'Die Hochzeit der Chani Kaufman' - Kapitel 01 - 04

  • Das Telefongespräch zwischen Chani und Baruch zum Ende des Abschnittes fand ich sehr schön.

    Stimmt, das fand ich auch. Es macht Hoffnung, dass die beiden sich nicht nur miteinander abfinden, sondern auch wirklich zueinander finden könnten.


    Es gibt ja viele Diskussionen zum Thema "arrangierte Ehe", die es ja nicht nur bei den orthodoxen Juden gibt. Manche sagen ja, dass diese Ehen besser funktionieren als solche, die aus Liebe (Verliebtheit?) geschlossen wurden; bestimmt gibt es da auch Studien/Statistiken dazu.


    LG, Bella

  • Es gibt ja viele Diskussionen zum Thema "arrangierte Ehe", die es ja nicht nur bei den orthodoxen Juden gibt. Manche sagen ja, dass diese Ehen besser funktionieren als solche, die aus Liebe (Verliebtheit?) geschlossen wurden; bestimmt gibt es da auch Studien/Statistiken dazu.


    LG, Bella

    Ehrlich gesagt, brauche ich dazu keine Statistiken oder Studien. Eine von anderen arrangierte Ehe widerspricht jeder freiheitlichen Selbstbestimmung.

  • Ehrlich gesagt, brauche ich dazu keine Statistiken oder Studien. Eine von anderen arrangierte Ehe widerspricht jeder freiheitlichen Selbstbestimmung.

    :write:write

    Es gibt bestimmt auch Fälle, in denen eine arrangierte Ehe funktioniert und beide Partner damit glücklcih werden. Aber es ist meiner Ansicht nach trotzdem einfach der komplett falsche Ansatz. Kein Mensch hat doch das Recht, über einen anderen zu entscheiden und ihm einen Partner auszusuchen, mit dem er dann sein ganzes Leben lang zusammen sein muss.


    Hier in dem Buch hatte Chani ja zumindest ein kleines Mitspracherecht. Sie konnte ja mögliche Heiratskandidaten ablehnen. ( Wobei ich auch nicht genau weiß, wie lange sie die Kandidaten überhaupt gesehen hat und wieviel sie mit ihnen sprechen konnte) Deswegen habe ich ein wenig Hoffnung, dass sie mit ihrem zukünftigen Mann glücklich werden könnte.

  • Das Telefongespräch zwischen Chani und Baruch zum Ende des Abschnittes fand ich sehr schön. Das hat mich richtig berührt und wirkt auf mich sehr echt. Beide wirken so unsicher und haben die gleichen Ängsten, können es aber nicht ausdrücken oder trauen sich nicht, es auszusprechen. Ich habe ja Hoffnung, dass die beiden sich in ihrer Ehe gut verstehen werden. Sie haben ähnliche EInstellungen und sehnen sich beide nach mehr Freiheit. Ich habe das Gefühl, das könnte gut klappen mit den beiden.

    Die Hoffnung habe ich auch, dass sich ihre Beziehung gerade anders entwickelt als die des Rabbiners und seiner Frau. Aber die Verzweiflung muss man sich erstmal vorstellen, nicht zu wissen, wie der andere denkt, wie reagiert er, was kann ich sagen, was nicht? Und dann wird man mit demjenigen verheiratet. Für uns unvorstellbar aber in früheren Zeiten völlig normal. Nur, dass die Geschichte eben 2008 spielt und nicht 1008.

  • Es gibt ja viele Diskussionen zum Thema "arrangierte Ehe", die es ja nicht nur bei den orthodoxen Juden gibt. Manche sagen ja, dass diese Ehen besser funktionieren als solche, die aus Liebe (Verliebtheit?) geschlossen wurden; bestimmt gibt es da auch Studien/Statistiken dazu.


    LG, Bella

    Es funktioniert nur, weil die Frau keine andere Möglichkeit hat. Begehrt sie auf wird sie von der Familie verstoßen. Oder umgebracht. Ich habe schon viele Bücher aus der arabischen Szene gelesen, da war keine Frau glücklich. Gut, es waren Bücher aber sie spiegeln sicher das aktuelle Weltbild der Männerherrschaft wieder.

  • Das ist ganz einfach eine Frage von Macht - die nachwachsende Generation unter der Knute zu halten. Die Männer hatten es ja nicht so arg viel besser.

    Allerdings stand ihnen eher die Möglichkeit offen, nicht zu heiraten.


    Ich muss bei diesen arrangierten Ehen an die politisch motivierten Ehen früher in den Königshäusern denken. Da wurden die Frauen auch gehandelt wie andernorts die Kühe.

  • Ich habe das Buch, nachdem ich noch ein bisschen weiter gelesen habe, abgebrochen. Es ist nicht das richtige Buch für mich oder nicht der richtige Zeitpunkt. Ich möchte derzeit nichts lesen, was mich so mit Widerwillen erfüllt.

  • Hui, hier gehts ja schon richtig hoch her.


    Ich habe den Abschnitt erst gestern lesen können, vorgestern war ich auf einer Familienfeier.


    Ich fand das Buch bisher sehr interessant. Ich liebe Bücher, die mich in Welten führen, die mir sonst verschlossen bleiben. Diese Welt ist für uns natürlich fremdartig, wir sind in einer sehr freiheitlichen Kultur sozialisiert worden. Allerdings darf man auch nicht vergessen, dass das Konzept der arrangierten Ehe hier auch erst seit wenigen Generationen in Vergessenheit geraten ist. Man muss gar nicht bis zu den mittelalterlichen Königshäusern zurückgehen, auch in der Neuzeit war eine Ehe, deren Zweck es war, zwei benachbarte Höfe zu verbinden, völlig normal. Die Ehe aus Liebe zu einem selbst gewählten Partner ist ein noch sehr junges Konzept in der Geschichte der Menschheit.


    Ähnliches gilt für religiöse Regeln. Noch vor wenigen Generationen wurden auch hier die Regeln des Christentums noch sehr viel ernster genommen und als verpflichtend betrachtet.


    Natürlich halten wir es für den falschen Ansatz - aber das würden viele Angehörige von Gesellschaften, in denen es anders gehandhabt wird, von unserem Konzept ebenso denken. So etwas wichtiges wie eine Ehe, motiviert durch so etwas Flüchtiges und Unvernünftiges wie Verliebtheit?


    Missversteht mich nicht - ich bin froh, dass ich und vor allem meine Kinder in einer freiheitlichen Gesellschaft leben - in jeder Hinsicht. Aber ich frage mich, ob es eigentlich möglich ist, eine andere Kultur neutral zu beurteilen. Schwierig.

  • Natürlich halten wir es für den falschen Ansatz - aber das würden viele Angehörige von Gesellschaften, in denen es anders gehandhabt wird, von unserem Konzept ebenso denken. So etwas wichtiges wie eine Ehe, motiviert durch so etwas Flüchtiges und Unvernünftiges wie Verliebtheit?


    Missversteht mich nicht - ich bin froh, dass ich und vor allem meine Kinder in einer freiheitlichen Gesellschaft leben - in jeder Hinsicht. Aber ich frage mich, ob es eigentlich möglich ist, eine andere Kultur neutral zu beurteilen. Schwierig.

    Neutral beurteilen ist wirklich schwierig. Vor allem, wenn diese Kultur einem total gegen den Strich geht. Deshalb kann ich Saiya gut verstehen, auch wenn ich es schade finde, mich gerade über dieses Buch nicht mehr mit ihr austauschen zu können. Aber bevor sie deshalb Magenkrämpfe und sonstige unangenehme Sachen bekommt....


    Zweckehen wurden bei uns ja auch noch zu Anfang des letzten Jahrhunderts geschlossen, auch im Großbürgertum nicht nur in Fürstenhäusern. Das heißt nicht, dass ich das gut finde. Ich glaube auch, dass es gar nicht so schlimm für die Eheleute ist, wenn sie sich denn verstehen. Es gab hier ja auch die Möglichkeit abzulehnen. Viel schwieriger und unangenehmer finde ich diese ganzen anderen Regeln, des täglichen Lebens.

  • Natürlich halten wir es für den falschen Ansatz - aber das würden viele Angehörige von Gesellschaften, in denen es anders gehandhabt wird, von unserem Konzept ebenso denken. So etwas wichtiges wie eine Ehe, motiviert durch so etwas Flüchtiges und Unvernünftiges wie Verliebtheit?


    Missversteht mich nicht - ich bin froh, dass ich und vor allem meine Kinder in einer freiheitlichen Gesellschaft leben - in jeder Hinsicht. Aber ich frage mich, ob es eigentlich möglich ist, eine andere Kultur neutral zu beurteilen. Schwierig.

    Für mich absolut verständlich was du da schreibst, und ich teile deine Ansichten zu diesem Thema.

    Aus unserer Sicht und mit unserem gesellschaftlich-sozialen Hintergrund erscheint dieses bis ins Kleinste reglementierte jüdisch-orthodoxe Leben unvorstellbar, ja, stellenweise auch unvorstellbar grausam. Aber eben aus unserer Perspektive. Mit Sicherheit gibt es Angehörige anderer Kulturen und Religionen, denen unsere Lebensweise grausig erscheint.

    Und es gibt immer Menschen, egal in welcher Glaubens- und Kulturrichtung, die sich in einem reglementierten und strukturierten Umfeld sicher fühlen, die sich mit selbst denken und entscheiden überfordert fühlen...


    Aber ich kann auch gut verstehen, dass man mit bestimmten Themen nicht konfrontiert werden mag, sich damit einfach nicht beschäftigen will. Solche Themen gibt es für mich auch und darüber muss ich dann auch keinen Roman lesen, sei er auch noch so gut geschrieben.


    Bei mir hat sich die Faszination sofort wieder eingestellt. Bei mir überwiegt die Neugier und das Staunen über diese archaische Lebensweise quasi mitten unter uns. Ich kann sehr gut mit distanziertem Interesse lesen und sprachlich kann ich es jetzt, beim zweiten Lesen, noch mehr genießen, weil ich weniger auf den Inhalt fokussiert bin.

  • Ich habe, bevor ich das Buch abgebrochen habe, den letzten Leserundenabschnitt gelesen, weil ich wissen wollte, ob mich das Dazwischen noch interessieren könnte. Und das tut es nicht.
    Abgesehen davon mag man mich für voreingenommen oder unaufgeschlossen halten, aber ich möchte mich derzeit und durch diesen Roman nicht mit dieser extremen religiösen Kultur beschäftigen. Wie ich oben schon schrieb, findet man das überall, in allen Kulturen und Religionen oder Sekten, das ist kein Alleinstellungsmerkmal der Chassidim.

    Ich habe mich lange genug und sehr intensiv beispielsweise mit den Zeugen Jehovas auseinandergesetzt. Das ist mir also alles nicht neu.

    Ich persönlich finde auch nicht, dass man sich damit zwingend neutral auseinandersetzen oder dies neutral beurteilen muss. Ich halte es sogar heutzutage für extrem wichtig, diese fundamentalistischen Ansätze aus einer/unserer freiheitlichen, humanistischen Perspektive zu betrachten.

  • Ich will nur noch schnell klarstellen, dass ich dich weder für voreingenommen noch für unaufgeschlossen halte. Ich habe ja auch geschrieben, dass ich verstehe, dass du das Buch abbrichst.


    Und ich habe auch nicht gefordert, dass man diese Kultur neutral beurteilen muss - im Gegenteil, ich habe mir die Frage gestellt (und eigentlich auch für mich selbst mit Nein beantwortet), ob man das überhaupt kann.

  • MIr geht es übrigens so mit Büchern, die während der NS-Diktatur 1933-45 spielen - die können noch so gut geschrieben sein, ich kann und mag sowas einfach nicht mehr lesen.


    LG, Bella

    Bei mir gibt es da auch eine große Hemmschwelle.

    Ich will nicht sagen, dass ich es garnicht mehr lese, aber meine erste Reaktion, wenn es um ein Buch mit diesem Thema geht ist spontane Abwehr. Ebenso bei Inquisition und Hexenverbrennung :(.

  • Ich habe den ersten Abschnitt gestern beendet - meine Große hat mich das Wochenende über mit einem Nähprojekt auf Trab gehalten, da mochte ich abends nur noch den Fernseher einschalten ...


    Ich finde Chani und Baruch richtig süß. im Moment hat das Buch für mich durchaus eine Chance, eine anspruchsvollere Liebesgeschichte zu werden. Die Ehevermittlerin finde ich da gar nicht so tragisch - in Japan ist das auch heute noch weit verbreitet, nur haben die Partner dort noch einige Dates, um sich zu beschnuppern, bevor sie sich entscheiden. Chani und Baruch durften doch auch selbst entscheiden, ob sie Interesse aneinander haben. Bei ihren Lebensumständen ist die Chance, jemanden kennenzulernen, ja nicht wirklich groß.


    Amüsiert habe ich mich über den Strandspaziergang. Das hat mich an meine Kleine erinnert. Ihr Lieblingsstofftier war ein Elefant. In der Familienumkleide im Schwimmbad zeigte sie (ca. 2 Jahre alt) plötzlich auf den Papa und prustetet lachend los "Rüssel!" In den umliegenden Umkleiden hört man daraufhin auch Gelächter :rofl

    Aber die abgeklebten Darstellungen und Kunstwerke sind schon wirklich heftig. So verklemmt hatte ich mir die orthodoxen Juden jetzt nicht vorgestellt. Wieder was gelernt. Trotzdem erstaunlich, dass Chani - obwohl sie ja alleine ins Einkaufszentrum geht und erfrischend denkfähig ist - immer noch nicht weiß, wie nackte Männer aussehen und "es" funktioniert. Da bin ich doppelt froh, dass bei uns jedes Kind am Sexualkundeunterricht teilnehmen muss. Unsere Viertklässler haben danach anscheinend mehr Ahnung als die erwachsene Chani. Wenigstens wird den Männern nahegelegt, dass auch ihre Frau Spaß an den "ehelichen Pflichten" haben soll. Soweit war die christliche Kirche nie.


    Die Rebbetzin tut mir wirklich leid. Ihr Mann hat sich einfach nur unmöglich verhalten. Seine Frau sollte doch wichtiger sein als jede Regel. Freundinnen scheint die arme Frau auch nicht zu haben. Generell scheinen die Frauen wenig Freundschaften zu pflegen, bei Chani ist da ja auch wenig los.


    Was mich etwas entsetzt hat: Zum Begriff Rebbetzin gibt es keinen Artikel auf Wikipedia, zu Rabbi schon. Das passt zu gewissen feministischen Vorwürfen in den letzten Wochen ...


    Ich werde auf jeden Fall weiterlesen. Zum einen finde ich das Buch lehrreich, zum anderen will ich wissen, wie es mit Chani und Baruch sowie der Rebezzin und ihrem Mann weitergeht.

    “You can find magic wherever you look. Sit back and relax all you need is a book." ― Dr. Seuss