Die Stadt des Zaren - Martina Sahler

  • ASIN/ISBN: 347135154X
    Gebundene Ausgabe: 528 Seiten
    Verlag: List Hardcover (11. August 2017)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 347135154X
    ISBN-13: 978-3471351543


    Kurzbeschreibung (Amazon)
    Der große Roman über die Gründung von Sankt Petersburg


    Zar Peter setzt im Mai 1703 an der Newa den ersten Spatenstich. Er will eine Stadt nach westlichem Vorbild bauen: Sankt Petersburg. Ein monumentales Vorhaben, das Aufstiegschancen und Abenteuer verheißt. Aus allen Himmelsrichtungen reisen die Menschen an: Graf Fjodor mit seiner intriganten Frau und ihrer Tochter, die sich nach dem Wunsch der Eltern mit dem Zaren verloben soll. Ein italienischer Architekt, der seine Geliebte in Florenz zurücklässt und von der Vergangenheit eingeholt wird. Der deutsche Arzt Dr. Albrecht mit seinen Töchtern. Während die Jüngere mit einem holländischen Tischlergesellen abenteuerlustig durch die Sumpflandschaft streift, verliert die Ältere ihr Herz an einen Mann, der zum Mörder wird. Langsam wächst eine Stadt heran …


    Der Roman einer Stadt, eine lebendige Geschichtsstunde über Aufbruch und Abenteuer.


    Zur Autorin
    Martina Sahler, Jahrgang 1963, lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Das Studium der Germanistik und Anglistik brachte ihr auch die Erkenntnis, dass ihr die bunte Praxis des Schreibens lieber ist als die graue Theorie. Nach Volontariat in einem großen Publikumsverlag und mehrjähriger Arbeit als fest angestellter Redakteurin für Belletristik arbeitet sie seit über 20 Jahren freiberuflich rund ums Buch. In ihrem Büro mit Blick in Bergische Wälder und den Katzen Lottie, Luke und Lola um die Beine schreibt sie Liebesromane, historische Romane und Jugendbücher.


    Meine Meinung
    Laut Wikipedia ist St. Petersburg heute die nördlichste Millionenstadt der Welt und blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Über die Zeit und die Umstände ihrer Entstehung zu lesen hat mich interessiert und mir sehr gefallen.


    Zar Peter der Große wollte einen Ostseehafen und eine an der westlichen Kultur ausgerichtete Hauptstadt. Nach der Devise – „koste es, was es wolle“. Und es hat unvorstellbar viel gekostet, an Geld, Ressourcen und Menschenleben. Gerade letztere zählten nicht viel in den Augen des Zaren und seiner Entourage angesichts des großen Projektes. Vor allem, wenn es sich „nur“ um Leibeigene und Kriegsgefangene handelte, die damals zu tausenden starben.


    Die Schilderungen des historischen Umfeldes und der örtlichen Gegebenheiten liefern ein anschauliches Bild, hier spürt man die intensive, liebevolle Recherche. Doch lebendig wird die Geschichte durch die Figuren, die man eine Zeit lang durch ihr Leben und die entstehende Stadt begleitet. Spannende Figuren, die stellvertretend stehen für das bunte Völkergemisch und doch in keiner Weise stereotyp wirken. Wie der Zar, sind auch sie facettenreich geschildert, ließen sich in keine Schublade stecken, haben sich entwickelt und konnten mich immer wieder überraschen.


    Am Ende bleiben hier einige Erzählfäden lose hängen, aber für mich hat das gepasst. Im Mittelpunkt dieses historischen Romans steht die Stadt St. Petersburg, nicht die Schicksale einzelner Menschen, so spannend sie auch angelegt sein mögen. Sie dienen in erster Linie dazu, die Geschichte anschaulich und fesselnd zu gestalten rund um die historischen Fakten. Vor diesem Hintergrund hatte ich kein Problem damit, Paula, Helena, Zoja und auch alle anderen am Ende loszulassen ohne zu wissen, was genau aus ihnen geworden ist.


    Was aus St. Petersburg geworden ist, ist bekannt, oder bei Wikipedia nachzulesen :grin.


    Mit dem Prolog zur Grundsteinlegung in der sumpfigen Newamündung und dem rauschenden Fest in der inzwischen blühenden Stadt als Epilog, ist dieser Roman auch formal eine "runde Sache" :anbet.


    Schön finde ich auch das Cover und hilfreich das ausführliche Kartenmaterial.


    Abschließend möchte ich noch meine sprachliche Lieblingsstelle zitieren:


    "Bislang hatte sein Leben in einen Fingerhut gepasst. Nun musste er sich die Lunge voller Mut pumpen und sich Flügel wachsen lassen, um der Welt zu beweisen, was wirklich in ihm steckte."

  • Allein mit dem Cover ist dem Verlag ein Hingucker gelungen, wunderschön und dazu stimmungsvoll in den Farben Weiß und Blau gehalten. Dann liest man den Klappentext und denkt sich: Klingt spannend und gut. Dann fängt man an zu lesen und der Sog der Geschichte hat einen gepackt, zumindest ist es mir so ergangen.
    Martina Sahler versteht es den Aufbau dieser Stadt mit vielen verschieden Einzelschicksalen zu verweben. Der Adel, die Handwerker, die „ausländischen“ Spezialisten und die Leibeigenen bekommen von ihr eine Stimme und schildern jeder aus seiner Sicht die Geschehnisse in dieser Stadt.
    Die Liebe spielt in diesem Roman eine große Rolle, denn wir haben die Paar Helena und Erik, sie die Tochter des deutschen Arztes, er der schwedische Zwangsarbeiter. Paula, die zweite Tochter des Arztes, verliebt sich in den niederländischen Handwerker. Die italienischen Brüder Francesco und Matteo versuchen in St. Petersburg ebenfalls ihr Glück. Aber auch die Beziehung des Zaren zur seiner Frau und seinem Sohn wird thematisiert, ebenso die Beziehung zu seiner Mätresse.
    Der Aufbau der Stadt ist dramatisch, denn die Natur muss bezwungen werden und kostet zuvor einigen Menschen das Leben. Die Autorin erzählt den Roman chronologisch ohne Rückblenden, lediglich Kostja, der das andere Gesicht hat, gewährt dem Leser einen „verschlüsselten“ Einblick in die Zukunft, durch Andeutungen und Aussagen, die erst im Nachhinein verständlich sind.
    Am Ende werden fast alle Fäden zusammengeführt, leider aber nicht alle. Einiges bleibt im Unklaren. Der Erzählstil der Autorin ist sehr gut zu lesen, der Roman entwickelt einen guten Sog. Hinzu kommen die teilweise recht kurzen Episoden, die ebenfalls das Tempo hochhalten.
    Vor jedem Kapitel befindet sich eine Angabe zu Zeit und Ort, sodass dem Leser die Orientierung leicht fällt.
    Primäre Zielgruppe sind sicherlich geschichtlich interessierte Frauen, da für die männliche Leserschaft (und vielleicht auch für einige Frauen) der Liebesaspekt zu deutlich hervortritt. Dennoch ist dieser Roman beileibe kein Liebesroman, eine gewisse Affinität zu historischen Themen muss schon gegeben sein, um diesen Roman zu mögen. Sehr interessant fand ich mal in ein Land zu reisen, welches gerade bei den historischen Romanen kein alltäglicher Schauplatz ist, im Gegensatz zu England, Frankreich oder Deutschland.
    Ein farbenprächtiger Auftakt zu der neuen Reihe um die Stadt St. Petersburg von Martina Sahler. Ich bedanke mich bei der Verlagsgruppe Ullstein, dem List Verlag und NetGalley für die Bereitstellung des Rezensionsexemplares. Ebenso gilt mein Dank meinen MitleserInnen bei Büchereule.de und Martina Sahler, die die Leserunde wieder zu etwas ganz besondere gemacht haben.


    9/10 P.

  • Petersburg, „Die Stadt des Zaren“, entsteht im beginnenden 18.ten Jahrhundert in einer sumpfigen unwirtlichen Gegend. Der Zar scheut keine Mühen, keine Kosten, um seine Pläne und Visionen von einem Seehafen umzusetzen. Es ist, als baute er eine ganze Stadt zu seinem eigenen Denkmal.
    Anhand mehrerer Handlungsstränge und einer ganzen Reihe an wichtigen Charakteren schildert die Autorin in vielen Facetten und Einzelschicksalen die damaligen Lebensumstände, die Planung und Durchführung der Bauarbeiten. Außerdem kommen von überall aus Europa die Menschen, um die Stadt zu bevölkern und dort ihr Glück zu suchen.


    Martina Sahler hat einen schönen Schreibstil. Und sie hat hervorragend recherchiert und versucht dies im Buch auch Alles unterzubringen. Aber gerade damit hatte ich wohl irgendwie meine Probleme. Denn phasenweise empfand ich es mehr als Sach- und Geschichtsbuch. Außerdem hatte ich bei den vielen Darstellern den Eindruck, der Plot wäre für mich etwas zu überfrachtet und manches Mal hätte ich mir die Handlung etwas ausführlicher und nicht ganz so hektisch gewünscht.


    Das Thema ist wirklich interessant. Es gibt leider viel zu wenige aktuelle Romane über das historische Russland und das Zarenreich. Auch wenn ich keine wirkliche Beziehung zu den Protagonisten aufbauen konnte, so habe ich doch Vieles gelernt und erfahren. Laut Autorin schreibt sie schon an einer Fortsetzung. Die Geschichte geht also weit über die Gründung einer Stadt hinaus.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

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  • Auf das neue Buch von Martina Sahler habe ich mich schon lange gefreut, nachdem ich im letzten Jahr die "Wolga-Sieder"-Trilogie mit großer Begeisterung gelesen habe.
    Und meine Vorfreude wurde auch nicht enttäuscht: mit "Die Stadt des Zaren" ist der Autorin wieder ein toller historischer Schmöker gelungen.


    Der Roman erzählt die Geschichte der Stadt St. Petersburg. Die Handlung erstreckt sich über den Zeitraum von 1703, als der erste Spatenstich für die neue Stadt erfolgte, bis zum Jahr 1712, als die Stadt zur Hauptstadt von Russland ernannt wurde.
    Dabei wird die Entstehung der Stadt an Hand des Schicksals von mehreren unterschiedlichen Personen erzählt. Der deutsche Arzt
    Albrecht wird von Zar Peter persönlich eingeladen, zusammen mit seiner Frau und den drei Kindern in die neu gegründeten Stadt zu kommen um eine Praxis zu eröffnen. Ein Tischler aus Amsterdam ist mit seinem Sohn Willem nach St. Petersburg gekommen um dort sein Handwerk auszuüben. Zwei Brüder reisen aus Florenz an, um als Architekten den Zaren zu unterstützen. Und dann sind da natürlich noch die Kriegsgefangenen aus Schweden und die Leibeigenen der Russen, die maßgeblich an dem Aufbau der Stadt mitbeteiligt sind.


    Der Roman erzählt in verschiedenen Handlungssträngen von dem Leben der neuen Bewohner der Stadt. Und dadurch erfährt der Leser sehr viel über die verschiedenen Lebens-und Arbeitsbedingungen der Bewohner, über die Widrigkeiten der Natur beim Aufbau der Stadt und über politische Machtspiele.


    Man merkt dem Roman auf jeder Seite an, dass die Autorin wahnsinnig gut dafür recherchiert hat. Der Schreibstil von Martina Sahler hat mir auch hier wieder ausgesprochen gut gefallen. Alles wird sehr anschaulich und ausführlich beschrieben, die einzelnen Personen werden gut charakterisiert.
    Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen und ich habe einiges über die Gründung von St. Petersburg gelernt.
    Wegen mir hätte das Buch gerne noch einige Seiten mehr haben können. Dann hätten die einzelnen Handlungsfäden und die Schicksale der Bewohner noch ausführlicher beschrieben werden können.


    Ich möchte auf jeden Fall auch noch auf die tolle Ausstattung des Buches hinweisen. Das Cover ist sehr schön und hochwertig, es gibt zwei Karten und ein Personenverzeichnis. Und am Ende wird das Buch mit einer Zeittafel und einem ausführlichen Anhang abgerundet.


    Vielen Dank für die engagierte Begleitung der Leserunde durch die Autorin. Mir hat das Buch schöne Lesestunden beschert und ich freue mich jetzt schon auf eine Fortsetzung der Geschichte von St. Petersburg.

  • Kein Mensch kann uns die Garantie geben, dass es die richtige Entscheidung ist, aber ist es nicht aufregend, aufzubrechen und neue Ziele ins Auge zu fassen? (Seite 49)



    Meine Meinung


    Zur Zeit meiner Kindheit und Jugend gab es diese Stadt nicht. Jedenfalls nicht mit diesen Namen. Und so war es denn auch Leningrad, in das ich 1986 hätte reisen wollen, wegen einschneidender familiärer Ereignisse jedoch nicht konnte. Niemand hätte damals gedacht, daß es nur noch ein paar Jahre dauern würde, bis Leningrad von der Landkarte verschwinden und St. Petersburg in alter Pracht wieder auftauchen würde. Aber wie das heutige St. Petersburg entstand ist damit noch lange nicht erklärt. Das tut Martina Sahler in ihrem neuen Roman auf eine Weise, daß ich ins Grübeln geraten bin, ob ich die seinerzeit ausgefallene Reise nicht doch noch nachholen sollte. Und das ich, der um Großstädte stets einen möglichst großen Bogen macht.


    Gleich zu Beginn berichtigt die Autorin den auch von mir bisher für richtig gehaltenen Irrglauben, daß die Stadt nach ihrem Gründer - Zar Peter den Großen - benannt sei, wenngleich schon das „St.“ im Namen ein solches ausschließen sollte. Es ist der Apostel Petrus, der den Namen für die Stadt gab. Kein Wunder, daß die Kommunisten nichts besseres wußten, als diesen zu ändern.


    Wer heute nach St. Petersburg reist, sich Filme oder Bilder davon ansieht, kann sich kaum vorstellen, welche ungeheuren Mühen es für die Menschen im beginnenden 18. Jahrhundert bedeutete, diese Stadt im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Boden zu stampfen, zumal aus einem sumpfigen, der für eine Stadtgründung alles andere als geeignet war. Aber der Zar wollte es so - und da gab es kein Erbarmen, es hatte so zu geschehen.


    Man merkt dem Roman an, daß die Autorin hier besonders viel investiert hat, sei es Recherche, sei es Arbeit am Text, sei es Herzblut, das in dieses Buch mit eingeflossen ist. Mir ist eigentlich nur ein Kritikpunkt aufgefallen: das Buch dürfte ruhig noch etliche Seiten länger sein. Es gibt einige Orts- und Zeitsprünge, die manchmal den Eindruck des episodenhaften erwecken können. Auf der anderen Seite wäre es für den Leser möglicherweise ermüdend, immer wieder von den gleichen Schwierigkeiten und Problemen zu lesen, die sich damals ergaben. Es ist vermutlich eine Sache der persönlichen (Lese-)Vorliebe, ob man die „fehlenden Seiten“ vermißt oder nicht.


    Auf jeden Fall ist es der Autorin gelungen, die Gründung der Stadt St. Petersburg sehr anschaulich darzustellen. Sie erzählt vom eisernen Willen des Zaren Peter dem Großen und seiner Zerrissenheit: einerseits war er den Traditionen Rußlands verhaftet, andererseits für seine Zeit offen und hochmodern und stets dabei, Rußland und seine Menschen in die moderne Zeit zu führen, und sei es mit Gewalt. Wir lesen von vielen, historischen und fiktiven, Menschen, die die Stadt bevölkern und ihren Teil zum Aufbau beitragen, sei es nun zwangsweise (wie die schwedischen Kriegsgefangenen oder die Leibeigenen) oder freiwillig, wie der deutsche Arzt Dr. Albrecht mit seiner Familie.


    Es entsteht ein vielfältiges Panorama, das die Jahre 1703 bis 1712 in all ihren Facetten lebendig werden läßt. Ich habe mich mit den Menschen gefreut, mit ihnen gelitten, manche bedauert, andere gehaßt, das Wasser rauschen, das Feuer knacken gehört. Kurz: der Autorin ist es in diesem Roman noch besser als in ihrer „Wolgatrilogie“ gelungen, eine vergangene Welt zum Leben zu erwecken. Sollte ich also jemals doch noch nach St. Petersburg kommen, hat dieses Buch einen nicht geringen Anteil daran.



    Mein Fazit
    Ein farbenprächtiges Bild der Gründung von St. Petersburg, das auch die dunklen Seiten nicht verschweigt. Gut geschrieben mit vielen Details - lesenswert.
    .

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • 1703: Zar Peter setzt den Grundstein für Sankt Petersburg. Der Aufbau der Stadt, in einem Sumpfgebiet, ist alles andere als leicht und bietet viele Gefahren, aber auch Möglichkeiten und zieht daher Menschen von überall her an. Doch nicht alle Menschen arbeiten hier freiwillig, auch Leibeigene und Kriegsgefangene müssen ihren Teil dazu beitragen.


    Sankt Petersburg – eine interessante Stadt mit einer interessanten Geschichte, schon ihre Entstehung fasziniert, einen Roman, der sich mit damit befasst, wollte ich sehr gerne lesen. Die Autorin war mir noch unbekannt, aber das muss ja nichts heißen. Dazu dieses wunderschöne Cover, der Roman wurde schnell ein Muss für mich und ich hatte das Glück, ihn innerhalb einer Leserunde lesen zu können.


    Leider hat er nicht ganz meine Erwartungen erfüllt, ich hätte mir gewünscht, dass der große Zusammenhang, der Bau einer Stadt an einer eigentlich ungeeigneten Stelle, mehr im Focus der Geschichte steht, und nicht, wie es der Fall ist, vor allem Einzelschicksale. Und auch Zar Peter selbst kommt mir ein wenig zu kurz, wenn er auftaucht, dann meist vor allem, um historische Hintergründe und Zusammenhänge zu referieren, als Mensch kommt er mir kaum nahe.


    Das tun dann schon eher die Personen, deren Schicksale im Mittelpunkt stehen, die deutsche Arztfamilie, die bereits einige Jahre in Moskaus Ausländervorstadt gelebt hat, die russische Adelsfamilie und ihre Leibeigenen, die schwedischen Kriegsgefangenen und die Experten aus verschiedenen Ländern – bei aller Vielfalt hätte ich mir auch ein paar freie russische Arbeiter gewünscht, denn Zar Peter tat sich mit seinen, für die russische Bevölkerung nahezu revolutionären Ideen, im eigenen Land doch recht schwer.


    Mit dem Einstieg in den Roman tat ich mir etwas schwer, vielleicht wäre es eine gute Idee gewesen, nicht mit eher trockenen historischen Fakten ins Haus zu fallen, sondern mit einer persönlicher gehaltenen Szene, die den Leser direkt packt. Es gibt später immer wieder sehr gut gelungene Szenen, die den Leser direkt mit in das entstehende Sankt Petersburg nehmen und es regelrecht vor dem geistigen Auge erscheinen lassen, z. B. eine Bootsfahrt der Kinder der Arztfamilie, die gerade neu zugezogen ist, bei der der Leser alles durch die Augen dieser Drei erlebt.


    Die einzelnen Charaktere sind in ihrer Vielfalt gut gelungen, ihre Entwicklungen erscheinen mir aber nicht immer plausibel. Helena, z. B., die älteste Tochter der bereits erwähnten Arztfamilie, ist zunächst sehr flatterhaft und eher unsympathisch, wandelt sich aber im Laufe des Romans, jedoch für mich nicht wirklich nachvollziehbar.


    Manche persönliche Schicksale erscheinen mir auch zu übertrieben, oft wäre weniger mehr gewesen, wie z. B. das Zojas, einer Leibeigenen. Das Leben einer Leibeigenen ist schon schwer genug, das muss nicht noch dramatisch verstärkt werden, und auch im Leben ihrer Herrschaft wäre weniger mehr gewesen. Mich hätten viel mehr die verschiedenen Lebensumstände der einzelnen Bevölkerungsgruppen, die am Aufbau beteiligt waren bzw. die von der neuen Stadt angelockt wurden, ganz allgemein interessiert.


    Auch die Geschichte um zwei italienische Brüder ist mir zu viel, ein zusätzlicher Charakter wäre hier mehr als entbehrlich gewesen, hier wurde es mir dann auch eindeutig zu kitschig. Wie bereits gesagt, die einzelnen Schicksale drängen zu sehr in den Vordergrund, sie ganz „normal“ zu erzählen, und dabei mehr auf die Stadt- und Entstehungsgeschichte selbst einzugehen, hätte mir besser gefallen. So ist der Roman am Ende auch mehr Liebesroman und das Historische geht immer wieder unter.


    Sprachlich kann mich der Roman nicht immer überzeugen. So wird z. B. zu viel „getrippelt“ und oft erscheint mir das überhaupt nicht passend für den jeweiligen „Trippler“.


    Recht gut gelungen empfinde ich die Zusatzinhalte, es gibt zwei Karten, ein Personenverzeichnis, mit kenntlich gemachten historischen Persönlichkeiten und eine Zeittafel. Das Nachwort der Autorin hätte ich mir etwas ausführlicher gewünscht. In diesem Nachwort werden weitere Romane über Russland angekündigt, die ich aber wohl nicht lesen werde. Immerhin wurde mein Interesse an Zar Peter geweckt.


    Leider war der Roman, auf den ich mich sehr gefreut hatte, für mich eher enttäuschend. Ich vergebe daher nur knappe 6 Punkte. Wer gerne Liebesgeschichten vor historischem Hintergrund liest, könnte von dem Roman dennoch gut unterhalten werden.

  • Meine Meinung zur Autorin und Buch:


    Buch:
    Martina Sahler hat einen spannenden, abenteuerlichen und mitreißenden Roman über Zar Peter und die Entstehung über den Bau von St. Petersburg geschrieben. Ein Mann der sich seinen Traum erfüllte. Zar Peter ist so toll beschrieben, wie er war, ein Mann Intelligent ,der höflich aber auch brutal sein konnte. Der mit Leib und Seele für seine neue Hauptstadt kämpft, die er 1703 aus einen Sumpfgebiet an der Newa stampft und nebenbei noch im Krieg mit Schweden liegt. Diese Stadt, die eine Weltmetropole werden soll, mit ihr will er das Fundament für eine russische Weltmacht legen. Man spürte wie er dafür brennt. Mit seinem Denken, Handeln und der Politik ist er auf den Westen konzentriert. Er will den Fortschritt und blühende Zukunft für sein Land, fort mit den alten Bärten und Sitten. Viele Ausländer, Handwerker, Ärzte, Geschäftsleute sind seinem Ruf gefolgt. Auch die deutsche Arztfamilie Albrecht, die rasch sein vertrauen gewinnt und eine enge Beziehung zu ihm haben. Die Albrechts, sind eine Familie die sich nicht unterkriegen lässt, die Anfangsbedienungen sind nicht gerade so rosig, aber sie engagieren sich mit den anfangs unwirtschaftlichen und primitiven Bedingungen. Ich habe sie dafür bewundert, Mutter wie Töchter sind mutige Frauen. Die Grafenfamilie, die eng mit Zar Peter befreundet ist, sind das Gegenteil besonders Gräfin Viktoria, ist keine umgängliche Frau, hochmütig, Eiskalt und auch ihre Leibeigenen behandelt sie schlecht, sie lässt gerne die Knute sprechen. Die Tochter leidet unter dieser herrschsüchtigen Mutter. Auch wenn Zar Peter für Moderne und Fortschritt steht, leiden die Leibeigenen und Bauern immer noch in seinem Land. Damit seine Stadt, trotz vieler Naturkatastrophen zur Vollendung kommt, werden sie zur mithilfe gezwungen. Auch wenn es bis an den Rand ihrer Kräfte geht. Besonders schwer trifft es die schwedischen Kriegsgefangenen , die unter unwürdigen Bedingungen Arbeiten und Leben müssen.


    Es gibt aber auch etwas romantisches als Helga die älteste Tochter sich ausgerechnet in den schwedischen Gefangen Erik verliebt, eine sehr gefährliche und verbotene Angelegenheit, die den Tod bedeuten kann.Auch der kleine Wirbelwind Paula Albrecht, hat einen Traum, sie möchte Ärztin werden, auch sie brennt für ihre Träume.



    Zar Peter, Seite 16:„Unser Lohn wird eine Stadt sein, die dem Westen zugewandt ist. Eine Metropole, die in seiner Buntheit von Geschichten, Sprachen, Gewändern und Kulturen erstrahlen wird.“



    Dies alles kommt in diesem Roman zur Sprache.


    Zur Autorin


    Den Sprach und Schreibstil ist sehr flüssig und Bildhaft, auch die Sprache fand ich korrekt.


    Der Handlungsaufbau ist sehr gelungen, alle lose Fäden liefen am Ende zusammen, auch wenn sie einiges Offenlässt, und sich fragt wie geht es weiter, aber diese Fragen werden in der Fortsetzung beantwortet werden. Die Geschichte war spannend von der 1. bis zur letzten Seite, auch wenn einiges sehr ausführlich war, das Leben der Leibeigenen. Über Zar Peter hätte sie noch ausführlicher berichten und Raum geben können. Ihre Figuren waren sehr real und Glaubwürdig, besonders die Albrechts und Zar Peter und die Grafenfamilie. Auch das Leben der Leibeigenen kam nicht zu kurz. Die einzelnen Charaktere sind gut beschrieben, sodass man in ihre Seelen und hinter ihre wahre Fassaden blicken konnte. Auch das historische geschehen zur damaligen Zeit war sehr gut ausführliche beschrieben. Sehr gut ist der Bau von St. Petersburg beschrieben..

    „Lesen heißt durch fremde Hand träumen.“ (Fernando Pessoa)

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  • Ich durfte das Buch imRahmen der Leserunde lesen noch mal ein Dankeschön an Wolke und denVerlag :-)
    Das Cover ist dem Verlag wirklich sehr gut gelungen.


    Das Buch selber hat leider nicht meinen Erwartungen entsprochen die ich mir davon gemacht habe.Ich hatte auf ein Buch gehofft in dem der Bau der Stadt im Vordergrund steht.Leider ist das mehr und mehr in den Hintergrund gerückt zugunsten verschiedener Liebesgeschichten.
    Dazu muss ich sagen das ich keinFan von Liebesgeschichten bin.
    Es gab für mich auch zuviele Ungereimtheiten die für mich einfach nicht gepaßt haben.Ich vermute die Zielgruppe sind Frauen die gerne Liebesgeschichten vor einem historischen Hingergrund lesen, dazu gehöre ich nicht.


    Zu lesen war die Geschichte trotzdem gut und flüssig.

  • Im Mai 1703 fasst Zar Peter den Entschluss, eine Stadt nach westlichem Vorbild zu erbauen mit dem Namen Sankt Petersburg. Er lässt die Menschen aus aller Herren Länder anreisen.


    Zum Beispiel ein persönlicher Bekannter Graf Fjodor mit seiner intriganten Frau und seiner schüchternen Tochter, die dem Zaren schöne Augen machen soll.

    Oder die Arztfamilie Albrecht aus Deutschland mit ihren Töchtern Helena und Paula die sich Hals über Kopf verlieben. Helena in Erik einem Kriegsverbrecher und Paula, in einem holländischen Tischlerlehrling.

    Oder den italienischen Architektenbrüdern Francesco und Matteo. Der eine introvertiert und ein Genie, der andere ein Draufgänger und ein gewiefter Geschäftsmann, der von seiner Vergangenheit eingeholt wird.


    Es sind harte Zeiten und es wird den Menschen sehr viel abverlangt. Sie
    alle suchen das große Glück und wollen an der Entstehung einer großen Stadt teilhaben.


    Dies ist ein interessanter Roman über die Entstehung von Sankt Petersburg. Er liest sich flüssig und nebenbei erfährt man viel geschichtliches. Durch die verschiedenen Handlungsstränge sieht man quasi wie durch ein Kaleidoskop die Entstehung der Stadt Sankt Petersburg.


    Ich vergebe 9 Punkte und freue mich schon auf einen neuen Roman von Martina Sahler.

  • Auch ich durfte das Buch im Rahmen der Leserunde lesen.
    Ich hatte mir sehr viel davon versprochen, weil mich Martina Sahler mit ihrer Wolga Trilogie sehr begeistert hat. Bei der vorliegenden Geschichte tat ich mir allerdings etwas schwerer und bin nicht ganz so gut hinein gekommen. Das Thema ist unheimlich interessant, ein Zar der einfach eine Stadt aus dem Boden stampfen möchte und die vielen kleinen und großen Dramen die sich daraus ergeben. Anschaulich erzählt die Autorin anhand von sehr unterschiedlichen Protagonisten die Geschichte. Leider blieben viele der Figuren etwas blass und oberflächlich, weil knapp 500 Seiten einfach viel zu wenig sind um so einer großen Geschichte die epische Breite zu geben die sie benötigt. Das empfinde ich persönlich als sehr schade, ich mag grade im historischen Bereich dicke Wälzer...


    Ich gebe hier 7 von 10 möglichen Punkten

  • Ich habe den Roman über die Entstehungsgeschichte St. Petersburg sehr gerne gelesen. Der Roman bietet ein buntes Kaleidoskop an potenziellen Schicksalen, die sich 1703 bis 1712 beim Aufbau von St. Petersburg so ergeben haben könnten. Es wird dargestellt, dass sich dort ein buntes Sammelsurium von Menschen jeder Herkunft mit vielen unterschiedlichen Zielen und Wünschen trafen. Viele Schicksale endeten leider aber auch tragisch mit dem Tod. "St. Petersburg wurde nicht nur auf Sumpfgebiet, sondern auch auf Skeletten errichtet" ist sinngemäß ein geflügeltes russisches Wort.


    Das Buch motivierte mich, mich mal wieder recht viel parallel im Internet über die realen Ereignisse zu informieren und mein bislang schwammiges Bild der russischen Geschichte etwas dichter zu gestalten.


    Da ich schon selbst einmal in St. Petersburg war, konnte ich mir viele der beschriebenen Details bildhaft vorstellen und ich lernte viel über den historischen Bedeutungsgrad der Wassiljewski-Insel. Mir haben die Stunden, die ich mit diesem Buch verbringen durfte, sehr gut gefallen und ich freue mich auf weitere St. Petersburg-Bücher von Tina Sahler.


    9 Punkte vergebe ich für das Buch.