Das Alphabethaus - Jussi Adler-Olsen

  • Über den Autor:
    Jussi Adler-Olsen wurde am 2. August 1950 unter dem bürgerlichen Namen Carl Valdemar Jussi Henry Adler-Olsen in Kopenhagen geboren. Er studierte Medizin, Soziologie, Politische Geschichte und Film. Bevor er 1995 mit dem Schreiben begann, arbeitete er in verschiedensten Berufen: als Redakteur für Magazine und Comics, als Koordinator der dänischen Friedensbewegung, war Verlagschef im Bonnier-Wochenblatt TV Guiden und Aufsichtsratsvorsitzender bei verschiedenen Energiekonzernen


    Inhalt:
    Der Absturz zweier britischer Piloten hinter den feindlichen Linien …


    Ein Krankenhaus im Breisgau, in dem psychisch Kranke als Versuchskaninchen für Psychopharmaka dienen …


    Die dramatische Suche eines Mannes nach seinem Freund, den er dreißig Jahre zuvor im Stich gelassen hat …


    Meine Meinung:
    Jussi Adler-Olsen verarbeitet in seinem Erstling "Das Alphabethaus" unter anderem einen ungewöhnlichen Teil seiner Jugend, als er jahrelang als Sohn eines Psychaters in einer Klinik verbrachte. Diese Erlebnisse fließen mit ein in den ersten Teil des Romans. Der spielt 10 Monate im Jahr 1944 in der Nähe von Freiburg. Auf der Flucht nach einem Flugzeugabsturz geraten Bryan und James, zwei englische Piloten, in eine Klinik für psychisch erkrankte Soldaten und versuchen durch Simulation einer Geisteskrankheit ihr Leben zu retten. Die Zustände sind hart und unmenschlich. Die Beschreibungen der täglichen Angst entdeckt zu werden, die grenzenlose Verzweiflung darüber, dass jede Flucht aussichtslos scheint, die Versuche der zwei Männer sich trotz der starken Medikamente und regelmäßigen Elektroschocks ihren Verstand und ihre Zuversicht zu bewahren sind niederschmetternd und bedrückend. Als sie erkennen, dass es weitere Simulanten gibt, die ihnen nach dem Leben trachten, eskaliert ihre Lage in Gewalt und wirklicher Krankheit. Schließlich gelingt das scheinbar Unmögliche. Einer von beiden kann fliehen.


    Im zweiten Teil versucht Bryan, der nach seiner Flucht ein erfolgreicher Arzt geworden ist, nach 28 Jahren nicht zum ersten Mal, seinen zurückgelassenen Freund James in Deutschland zu finden. Der Roman nimmt nun eine ganz andere Wendung, gewinnt an Tempo und wird zum Thriller, da einige Leute etwas dagegen haben, dass er erfährt, was aus James geworden ist. Er erhält einige weibliche Unterstützung und gibt solange nicht auf, bis er die ganze Wahrheit gefunden hat, die allerdings nicht in einem beruhigenden Happy End endet sondern statt dessen die Reflektion einer lebenslangen
    Freundschaft und auch das Begreifen eines unabdingbaren Verlustes ist.


    Adler-Olsen erzählt hier eine komplizierte Geschichte, meist fern des gängigen Thrillers und auch fern seiner beliebten Krimi-Reihe. Vor allem im ersten Teil schreibt er keinen einfachen Thriller aber auch keinen Kriegsroman. Es ist vor allem die Innenansicht zweier Verzweifelter, die um jeden Preis in einer feindlichen Umgebung überleben wollen. Und am Ende des Romans stellt er extenzielle und ernsthafte Fragen über Freundschaft und Liebe, über Schuld und Vergebung.
    Keine leichte Kost, vielleicht streckenweise etwas langatmig, aber durchaus interessant und lesenswert.


    8 Punkte von mir für diesen Erstling, der erst jetzt bei uns rausgekommen ist.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Wichtig bei diesem Buch ist, mit welcher Erwartungshaltung man an es herantritt.
    Will man einen gutlesbaren Thriller mit einfacher Handlung und guter Spannung haben, dann ist dies das falsche Buch. Überhaupt tue ich mich schwer damit hier einen Krimi oder Thriller zu sehen, es ist eine Geschichte, eine Geschichte über den Krieg, über Freundschaft und über das Verlassen werden. Eine bewegende Geschichte, eine spannende Geschichte und eine tragische Geschichte. Eine Geschichte, die den Leser anrührt und ihn nicht kalt läßt. Eine detailgenaue Geschichte und eine gut recherchierte Geschichte. Ich zuckte kurz zusammen als Köln Porz dort erwähnt wird und bekam eine leise Gänsehaut, denn das von uns oft weggeschobene und verdrängte Grauen, die Erinnerungen unserer Großeltern an alte Zeiten werden wachgerufen.
    Hier und da war es für meinen Geschmack ein wenig zu dramatischactionlastig, das hätte man auch mit weniger Blut und etwas weniger schnell lösen können, trotzdem finde ich dieses Buch unheimlich beeindruckend, gerade weil es so ganz anders ist als die anderen Adler-Olsens.
    Für mich definitiv eines der Highlights in diesem noch jungen Lesejahr und eine deutliche Leseempfehlung an alle, für die es bei einem Thriller auch mal ein wenig tiefgehender sein darf, denn wie gesagt, als Thriller sehe ich dieses Buch eher nicht.

  • Ich habe für dieses großartige Buch ziemlich lange gebraucht, weil ich von den plastischen Schilderungen sehr erschüttert war und diese nicht gerade leichte Lektüre nur in kleineren Portionen verdauen konnte.
    Der erste Teil (1944) spielt fast ausschließlich im "Alphabethaus", einem Sanatorium für traumatisierte Frontsoldaten, die wieder kampftauglich gemacht werden sollen. Die seinerzeit üblichen Therapien sind sehr gewöhnungsbedürftig: die Patienten werden mit Tabletten ohne Rücksicht auf Nebenwirkungen ruhiggestellt, bis sie den Bezug zur Realität und zu sich selbst vollkommen verlieren. Außerdem werden sie mit Elektroschocks behandelt, offenbar eine damals gängige Behandlungsmethode, wie der Autor im Nachwort erklärt. Durch die Arbeit seines Vaters in den seinerzeit sogenannten "Nervenheilanstalten" gewann er schon als Kind/Jugendlicher Einblick in die damaligen Therapieansätze.
    Im Alphabethaus befinden sich aber nicht nur schwer traumatisierte Soldaten, sondern auch Simulanten, die dem Kriegseinsatz an der Ostfront entgehen wollen. Im Falle der Aufdeckung droht ihnen die sofortige Hinrichtung. Die beiden Hauptfiguren, die englischen Kampfpiloten Bryan und James, die sich nach einem Absturz im deutschen Gebiet auf abenteuerliche Weise ins Alphabethaus gerettet haben, geraten im Krankensaal mit drei anderen Simulanten aneinander, die neben der Vermeidung des Kriegsdienstes noch andere dunkle Geschäfte planen. Schon im Alphabethaus versuchen sie, sich der beiden anderen Simulanten zu entledigen, weil diese etwas von ihren Plänen mitbekommen haben könnten. Die Szenen im Alphabethaus sind sehr erschreckend und für sensible Leser nicht unbedingt zu empfehlen.
    Der zweite Teil des Romans spielt 28 Jahre später im Jahre 1972 in Freiburg. Bryan, dem seinerzeit die Flucht aus dem Alphabethaus gelungen war, reist - eigentlich geschäftlich - nach Deutschland und versucht, etwas über das Schicksal seines Freundes James zu erfahren, der damals aufgrund seines fluchtuntauglichen Zustands im Alphabethaus zurückgebleiben musste. Auf der Suche nach James kreuzen seine Wege die der drei anderen ehemaligen Simulanten, die unter neuer Identität als geachtete Mitglieder der Gesellschaft in Freiburg leben. Das teuflische Trio glaubt, Bryan hätte ihre schmutzigen Machenschaften aufgedeckt und wäre hinter ihnen her, deshalb wollen sie ihn liquidieren. Im Zuge von Bryans Nachforschungen kommt es immer wieder zu lebensgefährlichen Situationen, bzw. Kämpfen auf Leben und Tod, sodass dieser Teil Elemente einers Thrillers hat, wohingegen ich den ersten Teil im Bereich "Romane/Erzählungen" einordnen würde. Erst zum Schluss gerät die Handlung wieder in ruhigeres Fahrwasser und kehrt zur Thematik der Freundschaft zurück.
    Ich habe mich bei keinem Teil gelangweilt oder unnötige Längen empfunden, trotzdem konnte ich dieses beeindruckende Buch nicht so schnell weglesen. Für Leser, die sich für den zweiten Weltkrieg aus der etwas anderen Perspektive der traumatisierten Soldaten interessieren, empfehle ich "Das Alphabethaus" gern. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass man keine leichtverdauliche Lesekost vor sich hat.
    8 Punkte

  • Ich habe die Krimireihe von Jussi Adler Olsen nicht gelesen, da ich mich irgendwie von der Allgemeinheit absetzen wollte. Jeder hatte das zu dem Zeitpunkt gelesen und ich wollte das nicht. Ich liebe skandinavische Autoren und nun habe ich das "Alphabethaus" entdeckt und das passt auch super in mein LeseGenre. :-) Und nach den ganzen Rezis hier werde ich mir das Buch wohl auch zulegen. Ich mag es, wenn ein Buch auch danach noch zum Nachdenken anregt und es einem nicht im nächsten Moment egal ist. Und ich denke, dass dies genau der Fall bei diesem Buch ist.

  • In seinem ersten Roman, der nach den Erfolgen um das Ermittlerteam Carl Mork neu aufgelegt wurde, erzählt Adler-Olsen die Geschichte zweier junger Männer, die während des Zweiten Weltkrieges über Deutschland als Piloten abgeschossen werden. Sie schmuggeln sich in einen Krankentransport und müssen sich als geistesgestört-traumatisierte Deutsche ausgeben, um zu überleben. Im sogenannten Alphabethaus erleben sie schier Unmenschliches und dürfen sich nicht zu erkennen geben. Bei Kriegsende verlieren sie sich aus den Augen...
    Adler-Olsen erzählt eine packende und sehr erschütternde Geschichte um menschliche Abgründe, Schuld und Freundschaft über mehrere Jahrzehnte. Dabei spart er nicht mit Grausamkeiten und psychischen Abgründen. Insofern handelt es sich nicht um ein Buch, welches Kriegsgeschichte beschreibt, sondern die Odyssee der zwei Freunde zum Kriegsende und deren Folgen viele Jahre später.
    Das Buch liest sich sehr mitreißend und manchmal fast unglaubwürdig, da der Leser sich oftmals fragt: Kann das denn überhaupt sein?
    Trotzdem vergebe ich die volle Punktzahl für diesen Roman, der eben durch diese Unglaublichkeiten eine Sichtweise auf das dunkelste Kapitel userer Geschichte ermöglicht, so wie man es noch gar nicht realisiert hat.

  • Zitat

    Original von Rosenstolz
    Gut, dass ihr das Buch so positiv seht.
    Ich war schon ganz verunsichert.
    In der neuen hörBÜCHER steht eine ganz miese Kritik zu dem Buch.


    Und die ist meiner Ansicht nach auch mehr als berechtigt. Ich habe mich mühsam durchgequält, war dabei unablässig verärgert und schließe mich gänzlich der Kritik von Denis Scheck an:


    Zitat: ... ein unglaubwürdiges und sagenhaft blödes Machwerk, weil für Adler-Olsen Nazis, SS und Zweiter Weltkrieg bloß literarische Spielmarken sind wie Kasperle, Godzilla oder King Kong. Dieses 15 Jahre später als das dänische Original veröffentlichte Debüt von Jussi Adler-Olsen ist ein heißer Anwärter auf den dämlichsten Nazi-Thriller aller Zeiten.


    Jahrelang wollte sich niemand finden, der dieses darüber hinaus schlecht geschriebene Buch in Deutschland herausbringen wollte. Erst der merkantile Erfolg der Adler-Olsen-Krimis hat bewirkt, dass man meinte, nun auch mit diesem alten "Werk" des Autors noch Geld verdienen zu müssen.


    Man hätte es lassen sollen.

  • Zitat

    Original von Totenleserin
    So, heute habe ich es nun endlich gekauft und ich hoffe, ich komme auch bald dazu es zu lesen. Ich bin nämlich schon gespannt. :-)


    Bist du so nett und lässt uns gelegentlich wissen, wie dieses Buch dir gefallen hat und was du davon hältst? Interessiert mich sehr, da es doch sehr polarisiert.
    Danke! :wave

  • Nachdem ich lange um dieses Buch geschlichen bin , habe ich es jetzt in eine Rutsch durchgelesen.


    Ich fand das Buch faszienierend . Am ANfang hatte ich einige Probleme mich reinzulesen , aber dann ging es , wobei mir bein zweiten Teil manchmal zuviel Handlung auf einmal da war.


    Adler Olson hat ja durch seinen Vater einige Einblicke in die Psychiatrie der 50 -/ 60- er Jahre., deswegen kanne r einige Sachen sehr gut Beschreiben .



    Wenn man an Einer flog über das Kuckucksnest gelesen hat , bestehen paralellen .


    Wobei ich gern besser erklärt hätte , warum manche Leuet dreissig JAhre ausgehalten haben ?

  • Zum Inhalt gibt es hier nichts relevantes zu ergänzen.


    Der Autor verknüpft geschickt, seine Erlebnisse aus frühester Jugend mit dem Arbeitsalltag seines Vaters im psychiatrischen Klinikalltag mit einer spannenden Lebensgeschichte zweier enger Freunde, die von ihren detailliert gezeichneten Charakteren lebt.
    Adler-Olsen konnte mich mit beiden Teilen der Story vollends überzeugen, auch wenn bestimmte Motivationen der Charaktere teilweise nicht ganz nachvollziehbar waren, fand ich doch im Nachhinein keine plausible Antwort auf die Frage: "Warum denn nicht?".
    Man sympathisiert mit den beiden Freunden und es ist leicht Ihr jeweiliges Handeln zu verstehen, wobei man um Ihren Verlust trauert, Ihnen gleichzeitig aber den gewonnenen Frieden gönnt.


    8 Punkte

  • Ich gehöre eher zu den kritikern dieses Buches, wenngleich ich hier zur Handlung nicht mehr viel schreiben möchte.
    Im ersten Teil, der im Alphabethaus spielt, hat sich für mich der Erzählstrang lange hingezogen und ich war kurz vor einem Abbrechen des Buches. Dabei kann ich nicht mals mehr beurteilen, ob das was dort geschildert wird, realistisch sein könnte oder nicht. (Mir stellte sich oft die Frage: Kann man tatsächlich unter den beschriebenen Bedingungen monatelang Simulant in einer psaychiatrischen Einrichtung sein?)
    Im zweiten Teil dann überschlagen sich die Ereignisse förmlich und auch hier war die Frage nach dem Realitätsbezug nahe.
    Und wie so oft in der letzten Zeit: Im wirklichen Leben haben die Protagonisten nicht immer so viel Glück und überleben... (es fällt ihnen eine geladen Pistole vor die Füße, durch die sie sich und den Rest der Welt retten können...Ironie aus).


    Von mir nur 6 Punkte
    Jaune

    "Vorrat wünsche ich mir auch (für alle Kinder). Nicht nur Schokoriegel. Auch Bücher. So viele wie möglich. Jederzeit verfügbar, wartend, bereit. Was für ein Glück." Mirjam Pressler

  • :lesend :lesend :lesend :lesend :lesend


    Soeben wurde ich fertig mit dem Buch und musste sofort mit einem Anderen anfangen,damit ich über das Ende nicht zu lange nachdenke .
    Ein großartiges Buch ,ich teile Kritik und Lob fast aller Kommentare.
    Spannung und Fesselung sind gegeben ,jedoch wirkt es teilweise langatmig bzw zu sehr gerafft und ein ,zwei Fragen bleiben offen ,wobei die gesamte Geschichte unbeschreiblich ergreifend ist und zum Nachdenken anregt .


    Ich kann das Buch jedem empfehlen ,der schwere Kost mit Freude liest und ebenso gerne nach dem Auslesen eine Weile über das Gelesene nachdenkt.


    Daumen hoch ! :lesend

  • Ich fand das Buch so entsetzlich, dass ich richtig froh bin, hier auf Leute zu treffen, denen es ähnlich gegangen ist.
    Ich hatte es, Gott sei Dank, nur per Onleihe ausgeliehen. Habe es nicht beenden können.
    Dazu muss ich sagen, dass ich gerade bei Onleihe-Büchern auf dem Reader nicht anspruchsvoll bin. Ich lese die z.T. auf dem Hometrainer oder am Spinnrad (ja, wirklich) und ein paar Längen oder Redundanzen machen mir nichts aus. Aber das "Alphabethaus" ist sprachlich eine Katastrophe. Das Buch ist entweder grottenschlecht geschrieben oder übersetzt.
    Die Krimis von J.A.O. mag ich zum Teil ganz gerne, obwohl mir das überkandidelte Personal etwas auf die Nerven geht, aber sie sind jedenfalls ordentlich geschrieben.


    Grüße von Zefira

  • Mir hat das Buch überhaupt nicht gefallen :rolleyes
    Zum einen war es meiner Meinung nach viel zu lang, ich habe einige Seiten nur quergelesen, weil es einfach total uninteressant war.
    Außerdem waren einige Punkte für mich ziemlich unrealistisch.
    Und wie im Thread schon mal erwähnt wurde, ist es auch kein Thriller. Was es sonst ist? Keine Ahnung...


    Eigentlich hätte ich das Buch abgebrochen aber irgendwie war ich mir sicher, dass am Ende noch was "passieren muss", was leider nicht geschehen ist.


    Von mir gibts gut gemeinte 4 Punkte.