Herr Mozart wacht auf - Eva Baronsky

  • Zitat

    Original von Lipperin
    Don Giovanni ist jedenfalls ein Waisenknabe gegen euch, so als Verführer meine ich...


    Oh ja, da sagst Du was! :grin


    Ich durfte das Buch als WB lesen und hier meine Meinung:


    Zeitreise einmal anders herum: jemand aus der Vergangenheit verirrt sich in die Gegenwart. Diese Konstellation ist selten und der Sprung vom Jahr 1791 ins Jahr 2006 ist gewaltig. Umso schöner ist es, daß Mozart sich nicht innerhalb von wenigen Tagen mühelos in unserer modernen Welt zurechtfindet. Im Gegenteil: die Anpassungsschwierigkeiten sind gewaltig und so manches Mal erscheint der berühmte Musiker nicht "alltagstauglich" zu sein. Zu verschieden sind seine Auffassungen zum Beispiel wenn es um das Einhalten von Terminen geht.
    Oft habe ich mich bei Zeitsprunggeschichten gefragt, wie die Protagonisten sich so schnell so mühelos in der fremden Zeit zurechtfinden und auch die gängige Alltagssprache sofort beherrschen. Auch hier bildet Herr Mozart die löbliche Ausnahme: er spricht auf eine altmodische Art, sehr verschnörkelt und für heutige Ohren ungewohnt. So sind auch seine Briefe völlig anders geschrieben als alles, was man heute liest und selbst die Rechtschreibung paßt zur Ausdrucksweise.
    Mozart selbst überzeugt vor allem durch seinen Humor, der ihn ungeheuer sympathisch macht. Aber welchen Namen soll er als den seinen angeben: Wolfgang Amadé Mozart? Was passiert, als er es tut, stimmt nachdenklich.
    Die Geschichte selbst ist flüssig und glaubwürdig, es macht Spaß, Mozarts Abenteuer zu lesen und mitzufühlen. Nur mit dem Ende war ich nicht ganz so glücklich, auch wenn es durchaus zur Geschichte paßt.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

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  • "Nur mit dem Ende war ich nicht ganz so glücklich, auch wenn es durchaus zur Geschichte paßt." (nell)


    :write


    ansonsten stimme ich wieder einmal voll der lipperin-rezi zu :knuddel1 :anbet :wave

    "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Leute ohne Laster auch sehr wenige Tugenden haben." (A. Lincoln)

  • Wien 1791. Wolfgang Amadé Mozart liegt auf dem Sterbebett. So das Präludium dieses Romans.
    Am nächsten Tag jedoch erwacht Mozart unversehens in einer WG im Jahr 2006. Noch sehr verwirrt ob seiner Umgebung hat Mozart nur eine Erklärung für diese Ungeheuerlichkeit: es ist seine Bestimmung, das Requiem zu beenden, während dessen Komposition er gestorben ist.


    Mit Leichtigkeit beschreibt Eva Baronsky, wie Mozart Wien 2006 in Staunen versetzt, verwirrt, aber auch inspiriert: Musik aus einem schwarzen Kasten, Fuhrwerke ohne Pferde, reden ohne Gesprächspartner im Raum. Der Leser schaut mit Mozarts Augen, ist fasziniert und amüsiert. Mozart hört überall Musik, das Quietschen von Autoreifen ein „es“, die Betätigung einer Telefontaste ein hohes „gis“.
    Die Musik ist es auch, die Mozart hilft, sich ein wenig in der neuen Welt zurechtzufinden. So lernt er den polnischen Straßenmusiker Piotr kenne, der sein bester Freund wird und bei dem er wohnen kann.
    Denn eins ist auch klar: Planungen, Termine einhalten, mit Geld umgehen ist Mozarts Sache nicht. Dafür hat er einen köstlichen, fürs 21. Jahrhundert manchmal etwas derben, Humor, er ist ein liebenswerter Spaßvogel.


    Eva Baronsky geht es aber nicht nur um die skurrilen Situationen, in die Mozart zwangsläufig immer wieder gerät, ohne Papiere, wer sollte schon glauben, er sei Wolfgang Mozart – ihr geht es um Mozarts inneres Wesen.
    Mozart ist ständig von Musik umgeben, komponiert permanent, alle Musikrichtungen inspirieren ihn. So spielt er Piano in einer Jazz-Bar. Mozart lebt Musik, er ist Musik. Die schöpferische Kreativität lässt ihn atemlos, spritzig und sprunghaft wirken, aus allen Richtungen springt ihn die Musik an.


    Eva Baronskys Roman besticht durch eine gradlinige und glaubwürdige Handlungsführung. Man spürt ihre Liebe zu ihren Protagonisten, nicht nur Mozart, auch sein Freund Piotr und Anju, die Frau in die Mozart sich verliebt, sind liebevoll und facettenreich gezeichnet. Besonders gelungen ist die nuancierte Sprache. Mit seiner verschnörkelten, umständlichen und altmodischen Ausdrucksweise ist Mozart nicht selten unfreiwillig komisch.


    Das Buch regt aber auch zum Nachdenken an, insbesondere darüber, wie wir mit Menschen umgehen, die „aus dem Rahmen“ fallen, welche Bürde es sein kann, ein Genie zu sein.


    Dieser tragikomische Roman ist eine Hommage Eva Baronskys an Mozart und seine genialen Kompositionen, an die universelle Sprache und Unvergänglichkeit von Musik.


    Auf jeden Fall sehr empfehlenswert auch für Leser, die nicht so viel mit Mozarts Musik anfangen können.



    Was hat euch denn am Ende gestört, Nell und drehbuch? Es war vielleicht etwas abrupt? :gruebel

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

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  • Was für ein schönes Buch!


    Vor allem deckt es sich ziemlich gut mit meinem persönlichen Mozartbild: ein Mann mit viel derben Humor, aber auch viel Menschlichkeit.
    Mein Mozartbild speist sich aus dem einzigen Mozartstück, welches ich aus dem Schulunterricht noch bewusst erinnere, nämlich der Kanon "Bona nox" in der unzensierten Form und aus einigen Briefe von Mozart an sein "Herzensweibchen " Constanze, die ich vor Jahren mal in einem Buch gelesen habe.


    Ich habe bis heute keinen Zugang zu klassischer Musik gefunden, ebenso wenig wie zur Kunst, aber ersteres bedauere ich nach der Lektüre dieses Buch wirklich. Wo Mozart überall Musik hört, was er mit seinen Stücken ausdrücken möchte- ich habe mit wenigen Ausnahmen noch nie Emotionen aus einem klassischen Musikstück herausgehört. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb hat mich das Buch berührt, denn es hat mir eine bislang verschlossene Seite der Musik gezeigt.


    Leider ist meine kurze Rezi sehr persönlich ausgefallen und wahrscheinlich nicht sehr aussagekräfitg, aber das Buch war für mich auf jeden Fall das Monatshighlight.


    Edit: Ups, den Zeitreiseaspekt hatte ich ganz vergessen. Toll, daß mal jemand in die Zukunft gereist ist und nicht andersherum. Und auch die Eingewöhnungsprobleme waren sehr anschaulich geschildert- daß er das Gefühl hatte bei jedem Fehler den Halt unter den Füßen zu verlieren. Obwohl ich mich schon frage,

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

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  • Zitat

    Original von grottenolm
    Ich habe bis heute keinen Zugang zu klassischer Musik gefunden, ebenso wenig wie zur Kunst,


    :grinDiese Übereinstimmung zwischen uns haben wir, glaube ich, schon bei der LR zur Caravaggio-Verschwörung festgestellt :knuddel1.


    Trotzdem hoffe ich, dieses Buch auch demnächst lesen zu können und bin schon sehr gespannt. Ich habe es mal auf die Liste der Anschaffungsvorschläge für unsere kleine Gemeindebücherei gesetzt :-].

  • Auch ich bin begeistert von diesem Buch. An einigen Stellen musste ich lachen und schmunzeln, aber es gab auch Momente, bei denen ich Mozart an die Hand nehmen wollte, um ihm beizustehen.
    Bei einigen Beschreibungen musste ich an den Film Amadeus denken (derber Humor, albern).
    Das Ende hat mir sehr gut gefallen.



    Ich kann dieses Buch absolut empfehlen!

  • Was für ein vergnügliches, an manchen Stellen aber auch sehr nachdenklich stimmendes, Buch. Und jetzt muss sofort eine Mozart CD her :grin
    Absolut empfehlenswert.

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Jetzt habe ich endlich auch diesen Roman gelesen. Hatte ihn schon vor ein paar Wochen begonnen, aber, aus Zeitmangel, wieder zur Seite gelegt.


    Mir gefiel, dass der Held in die Zukunft geschickt wurde und natürlich mit den Tücken unserer Zeit fertig werden muss. Alles was man von einem Zeitreiseroman erwartet, wird sehr humorvoll erzählt. Man leidet und freut sich mit ihm.


    „Mozart“ war mir allerdings nicht immer sympathisch. Zum Beispiel, dass er nicht mit Geld umgehen kann und nur von jetzt auf gleich lebt. Außerdem lässt er ein paar Mal seinen polnischen Freund im Stich.


    Und mir geht es am Ende wie grottenolm. Auch ich stelle mir die gleiche Frage.

    Zitat

    Original von grottenolm
    Obwohl ich mich schon frage,


    die Erläuterungen der Ärztin gegenüber Anju kommen mir da schon sehr logisch vor.


    Alles in allem hat mir dieses Buch aber gut gefallen.

  • Durch!
    Versucht habe ich so langsam wie möglich zu lesen um recht lange etwas davon zu haben.


    Inhaltlich wurde ja bereits alles gesagt - mehr kann man nicht hinzufügen ohne zu viel zu verraten.


    Ich habe mich in dieses Buch verliebt. :heisseliebe
    So wunderschön, humorvoll, gefühlvoll und die Figuren sind so echt gezeichnet.
    Die wundervolle Musik Mozarts begleitet einen durch das gesamte Buch hindurch - für jemanden wie mich, die diese Musik liebt, natürlich noch einmal etwas Besonderes.


    Die Sprache empfand ich als wunderschön, also die Sprache Mozarts - eben so, wie sie im 18. Jahrhdt. vollkommen normal war, heute aber merkwürdig anmuten kann.
    Ich merke, daß ich schon selber anfange so zu reden und denken, einfach, weil es teilweise doch viel schöner klingt, als vieles heutige. :grin


    An vielen Stellen ging es mir ebenso, daß ich laut lachen mußte, aufgrund der Situationskomik, wenn Mozart in der heutigen Zeit seine Entdeckungen macht.
    Diese "Entdeckungen" wurden so lustig und liebevoll dargestellt, daß es nicht nur reines lachen ob der Situation war, sondern eher ein Gefühl des Dabeiseins entstehen ließ.
    So, als gehe man neben Mozart einher und mache diese Entdeckungen gemeinsam mit ihm.


    Ich kann dieses Buch nur wärmstens empfehlen.

  • Ein wunderschönes Lesevergnügen. Charmant, witzig und sehr unterhaltsam ohne das es an Tiefgang fehlt.


    Neun Punkte von mir

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • Dieses Erstlingswerk des werten Fräulein Eva Baronsky ist wahrhaftig eine phänomenale Composition! Was für eine seltsame Historie von welcher Sie uns Lesern zu berichten weiss. Einer der talentiertesten Musikusse erwachet mehr als zweihundert Jahre nach sein Tode im Jahre 2006 in Wien zu neuem Leben auf. Wolfgang Amade Mozart in unsrer Zeit, der heutigen Zeit, unvorstellbar und eigentliche eine Narretei und doch ists Tatsache geworden, zumindest in diesem Buche. Aber in was für eine gar seltsame Welt hat das Schicksal ihn gesandt und was für absonderliche und ungewöhnliche Dinge gehen in dieser Zeit vor sich? Wunderliche Vehikel schiessen mitten über eine plane Bahn? Eindeutig Fuhrwerke, aber ganz und gar ohne ohne Pferde? Seltsam! Auch ein Mechanikum das vollkommene Musique zu spielen vermag? Sacrament!


    Zum Glücke des complett verwirrten Wolfgang freundet er sich mit dem polnischen Geiger Piotr an. Dieser gewähret Wolfgang bei sich Logis und führet ihn in etliche Gepflogenheiten dieser modernen Welt ein. Immer wieder lässt Wolfgang den bedauernswerten Piotr mit seinen verrückten Einfällen und mangelndem Wissen der neuzeitlichen Gerätschaften nahezu verzweifeln. Als Wolfgang in ein neuzeitliches Lokal Names „Blue Notes“ tritt, vernimmt er gar neue Klänge. Was für unvorstellbare Möglichkeiten bieten sich Mozart mit dieser modernen Musique namens Jazz! Und da Wolfgang sich als wahrer Virtuose am Klavier erweiset hat er justament ein Anstellung gefunden. In dieser Lokalität kann er Concerte geben und sein Publikum mit seinem Talent verzücken. Da Wolfgang ganz und gar für die Musique lebt, componiert er mit viel Eifer in seiner Freizeit neue Sonaten und beendet sein unvollendetes Requiem.


    Auch gibt es anzügliche und frivolen Passagen die amourösen Ursprunges sind. Auch hier gelinget es der Autorin ganz vortrefflich diese in die Geschichte einzufügen. Als er schliesslich Anju trifft ist es um Wolfgang geschehen und er hat sich unsterblich verliebt. Galant wie es sich früher für einen Monsieur geziemte bemüht er sich um das entzückende und gar holde Fräulein. Werden Sie zusammenfinden?


    Mit dem Schlusse dieses literarischen Stückes konnte ich mich anfänglich nicht anfreunden und ich hatte etwas Mühe, aber nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe kann ich mich bis auf eine Begebenheit einverstanden erklären und meine Zustimmung geben.


    Fazit


    Ich kann Zeugnis ablegen, dass die Fertigkeiten von Eva Baronsky von ganz aussergewöhnlicher Natur sind und das ich sehr grossen gefallen an ihrem Werke gefunden habe. Gefallen, welch unzureichender Ausdruck. Grandios, phänomenal! Unberufen bin ich ein glühender Verehrer ihrer wahrhaft gelungen Composition. Wolfgang, Piotr und Anju sind sehr sympathisch, facettenreich und mit viel Liebe ausgestaltet und geben würdige Hauptdarsteller ab. Die Autorin sparet nicht mit mit vielem Detailwissen rund um Mozart und der klassischen Musik und erzählet die Geschichte sehr charmant, leicht und gefühlvoll. Bravissimo!

  • Also nur dem Titel nach hätte ich niemals auch nur einen Gedanken daran verschwendet dieses Buch zu lesen...
    Die Meinungen hier haben mich aber doch interessiert und durch die überwiegend guten Meinungen landet dieses Buch auf meine sowieso schon viel zu lange Wunschliste :wave

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Was für ein beeindruckender Erstlingsroman! "Herr Mozart wacht auf" besticht durch eine Leichtigkeit und wunderbar gezeichnete Figuren sowie eine geradlinige Handlungsebene und vor allem durch die antiquierte Ausdrucksweise Mozarts, die immer wieder Grund zum Lachen liefert.
    Durchtränkt ist dieser blendend unterhaltsame Roman von der Liebe Mozarts zur Musik, er macht und erschafft nicht nur Musik, er lebt sie nachgerade, und das hat die Autorin anschaulich und nachvollziehbar zu Papier gebracht. Ebenso glaubwürdig und gut getroffen ist der Kulturschock, den dieses Ausnahmegenie in der Jetztzeit erleidet.
    Ich habe extra einen Tag zugewartet mit meiner Meinung, finde aber auch nach einigem Nachdenken schlichtweg nichts zum Kritisieren - rundum perfekt, unterhaltsam und auch berührend.

  • Ich liebe Zeitreise-Romane und war immer schon gespannt auf ein Buch, in dem eine Person aus der Vergangenheit in der Gegenwart landet.
    Allerdings fand ich die Idee nicht wirklich gut umgesetzt. Den Schreibstil fand ich nervig und irgendwie passierte nix, die Handlung ging einfach nicht voran.
    Fazit: ich habs nach fast der Hälfte abgebrochen und kann dem Lob der anderen Eulen leider nicht folgen.

    Die Deutsche Rechtschreibung ist Freeware, sprich: Du kannst sie kostenlos nutzen.
    Aber sie ist nicht Open Source, d.h. du darfst sie nicht verändern oder in veränderter Form veröffentlichen.

  • Schade, nach den vielen guten Rezis hier hatte ich mir mehr (oder etwas anderes) von dem Buch versprochen.
    Leider bin ich nicht so recht damit warm geworden. Der Humor ist mir zu schwerfällig (wenn denn mal welcher auftaucht) und so ganz rund ist die Geschichte für mich nicht, z. B. was Mozarts Reaktionen auf seine "Zeitreise" betrifft.
    Der ganze Schreibstil war auch nicht so ganz "meiner", außerdem kam ich mir die ganze Zeit so unbedarft vor, da ich nicht den leisesten Hauch einer Ahnung von Klassik habe, auch wenn ich sie ab und an gern höre.


    Alles in allem aber immer noch 6,5 Punkte.
    Gruß vom killerbinchen :wave

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“