Der Garten der Abendnebel [The Garden of Evening Mists] - Twan Eng Tan

  • Twan Eng Tan: The Garden of Evening Mists
    Canongate Books 2012. 348 Seiten
    ISBN-13: 978-1782110170. 7,70€


    Verlagstext
    SHORTLISTED FOR THE MAN BOOKER PRIZE 2012. Malaya, 1949. After studying law at Cambrige and time spent helping to prosecute Japanese war criminals, Yun Ling Teoh, herself the scarred lone survivor of a brutal Japanese wartime camp, seeks solace among the jungle fringed plantations of Northern Malaya where she grew up as a child. There she discovers Yugiri, the only Japanese garden in Malaya, and its owner and creator, the enigmatic Aritomo, exiled former gardener of the Emperor of Japan. Despite her hatred of the Japanese, Yun Ling seeks to engage Aritomo to create a garden in Kuala Lumpur, in memory of her sister who died in the camp. Aritomo refuses, but agrees to accept Yun Ling as his apprentice 'until the monsoon comes'. Then she can design a garden for herself. As the months pass, Yun Ling finds herself intimately drawn to her sensei and his art while, outside the garden, the threat of murder and kidnapping from the guerrillas of the jungle hinterland increases with each passing day. But the Garden of Evening Mists is also a place of mystery. Who is Aritomo and how did he come to leave Japan? Why is it that Yun Ling's friend and host Magnus Praetorius, seems to almost immune from the depredations of the Communists? What is the legend of 'Yamashita's Gold' and does it have any basis in fact? And is the real story of how Yun Ling managed to survive the war perhaps the darkest secret of all?


    Der Autor
    Tan Twan Eng was born in Penang, Malaysia. His debut novel The Gift of Rain was longlisted for the Man Booker Prize in 2007 and has been widely translated. He divides his time between Kuala Lumpur and Cape Town.


    Inhalt
    "Wenn die Arbeit getan ist, ist es Zeit zu gehen."
    Teoh Yun Ling, chinesisch-stämmige Richterin in Kuala Lumpur (Malaysia) wird in den Ruhestand verabschiedet. Ihr letzer Gang führt die alleinstehende Frau zur Teeplantage der Familie Pretorius in den Cameron Highlands. Vierzig Jahre vorher hatte Yun Ling hier ihre Erlebnisse in einem Arbeitslager der Japaner zu verarbeiten versucht. Der heutige Besitzer der Plantage, Frederik Pretorius, ist der Neffe des Gründers Magnus, der Anfang des Jahrhunderts aus Südafrika in die britsche Kolonie kam, um seine Erlebnisse aus dem Burenkrieg gegen die Enländer hinter sich zu lassen. Frederik und Yun Ling merkt man ihr Alter an; es fällt beiden sichtbar schwer, den traditionellen Sitz auf dem Fußboden einzunehmen. Yun Ling läuft die Zeit davon, sie leidet an einer degenerativen Nervenerkrankung, die in kurzer Zeit zum Verlust des Gedächtnisses, der Sprache und ihrer Lesefähgikeit führen wird. Mit ihrer Argumentationsfähigkeit wird Yun Ling auch ihre berufliche Identität verlieren. Mit der Krankheit hat sie sich abgefunden, alle Diagnosen sind gestellt. Als einzige Überlebende eines japanischen Arbeitslagers, von dem niemals Spuren gefunden werden konnten, will die pensionierte Richterin für die Nachwelt ihre Erinnerungen aufschreiben. Verbindungsstück in die Vergangenheit ist der japanische Garten, den der Japaner Aritomo anlegte. Yun Ling wollte Aritomo in den Fünfziger Jahren beauftragen, einen Garten zur Erinnerung an ihre im Lager umgekommene Schwester Yun Hong anzulegen. Aritomo, ehemaliger Gärtner des japanischen Kaisers, zeichnete niemals Entwürfe auf und gab seine Anweisungen nur mündlich weiter. Er bot Yun Ling damals an, bei ihm in die Lehre zu gehen und den Garten selbst anzulegen. Als Lehrling muss Yun Ling ihrem Meister Aritomo ihren Respekt durch tiefe Verbeugungen bezeugen. Wie stark ihr an ihrem Projekt liegt, wird deutlich, wenn man ihren Gedanken an das Verbeugen vor den verhassten japanischen Besatzern im Lager folgt.


    Die ehemalige Richterin strahlt einen erstaunlichen Frieden mit sich selbst aus. Um zu erfahren, was ihr selbst in der Gefangenschaft wiederfahren ist und wie ihre Schwester ums Leben kam, muss man sich als Leser ihrem Lebenstempo anpassen. Yun Ling erzählt die Ereignisse der Gegenwart im Präsens und in der Ichform. Ihren Sprüngen in die Vergangenheit ist nicht immer leicht zu folgen. Nachdem das Geheimnis der Schwestern aus der Lagerhaft enthüllt ist, entfaltet sich eine weitere Ebene des Buches. Aritomo, der nach dem Krieg nie wieder nach Japan zurückkehrte, verschwand Jahre später in Malaysia unter ungeklärten Umständen. Wenn der Gartenkünstler beabsichtigt hatte, durch seinen Garten zu anderen zu sprechen, kann nur Yun Ling sein Werkzeug sein, um folgenden Generationen sein Erbe zu erklären. Schlüssel zur Vergangenheit ist Tominago, ein Japaner, zu dem die beiden ungewöhnlich verschlossenen Menschen während des Krieges Kontakt hatten.


    Fazit
    Tan Twan Engs zweiter Roman (auf der Shortlist des Man Booker Prize 2012) beeindruckt durch seine ungewöhnlichen Hauptfiguren, sowie den Kontrast zwischen Kriegsgreueln der Vergangenheit und der klaren Sprache eines japanischen Gartens. Für mich verkörpert die Figur der Yun Ling über kulturelle Grenzen hinaus die Einsicht, dass traumatische Erlebnisse, die man hilflos mit ansehen muss, nachhaltiger belasten als Dinge, die einem selbst geschehen. Ein bewegender Roman voller Melancholie, dem ich eine Übersetzung ins Deutsche wünsche.


    --> Hörbuch
    --> Mini-Leserunde


    10 von 10 Punkten


    Edit: Titel der deutschen Ausgabe im Threadtitel eingefügt und entsprechende ISBN eingesetzt. LG JaneDoe

  • Danke für die Info.
    Hoffentlich findet das Buch viele begeisterte Leser. :-)

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

  • Ich habe dieses wunderbare Buch bereits im Januar gelesen, mich aber bis heute nicht zu einer Rezi durchringen können. Der Grund dafür ist nicht etwa Faulheit, sondern die Furcht, es nicht angemessen würdigen zu können. "The Garden of Evening Mists" ist für mich der beste Roman, den ich seit mehreren Jahren gelesen habe, was sicherlich auch, aber nicht überwiegend mit meiner Affinität zu Malaysia und dem Interesse an den behandelten Themen zusammenhängt. Vielleicht schaffe ich es im neuen Jahr, wenn bei mir etwas Ruhe einkehrt.


    LG harimau :wave

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Die deutsche Ausgabe ist erschienen.

    Verlag: Droemer HC 2015. 464 Seiten
    ISBN-13: 978-3426199886. 19,99€
    Originaltitel: The Garden of Evening Mists
    Übersetzerin: Michaela Grabinger


    Verlagstext
    Die angesehene Richterin Teoh Yun Ling, deren Erinnerungskraft schwindet, setzt alles daran, das festzuhalten, was ihr das Wichtigste ist: ihre Vergangenheit. 1951 arbeitet sie, die einzige Überlebende eines japanischen Internierungslagers, als Anwältin für ein Tribunal, das japanische Kriegsverbrecher verurteilt. Doch der Tod ihrer Schwester lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Sie will für diese, eine Liebhaberin der japanischen Gartenkunst, eine Grabstätte schaffen. Trotz ihres Hasses auf die Japaner versucht Yun Ling den japanischen Gärtner Aritomo zu engagieren. Der geheimnisvolle Mann bietet ihr an, sie als Lehrling in seine Kunst einzuweisen, so dass sie selbst den Garten anlegen könnte. Yun Ling lässt sich auf die Ausbildung ein - und nähert sich nicht nur Aritomo, sondern auch ihrem eigenen dunkelsten Geheimnis.


    Die Autorin
    Tan Twan Eng, geboren in Penang, studierte Jura an der University of London und hat lange in einer der angesehensten Kanzleien Kuala Lumpurs gearbeitet. Für "Der Garten der Abendnebel" erhielt er den Man Asian Literary Prize 2012 und den Walter Scott Prize for Historical Fiction 2013. Des weiteren stand der Roman auf der Shortlist des Man Booker Prize 2012. Tan Twan Eng lebt in Malaysia und in Südafrika.

  • Tan Twan Eng: Der Garten der Abendnebel
    Verlag: Droemer HC 2015. 464 Seiten
    ISBN-13: 978-3426199886. 19,99€
    Originaltitel: The Garden of Evening Mists
    Übersetzerin: Michaela Grabinger


    Verlagstext
    Die angesehene Richterin Teoh Yun Ling, deren Erinnerungskraft schwindet, setzt alles daran, das festzuhalten, was ihr das Wichtigste ist: ihre Vergangenheit. Kurz nach dem Krieg arbeitet sie, die einzige Überlebende eines japanischen Internierungslagers, als Anwältin für ein Tribunal, das japanische Kriegsverbrecher verurteilt. Doch der Tod ihrer Schwester lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Sie will für diese, eine Liebhaberin der japanischen Gartenkunst, eine Grabstätte schaffen. Trotz ihres Hasses auf die Japaner versucht Yun Ling den japanischen Gärtner Aritomo zu engagieren. Der geheimnisvolle Mann bietet ihr an, sie als Lehrling in seine Kunst einzuweisen, so dass sie selbst den Garten anlegen könnte. Yun Ling lässt sich auf die Ausbildung ein - und nähert sich nicht nur Aritomo, sondern auch ihrem eigenen dunkelsten Geheimnis.


    Der Autor
    Tan Twan Eng was born in Penang, Malaysia. His debut novel The Gift of Rain was longlisted for the Man Booker Prize in 2007 and has been widely translated. He divides his time between Kuala Lumpur and Cape Town. www.tantwaneng.com


    Inhalt
    "Wenn die Arbeit getan ist, ist es Zeit zu gehen."
    Teoh Yun Ling, chinesisch-stämmige Richterin in Kuala Lumpur (Malaysia) wird in den Ruhestand verabschiedet. Ihr letzer Gang führt die alleinstehende Frau zur Teeplantage der Familie Pretorius in den Cameron Highlands. Vierzig Jahre vorher hatte Yun Ling hier ihre Erlebnisse in einem Arbeitslager der Japaner zu verarbeiten versucht. Der heutige Besitzer der Plantage, Frederik Pretorius, ist der Neffe des Gründers Magnus, der Anfang des Jahrhunderts aus Südafrika in die britsche Kolonie kam, um seine Erlebnisse aus dem Burenkrieg gegen die Enländer hinter sich zu lassen. Frederik und Yun Ling merkt man ihr Alter an; es fällt beiden sichtbar schwer, den traditionellen Sitz auf dem Fußboden einzunehmen. Yun Ling läuft die Zeit davon, sie leidet an einer degenerativen Nervenerkrankung, die in kurzer Zeit zum Verlust des Gedächtnisses, der Sprache und ihrer Lesefähgikeit führen wird. Mit ihrer Argumentationsfähigkeit wird Yun Ling auch ihre berufliche Identität verlieren. Mit der Krankheit hat sie sich abgefunden, alle Diagnosen sind gestellt. Als einzige Überlebende eines japanischen Arbeitslagers, von dem niemals Spuren gefunden werden konnten, will die pensionierte Richterin für die Nachwelt ihre Erinnerungen aufschreiben. Verbindungsstück in die Vergangenheit ist der japanische Garten, den der Japaner Aritomo anlegte. Yun Ling wollte Aritomo in den Fünfziger Jahren beauftragen, einen Garten zur Erinnerung an ihre im Lager umgekommene Schwester Yun Hong anzulegen. Aritomo, ehemaliger Gärtner des japanischen Kaisers, zeichnete niemals Entwürfe auf und gab seine Anweisungen nur mündlich weiter. Er bot Yun Ling damals an, bei ihm in die Lehre zu gehen und den Garten selbst anzulegen. Als Lehrling muss Yun Ling ihrem Meister Aritomo ihren Respekt durch tiefe Verbeugungen bezeugen. Wie stark ihr an ihrem Projekt liegt, wird deutlich, wenn man ihren Gedanken an das Verbeugen vor den verhassten japanischen Besatzern im Lager folgt.


    Die ehemalige Richterin strahlt einen erstaunlichen Frieden mit sich selbst aus. Um zu erfahren, was ihr selbst in der Gefangenschaft wiederfahren ist und wie ihre Schwester ums Leben kam, muss man sich als Leser ihrem Lebenstempo anpassen. Yun Ling erzählt die Ereignisse der Gegenwart im Präsens und in der Ichform. Ihren Sprüngen in die Vergangenheit ist nicht immer leicht zu folgen. Nachdem das Geheimnis der Schwestern aus der Lagerhaft enthüllt ist, entfaltet sich eine weitere Ebene des Buches. Aritomo, der nach dem Krieg nie wieder nach Japan zurückkehrte, verschwand Jahre später in Malaysia unter ungeklärten Umständen. Wenn der Gartenkünstler beabsichtigt hatte, durch seinen Garten zu anderen zu sprechen, kann nur Yun Ling sein Werkzeug sein, um folgenden Generationen sein Erbe zu erklären. Schlüssel zur Vergangenheit ist Tominago, ein Japaner, zu dem die beiden ungewöhnlich verschlossenen Menschen während des Krieges Kontakt hatten.


    Fazit
    Tan Twan Engs zweiter Roman (auf der Shortlist des Man Booker Prize 2012) beeindruckt durch seine ungewöhnlichen Hauptfiguren, sowie den Kontrast zwischen Kriegsgreueln der Vergangenheit und der klaren Sprache eines japanischen Gartens. Für mich verkörpert die Figur der Yun Ling über kulturelle Grenzen hinaus die Einsicht, dass traumatische Erlebnisse, die man hilflos mit ansehen muss, nachhaltiger belasten als Dinge, die einem selbst geschehen. Ein bewegender Roman voller Melancholie.


    10 von 10 Punkten

  • Von Zeit zu Zeit ist es notwendig, über den eigenen, meist durch den Alltag zur Gewohnheit gewordenen Aktionsradius hinauszublicken und sich auf Dinge oder Geschichten einzulassen die einem fremd erscheinen. Nur so kann man den eigenen geistigen Horizont um wenigstens ein kleines Stückchen erweitern. Die Welt der Literatur ist diesbezüglich eine von vielen Möglichkeiten dies zu tun und das erst noch in der vertrauten Umgebung. Gut geschriebene Bücher mit einer Handlung die in fernen Ländern spielt vermögen den Geist zu beflügeln, Neugierde zu wecken und vermitteln eine Kultur, ein Lebensgefühl das sich wesentlich von uns Mitteleuropäern unterscheidet. Dieses Werk hier ist so ein Buch das enthält was wissbegierige Leser/-innen von asiatischer Literatur erwarten dürfen. Unspektakulär aber enorm vielschichtig so dass einem der gesamte Inhalt in seiner Komplexität erst auf den zweiten Blick vollumfänglich bewusst wird.


    Der Inhalt dieses Buches spielt sich permanent auf mehreren, zeitlich meist unterschiedlichen Ebenen ab und beschreibt die Erfahrungen und die Menschen die Teoh Yun Ling in ihrem ereignisreichen Leben gemacht und getroffen hat. Ich empfehle die Kurzbeschreibung zum Buch zu lesen die das Grundgerüst treffend wiedergibt. Die Geschichten im Roman behandeln die Zeit in japanischer Kriegsgefangenschaft ebenso wie ihre Arbeit als Richterin in einem Tribunal das über Kriegsverbrecher zu urteilen hat. Den Wunsch oder vielmehr die Visionen die sie zusammen mit ihrer verstorbenen Schwester von einem japanischen Garten, der ihnen in den schweren Zeiten der Gefangenschaft im Internierungslager ein Trost und ein gedanklicher Fluchtpunkt bzw. ein Sehnsuchtsort war, versucht Teoh in ihrer Zeit als Neu-Rentnerin auf einem kleinen Stück Land in durch seine Landschaftsform faszinierenden malayischen Hochland zu verwirklichen. Sie will den japanischen Gärtner Aritmo für ihr Projekt zu gewinnen wird aber unverhofft von ihm zur Auszubildenden in Sachen Gartenbau gemacht. Aritmo hat aber auch seine Geheimnisse und so werden Teoh innere Konflikte längst verflossener Zeiten ins Bewusst sein gebracht die es mit sich selbst auszufechten gilt.


    Dieses Buch raubt einem mit seiner gelassen Erzählweise und ruhigem Handlungstempo gewiss nicht den Atem aber es entwickelt nach und nach einen unterschwelligen Sog dem ich mich schwer entziehen konnte und wird so zu einem eindringlichen Stück Literatur. Nicht zuletzt geht es um die Vergangenheit und die Erinnerung daran, die einsetzende Vergesslichkeit im Alter der Menschen und darum die innere gedankliche Unrast an einem bestimmten Ort ins seelische Gleichgewicht zu führen. Ein Platz der aus dem Gleichklang von Luft und Wasser, Licht und Zeit existiert. Das Buch wird nicht jedermanns Sache sein aber wer sich für Literatur der leisen Töne begeistern kann könnte hier fündig werden und wird hoffentlich inmitten von Teeplantagen im Garten der Abendnebel, am besten bei einer Tasse Tee, die innere Ruhe finden. Wie heisst es so schön auf Seite 452 "Unruhig sind nur der Verstand und das Herz des Menschen. Doch nach und nach kommt auch das stürmische Herz zur Ruhe, zu der stillen Ruhe, der es sein Leben lang entgegenschlägt." Wunderbar! Wertung: 9 Eulenpunkte

  • Der Garten der Abendnebel
    Tan Twan Eng


    Inhalt und meine Meinung


    Theo Yung Lin, eine angesehene malaysische Richterin gibt ihren Beruf auf und kehrt zurück nach Yugiri, ihren geliebten Garten der Abendnebel. Da sie an einer unbehandelbaren Krankheit leidet, die zu einem Verlust von Sprachfähigkeit und Erinnerungsvermögen führen wird, will sie möglichst viele Ereignisse schriftlich festhalten.
    Wir begleiten Yung Lin in diese Reise in die Vergangenheit, immer wieder unterbrochen von aktuellen Geschehnissen und so fällt es der Leserin nicht leicht, die verschiedenen Zeitebenen dieses Romans zu erfassen. Es lohnt sich aber, diese Mühe auf sich zu nehmen, auch einmal zurückzublättern, um einzelne Passagen in der Rückschau noch einmal zu lesen.
    Theo Yung Lin ist in einer europäisch geprägten Familie Malayas, einem Teil des heutigen Malaysia, aufgewachsen. Ihre Jugend wurde geprägt von der Eroberung ihres Landes durch die verhassten „Japsen“ und ihre Internierung in einem japanischen Zwangsarbeitslager, gemeinsam mit ihrer älteren Schwester. Um das Grauen des Lagers zu ertragen, flüchteten die Schwestern in die Vergangenheit, besuchten in Gedanken die von der Schwester so sehr geliebten japanischen Gärten.
    Zum Gedenken an die Schwester möchte Yung Lin, die einzige Überlebende des Arbeitslagers, einen Garten anlegen lassen und obwohl es ihr schwer fällt, bittet sie Aritomo, einen japanischen Gartenmeister, diesen anzulegen. Der lehnt jedoch ihren Auftrag ab, bietet ihr aber an, ihr die Grundlagen der Gartenbaukunst beizubringen.
    Fast gegen ihren Willen nimmt Yung Lin dieses Angebot an. Das Angebot eines Japaners, eines Angehörigen des Volkes, das ihr und ihrem Land so viel Leid angetan hat.
    Zwischen den beiden äußerst zurückhaltenden, so unterschiedlich geprägten Menschen entwickelt sich langsam eine Beziehung, in der die Vergangenheit nie vergessen wird, in der dennoch die Gegenwart eine Chance hat, die Wunden heilen zu lassen.


    Ein Teil der Faszination dieses Romans ist sicher die exotische Umgebung, die Tan Twan Eng eindrücklich und in fast poetischer Sprache schildert. Hinzu kommt die asiatische Perspektive auf den zweiten Weltkrieg und das Ende der britischen Kolonialherrschaft.


    Mich hat die feinfühlige und zarte Beschreibung von Yung Lins Entwicklung sehr berührt. Sie lebt mit den tiefen Verletzungen weiter und schafft es, trotz ihrer Erinnerung, trotz des Hasses, den sie empfindet, den Blick auf die Eigenschaften des Japaners Arimoto richten zu können, die ihr das Weiterleben ermöglichen.
    Für dieses Buch muss man sich Zeit nehmen – es lohnt sich und man wird durch eine ungewöhnliche, wunderschön erzählte Geschichte belohnt. 10/10 Punkten

  • Der Garten des Abendnebels - Twan Eng Tan


    Mein Eindruck:
    Die vorangegangenen Rezensionen haben das wesentliche schon gesagt und ich kann mich da nur anschließen, dass “Der Garten des Abendnebels” ein ganz besonderer Roman ist, den ich sehr gerne gelesen habe.


    Dieser international erfolgreiche Roman ist eines der doch seltenen Beispiele eines Buches hervorragender Lesbarkeit und eleganter und raffinierter Erzählweise. Nicht immer wird linear erzählt, oft sind es Erinnerungen die verschiedene Zeitabschnitte schildern.
    Die Art des Erzählens spricht mich mehr an als die konventionelle. So ist es möglich, das wichtige entsprechend herauszukristallisieren.

    Es gibt einige poetische Sätze, die beeindrucken, gerade weil die realistisch und glaubhaft wirkenden Figuren jedes pathetische Moment nehmen.
    Ich habe dabei das Gefühl, dass die Übersetzung von Michaela Grabinger eine gute Arbeit ist, die sowohl gründlich ist als auch künstlerisch dem Roman gerecht wird.


    Die Ich-Erzählerin, Richterin Yun Ling, wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Es gibt auch wirklich gute Nebenfiguren, wie der aus Südafrika stammende Magnus und sein Neffe Frederik.
    Aritomo, der japanische Gärtner und Künstler, blieb mir die meiste Zeit distanzierter, was sich aus der Figur selbst ergibt.


    Durch den kompakten Plot wird auch ein Stück Geschichte von Malaya nach dem 2.Weltkrieg erzählt. Zentraler Ausgangspunkt ist die Besetzung Malayas durch Japan, aber auch die Zeit der Umbrüche und Neuorientierung bis 1963.


    Ich war von dem Roman angetan und hoffe, er ist so erfolgreich, das vielleicht Twan Eng Tans erster Roman auch noch ins Deutsche übersetzt wird.

  • Der Garten der Abendnebel - Tan Twan Eng


    Dieser Roman besticht durch die Sprachgewalt.
    Wir werden nach Kuala Lumpur in Malaysia versetzt.
    Die Richterin Yun Ling geht in den Vorruhestand. Sie leidet an einer Krankheit, die ihren Verstand beeinträchtigt, sie wird alles vergessen.


    In ihrer Jugend war sie mit ihrer älteren Schwester in einem japanischen Gefangenenlager.
    Ihre Trauer um die Schwester hat sie nie verlassen und sie kann diese unmenschliche Behandlungen nie vergessen. Sie ist die einzige Überlebende dieses Lagers.
    Für ihre Schwester möchte sie einen Garten von dem ehemaligen Gärtner des japanischen Kaisers Aritomo anlegen lassen. Dieser lehnt ihre Bitte ab, nimmt sie aber als Lehrling an. So lebt sie einige Jahre bei ihm.


    Nach seinem Tod arbeitet sie über 30 Jahre als Richterin und kommt erst jetzt wieder zurück.


    Ich bin tief berührt von den Leiden dieser Frau.
    Der Roman wechselt von Erinnerungen und der Gegenwart.
    Der Autor hat es verstanden mich in seinen Bann zu ziehen. Trotz Trauer, Hass und Verlust zeichnet er sich durch Ruhe und Hoffnung aus.


    Ich habe den Roman mit Begeisterung gelesen.
    Er ist ein Highlight, ich kann ihn nur empfehlen

  • Tolles Buch! Ein bisschen Karate-Kid für Erwachsene, subtiles Beuteschema, was will man mehr.


    Das Erzähltempo war mir zwischendurch mal ein bisschen zu beschaulich, das liegt aber eher an meiner eigenen Ungeduld, als dass das Kritik an dem Roman sein sollte. Hier und da hatte ich ein bisschen Schwierigkeiten, den Zeitsprüngen zu folgen und ich hab festgestellt, dass ich riesige Lücken habe, was die geschichtlichen Ereignisse angeht. :schaem


    Insgesamt hat mich Aritomos Figur und Geschichte weit mehr fasziniert als die Yun Lings, die mich hier und da auch mal genervt hat. Ich fand sie eigentlich erst ganz am Ende im Frieden mit sich selbst.


    Ich werde wohl auch noch das erste Buch des Autoren lesen, wobei ich ein bisschen die Befürchtung habe, dass die Thematik ähnlich ist, nur mit Aikido statt Gartenbau und Bogenschießen.


    Ich geb mal 9 von 10 Eulenpunkten.


    Ich hab die englische Ausgabe gelesen. Der wegfliegende Reiher auf dem Cover passt ja genau zur Handlung, das fällt mir jetzt grad erst auf.


    edit: Aus der Autorin wieder einen Autor gemacht. :lache Ist ja lustig, dass ich die ganze Zeit dachte, das Buch sei von einer Frau geschrieben worden. Vielleicht kam ich deshalb besser mit Aritomo klar als mit Yun Ling, weil der Autor ein Mann ist. :gruebel
    .

  • Ich habe den Roman nach einer längeren Pause ein zweites Mal gelesen und war ebenso begeistert wie zuvor. Es fasziniert mich, wie es dem Autor gelingt, auf einer übersichtlichen Seitenzahl eine Vielzahl von z.T. durchaus schwierigen und komplexen Themen nicht nur anzureißen, sondern durchaus zufriedenstellend zu behandeln. Von grundlegenden Überlegungen zum Verhältnis zwischen Erinnerung und Vergessen, hier durch die erkrankte Protagonistin auf die Spitze getrieben, und den sich daraus ergebenden Konsequenzen in Hinsicht auf Alter und Tod ausgehend, entwickelt sich die Geschichte auf drei Ebenen, von denen zwei (Die für Malaysier nach wie vor traumatische Besetzung des Landes durch die Japaner während des Zweiten Weltkriegs und die schwierige, das Land spaltende Periode der "Insurgency" bald danach) für das (Selbst-)Verständnis der Nation als prägend gelten dürften. Vor diesem interessanten und gut aufgearbeiteten Hintergrund wird eine sehr persönliche Geschichte um Liebe, Freundschaft, Schuld und der Suche nach Vergebung erzählt, deren Protagonistin mir nicht immer sympathisch ist, während - weitaus wichtiger - ihr Verhalten für mich aber jederzeit nachvollziehbar bleibt.


    Erstaunt hat mich die (zumindest im Englischen) poetische Sprache, mit der auch traurige, mitunter recht brutale Sachverhalte geschildert werden. Statt mich an diesem scheinbaren Gegensatz zu stören, hat mir Tans Stil sehr gefallen.


    LG harimau :wave


    P.S. Ich habe das Buch diesmal am Handlungsort in den Cameron Highlands gelesen, was es mir noch leichter machte, mich in die herrschende Stimmung des Romans hineinzuversetzen. Ein Genuß! :-)

    "Lieber losrennen und sich verirren. Lieber verglühen, lieber tausend Mal Angst haben, als sterben müssen nach einem aufgeräumten, lauwarmen Leben"

    Andreas Altmann

  • Zitat

    Original von harimau
    Erstaunt hat mich die (zumindest im Englischen) poetische Sprache, mit der auch traurige, mitunter recht brutale Sachverhalte geschildert werden. Statt mich an diesem scheinbaren Gegensatz zu stören, hat mir Tans Stil sehr gefallen.


    Ich habe das Buch vor kurzem in der deutschen Übersetzung gelesen und genau das, was du beschreibst, ist einer der Gründe, warum ich dieses Buch so großartig finde. Diese poetische Erzählweise hat mich nicht gestört, aber teilweise verstört und gleichzeitig sehr fasziniert. Mit "verstört" meine ich nicht, dass es mich abgeschreckt hat, eher das Gegenteil war der Fall. Es hat dazu geführt, dass mich das Buch noch lange beschäftigen wird. Für mich ist das ein Buch, dass Yun Lings Leben und auch diesen düsteren Teil der Malayischen Geschichte mit unfassbarer Wucht erzählt und gleichzeitig von der Ruhe und Schönheit der japanischen Gärten getragen wird. Das ist auf jeden Fall ein Buch, das mehr als einmal gelesen werden möchte.

  • Ein Buch für schnell mal zwischendurch ist "Der Garten der Abendnebel" sicher nicht. Vielmehr muss man die bildliche Sprache auf sich wirken lassen. Das Buch führt uns nach Asien und bringt uns die dortige Geschichte und Kultur näher. Die Handlung ist teilweise erschütternd, andererseits wieder wunderschön. Oft habe ich mir erst einmal eine Tasse Tee gekocht, bevor ich mich mit dem Buch verkrochen habe.


    Allerdings hatte ich etwas Probleme was die Zeitebenen betrifft, mir war nicht immer gleich klar in welcher Zeit ich mich befinde, auch einige Personen blieben für mich eher blass.


    8 Punkte für dieses außergewöhnlich Buch, welches sicherlich lange in meinem Gedächtnis haften bleibt.

  • Nun bin ich auch mit diesem wunderbaren Buch fertig und ich muss sage, ich bedauere es.


    Jedes Mal, wenn ich es wieder zur Hand nahm um weiterzulesen, überkam mich eine innere Ruhe. Das Buch hat für mich oder vielmehr die Geschichte und die Art wie es erzählt wird, einen meditativen Charakter.


    Die Schilderung der menschlichen Schicksale und nicht nur das der Erzählfigur Yun LIng, sondern das aller Protagonisten, sind eindringlich und vielfältig. Nicht jeder ist das was er vorgibt und im Lauf der Erzählung, die gewebt ist wie ein Teppich oder in diesem Fall wie ein horimono, kommen wir den Geheimnissen um Yun Lings Geschichte und der Arimotos näher.


    Auch der geschichtliche Hintergrund des Landas Malaya ist interessant zu lesen oder die Pflege und Anlegung des "Gartens der Abendnebel" dessen Name so poetisch ist wie das ganze Buch.


    Volle Punktzahl.

  • ab 1. 6. als TB


    Die angesehene Richterin Teoh Yun Ling, deren Erinnerungskraft schwindet, will sich noch einmal mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. Kurz nach dem Krieg arbeitet sie, die einzige Überlebende eines japanischen Internierungslagers, als Anwältin für ein Tribunal, das japanische Kriegsverbrechen ahndet. Auch der Tod ihrer Schwester lässt sie nicht zur Ruhe kommen. Sie will für diese ein Denkmal schaffen. Da ihre Schwester eine Liebhaberin der japanischen Gartenkunst war, geht Yun Ling trotz ihres Hasses auf die Japaner bei dem japanischen Gärtner Aritomo in die Lehre. Aritomo, der einst Gärtner des japanischen Tenno war, verbirgt aber ein dunkles Geheimnis.

  • Ich habe dieses wunderbare Buch gerade ausgelesen und schließe mich der Begeisterung meiner Vorschreiber an.
    Mir hat die Verflechtung der einzelnen Erzählfäden am besten gefallen. Sehr kunstvoll und bis zuletzt durchdacht. So passt die äußere Form perfekt zum Inhalt. Ein außergewöhnliches Lese-Erlebnis.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin

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