was spricht gegen sogenannte *seichte* Literatur

  • Ich bin mal wieder sehr neugierig und würde gerne Wissen welche Meinung ihr dazu habt :-).
    Worum geht es mir......ich bezieh mich jetzt mal auf Aussagen die ich hier bei den Eulen ( und so verstanden habe), aber auch in Rezis auf den bekannten Seiten usw. gelesen habe.
    Das die sogenannte *seichte* Literatur minderwertig ist, das man sowas eigentlich nicht liest wenn man sagen wir mal böse, gebildet ist, das es dafür eine bestimmte Zielgruppe gibt, zu der niemand gehören will :grin usw


    Wieso werden leichte Bücher zB fällt mir da Pilcher ein oder aktuell Dora Helt, Romanhefte so verteufelt oder in einen Bereich abgeschoben als wenn das nur Lektüre für Menschen ist für die jeder andere durchschnittliche Roman schon zu kompliziert wäre. Es gibt da viele Aussagen die man überall lesen und auch hören kann, also bitte nicht alles was ich dazu schreibe auf Eulenaussagen beziehen das wäre falsch.


    Zur Erklärung muß ich sagen das ich ebenfalls mit dieser Sichtweise erzogen wurde und sie seit einigen Jahre bewußt abbaue weil ich sie inzwischen als falsch empfinde.
    Um Pipi Langstrumpf lesen zu dürfen habe ich mit meiner Mutter einen monatelangen Krieg geführt und das mein ich auch so, weil sie der Ansicht war das diese Geschichte einen sehr schlechten Einfluss auf das Verhalten von Kindern hat. Meine Mutter war Lehrerin :grin


    Ich fände eine Diskussion dazu ganz interessant.Wie seht ihr das und vor allem wieso ihr die eine oder andere Meinung dazu habt. :-)


    P.S. Wer Rechtschreibfehler findet darf sie behalten ich brauch sie nicht mehr :grin

  • Ich kann nur für mich sprechen, aber bei mir scheitert es daran, dass.mich die leichten Sachen häufig weder thematisch noch stilistisch reizen. Ich finde typische Frauen- und Liebesromane meist sterbenslangweilig. Stilistisch mag ich es meist etwas anspruchsvoller, das ist aber kein absolutes Muss.

    SUB 220 (Start-SUB 2020: 215)


    :lesend Susanne Michl u. a. - Zwangsversetzt. Vom Elsass an die Berliner Charité. Die Aufzeichnungen des Chirurgen Adolphe Jung (1940 - 1945)

    :lesend Antonio Iturbe - Die Bibliothekarin von Auschwitz

    :lesend Anthony Doerr - Alles Licht das wir nicht sehen (Hörbuch)

  • Ich finde, dass niemand sich dafür schämen muss, der ein Buch liest! Egal ob es nun ein Spiegel-Bestseller, ein Klassiker oder ein Romanheftchen ist.
    Jeder hat eine andere Erwartung an seine Lektüre, und wer bin ich, dass ich mir anmaßen kann das zu bewerten?


    Ich fände es schlimm, wenn ich mich dafür entschuldigen, schämen oder es hier verschweigen müsste, dass ich zwischen den vielen unheimlich anspruchsvollen Romanen :grin, die ich lese, immer wieder mal einen Vampirroman dazwischenschiebe. Das entspannt das Gehirn, und warum nicht! Meine Mutter las gerne Arztromane, vor denen es mir grausen würde, aber sie ist ein lieber Mensch und eine sehr lebenskluge Frau.


    Die Geschmäcker sind verschieden, und das ist auch gut so.

  • Wenn man kein Lehrerkind ist, sagt einem ja zum Glück niemand, was man lesen oder nicht lesen soll. Nur keine Comics. :-] Da hört man eher, das Lesen schlecht für die Augen oder ein Zeichen von Faulheit ist.


    In der 11. Klasse hatte ich zm ersten Mal in Deutsch mit "Trivialliteratur" zu tun und habe als Hausaufgabe herausfinden müssen, dass in Liebesromanen die böse Nebenbuhlerin immer rote Haare und grüne Augen hat. Da überhaupt keine Frau in Heftchen-Romanen einen vernünftigen Beruf hatte, wie Schiffskapitänin oder Geologin, konnten die mich sowieso nicht in Versuchung führen. Interessant wurde später die Reihe "neue frau" von Rowohlt, in diesen Büchern sind mir zum ersten Mal Menschen begegnet, die ich als normal erlebt habe.

  • Für mich spricht überhaupt nichts dagegen, weil das ja jeder für sich selber entscheidet, wie anspruchsvoll seine Unterhaltung sein soll. Ich lese relativ viele Bücher, die man als seicht bezeichnen würde, weil ich durch das Lesen von den anstrengenden Themen des Tages entspanne. Wenn ich dann auch noch Shakespeare im Original lesen wollte, wäre das einfach der Schlag zuviel auf dem Kuchen. Wenn die Geschichte also gut aufgebaut ist und der Schreibstil passt, empfinde ich die sogenannte seichte Literatur als angenehme Ablenkung. Wieso sollte dagegen etwas sprechen?

  • Verzeiht mir jetzt die zu klaren Worte.


    Es ist mir Scheissegal, was andere darüber denken, was ich lese. Ich lese DAS was mir gefällt und mich anspricht. Ich lese auch gerne mal Jugend-Thriller oder Jugend-Fantasy. Mir geht es bei Büchern um die Geschichte, die Charaktere. Ich will eintauchen in das Buch. Was hilft mir es wenn ich "Goethe" lese und dann jede Zeile mit voller Konzentration lesen muss, nur damit ich irgendwo, irgendjemand sagen kann "Ja Goethe, habe ich auch alles gelesen"


    Ich mach das was mir spass macht, egal was andere darüber denken. Genauso ist es mir egal, wie andere ihre Freizeit verbringen.


    Und diese Leser, die meinen sie sind im "Club der Goethe und Schillers" und das auch noch arrogant kommunizieren, na ja sind für mich "Idioten"

  • Dreamchen


    *seichte* Lektüre heißt Geschichten, die strikt nach Mustern geschrieben sind. Sie sind voller Stereotypen, arbeiten mit Versatzstücken, entsprechen Vorgaben. Sie sind nicht flexibel, bieten keinen Raum für die Phantasie, im Gegenteil lenken sie Phantasie.
    Die Liebenden werden glücklich, alles geht gut aus, die Liebe siegt. Alle Abenteuer enden glücklich. Alle Personen sehen wunderbar aus, außer die Bösen. Die Sprache ist bewußt einfach gehalten.


    Für sich genommen, ist das im Einzelfall nicht schlimm. In der Menge aber schon. So etwas beeinflußt auf Dauer und verhindert eine Enwicklung bei der Leserin. Der Traumvorstellung von der Welt ersetzt den Blick auf Realitäten.
    Man erwartet ein bestimmtes Verhalten und ist enttäuscht, wenn es nicht kommt. Es sind süße Träume, die süchtig machen.
    Die Bilder prägen. Irgendwann täuschen sie eine.


    Das gilt nicht nur für Liebesgeschichten, die nach bestimmten Mustern ablaufen müssen, es gilt z.B. auch für tiefergehende Fragen wie etwa Konfliktlösung. Wenn man *seichte' Abenteuerromane durchsieht, entdeckt man z.B., daß die Heldinnen und Helden körperlich rundum fit und supertolle KämpferInnen sind. Sie lösen die Konflikte durch Einsatz körperlicher Gewalt. Das reibt sich stark mit der Realität, in der Konflikte mühsam und auf anderen Wegen gelöst werden. Wenn überhaupt. Das kann enorme Unzufriedenheitsgefühle auslösen.


    Ein anderes Beispiel sind die vielen historischen Unterhaltungsromane, die nach Mustern erzählt werden. Sie behaupten, daß in der Vergangenheit Frauen unablässig vergewaltig und geprügelt wurden, daß sich jede Frau danach sehnte, Hosen anzuziehen, sich aufs Pferd zu schwingen und auf Abenteuer auszuziehen, daß Männer früher böse waren und Frauen verboten, schreiben zu lernen. Ganz böse waren alle, die irgendwie zur Kirche gehörten.
    Das verstellt den Blick auf die Vielfalt von Lebensmöglichkeiten der Vergangenheit. Unter Umständen macht es hochnäsig gegenüber allem, was früher war und - das ist das Schlimmste - führt zu einer Selbstzufreidenheit, was die heutige Zeit angeht. 'Bin ich froh, daß ich heute lebe und nicht im Mittelalter', heißt es dann und es wird vergessen, daß gemssen an unseren technischen und denkerischen Fortschritten es eine Schande ist, wenn hierzulande Menschen unter eienr gewissen Einkommengrenze medizinisch unterversorgt sind.


    Die *seichten* Geschichten sind nicht harmlos. Sie transportieren Verhaltensregeln, Vorurteile, Konventionen. Sie mauern die LeserInnen ein, anstatt ihnen Freiräume zu gewähren. Wegen der bewußt einfach gehaltenen Sprache sind sie Betrug, sie machen ihre KonsumentInnen dumm.


    Deswegen ist es wichtig, sich unterschiedlichen Arten, Geschichten zu erzählen, zu öffnen.
    In einem Forum wie diesem, in dem sich VielleserInnen tummeln, ist dei Gefahr einer solchen Einseitigkeit gering. Im Gegenteil entwickelt man sich durch den Austausch.
    Aufpassen muß man allerdings schon, gerade heute, wo die Bücher bunter aussehen denn je, inhaltlich aber sehr ähnlich sein können.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • magali ich kann mir persönlich nicht vorstellen das ein Mensch durch Lesen seichtere Literatur wie du sie beschreibst verdummt und den Blick für die Realität verliert. Wer sich wirklich für das Mittelalter interessiert wird auch wissen wollen wie es wirklich war. Ich denke diese seichten Bücher-Romanhefte usw... dienen eher dazu wirklich weg von allem realen .. sich eine Auszeit nehmen von den Problemen in der Zeit in der wir leben, weil das Hirn einfach mal durchgelüftet werden muß :grin. Ich bin kein Fan von Liebesromanen ..naja vom Winde verweht vielleicht :grin. Daher kann ich dazu kaum etwas sagen .. das was ich bisher gelesen hab war eher so eine Art Pflaster für die Aufschürfungen der Realität... so bisschen Herz -Schmerz- Seufz... und alles ist honigsüss :grin, kann denk ich durchaus ein linderndes Pflaster nach einen schrecklichen Arbeitstag sein bei dem man gemobt und vom Chef noch ungerecht nieder gemacht wurde und so den Tag noch friedvoll ausklingen lassen. Nur mal so als Beispiel :-).


    Wer im Prinzip immer das gleiche liest vom Handlungsablauf und den Charakterfiguren her .. naja dem gefällt das vermutlich in eine Welt abzutauchen die so weit von der Eigenen weg ist und hilft ja vielleicht auch den Alltag besser zu bewältigen weil sie da ein Vertil finden.


    Könnte ich mir so vorstellen.. für mich muß das was ich gerade lese zu meiner Stimmung passen und wenn ich sowieso viel um die Ohren hab in jeder Beziehung dann ist etwas seichtes eine Hirnerholung den da gibts in der Regel einfache überschaubare Probleme die sich auch wie gewohnt auflösen :grin das tut dann einfach gut ... und dann muß es wieder ein Buch sein mit ständigen Personen und Schauplatzwechseln und viel und vielen undurchsichtigen Handlungssträngen damit ich mich wohl fühle... eben wie die Stimmung gerade ist :wave

  • Zitat

    Original von Dreamchen
    ...kann denk ich durchaus ein linderndes Pflaster nach einen schrecklichen Arbeitstag sein bei dem man gemobt und vom Chef noch ungerecht nieder gemacht wurde und so den Tag noch friedvoll ausklingen lassen. Nur mal so als Beispiel :-)


    Das ist, wenn ich Magali richtig verstehe, genau das Problem. Seichte Literatur ist doch auch so eine Form des Einlullens. Wenn ich nach einem Arbeitstag voller Arschchefs und Mobbing mir einen Abenteuerroman zu Gemüte führe, um abzuschalten, ok. Aber wenn ich dann einen lustigen Frauenroman lese, in dem Arschchefs und böse Mobbingkolleginnen am Ende das Nachsehen habe, weil die gemobbte Heldin durch seltsame Zufälle letztlich die Oberhand gewinnt, mag das für den abendlichen Moment auf dem Sofa befriedigend sein, es ändert aber nichts daran, dass ich am nächsten Tag wieder mit Arschchefs und mobbenden Kolleginnen konfrontiert sein werde.
    Um mich meiner eigenen Situation bewusst zu werden, etwa, dass ich einen furchtbaren Arbeitsplatz habe, bedarf es Input von außen. Der kann von Freunden kommen, die klar sehen: sieh, du machst dich fertig in deinem Job, oder eben von innen-außen, Erfahrungen aber auch angelesenen Ideen, die mich dazu bringen, etwas zu ändern, anstatt mir zu helfen, den Zustand zu ertragen.

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

  • Zitat

    Original von Buchdoktor
    Wenn man kein Lehrerkind ist, sagt einem ja zum Glück niemand, was man lesen oder nicht lesen soll.


    Ich bin Lehrerkind. Mama Lehrerin, Papa Bildungsleiter eines großen Stahlkonzerns ;)
    Aber trotzdem hat mir niemand gesagt, was ich lesen soll. :D


    Ansonsten:
    Ich selber lese alles. Mal anspruchsvolles, meistens "normales" aber auch gerne mal was *seichtes*. Alles hat irgendwo seine Vorteile. Anspruchsvolles lese ich dann, wenn mein Kopf beim lesen wirklich arbeiten soll. Wenn ich Zeit habe, einen Satz/Abschnitt auch mehrfach zu lesen um dessen Sinn zu verstehen. Das "normale" lese ich immer irgendwie. Und seichtes, wenn ich vorher etwas schweres oder bedrückendes gelesen habe. Oder wenn ich mal von allem genervt bin. Mich wenig konzentrieren kann. Einfach zur Entspannung.
    Ich finde da nichts verwerfliches bei.
    Und ich würde auch nie auf die Idee kommen, jemanden dafür zu verurteilen. Lesen und lesen lassen. Sozusagen :)

  • Na ja, die Masse macht's. Aber wer tut schon den ganzen Tag nichts anderes, als Groschenheftchen zu schmökern? DANN fänd ich das bedenklich, aber sonst.


    Ich glaube nicht, dass diese Heftchen die Leute verdummen. Ich glaube eher - auch wenn das vielleicht etwas hart klingt -: sollte es echt Leute geben, die das dort beschriebene für Realität halten, dann waren diese Leute eh schon nicht so helle.


    Muss doch jeder selbst wissen, was er von seiner Lektüre erwartet. Wenn ich einfach nur abschalten will, warum nicht. Ich finde, da spricht nichts dagegen. Den Blick für die Realität behält man doch auch durch Gespräche mit Freunden etc.


    Für mich persönlich ist das nichts, so Liebesschnulzen oder so, aber wem es gefällt, warum nicht.


    Die Vorbehalte der Mutter gegen Pipi Langstrumpf kann ich allerdings nachvollziehen.*g* Das Buch gefiel mir zwar nicht, aber ich hab in meiner Kindheit Bücher verschlungen, in denen Kinder Detektive waren. Und sehr gerne hab ich dann im Anschluss die Nachbarn mit Fernglas und Notizblock bewaffnet regelrecht ausgespannt in der Hoffnung auf ein Verbrechen, das ich aufklären kann. :lache

    Man möchte manchmal Kannibale sein, nicht um den oder jenen aufzufressen, sondern um ihn auszukotzen.


    Johann Nepomuk Nestroy
    (1801 - 1862), österreichischer Dramatiker, Schauspieler und Bühnenautor

  • Ich halte- auch heute- alles für möglich, seit ich gesehen habe, wie Patienten einer Reha-Klinik von Menschen verfolgt wurden mit der Frage ob sie von Professor Brinkmann behandelt werden, seit es geführte Illuminati Touren durch Paris gibt und seit Tausende in die Bakerstreet pilgern. Daher gebe ich magali recht und zitiere mal wieder Theofrasius Bombastus, auf die Dosis kommt es an.

  • Seichte Literatur ala Kürthy usw.(andere Namen wollen mir ums verrecken nicht einfallen :lache) habe ich für mich beschloßen das ist nix für mich, genau wie Vampire, Fantasy (außer Potter :grin) ebenfalls.


    Schmöker wie sie bei uns hießen machten mich neugierig (bei uns gabsr die ja nicht) und alles was in die Richtung ging und ich in die Finger bekam habe ich gelesen sogar mehrmals(so haben die dann auch ausgesehen :anbet), ich steh dazu.


    Und im allgemeinen kann jeder lesen was er/ sie will obwohl ich manchmal schmunzeln muß.

  • Ich habe zu Zeiten als Heranwachsender noch keine Tasche mit sich schleppte gerne Jerry Cotton gelesen. Der war so praktisch in Spalten gesetzt, konnte man in die hintere Jeanstasche gefaltet stecken. Krimis lese ich immer noch, aber doch anderes Niveau.


    Chicklit lese ich wegen der Eulen und auch davon gibt es Bücher, die ich nicht als seicht bezeichnen würde, auch wenn sie nicht für Stockholm geschrieben sind.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Zitat

    Original von Susannah
    Ich kann nur für mich sprechen, aber bei mir scheitert es daran, dass.mich die leichten Sachen häufig weder thematisch noch stilistisch reizen. Ich finde typische Frauen- und Liebesromane meist sterbenslangweilig.


    So geht es mir auch, diese Schmonzetten finde ich zum gähnen langweilig außerdem weiß man am Anfang schon, wie sie ausgehn, alle Personen sind stereotyp und beliebig austauschbar.
    Da lobe ich mir die herzhaften Kerle bei GRRM


    Aber ich verurteile niemanden, der das liest, würde alledings schon mal die Frage stellen, falls wir näher bekannt sein sollten, ob das Dauerlektüre ist oder ich demjenigen ein paar Bücher empfehlen könnte

  • Zitat

    Original von DraperDoyle


    Das ist, wenn ich Magali richtig verstehe, genau das Problem. Seichte Literatur ist doch auch so eine Form des Einlullens. Wenn ich nach einem Arbeitstag voller Arschchefs und Mobbing mir einen Abenteuerroman zu Gemüte führe, um abzuschalten, ok. Aber wenn ich dann einen lustigen Frauenroman lese, in dem Arschchefs und böse Mobbingkolleginnen am Ende das Nachsehen habe, weil die gemobbte Heldin durch seltsame Zufälle letztlich die Oberhand gewinnt, mag das für den abendlichen Moment auf dem Sofa befriedigend sein, es ändert aber nichts daran, dass ich am nächsten Tag wieder mit Arschchefs und mobbenden Kolleginnen konfrontiert sein werde.
    Um mich meiner eigenen Situation bewusst zu werden, etwa, dass ich einen furchtbaren Arbeitsplatz habe, bedarf es Input von außen. Der kann von Freunden kommen, die klar sehen: sieh, du machst dich fertig in deinem Job, oder eben von innen-außen, Erfahrungen aber auch angelesenen Ideen, die mich dazu bringen, etwas zu ändern, anstatt mir zu helfen, den Zustand zu ertragen.


    Natürlich ist die reale Lebenssituation am nächsten Tag wieder da, ich denke das ist jedem bewußt. Aber die Entspannung, egal jetzt auf welchem Weg man sie erreicht hat hilft körperlich und seelisch sich dem neuen Tag wieder zu stellen. Ich kann mir nicht vorstellen das durch das Lesen von Romanheftchen und Co. diese Menschen zugelullt werden und nur aus diesem Grund nicht versuchen ihre Situation zu verändern. Dem liegen ganz andere und in der Regel auch tiefgreifende Ursachen zu Grunde.
    Ich hab in meinem Leben schon viel gelesen aus fast jedem Bereich nicht nur Unterhaltunsliteratur zu der ich pauschal alle Romane zähle, egal ob nun seicht oder anspruchsvoller. Wirklich *lernen* kann man aus diesen Büchern nicht. Wenn ich an einer, bleiben wir bei dem Beispiel Mobbingsitutation usw etwas ändern will weil es mich sagen wir fast kaputt macht, dann brauch ich dazu entsprechende Sachbücher, Gespräche mit Freunden oder auch gegebenenfalls eines Fachmanns die mir helfen können meine Situation zu verändern.
    Nochmal zurück zu dem seichten, wie du es nennst einlullenden Buch/Heft. Auf jedenfall geht es da für die Hauptperson gut aus ....egal wie das dann passiert ist ...erreicht da höchstens das Gehirn das alles gut werden kann das diese Situation nicht so bleiben *muß*. Ich traue jedem Menschen soviel zu das er sich bewußt ist das er selber etwas dazu tun muß.
    Wenn ich aus Büchern etwas lernen will ... dann suche ich mir entsprechende Bücher, Sachbücher usw. ob ich dann auch die Infos bekommen die ich suche wird sich dann zeigen.
    Die einzigen Bücher die mir einfallen aus denen man wirklich Lehren ziehen *kann* wenn man den möchte oder Bedarf hat sind die von Sergio Bambaren, es mag da sicher noch einige mehr geben die Autoren kenn ich dann nicht :-).

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich halte- auch heute- alles für möglich, seit ich gesehen habe, wie Patienten einer Reha-Klinik von Menschen verfolgt wurden mit der Frage ob sie von Professor Brinkmann behandelt werden, seit es geführte Illuminati Touren durch Paris gibt und seit Tausende in die Bakerstreet pilgern. Daher gebe ich magali recht und zitiere mal wieder Theofrasius Bombastus, auf die Dosis kommt es an.



    Den Menschen als solches halte ich auch für alles fähig da geb ich dir recht :grin.


    Bei der Sache mit Professor Brinkmann sind Heftchen und Co absolut unschuldig da ist der Verantwortliche das ZDF :lache.


    Was ist negativ daran wenn sich die Leute im Urlaub die Schauplätze ihrer Lieblingsromane ansehen möchten. Soweit ich mich erinnern kann, ich hab da nur den Film gesehen spiel Illuminati in Rom, ich denke du meinst Sakrileg das zu einem Großteil im Paris spielt. Dadurch gingen vielleicht viele Leute das erstmal in den Louvre und haben sich da die Gemäldesammlung angesehen was sie sonst nie getan hätten. Ich sehe das positiv sie haben etwas, wenn auch vielleicht unbeabsichtigt :rofl für ihre Allgemeinbildung getan. In den jeweiligen Städten stieg der Tourismus und hat neues Geld in die Kassen gespült. Wobei ich dann nicht zwingend in der Bakerstreet wohnen möchte ..ich habs dann doch lieber ruhig :grin



    Wodurch Menschen tatsächlich Schaden nehmen ist das Lesen von sogenannten Klatschzeitungen. Die Paparazzi und die von Reportern selber zusammen gedichteten Texte schaden den Menschen denen sie wegen der Bilder und Geschichten nachjagen tatsächlich und dafür bringen ich weder Toleranz noch Verständnis auf ..aber das ist ein anders Thema und gehört nicht hier her.

  • Zitat

    Original von Woelfchen85
    Ich selber lese alles. Mal anspruchsvolles, meistens "normales" aber auch gerne mal was *seichtes*. Alles hat irgendwo seine Vorteile. Anspruchsvolles lese ich dann, wenn mein Kopf beim lesen wirklich arbeiten soll. Wenn ich Zeit habe, einen Satz/Abschnitt auch mehrfach zu lesen um dessen Sinn zu verstehen. Das "normale" lese ich immer irgendwie. Und seichtes, wenn ich vorher etwas schweres oder bedrückendes gelesen habe. Oder wenn ich mal von allem genervt bin. Mich wenig konzentrieren kann. Einfach zur Entspannung.
    Ich finde da nichts verwerfliches bei.
    Und ich würde auch nie auf die Idee kommen, jemanden dafür zu verurteilen. Lesen und lesen lassen. Sozusagen :)



    Das kann ich fast genau unterschreiben... Ich habe in meiner Jugend eigentlich alles gelesen und viele verschiedene Genre ausprobiert - mal anspruchsvoll, mal seicht. Irgendwann hab ich dann festgestellt, dass mich einiges überhaupt nicht reizt, z.B. historische Romane, die vor 1900 spielen, Fantasy, Science-Fiction, brutale Thriller und noch anderes. Es gibt zwar Ausnahmen, z.B. Harry Potter, aber z.B. die Vampir-Romane konnten mich überhaupt nicht "anlocken". Der ein oder andere "Hype" geht daher immer an mir vorbei ;-)


    Aber jedes Mal, wenn ich wieder neue Lektüre aussuche, bin ich jeweils in einer bestimmten Stimmung und danach entscheide ich, was ich lese - das kann dann in stressigen Zeiten auch gerne was Leichtes sein, zum Abschalten, vielleicht auch zum Lachen. Aber ich finde "leicht" nicht immer gleich auch "seicht". Einer meiner liebsten Romane ist z.B. "Die Muschelsucher" und nur weil Rosamunde Pilcher ihn geschrieben hat, kann mir keiner erzählen, dass es sich um einen seichten Roman handelt. Gerade bei dieser Autorin gibt es große Unterschiede zwischen ihren Büchern und die Verfilmungen im ZDF haben ihren Ruf dann komplett ruiniert ;-) "Die Muschelsucher" verbinde ich dagegen mit Lebensbejahung und Familiensinn und großen Gefühlen und es gibt mir ein wohliges Gefühl, wenn ich es lese :-]


    Manchmal ist mir auch nach Sophia Kinsella oder Kristan Higgins, um die ich manchmal dann auch wieder einen großen Bogen machen, wenn mir nach etwas Anspruchsvollerem der Sinn steht. Alles hat seine Zeit und seinen Platz und ich mag mal das eine, dann das andere.
    Wenn ich mit meinen beiden Kindern, meinem Job und einem Mann, der sehr viel arbeiten muss, gerade im Stress bin, dann kann ich mich nicht auf hochgeistige Lektüre konzentrieren und lese in der wenigen freien Zeit, die ich dann dafür habe, gerne etwas, das mich einfach nur ablenkt und definitiv ein bisschen "rosarot" und mit Happy-End sein darf :-]
    Wer meint, ich verdumme dadurch - bitte. Ich glaub es nicht ;-)
    Denn dann kommen auch wieder andere Zeiten und mir geht vielleicht gerade "rosarot" auf den Keks und greife zu anderen Büchern, die mich mehr fordern. Je nachdem, wie mein Leben gerade aussieht.


    Wenn nun jemand "nur" leichtere Bücher liest - dann ist das doch auch völlig in Ordnung. Ich käme nie auf den Gedanken, darüber die Nase zu rümpfen. Jeder liest das, was ihm gut tut und gefällt, alles andere ist in meinen Augen zweitrangig.