zählt. Im Spiel herrschen andere Regeln als in der Realität, hier kann man den Mantel der eigenen Persönlichkeit abstreifen und sich eine völlig neue aufbauen. Wie unterschiedlich sich Personen im Spiel geben, merkt man auch daran, wie schwer es Nick fällt, Charaktere seinen Mitschülern zuzuordnen. Oft bringt das Alter Ego Wahrheiten ans Licht, die man im wahren Leben niemals ausgesprochen hätte. Dabei den Überblick zu behalten ist schwer, besonders wenn das Spielerleben soviel spannender ist wie das eigene. Wo man Ruhm, Anerkennung und Belohnung findet, die man in der Wirklichkeit niemals erlangen wird. Verstörend – doch genial, ein Thriller bestimmt nicht nur für Jugendliche.
Fazit
Tritt ein – aber überlege genau, denn es gibt kein Zurück, wenn das Buch dich nicht lässt. Ursula Poznanski ist eine gelungene Mischung aus Realität und virtueller Welt gelungen, die seinesgleichen sucht. Das Buch fesselt, es packt, es erklärt und es macht süchtig – alles zugleich. Die Faszination Rollenspiel bekommt hier eindeutig eine neue Dimension, der Suchtfaktor ist immens. Dieses Buch sollte zur Pflichtlektüre für jedermann werden – für Eltern, damit sie ihre Kinder vielleicht ein bisschen besser verstehen werden und für Kinder, um ihnen Variationen der Konsequenzen ihres Handelns aufzuführen. Das Spiel lebt – das Buch ebenso.