'Alles, was wir geben mussten' - Kapitel 10 - 13

  • Ich hab den Abschnitt jetzt durch und bin erstmal verwirrt wegen der zeitlichen Abfolge. Nach Hailsham kommen sie in diese Cottages - warum? Als Übergang? Und was passiert danach? Und vor Hailsham? Großes Fragezeichen :gruebel


    Auf jeden Fall scheinen sie sich da näher an der wirklichen Welt zu befinden und machen sogar Ausflüge. Das find ich echt interessant, ich wäre jetzt davon ausgegangen, dass sie versuchen zu fliehen, aber vielleicht ist das echt durch die Gehirnwäsche verhindert.


    Dass sie nach echten Modellen geklont werden, hatte ich mir schon so gedacht. Irgendwie traurig, wie sie selber überlegen, wie alt ihre "Originale" wohl sind. Ob sie dann nur für diese Personen bei Bedarf Organe spenden? Oder auch an andere? Hoffentlich wird das alles noch aufgeklärt, im Moment find ich, tun sich immer nur noch mehr fragen auf.


    Ruth scheint es wirklich schwer zu haben mit ihrer Bestimmung. Da tut sie mir jetzt doch ein bisschen leid. Trotzdem mag ich sie nicht. Sie manipuliert gerne, ist nur nett zu ihren Freunden, wenn ihr das passt und hört trotzdem nicht auf zu lügen :rolleyes:

  • Wir erfahren ja sehr wenig über die Systematik, die hinter dem Leben der Klonkinder steckt. Sie lernen ja offenbar keine Berufe - außer den Betreuern. Das scheint der einzige zu sein, der für sie in Frage kommt.


    Meine Vermutung ist, dass sie gar keine Möglichkeit haben, dem System zu entkommen, weil es sie in der Welt der "Normalen" gar nicht gibt. Keine Zeugnisse, keine Ausweise, keine Mitgliedschaft irgendwo.

    So käme für sie höchstens ein Leben im Untergrund in Frage, so wie sie aufgewachsen sind, ist das eher unmöglich.

  • Ich muss auch ganz stark an den Film "Die Insel" denken - ich glaub der beeinflusst auch stark meine Vorstellung beim Lesen. Kennt den sonst noch wer?

    Ja, den habe ich schon mehrfach gesehen. Und ich hatte auch die Vorstellung, dass die Kinder nach ihrer Aufzucht in Internaten wie Hailsham in solche Einrichtungen gebracht werden, wie in diesem Film dargestellt.

    Also, dass sie noch viel genauer überwacht und beeinflusst werden, damit sie gefügig bleiben.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • Wir erfahren ja sehr wenig über die Systematik, die hinter dem Leben der Klonkinder steckt. Sie lernen ja offenbar keine Berufe - außer den Betreuern. Das scheint der einzige zu sein, der für sie in Frage kommt.


    Meine Vermutung ist, dass sie gar keine Möglichkeit haben, dem System zu entkommen, weil es sie in der Welt der "Normalen" gar nicht gibt. Keine Zeugnisse, keine Ausweise, keine Mitgliedschaft irgendwo.

    So käme für sie höchstens ein Leben im Untergrund in Frage, so wie sie aufgewachsen sind, ist das eher unmöglich.

    Ich denke auch, dass sie nirgendwo gemeldet sind, wie bei üblichen Geburten. Sie haben weder Ausweise noch sonstige Existenznachweise, wie Geburtsurkunde. Das alles ist im System verborgen, weder dem Leser noch den Kindern bekannt. Wer weiß, ob es überhaupt erlaubt ist, was die da treiben oder ob jemand massenhaft Geld damit verdient.

  • Also mich nervt Ruht gar nicht. Sie tut mir eher furchtbar leid. Und sie kommt mir sehr einsam vor in ihrem Bemühen, sich bei den Ältern beliebt zu machen und dazuzugehören.


    Und ich verstehe ihre Sehnsucht, ihr Modell, also ihre "Mögliche" in Echt zu sehen richtig gut. Ich befürchte nur, dass es ihr nicht viel bringen wird, bzw. dass sie falls es zu einer Begegnung kommt, danach nur schlecht damit umgehen kann.

    Ich empfinde genauso. Sie wirkt verlorener als die anderen und ihr Verhalten ist deshalb völlig menschlich. Sie tut mir schrecklich leid, genauso wie Kathy und alle anderen.


    Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass es hier zu einem Auflehnen kommen oder ein Entkommen geben wird. Die Gehirnwäsche funktioniert einfach zu gut. Das wird sehr deutlich bei der Kathys Sichtweise auf die Modelle bzw. ihren Erzählungen darüber.

    Wie sie wohl darauf kommen, dass das vermeintliche Modell in Norfolk Ruths "Vorlage" bzw. Genpool ist und nicht ebenfalls ein Klon? Aber warum sich darüber Gedanken machen? Hinterfragt wird ja eh nichts. *zynismusaus* X/


    Ich finde das alles einfach nur noch pervers.

  • :gruebel Bei so perversem oder absurdem Szenario liegt die Vermutung nahe, dass der Autor etwas tiefer liegendes oder allgemein problematisches ausdrücken wollte. :gruebel

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Siegfried Lenz: Der Verlust

  • ... Nach Hailsham kommen sie in diese Cottages - warum? Als Übergang? Und was passiert danach? ....

    ...

    ... Ob sie dann nur für diese Personen bei Bedarf Organe spenden? Oder auch an andere? ...

    Ich vermute, dass die Cottages als Übergang gedacht sind, damit sie sich schon mal auf ihr Leben alleine vorbereiten können und selbständiger werden ... wohnen, kochen, einkaufen, Autofahren, etc.

    Sie machen in der Zeit ja auch ihre Ausbildung zum Betreuer, obwohl ich da noch nicht verstanden habe, ob alle diese Ausbildung machen werden.


    Der Gedanke, dass der jeweilige Klon nur für seine/n Mögliche/n spendet, ist mir auch schon gekommen, aber das wär ja recht entspannt, denn die meisten würden ja wahrscheinlich keinen Bedarf an Ersatzteilen haben bzw. erst im hohen Alter vielleicht.... Ich denke, dass sie für mehrere spenden. :/


    Und an der Tatsache, wie sehr sich das Päarchen an die Möglichkeit klammert, einen (für mich unrealistischen) Aufschub bekommen zu können, sieht man, dass ihnen schon bewusst ist, was mit dem Spenden auf sie zukommt.

  • Über die Stellung der Klone wird bisher nichts gesagt - aber sie haben wohl nicht die Wahl. Vermutlich ist die Gesellschaft nur von Weitem der unseren ähnlich und es gibt "richtige" Menschen und die "Ersatzteillager".

    Ich sehe es als eine Art Paralellwelt - also nicht unsere Welt in der Zukunft. Und die Klone werden irgendwie nicht als "richtige" Menschen gesehen. So sehen sie sich irgendwie auch selber. Ich überlege, ob beim Klonen nicht mehr passiert ist. Also sie können keine Kinder bekommen. Was wurde da gemacht? Vielleicht haben auch ihre seltsam kühlen Gefühle damit zu tun. Ich finde sowohl Ruth als auch Kathy irgendwie sehr unterkühlt in Bezug auf Liebe und Sexualität. Es ist alles eher ein nüchterner Vorgang. Kathy hat ab und zu heftige Bedürfnisse und Ruth und Tommy haben doch auch eine komische Beziehung. Und die Leidenschaft kommt mir immer etwas aufgesetzt vor.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass es hier zu einem Auflehnen kommen oder ein Entkommen geben wird. Die Gehirnwäsche funktioniert einfach zu gut. Das wird sehr deutlich bei der Kathys Sichtweise auf die Modelle bzw. ihren Erzählungen darüber.

    Ist es wirklich NUR Gehirnwäsche oder sind die Klone auch anders programmiert. Wenn man sie zeugungsunfähig gemacht hat könnte man ja auch noch anderes gemacht haben.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich vermute ja, dass Tommy im Geheimen Kathy liebt, sofern sie solche Gefühle empfinden können und Kathy ihn ebenso, sie fühlt sich ihm ja immer verbunden und kann gut mit ihm reden.

    Sofern sie solche Gefühle empfinden können - das trifft meine Überlegungen ziemlich gut. Ich zweifle inzwischen daran, dass sie wirklich frei und stark fühlen können. Ob wegen der Gehirnwäsche oder aus anderen Gründen ist mir nicht ganz klar.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich sehe es als eine Art Paralellwelt - also nicht unsere Welt in der Zukunft. Und die Klone werden irgendwie nicht als "richtige" Menschen gesehen. So sehen sie sich irgendwie auch selber. Ich überlege, ob beim Klonen nicht mehr passiert ist. Also sie können keine Kinder bekommen. Was wurde da gemacht? Vielleicht haben auch ihre seltsam kühlen Gefühle damit zu tun. Ich finde sowohl Ruth als auch Kathy irgendwie sehr unterkühlt in Bezug auf Liebe und Sexualität. Es ist alles eher ein nüchterner Vorgang. Kathy hat ab und zu heftige Bedürfnisse und Ruth und Tommy haben doch auch eine komische Beziehung. Und die Leidenschaft kommt mir immer etwas aufgesetzt vor.

    Das war auch meine Empfindung, Irgendwie war es nur ein technischer Vorgang, so wie, wie bediene ich eine Maschine, ich weiß nur nicht, warum überhaupt auf Sexualität eingegangen wurde in der Erziehung. Wenn da irgendwo im Gehirn ein oder mehrere Areale manipuliert wurden, dann könnte man de Sexualtrieb ja auch vollends neutralisieren. Passt nicht unbedingt zu den ganzen Vorgängen.

  • Das war auch meine Empfindung, Irgendwie war es nur ein technischer Vorgang, so wie, wie bediene ich eine Maschine, ich weiß nur nicht, warum überhaupt auf Sexualität eingegangen wurde in der Erziehung. Wenn da irgendwo im Gehirn ein oder mehrere Areale manipuliert wurden, dann könnte man de Sexualtrieb ja auch vollends neutralisieren. Passt nicht unbedingt zu den ganzen Vorgängen.

    Sexualität baut Stress ab. So ähnlich wie Sport.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ja schon, aber wenn es denn nicht mehr angelegt ist, gewisse Personengruppen nehmen ja auch Medikamente um den Trieb zu unterdrücken. Aber man kann da hin und her überlegen wie man will, es macht für mich überhaupt keine Sinn. Und so wie sie ihn praktizieren, weiß ich nicht ob da nicht noch mehr Stress entsteht.

  • Allmählich interessiert mich doch die rechtliche Situation, in der das Ganze im Roman verortet ist. Die geklonten jungen Menschen stellen den ihnen vorgezeichneten Weg nicht in Frage, der einzige Lichtblick scheint es zu sein, wenn man "Aufschub" gewährt bekommt - 2-3 Jahre, bevor man dann doch zuerst betreuen und dann spenden muss. (Dass dies ihren Tod bedeutet, scheinen sie an dieser Stelle noch nicht verstanden zu haben, das wird ja nur aus den Reflexionen der erzählenden 30-jährigen Betreuerin Kathy deutlich.) Dabei leben sie nun ganz normal mitten in der Welt unter anderen Menschen. Haben sie keinen Kontakt zu denen? Sagt ihnen keiner mal, dass es Menschenrechte gibt? Lesen sie keine Zeitungen und Bücher? Wie kann es sein, dass sie weiterhin so weltfremd durchs Leben schlittern und ihrer "Bestimmung entgegengehen, ohne dass mal einer auf die Idee kommt, "nein" zu sagen und aus diesem System einfach auszusteigen? Da werden am Rande mal eine junge Frau in einer Boutique und ein Parkwächter erwähnt, die ja offenbar keine Betreuer und Spender geworden sind... Bin gespannt, ob und wann diese Figuren noch einmal aufgegriffen und vertieft werden.

    Zu den Figuren hab ich immer noch keinen Zugang, aber diese Fragen beschäftigen mich auch.

    Das ist alles so surreal und ich hab ein Problem damit, dass sich die Perspektive immer noch nicht öffnet und zumindest ein Ausschnitt auf die gesellschaftliche Gesamtsituation erkennbar wird.

    Möglicherweise ist das auch garnicht die Intention dieses Buches, sondern diese etwas verworrene Innenansicht will sich selbst genug sein :gruebel.

  • Ich habe mich immer wieder gefragt, warum Hailsham und dessen "Absolventen" als irgendwie "besonders" angesehen werden, es scheint ja nicht die einzige Einrichtung dieser Art zu sein. Und hier kommt nun eine Erklärung dazu. Chrissie spekuliert darüber, dass es dort die Möglichkeit einer Zurückstellung für Spender gäbe, aber ich könnte mir vorstellen, da ist noch mehr.


    Das Thema schockiert und fasziniert, und obwohl ich mich immer noch mit dem Erzählstil quäle, werde ich noch ein bisschen weiterlesen.


    Inzwischen glaube ich zu wissen, warum derart viele vermeintlich unbedeutende alltägliche Begebenheiten aneinandergereiht werden. Vielleicht will die Erzählerin bzw. der Autor zeigen, dass diese Klone Menschen mit Gefühlen, Ängsten, Wünschen und Träumen sind, eben nicht nur Reservoir für "echte".

    Was aber nichts daran ändert, dass ich es als überaus zäh zu lesen empfinde.

  • Zu den Figuren hab ich immer noch keinen Zugang, aber diese Fragen beschäftigen mich auch.

    Das ist alles so surreal und ich hab ein Problem damit, dass sich die Perspektive immer noch nicht öffnet und zumindest ein Ausschnitt auf die gesellschaftliche Gesamtsituation erkennbar wird.

    Möglicherweise ist das auch garnicht die Intention dieses Buches, sondern diese etwas verworrene Innenansicht will sich selbst genug sein :gruebel.

    Dazu habe ich dann an anderer Stelle etwas geschrieben, das du aber besser erst entspoilern solltest, wenn du mit dem Buch durch bist. :wave