Ali Shaw - Das Mädchen mit den gläsernen Füßen (The Girl with Glass Feet)

  • Atlantic Books
    304 Seiten
    Januar 2010
    Leseprobe bei Macmillan *klick*
    Interview mit dem Autor *klick*


    Kurzbeschreibung
    Ungewöhnliche Dinge geschehen auf der abgelegenen Insel St. Hauda. Seltsam geflügelte Kreaturen huschen über vereiste Sümpfe, schneeweiße Tiere verstecken sich in mit Schnee bedeckten Wäldern, in der Tiefe des Ozeans leuchten Quallen auf und ein junge Frau wird langsam zu Glas.


    Zum Autor
    Ali Shaw wurde 1982 in einer Kleinstadt in der englischen Grafschaft Dorset geboren. Er studierte Englische Literatur an der Universität von Lancaster und arbeitet seitdem als Buchhändler und in der Bodleian Bibliothek der Universität Oxford. Derzeit schreibt er an seinem zweiten Roman.



    Meine Meinung
    "The Girl With Glass Feet" ist eines der Bücher, das mir dank des ansprechenden Titelbildes auffiel und aufgrund der interessanten Inhaltsangabe gekauft wurde. Hinter dem zauberhaften Titelbild verbirgt sich eine mindestens ebenso zauberhafte Erzählung über Liebe und Veränderung, über Hass und Stillstand, sowie über den Glauben an das Besondere.


    Im Mittelpunkt stehen die beiden Hauptfiguren Ida MacLaird, die früher gerne getaucht ist und deren Füße sich von den Zehen nach oben in Glas verwandeln sowie dem sehr zurückgezogen lebende Midas Crook, der Menschen lieber fotografiert als Kontakt zu ihnen zu haben. Die beiden treffen sich zufällig auf der Insel St. Hauda, die vor der Westküste Schottlands liegt. Die früher sehr aktive Ida befürchtet, dass ihr ganzer Körper zu zerbrechlichem Glas werden könnte, will mit niemandem über diese seltsame Veränderung sprechen und versucht, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Midas beschreibt die Landschaft von St. Hauda als monochrom und ist fasziniert von den Möglichkeiten, die sich ihm als leidenschaftlichen Fotograf bieten. Vor allem in Winter wirkt die Insel besonders trostlos mit ihren als farblos beschriebenen Moorlandschaften und dem grauen Meer, von ihren früheren Bewohnern fast völlig verlassen seitdem der Walfang verboten wurde.


    Oberflächlich gesehen könnte man "The Girl with Glass Feet" als modernes Märchen beschreiben, aber meiner Meinung nach bietet es deutlich mehr, wie zum Beispiel vielschichtige Figuren und plastische Landschaftsbeschreibungen, die Bilder vor meinem inneren Auge entstehen ließen. Die leicht skurril wirkenden Hauptfiguren und Fabelwesen (Kühe mit Mottenflügeln, in der Größe von Fliegen ;-) ) verstärken die märchenhafte Atmosphäre, ohne dass das Buch wie eine gewöhnliche Fantasyerzählung wirkt. Gleichzeitig sind Ida und Midas glaubwürdige Hauptfiguren, deren Verhalten und Gedanken sie sehr menschlich wirken lassen. In der winterlich-grauen Landschaft und Grundstimmung leuchten die Gefühle der beiden füreinander umso deutlicher und wärmer. (Klingt kitschig - was das Buch jedoch meiner Meinung nach auf keinen Fall ist!) Auch die Nebenfiguren sind gut gezeichnet, wenn auch teilweise leider ein wenig zu blass, über einige hätte ich gerne ein wenig mehr erfahren.


    Die Sprache ist der verzauberten Atmosphäre und trostlosen Landschaft perfekt angepasst, die Liebe des Autors für die englische Sprache ist deutlich zu spüren.


    Fazit
    Eine wundervolle Geschichte, im doppelten Sinne, mit sehr besonderen Hauptfiguren inmitten einer winterlich-trostlosen Umgebung, sprachlich anspruchsvoll und mit einem ebenso überraschenden wie überzeugendem Ende.


    Edit: Endlich endlich gibt es eine deutsche Übersetzung, erscheint am 16. Januar bei script 5 mit einem der beiden schönen Cover. *freu*

    "It is our choices, Harry, that show what we truly are, far more than our abilities." Albus Dumbledore
    ("Vielmehr als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind.")

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  • Ich habe mir das Buch wegen dem schönen Cover gekauft (meine Ausgabe ist unten verlinkt) und war nicht wirklich überzeugt: bei mir steckt das Lesezeichen seit August in der Mitte.
    Das Buch hat gute Momente und die Geschichte (die wirklich strange ist) Potenzial, dennoch sind für mich die Figuren relativ blass geblieben und irgendwann war es mir dann auch egal, was weiterhin passiert.
    Die guten Seiten: der magische Realismus, mich hat es stellenweise an Annie Proulx erinnert (ohne die tolle Sprache), die Originalität der Geschichte.
    Aber bei mir ist der Funke nicht übergesprungen und ich würde das Buch nicht unbedingt weiterempfehlen.


    Edit: dennoch kann ich auch verstehen, dass es gefällt und nach dem Hinweis mit dem Ende werde ich das wohl heute noch nachlesen müssen.

  • Auch mich hat das wunderschöne Cover der gebundenen Ausgabe dazu animiert, das Buch zu kaufen, und ich persönlich muss sagen, dass definitiv etwas anderes drin war, als erwartet. Im positiven Sinn.


    Den Inhalt hat Ottifanta schon schön zusammengefasst. Die Insel, auf der das Buch spielt, ist märchenhaft und phantastisch. Menschen, die zu Glas werden. Kleine Kühe mit Schmetterlingsflügeln. Ein Friedhof bunter Quallen. Weiße Libellen. Ein seltsames Tier, das allem, was es anschaut, die Farbe entzieht.
    Klingt das nach Fantasy? Ja, aber Fantasy sollte man nicht erwarten in diesem Buch.


    Das Buch handelt von Menschen und lebt von einem Geflecht aus Beziehungen, denn St. Hauda ist klein, da kennt jeder jeden und viele Menschen haben Verbindungspunkte in ihrer Vergangenheit. So ist Vergangenheit ein großes Thema; es gibt viele Rückblenden. Z.B. wird Midas' Eltern sehr viel Aufmerksamkeit gewidmet. Deren Geschichte ist ohne jede körperliche Gewalt mit das Grausamste, was ich seit längerem gelesen habe, und der Eindruck wird noch schlimmer, sobald man die ganzen Hintergründe versteht.


    Eine sehr sorgfältige Figurenzeichnung ist das Resultat dieser Beziehungsgeflechte. Mir ist ein wenig unklar, warum in manchen Rezensionen die Figuren als flach bezeichnet werden, ich persönlich habe selten eine so gute Charakterisierung derart schwieriger Figuren gelesen. Ali Shaw macht es sich mit keiner Figur leicht.
    Heraus kommen ganz eigenwillige, menschliche, komische und liebenswerte Persönlichkeiten, die man für ihre Unfähigkeiten schütteln möchte, wie man es sich sonst nur bei sich selbst wünscht.


    Durch die ausführliche Charakterisierung büßt die Geschichte natürlich stark an Tempo ein. Oft fand ich es etwas lästig, über andere Figuren lesen zu *müssen*, wenn ich doch überwiegend wissen wollte, wie es mit Ida und Midas weitergeht. Letztlich fügt sich aber alles zu einem stimmigen Bild zusammen.
    Die Geschichte ist ruhig erzählt, auf Action oder rasante Plottwists kann man lange warten, aber darum geht es auch nicht. Die Landschaftsbeschreibungen fand ich persönlich etwas zu ausführlich, da habe ich mich schnell beim Querlesen erwischt. Das ist wohl auch Geschmacksache. Trotzdem war ich an die Seiten gefesselt und habe das Buch, wenn auch nicht rasch durchgelesen, doch zumindest die ganze Zeit über im Kopf gehabt.


    Fazit: Eine melanchonische Geschichte von einer Frau, die zu Glas wird, einem Mann, der lebendig wird, und einer Insel, auf der das längst nicht das Ungewöhnlichste ist.
    Mulle schmilzt dahin.

  • Die Geschichte über ein junges Mädchen, dessen Körper zu Glas wird, ist weder Fantasy noch Märchen oder gar Liebesgeschichte, wenn man darunter die Geschichte einer Paarbeziehung versteht, obwohl Paarbeziehungen das zweite prominente Thema sind. In allererster Linie aber ist es eine sehr ehrgeizig ausgelegte neue Version eines ganz alten Themas, der Verwandlung.


    Schauplatz ist das beeindruckend einfallsreich ausgedachte und einprägsam geschilderte Archipel St. Hauda, eine Kette kleiner Inseln und Inselchen irgendwo im nordwestlichen Ozean. Schroffe Küsten, Wälder, Sümpfe kennzeichnen sie, es gibt einige kleinere Ansiedlungen, einige abgelegen liegende Cottages oder unzugänglich gemachte Privatsitze. Die Einwohnerinnen und Einwohner des ganzen Archipels gelten als einsiedlerisch und schweigsam. Es ist eine Landschaft, die Legenden und Mythen geradezu ausbrütet, allerdings sind sie hier Realität geworden.


    In dieser seltsamen Landschaft sucht Ida Henry Fuwa, der einzige, der ihr ihrer Meinung nach gegen das helfen kann, was sie von einem Augenblick zum nächsten überfallen hat, die Verwandlung ihres Körpers in Glas. Wen Ida findet, ist aber nicht Fuwa, sondern Midas, einen jungen Mann, ein Einheimischer, verschroben, verstört und am liebsten hinter seiner Kamera versteckt. Ausgehend von ihrer ersten, ganz märchenhaft geschilderten Begegnung in einer Märchen-Winter-Landschaft entspinnt sich ein kompliziertes Beziehungsgeflecht, das aus der Vergangenheit der Eltern der beiden herüberreicht und verwoben ist mit ihrer Gegenwart.


    Recht bald ist klar, daß die Verwandlungen, die der Autor in Gang gesetzt hat, konsequent nur zu einem einzigen Ende führen können, da die beiden Hauptfiguren gegensätzliche Pole sind. Der eine wird aus seiner seelischen ‚Versteinerung’ zum Menschen, die andere vom Menschen zu Glas. Die Frage, wo die Seele angesiedelt ist und wo sie nach einer Verwandlung verbleibt, ist eine der Fragen in diesem Roman, die immer wieder aufgeworfen wird. Das gilt für Idas verunglückten Hund ebenso, wie Denvers (einer Nebenfigur) und auch Midas’ Mutter, bei Fuwa und auch bei Midas’ Vater.


    Mit der Seele eng verschwägert ist das Herz. Auch das spielt eine bedeutende Rolle, im Wortsinn, wie im übertragenen, schließlich geht es in diesem Roman auch um Liebe. Und hierbei ist der Autor ebenso konsequent wie grausam. Selten findet man auf so engem Raum soviele Menschen, die unfähig sind, ihre Liebe dahin zu richten, wo sie erwidert wird, ganz zu schweigen davon, Liebe einzufordern. Mit zu den unheimlichsten Abschnitten - und es gibt viel Unheimliches in diesem Buch - gehören die Schilderungen aus Midas’ Familienleben, die seltsame Ehe von Emiliana und Hector Stallows, die Selbstbezogenheit von Carl, all die seelischen Verkrüppelungen, die auch einen Henry Fuwa daran hindern der Frau seines Lebens Liebe zu geben. Nur Ida kann es und sie ist zum Untergang verdammt. Etwas Wärme geben gerade zwei Nebenfiguren, die siebenjährige Denver und ihr Vater.


    Eingewebt in das Ganze sind dunkelste und unheimliche Elemente aus der Sagen - und Märchenwelt. Hier gibt es keine guten Feen, keine heilkundigen Hexen, niemanden, der eine aus dem Albtraum wachküßt. Kein Prinz kann Ida den verlorenen Ballschuh wieder anziehen, ihre Füße waren das erste, das zu Glas wurde. Mitten in den romantischen Verstrickungen der Personen untereinander, unter denen wir längst nur noch Herzensangelegenheiten verstehen, stößt Shaw zum Kern der klassischen Romantik vor, die von unheimlichen Gestalten bevölkert war, die Grauen verbreiten. Das Gespenst seiner Geliebten jagt Carl, wenn auch uneingestanden, Angst ein, in den Wäldern St. Haudas lebt ein Wesen, das allem, was es ansieht, die Farbe raubt, und weiß macht.


    Womit wir bei dem sind, was unter all den beeindruckenden Kunstgriffen, die Shaw anwendet, zum beeindruckendsten gehört, sein Umgang mit Farben. Vorherrschend sind Schwarz und Weiß, die Winterlandschaft, die Fotos von Midas, der schwarz-weiß allem anderen vorzieht. Dazu gibt es Grautöne und viel Beige, Verblaßtes, Sepia, Durchsichtiges. Dazwischen flammen Lichter auf, Idas Sommererinnerungen, die luminiszierenden Medusae im nächtlichen Meer, die Funken in dem Herz aus Glas, das Fuwa in seinen Händen hin -und herdreht. Das Licht in den Bernsteinen, die der reiche Stallow an den Bäumen seines Besitzes aufhängen läßt oder in dem Quarz, mit denen er die Wände seines Hauses verkleiden ließ. Der Einfallsreichtum des Autors ist überbordend.


    Hin und wieder wünscht man sich, er neigte zur Beschränkung. Das gilt für die Verstrickungen der Figuren untereinander und für die Landschaftsbeschreibungen. Sie sind bestens formuliert, aber aufs Ganze gesehen gerät alles hart an die Grenze des übermäßig konstruierten, des eine Spur zu cleveren, zu überladenen. Er zeigt Facette für Facette für Facette, Anspielungen und Hinweise häufen sich. Natürlich versucht man zu deuten und natürlich lädt Shaw zur Deutung ein. Medusa und Steine, Metamorphosen im Wechsel der Jahreszeiten, bei Insekten, von Figuren, ihrem Denken, ihrem Blick auf die Dinge bis hin zu ihrem ganzen Körper. Herzensverwicklungen, etwa die Namensgebung der Hauptfiguren Midas-Ida, Gefühle und Wetterlagen, Interieurs, Berufe und nicht zuletzt die Lektüre der Figuren.


    Zugleich aber entzieht sich der Autor immer wieder der Deutung, die von ihm gespannten Fäden führen nicht zum Mittelpunkt des Labyrinths. Wir sind in der Post-Moderne.
    Das Ende ist dementsprechend emotional, immer noch hervorragend formuliert, aber doch ins Sentimentale abgleitend. Hier sind die Bilder allzu vertraut. Vor allem ist es langgezogen, Shaw verliert sich endgültig in seiner Erzähllust und Formulierungskunst, er schafft es nur mit Mühe, seinen Lieblingsprotagonisten Midas gehen zu lassen. Das ist schade, nach all der Sorgfalt.


    Was bleibt, ist die Erinnerung an eine ganz ungewöhnliche Geschichte voller seltsamer Gestalten und aufregender Bilder, untrennbar verbunden mit jenem schleichenden inneren Unbehagen, das alte Märchengeschichten auslösen. Weil solche Märchen nur eine andere Sicht auf die Realität sind

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Ich merke noch an, daß ich unten verlinkte TB-Ausgabe gelesen habe. Ich finde das Cover sehr schön, aber der Aufkleber hat mich arg gestört. Er ist scheußlich und zerstört den Gesamteindruck. Ich habe ihn (etwas mühsam) abgezogen, aber er hat Spuren hinterlassen, was mich wirklich ärgert.
    Ich weiß nicht, warum man jemanden für einen Umschlag-Entwurf bezahlt, wenn man das Ganze hinterher durch einen dämlichen Aufkleber wieder ruiniert. Banausen!



    :wave



    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • So, auch ich habe nun dieses (sowohl inhaltlich wie auch optisch)
    wunderschöne Buch gelesen.
    Ich muss leider zugeben, dass ich bei den wirklich sehr ausführlichen Landschaftsbeschreibungen nicht jedes Detail verstanden habe(ich habe irgendwann aufgegeben jedes mir unbekannte Wort im Wörterbuch nachzuschlagen), aber das war ein Vokabelproblem.
    Die Geschichte fand ich einfach nur toll, wenn auch sehr sehr traurig.
    Ein absolut lesenswertes Buch, das tief berührt und zum nachdenken anregt....

  • Der Autor
    Ali Shaw, 1982 geboren, arbeitete nach seinem Universitätsabschluß als Buchhändler und in der Bodleian Library in Oxford.


    Das Buch
    The Girl with Glass Feet, das ist die junge Ida MacLaird, die die spröde Atlantik-Insel St. Hulda's Land von ihrer dunklen Seite kennen lernte. Während ihres Urlaubs dort zog sie sich eine unheimliche Krankheit zu: ihr Körper verwandelt sich buchstäblich in Glas. Nun kehrt sie zurück auf die Insel und begibt sich auf die Suche nach dem exzentrischen Einsiedler Henry Fuwa, von dem sie sich Hilfe erhofft. Während dieser Suche lernt Ida den menschenscheuen Hobbyfotografen Midas Crook kennen und verliebt sich in ihn. Midas erwidert ihre Gefühle, doch es will ihm nicht gelingen, aus dem Schatten seines Vaters herauszutreten und seine Angst vor emotionaler Nähe zu überwinden.
    Während das Glas immer weiter von Ida Besitz ergreift, kämpft die junge Frau verzweifelt um ihr Leben und ihre große Liebe. Doch die Zeit läuft ihr davon.


    Mit jedem Satz spürt der Leser das raue, unwirtliche Klima der Insel, die in ihrer winterlichen Melancholie Platz für Vielerlei Märchenhaftes bietet: winzige Kühe mit Mottenflügeln, menschliche Körper aus Glas und ein Tier, dessen Blick jede Farbe verblassen und weiß werden lässt.


    Nicht nur die tragisch-schöne Liebesgeschichte zwischen Ida und Midas hält den Leser gefangen - je weiter das Glas in Idas Körper voranschreitet, desto mehr lichtet sich der Nebel um ein Netz aus Schuldgefühlen, in das scheinbar jeder auf St. Hulda's Land auf die eine oder andere Art verstrickt ist. Da ist z.B. Henry Fuwa, der selbst nach dem Tod von Midas Vater nicht den Mut fand, seine Liebe zu Midas Mutter Evaline zu leben, oder Carl Maulsen, der aus Verzweiflung über seine unerwiderte Liebe zu Idas Mutter und deren Krebstod fest entschlossen ist, wenigstens das Leben der Tochter zu retten.
    Sie alle sind in ihren Schuldgefühlen gefangen, während Ida, die ihre Liebe so verzweifelt zu leben versucht, immer mehr die Gefangene ihres gläsernen Körpers wird.


    Ein großartiges Buch mit einer märchenhaften, traurigen und wunderschönen Geschichte, die mich tief berührt und beeindruckt hat.

  • P.S. Habe gerade bei Amazon gesehen, dass im Januar auch ein neues Buch von Ali Shaw auf Englisch erscheint. "Man who rained"


    Inhaltsangabe (freie Übersetzung des Amazontexts)
    Als Elsas Vater in einem Tornado stirb, will sie nur fliehen - aus New York, weg von von ihrer Arbeit, ihrem Freund - irgendwo hin, wo alles neu ist und fremd, anders. Einige Jahre lang verfolgte sie ein Anblick, den sie einmal von eine, Flugzeug aus gesehen hatte: eine kleine, isolierte Siedlung namens Thunderstown. Immer wieder kommen Pilgerer in Thunderstown a und die junge Elsa ist die neuste. Sie fühlt sich zu diesem wetterzerklüfteten und abgelegenen Ort hingezogen, der seine Bewohner so fasziniert. In Thunderstorm sagt man, das könne lebendig werden und als Elsa bei einem Spaziergang Finn Munro trifft, einen Außenseiter (Ausgestoßenen), der in den Bergen über der Stadt wohnt. Sie wundert sich ob ihre Augen sie nicht getäuscht haben, denn Finn hat ein unglaubliches Geheimnis: Er trägt ein Gewitter in sich. Nicht alle Einwohner wünschen Elsa und Finn eine glückliche Beziehung. Als sich die Ereignisse gegen sie wenden, müssen sie sich dem Sturm stellen - können sie überhaupt überleben?
    "Der Mann, der regnete" ist ein Werk voller lyrischer, lebhafter Magie und Phantasie, eine moderne Fabel über das, was Liebe ausmacht.


    "When Elsa's father is killed in a tornado, all she wants is to escape - from New York, her job, her boyfriend - to somewhere new, anonymous, set apart. For some years she has been haunted by a sight once seen from an aeroplane: a tiny, isolated settlement called Thunderstown. Thunderstown has received many a pilgrim, and young Elsa becomes its latest - drawn to this weather-ravaged backwater, this place rendered otherworldly by the superstitions of its denizens. In Thunderstown, they say, the weather can come to life and when Elsa meets Finn Munro, an outcast living in the mountains above the town, she wonders whether she has witnessed just that. For Finn has an incredible secret: he has a thunderstorm inside of him. Not everyone in town wants happiness for Elsa and Finn. As events turn against them, can they weather the tempest - can they survive at all? The Man Who Rained is a work of lyrical, mercurial magic and imagination, a modern-day fable about the elements of love."

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  • Ab heute darf man die deutsche Ausgabe rezensieren :-)


    Das Buch fällt bereits von außen durch das wunderschöne Cover sowie den auffälligen silbernen Schnitt auf.


    Und auch im Inneren entpuppt es sich als ein echtes Kleinod. Die vielen ganz besonderen Sätze, die man sich als am liebsten alle als Merksprüche notieren würde, kann ich gar nicht zählen!


    Auf St. Hauda’s Land, einer kleinen fiktiven Insel, lernen sich eines Tages der verschrobene Einzelgänger Midas und das Mädchen Ida kennen. Midas betrachtet die Welt am liebsten durch die Linse seiner Kamera, die Nähe zu anderen Menschen ist ihm eher unangenehm. Ida ist eine junge Frau, die schon viel erlebt und ausprobiert hat, Angst war ihr immer fremd – doch nun passiert etwas Schreckliches mit ihrem Körper, sie verwandelt sich in Glas! Auf die Insel ist sie gekommen, weil sie bei einem früheren Besuch einen alten Mann kennengelernt hat, von dem sie sich Hinweise erhofft, was mit ihr vorgeht. Doch ob ihr Henry Fuwa, der merkwürdige Einsiedler mit seiner Herde geflügelter Kühe, helfen kann?


    Das Buch fängt ganz unspektakulär mit der Begegnung zwischen Midas und Ida an, doch nach und nach enthüllen sich die Besonderheiten von St. Haudas Land.


    Die Beschreibung der Insel und alles anderen liest sich so anschaulich, ich hatte die Orte beim Lesen direkt vor Augen. Auch die Veränderungen, die mit Ida vorgehen, werden in gruseliger Genauigkeit beschrieben.


    In Rückblicken erfahren wir mehr über Midas Kindheit, seinen Vater, über Henry Fuwa und Midas Mutter, über Idas Mutter und Carl, der in sie verliebt war und sie nun in ihrer Tochter wiedererkennt… doch längst nicht alle Fragen werden beantwortet und so bleibt viel Raum für eigene Gedanken und Interpretationen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass es auf einige dieser Fragen vielleicht doch Antworten gegeben hätte!


    Insgesamt hat das Buch etwas märchenhaftes, nicht nur durch die Fabelwesen, die sich auf der Insel herumtreiben, sondern vor allem durch die zauberhafte Sprache, die einen direkt in der Geschichte versinken und am Ende ganz benommen wieder auftauchen lässt!


    Mit diesem Debutroman hat sich der Autor sicher einen Namen gemacht und ich bin schon jetzt gespannt auf sein nächstes Buch, das im Januar auf Englisch erscheint (The man who rained) und dann auch hoffentlich in absehbarer Zeit bei uns erhältlich sein wird!

  • Meine Meinung: Die Leseprobe zu diesem Buch hat mich etwas völlig anderes erwarten lassen und doch bin ich nicht enttäuscht, sondern sehr beeindruckt von dem, was Ali Shaw in seinem Debüt abgeliefert hat.


    Ida, deren Füße sich nach einem Urlaub auf der Insel St. Hauda´s Land langsam in Glas verwandeln, kommt zurück auf die karge und geheimnissvolle Insel, um Hilfe zu finden und trifft auf Midas, einen einsamen und zutiefst verunsicherten jungen Fotografen, der sich nicht von den Gedanken an seinen dominanten und kalten Vater lösen kann.


    Es geht es viel um Vergangenheitsbewältigung in diesem Roman, in dem eigentlich bei allen Figuren zuerst auf das eingegangen wird, was hinter ihnen liegt; viel dreht sich um nicht erwiderte Liebe und Unverstandene Gefühle und alle Personen haben eines gemeinsam – sie haben mit dem Geschehenen noch nicht abgeschlossen.
    Jeder im Umfeld von Ida und Midas versucht auf seine eigene Weise mit den Schatten seiner Vergangenheit fertig zu werden und wenn man sich zuerst fragt, was Ida genau mit all dem zu tun hat, so entblättern sich nach und nach die einzelnen Verstrickungen der Inselbewohner untereinander und die Fäden scheinen bei Ida zusammenzulaufen.
    Ida vermutet Heilung für ihre Krankheit bei Henry Fuwa zu finden, einem Sonderling, der sich zusammen mit seiner fliegenden Mini-Kuh-Herde in einer kleinen Hütte im Sumpf der Insel verbirgt, da er es war, der ihr bei ihrem ersten Treffen von der Sagenwelt der Insel berichtet hatte.


    Fliegende Kühe, Füße aus Glas und ein Wesen, dessen Blick alles Lebendige in strahlendes Weiß verwandelt, das klingt so märchenhaft, dass meine Vorstellung von dem weiteren Verlauf der Handlung zuerst sehr in Richtung märchenhafter Fantasy ging. Doch der Autor hat so viel zu berichten, setzt so viele Personen, ihre Bindungen und ihr Versagen in den Vordergrund, dass die märchenhaften Elemente ebenso wie die grandiosen Naturbeschreibungen nur als Untermalung für die eigentliche Handlung dienen.


    Manchmal hatte ich das Gefühl, fast alles, was auf der Insel geschieht, weise eine eigene versteckte Symbolik auf und mir fehle nur der Schlüssel, alles zu enträtseln. Da ist die körperliche Verwandlung von Ida (im Gegensatz zur psychischen Verwandlung von Midas), die langsam zu Glas wird – einfach so, ohne Grund. Man möchte gerne wissen, warum das geschieht und wo sie sich „infiziert“ hat, doch das bleibt komplett im Dunkeln, genauso, wie die winzigen fliegenden Kühe von Henry Fuwa – sie sind einfach da, ohne Vorgeschichte und es wird im weiteren Verlauf der Handlung nicht weiter darauf eingegangen. Das war es, was ich sehr bedauert habe, doch der Autor weiß trotzdem durch seinen Stil so gefangen zu nehmen, zeichnet so dichte Bilder, dass die märchenhaften Elemente zusammen mit den Beschreibungen der Insellandschaft und der Gedanken seiner Figuren, sowie der Handlung eine in sich abgerundete Geschichte ergeben, in der die leisen Töne überwiegen.


    In Zeiten der Massenproduktion lieblos hergestellt wirkenden Lesestoffs muss ich unbedingt noch die wirklich wunderschöne Aufmachung erwähnen. Ein, wie ich meine, sehr gelungenes Cover und der silbern gefärbte Schnitt, sowie ein Lesebändchen stimmen perfekt auf das ein, was den Leser in diesem Buch erwartet.


    Mein Fazit: Ein märchenhafter Roman mit stimmungsvollen Bildern, bittersüß und sehr beeindruckend.

  • *seufz*
    Offensichtlich habt Ihr alle ein anderes Buch gelesen, als ich.
    Ich konnte an dem Buch außer den teilweise wirklich märchenhaften Elementen so gar nichts herausragendes finden. Zu den beiden Hauptpersonen Ida und Midas habe ich auch so gar keinen Zugang gefunden. Dabei gefällt mir die Idee an sich und auch das Zwischenmenschliche am Buch sehr gut, aber überzeugt hat es mich leider so gar nicht... :-(

  • Als erstes einmal ein wunderschönes Cover und auch der Schnitt des Buches ist wunderschön in Silber. Allein deswegen hätte ich das Buch gleich gekauft.


    Nun zur Geschichte. Ida und Midas treffen durch Zufall im Wald aufeinander, anfreunden kann man das dann nicht nennen aber die beiden brauchen einander.
    Als Ida im Sommer auf St. Haudas war wurden ihre Füße verwandelt und nun sucht sie Henry Fuwa der ihr damals von der Verwandlung erzählt hat um ihn zu bitten er möge er ihr doch helfen.
    Midas treibt Henry auf doch dieser kann ihr nicht helfen aber auch Midas erfährt dadurch etwas mehr von seiner Lebensgeschichte.
    Dies ist aber nicht die einzige Person die auch in diesem Buch behandelt wird, da gibt es noch Carl ein Ex-Freund von Idas Mutter und auch die Mutter von Midas bekommt eine Geschichte.
    Carl versucht Midas und Ida auseinander zu bringen.


    Ganz ehrlich Stellenweise hatte ich ganz große Probleme der Geschichte zu folgen. Vieles war mir einfach zu Märchenhaft und eines irgendwie nicht wirklich genug. Trotzdem hat mir die Geschichte gefallen. Vielleicht war ich auch einfach gerade nicht in der Stimmung für das Buch.
    Denn es ist toll geschrieben und es liest sich auch toll.

  • Midas und Ida sind sympathische Hauptpersonen. Man wünscht sich, dass Ida die Lösung für ihr gläsernes Problem, und ebenso, dass sie Zugang zum verschlossenen Midas findet. Im Laufe der Geschichte kann man sich zusammenreimen, was ihn zu einem fotografierenden Einsiedlerkrebs hat werden lassen. Überhaupt scheint die als Schauplatz gewählte Insel hauptsächlich gescheiterte Persönlichkeiten hervorzubringen, wie sich langsam herauskristallisiert.


    Was mir ein wenig gefehlt hat waren alterstypische Charakterzüge der Akteure. Wenn nicht ausdrücklich erwähnt wäre, dass Ida und Midas Mitte 20 sind und wenigstens eine Beziehung hinter sich haben, wären sie gleichsam alterslos, könnten ebenso gut erst 15 sein.


    Das ganze Setting ist märchenhaft angehaucht, wozu nicht nur Idas gläserne Füße und das seltsame Wesen beitragen, das mit seinem Blick jedem Lebewesen die Farbe nimmt und es weiß werden lässt. Auch sprachlich wirkt das Buch wie ein Märchen, mit vielen bildhaften Vergleichen und ist wunderschön zu lesen. Man kann sich wunderbar in die Geschichte sinken lassen, bis zum Ende. Von diesem war ich eher enttäuscht, was mit einem groben Schnitzer in einer Kleinigkeit begonnen hat - eine Digitaluhr kann nicht bei 14.32 Uhr stehen bleiben, hier verblasst bei schwacher Batterie die Anzeige, bis auf dem Display nichts mehr zu erkennen ist, stehenbleiben kann nur eine Uhr mit Zeigern.


    Auch der Ausgang der Geschichte war für mich unbefriedigend. Nach der Lektüre fragte ich mich, was mir das Buch denn nun sagen soll. Dass man jeden Augenblick genießen soll? Dass man Mut haben muss? Ich weiß es nicht - werde dem Autor aber wohl nochmal die Chance geben, mich mit einem anderen Buch völlig zu überzeugen.


    7 Eulenpunkte

    Ich lese grade:


    Der Herr des Turms - Anthony Ryan
    ________
    Save the earth - it's the only planet with chocolate!

  • Von zwei Vorstellungen musste ich mich nach und nach verabschieden. Das Buch ist meiner Meinung nach weder ein Jugend- noch ein Fantasybuch. Es gibt zwar ein paar Fantasyelemente, doch die sind eher zur Untermalung der Stimmung bzw. schmückendes Beiwerk, wie z.B. die Ochsenmotten, die ich ganz zauberhaft fand.


    Jede Person in diesem Buch kann von einer unglücklichen Liebesbeziehung berichten und es wird von den verschiedenen Möglichkeiten erzählt, wie eine Liebe tragisch enden kann. Nicht ein Mensch, dem wir begegnen, lebt in einer glücklichen Beziehung, wodurch sich eine traurige Stimmung durch das ganze Buch zieht.


    Midas Schicksal hat mich hierbei besonders berührt. Der folgende Auszug aus dem Buch beschreibt ihn sehr treffend: „Aber Ida würde Gesellschaft bedeuten und er mied Gesellschaft. …... Außerdem war von seinem Herzen nicht mehr viel übrig, was er den Menschen geben konnte, damit sie es mit Füßen traten....“
    Nach und nach erfährt der Leser mehr über Midas Kindheit und welche Erlebnisse ihn zu dem Menschen gemacht haben, der er zu dem Zeitpunkt ist, als er Ida begegnet.


    Je mehr Ida zu Glas wird, umso mehr erwacht Midas aus seiner Starre. Der Autor hat diesen Vorgang bewegend beschrieben, sodass ich mit Ida mitgelitten habe, während ich mich für Midas freute.
    Doch auch hier kann keine richtige Freude aufkommen, denn ich habe mich die ganze Zeit gefragt, wie die beiden es schaffen, das Glas aufzuhalten, dessen Ausbreitung immer wieder mit schaurigen Beschreibungen geschildert wird.


    Die Stimmung des Buches ist melancholisch, schwermütig und traurig und das Erzähltempo ist so ruhig und langsam, wie Ida sich mit ihren gläsernen Füßen vorsichtig vorwärts bewegt. Der Autor beschreibt detailliert die Gefühle der Menschen, die Natur der Insel und das Wetter. Dadurch konnte ich richtig in die Geschichte eintauchen. Doch ich musste aufpassen dass die Atmosphäre des Buches nicht auf mich übergreift.. Dabei habe ich mich gefragt, was den Autor dazu bewegt hat, diese Geschichte zu schreiben.


    Die schönsten Momente waren für mich die Szenen mit Denver und ihrem Papa Gustav. Die beiden sind Midas Freunde und obwohl sie selbst mit einem schweren Verlust fertig werden müssen, zeigen sie dem Leser, was wahre Freundschaft bedeutet.


    Für das Buch würden auch folgende alternative Titel passen:
    Zerbrechliches Glück
    Die Insel der unglücklich Liebenden


    Optisch ist das Buch ein echter Hingucker, mit dem schönen Cover, dem silbernen Lesebändchen und dem silbernen Schnitt.


    Fazit: Die Geschichte ist die ideale Lektüre, wenn man gerne traurige und melancholische Geschichten liest.

  • Meine Rezi:


    Vor einem halben Jahr machte Ida auf St. Hauda’s Land Urlaub. Dabei lernte sie den verschrobenen Henry Fuwa kennen, der ihr von gläsernen Gestalten auf dem Grund des Tümpels und von Ochsenmotten erzählte. Als sich nun ihre Füße in Glas verwandeln, kommt sie zurück, um bei Henry Fuwa Hilfe zu finden. Doch leider hat sie keine Ahnung, wo auf der Insel der alte Mann lebt. Auf der Suche nach ihm begegnet sie im Wald Midas. Midas, ein junger Mann ca. Mitte 20, der nach vielen Enttäuschungen in seinem Leben sehr zurückgezogen lebt und den Kontakt zu anderen Menschen scheut, fühlt sich von der jungen Frau mit den viel zu großen Stiefeln seltsam berührt. Ganz sachte bahnt sich hier nach und nach eine zarte Liebe an, die Midas‘ Leben auf den Kopf stellt.


    Wie nebenbei erfährt der Leser durch Rückblicke, wie aus Midas dieser introvertierte scheue junge Mann geworden ist. Diese Ausflüge in die Vergangenheit sind zuweilen interessanter und gehaltvoller als das Geschehen in der Gegenwart. Für mich haben sie den Lesefluss nicht gestört, sie passen einfach an die jeweilige Stelle und es ist auch gut ersichtlich, dass es sich um Rückblenden handelt.


    Ida, Midas und auch Carl, ein Freund von Idas verstorbener Mutter, suchen zwar nach einem Heilmittel für Idas „Glaskrankheit“. Auf ihrem Weg lernen sie aber auch eine ganze Menge über sich selbst, was mir noch viel wichtiger scheint.


    „Das Mädchen mit den gläsernen Füßen“ ist ein leises, ruhiges Buch. Es fesselt nicht durch atemberaubende Spannung, sondern durch eine wunderschöne Erzählweise. Fast poetisch beschreibt Ali Shaw sehr detailliert die Landschaften von St. Hauda‘s Land, die Menschen, die fast alle auf ihre Weise Außenseiter sind, und das Wetter. Diese Beschreibungen sind so anschaulich und eindringlich, dass man sich mitten im Geschehen wähnt. Es gelingt dem Autor hervorragend, die melancholische Stimmung auf der winterlichen Insel einzufangen und dem Leser nahezubringen.


    Während des Lesens bin ich auf einige Fehler gestoßen, die z.T. wohl dem Übersetzer zu verdanken sind: Hirschkühe werden mit Rehen gleichgesetzt, der Vorgang der Glasbildung wird als Kristallisation bezeichnet (im englischen Original „petrification“=Versteinerung, was genauso falsch ist), eine Digitaluhr kann nicht auf einer bestimmten Uhrzeit stehenbleiben. Hier sollte man doch etwas genauer arbeiten, es ist einfach schade um das schöne Buch.


    Trotz fantastischer Elemente wie den faszinierenden Ochsenmotten, dem weißen Tier, dessen Blick alles weiß werden lässt, oder der „Glaskrankheit“ ist dieses Buch sicherlich kein Fantasyroman. Das Hauptaugenmerk liegt auf Midas, seiner Entwicklung, seiner Einstellung zum Leben und zur Liebe.


    Was mir an diesem Buch überhaupt nicht gefällt, sind Figuren, die keinen tieferen Sinn in der Handlung haben. Auch ohne sie wäre die Handlung nicht anders abgelaufen. Außerdem bleiben am Ende zu viele Fragen offen. Es hat mich nicht wirklich befriedigt.