Tanz des Vergessens - Heidi Rehn

  • Kurzbeschreibung
    Frühling 1919: Die junge Lou will nach dem tragischen Tod ihres Verlobten in den Wirren der Münchner Räterepublik nur noch eines: vergessen! Um ihren Schmerz zu betäuben, stürzt sie sich in das Bohème-Leben der frühen Zwanzigerjahre. Doch wie ein schwarzer Schatten hängt die Vorstellung über ihr, allen Menschen, die ihr nahestehen, Unglück zu bringen. Als sich dieser Glaube ein weiteres Mal zu bewahrheiten scheint, bleibt ihr nur noch ein letzter Ausweg


    Autor
    Heidi Rehn wurde 1966 in Koblenz/ Rhein geboren und wuchs in einer Kleinstadt am Mittelrhein auf. Zum Studium der Germanistik, Geschichte, BWL und Kommunikationswissenschaften kam sie nach München. Nach dem Magisterexamen war sie zunächst als Dozentin an der Ludwig-Maximilians-Universität München tätig, anschließend war sie PR-Beraterin in einer Agentur. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet sie als freie Journalistin und Autorin. Zusammen mit ihrer Familie lebt sie mitten in München.


    Meine Meinung
    Heidi Rehns neuer Roman führt uns in die 20er Jahre nach München und Berlin.
    Ich konnte in die Zeit und die Geschichte eintauchen. Der Roman liest sich so gut, das ich keine Pausen einlegen mochte.


    Die Menschen hatten gerade den Krieg überlebt und dann kamen die Kämpfe um die Macht in den Straßen der Städte.
    Lous Verlobter Curd stirbt durch eine der letzten Kugeln.
    Lou ist untröstlich, sie gibt sich die Schuld, da er für sie auf der Straße unterwegs war. Sie glaubt allen Unglück zu bringen, denn schon ihr Bruder Karl wurde verletzt, weil er für sie einen Auftrag übernommen hat.


    Curds und ihre Freunde Max und Juliet , das Wiener Kleeblatt, versuchen ihr zu helfen.
    Erst hilft ihr die Arbeit als Täschnerin, dann lernt sie neue Freunde kennen und stürzt sich in das Leben. Manche Entscheidungen fand ich nicht richtig, aber ich habe trotzdem mit Lou gelitten und mich gefreut wenn es das Leben mal gut mit ihr meinte.
    Die politischen Wirren, der Lebenshunger in der kargen Zeit wird von der Autorin gut in die Geschichte um Lou eingebracht. Ich spürte beim Lesen alles mit.
    Es gibt viel Trauer, Kummer, Verrat und auch Liebe.
    Witzig fand ich die immer wieder vorkommenden Tanzeinlagen , sogar um Curds Grab.
    Der Tanz kommt ja auch im Titel vor.


    Die Schauplätze sind gut gewählt, immer wieder erkennt man Orte, die es heute noch gibt, wieder.


    Ein gut gelungener liebens- und lesenswerter Roman.
    Von mir gibt es 9 von 10 Punkte


    ASIN/ISBN: 3426515911

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Tanze dich lebendig...


    Nach unglaublich tollen Büchern wie "Der Sommer der Freiheit" oder "Die Liebe der Baumeisterin" bin ich Fan der Autorin und freute mich schon sehr auf ihr neustes Werk. Und sie hat es auf Anhieb wieder einmal geschafft mich zu verzaubern.


    Den ersten Weltkrieg haben Lou und ihr Verlobter Curd geradeso überstanden und blicken in die Zukunft als ein Unglück geschieht. Curd stirbt und lässt seine Verlobte damit mittellos zurück. Lou ist mit der Situation völlig überfordert. Hat sie ihrem Liebsten Unglück gebracht? Es wäre nicht das erste Mal, dass durch ihr Zutun jemand zu Schaden kommt, aber kann das wirklich sein?


    Ein beobachtender Erzähler führt uns durch die Geschichte und bereits nach wenigen Seiten war ich total drin und genoss einfach die Handlung.


    In diesem Roman gelingt es der Autorin wieder einmal authentische und vor allem vielschichtige Charaktere zu schaffen. Jeder Leser wird jemanden finden, mit dem er sich identifizieren kann. Zudem sind es Akteure, die man nicht dauerhaft sympathisch findet, sondern deren Handeln man regelrecht kritisch betrachtet.


    Lou als Hauptdarstellerin der Geschichte ist geleitet von ihrem Gefühl. Oft wirkt sie zwar labil und schwach, aber wer mag ihr das zur damaligen Zeit übel nehmen, wo jeder sehen musste wo er bleibt. Da will man gern auch etwas vom Kuchen abhaben und nimmt sich, was man braucht.


    Mein besonderes Highlight waren Frida und ihre Tochter Franzi, einfach Personen, die man lieb haben muss. Sie hatten so etwas Erfrischendes und sind Personen, die man gern selbst als Freunde hätte.


    Heidi Rehn beleuchtet in der Geschichte die Zeit ab 1919, was ich vor allem dadurch spannend fand, weil meine Großmutter in dem Jahr geboren wurde. Dabei lenkt die Autorin die Aufmerksamkeit nicht nur auf politische Veränderungen in Deutschland, sondern auch auf die Gesellschaft.


    Dieses Buch hat bei mir für tolle Lesestunden und mal wieder Wissenszuwachs gesorgt.


    Fazit: Ein ganz toller Schmöker, den ich nur wärmstens empfehlen kann!


    Bewertung: 10/ 10 Eulenpunkten

  • Titel: Tanz des Vergessens
    Autorin: Heidi Rehn
    ISBN: 9783426515914
    Originalausgabe: Juli 15
    Verlag: Knaur
    Seiten: 544


    Klappentext:
    Frühjahr 1919: Die junge Lou will nach dem tragischen Tod ihres Verlobten in den politischen Wirren nach dem Ersten Weltkrieg nur noch eins: Vergessen! Um ihren Schmerz zu betäuben, stürzt sie sich in das Boheme-Leben der frühen zwanziger Jahre. Doch wie ein schwarzer Schatten hängt über ihr die Furcht, allen Menschen die ihr nahestehen, Unglück zu bringen. Als sich dieser Glaube ein weiteres Mal zu bewahrheiten scheint, bleibt ihr nur noch ein Ausweg…



    Meine Meinung:


    Heidi Rehn führt uns in das Leben von Lou Seybold und ihren Freunden in München und später in Berlin ein. In diesem gut geschriebenen Buch geht es um Lou und das Leben in den wilden Zwanzigern. Es wird trotz des bitteren Ernstes der Lebensumstände in der Zeit gerade gelebt, geliebt, gesungen, getrunken und ganz viel getanzt. Auch vor Straftaten wie Kokain und Homosexualität wird nicht halt gemacht.



    Fazit:


    Netter Gesellschaftsroman aus den roaring 20s, flott zu lesen am lauen Sommerabend bei einem Gläschen Wein.


    8 Eulenpunktes

    Don't live down to expectations. Go out there and do something remarkable.
    Wendy Wasserstein

  • So, jetzt will ich auch endlich noch meine Meinung zu "Tanz des Vergessens" loswerden! :-)


    Für mich war es das erste Buch von Heidi Rehn, aber es wird sicher nicht das letzte gewesen sein. :-) Heidi Rehn hat eine sehr anschauliche, unterhaltsame Art zu schreiben, die es einem leicht macht, in die Welt ihres Romans einzutauchen. Für mich war der Großteil der Figuren gleich lebendig, ich konnte sie mir gut vorstellen und war von Anfang bis Ende in der Geschichte drin.


    Die Geschichte um Lou, die schon so jung und unter so unglücklichen Umständen ihre große Liebe verliert, die sich aber allen Widrigkeiten zum Trotz nicht unterkriegen lässt, ging mir richtig zu Herzen. Auch wenn sie ein völlig anderer Typ ist als ich, hat es Spaß gemacht zu lesen, wie sie sich ins Getümmel der frühen Zwanzigerjahre stürzt, um ihre traurigen Erfahrungen zu vergessen, und wie sie es nach vielen Irrungen und Wirrungen schließlich schafft, ihren eigenen Weg zu gehen und ihren Traum zu verwirklichen.


    Ein besonderes Zuckerl war dabei für mich der Umstand, dass Lou den alten Beruf der Täschnerin gelernt hat und diesen Beruf auch ausübt bzw. in Richtung Taschen-Design weiterentwickelt. Ich bin beileibe kein Mode-Freak, aber es war sehr interessant, etwas über dieses alte Handwerk zu erfahren - und Lous Begeisterung für ihren Beruf ist einfach ansteckend! :grin


    Erfreulich für mich fand ich auch, dass die Anfänge des Nationalsozialismus zwar angesprochen werden und am Rande auch mit einfließen, dass die Politik aber nicht überhand nimmt. Das gibt der Handlung die nötige Prise Realitätsnähe, ohne dass aus dem Gesellschaftsroman gleich ein politischer wird.


    Wer sich für die beginnenden Zwanzigerjahre mit all ihren Ausschweifungen interessiert, dem kann ich "Tanz des Vergessens" ungeingeschränkt empfehlen - von mir gibt es sehr zufriedene 8 Eulenpunkte! :-)


    LG, Bella

  • Heidi Rehn gelingt es sehr gut das Lebensgefühl der jungen Generation der Zwanziger Jahre einzufangen, die, nach der langen Leidenszeit nach dem Krieg und der Revolution, einfach nur leben und lieben will, einzufangen.
    Mir persönlich kam dabei der blick auf das Erstarken der Nazis und die Politik allgemein etwas zu kurz, wer aber einen reinen Gesellschaftsroman über das wilde Leben am Anfang der zwanziger Jahre lesen möchte, ist hier goldrichtig.

  • Tanz des Vergessens - Heidi Rehn


    München zur Zeit der Räterepublik.


    Lou Seybold versucht nach den Schrecken des 1. WK in ihrem erlernten Beruf als Täschnerin Fuß zu fassen. Dafür ist sie aus ihrer Heimatstadt Augsburg nach München gezogen. Dort hat sie auch ihren Verlobten Curd kennengelernt, der als Bühnenbildner am Theater arbeitet. Ein tragischer Unglückfall trennt die beiden, Lou ist von nun an nahezu auf sich allein gestellt.


    Auf der Suche nach sich selbst lernt sie viele unterschiedliche und mitunter kuriose Menschen kennen und taucht erstmals wirklich ein in das Bohéme-Leben der beginnenden Zwanziger Jahre. Lou beginnt, an ihre eigenen Fähigkeiten und Träumen zu glauben. Sie begreift jedoch, dass oft nicht alles Gold ist, was glänzt und das für alles ein Preis zu zahlen ist.


    Heidi Rehn hat einen tollen Gesellschaftsroman geschrieben, in dem man förmlich eintauchen kann in die Goldenen Zwanzigerjahre. Man spürt geradezu, warum Nachkriegsdeutschland gelechzt hat nach Ablenkung und Amüsement.


    Obwohl die Politik in diesem Buch nur eine Randerscheinung ist, wird in kurzen Episoden immer wieder die Machtergreifung der Nationalsozialisten geschildert und wie deren Anführer in der Münchner Oberschicht viele Unterstützer(innen) fand.


    Gut lesbar und angenehm flüssig geschrieben, verleitet einen dieses Buch dazu, es in einem Rutsch durchzulesen und einen wunderbaren Einblick in das Lebensgefühl der Generation jener Jahre zu erhalten.



    Ich habe das Buch sehr gern gelesen und vergebe 9 Pkt. :-]

  • Es fragt einen niemand, ob man genug vom Leben hat oder nicht, ob man noch weiterleben will oder nicht. (Seite 503)


    Meine Meinung


    Das letzte Buch der Autorin „Der Sommer der Freiheit“ hatte ich recht gerne gelesen und in guter Erinnerung behalten, insofern habe ich mich auf dieses gefreut. Aber es liegt wohl zu abseits meiner (Lese-) Interessen, denn am Ende war ich froh, daß ich durch war.


    Wie schon im vorigen Buch, so hat auch dieses eine deutliche erotische Komponente, wenngleich, wie ich es zum „Sommer der Freiheit“ schrieb, den Figuren nicht unbedingt bis ins Schlafzimmer gefolgt wird. Dafür sind hier gleichgeschlechtliche Beziehungen überaus stark vertreten.


    Das Buch ist, wie von der Autorin gewohnt, gut und flüssig lesbar geschrieben und geht über den ungefähren Zeitraum von fünf Jahren. Hier hätte ich mir eine etwas deutlichere Hervorhebung der jeweils, teils zwischen den Absätzen, teils zwischen den Kapiteln, verstrichenen Zeiträume gewünscht, denn ein paar Mal habe ich gestutzt, bis ich bemerkt hatte, daß wieder eine gewisse Zeit seit dem letzten Satz verstrichen war.


    In diesem Buch wird eine Welt beschrieben, die mir sehr fremd ist und auch durch diese Geschichte nicht näher kam, eher im Gegenteil. Anschaulich waren die Beschreibungen des alten Handwerks der Täschnerin (dem Beruf der Hauptfigur Lou), nur daß das einzige, was mich an einer Tasche interessiert ist, daß sie praktisch ist und ihren Zweck erfüllt.


    Es wird viel geraucht, getrunken, gefeiert und die Nacht zum Tag gemacht. Wenn man von den „roaring twenties“ sprechen will, so etwa, wie hier beschrieben, wird man sich die vorstellen dürfen. Stellt sich bei mir bei so manchem Buch, das im 19. Jahrhundert spielt, eher das Gefühl ein „da wäre ich auch gerne dabei gewesen“, so war das bei diesem Buch überhaupt nicht der Fall, auch wenn das die Zeit der frühen Kindheit meines Vaters war. Ich schätze, ich gehöre überhaupt nicht zur Zielgruppe dieses Buches.


    Interessant war die Schilderung des damaligen gesellschaftlichen Lebens in München, wie teilweise in Berlin, mit dem stärker Werden der Nazis, den Auftritten eines gewissen Österreichers in den besten Kreisen Münchens und seine Förderung durch dieselben, was aus heutiger Sicht mehr als unverständlich ist, sich seinerzeit aber offensichtlich tatsächlich so zugetragen hat. Auch der aufkommende Antisemitismus scheint immer wieder durch und läßt, mit der Kenntnis der späteren Geschehnisse, erahnen, daß der 1933 nicht aus dem Nichts aufgetaucht ist, sondern latent schon lange vorhanden war und sich mehr oder weniger langsam aufbaute.


    Insgesamt hat der Roman eine Zeit und eine Gesellschaft geschildert, die mir sehr fremd sind, und es dabei auch nicht geschafft, mich mehr dafür zu interessieren. Allerdings ist es schon lange meine Überzeugung, daß man sich nicht für alles interessieren kann (und muß), was mir dieses Buch wieder bestätigt hat. Insofern hat es sich denn doch gelohnt, es zu lesen.



    Kurzfassung


    Der Roman erweckt die „roaring twenties“ mit ihrer Sucht nach Zerstreuung zum Leben.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • München 1919: der Große Krieg ist zu Ende, und zusammen mit der jungen Lou Seybold erlebt der Leser die Nachkriegszeit und die frühen 20er, ein wildes, offenherziges Jahrzehnt in dem plötzlich alles möglich schien. So stürzt man sich mit Lou und ihren Freunden erst ins Münchner und dann ins Berliner Nachtleben, hängt sich mit den jungen Mädchen an reiche ältere Herren und genießt die Dekadenz und Offenherzigkeit dieser Tage.
    Doch natürlich schwelt es bereits an allen Ecken, in München macht sich die NSDAP breit und wir erleben wie Adolf Hitler langsam den Zugang zu den besten Münchner Kreisen findet....


    "Tanz des Vergessens" ist kein politischer Roman, es ist ein Gesellschaftsroman. Wir befinden uns in den 20ern, Frauen tragen plötzlich kurze Haare und Hosen, nehmen ihr Leben selbst in die Hand und auch die Sexualität ist offenherziger als je zuvor. Wie von SiCollier beschrieben folgt man den handelnden Personen nicht bis ins Schlafzimmer, aber man weiß genau was sie machen, auch die gleichgeschlechtliche Liebe ist ein Thema - wir befinden uns in den 20ern, da gehört das einfach dazu.


    Hauptfigur Lou hat das Handwerk der Täschnerin gelernt, sie fertigt Handtaschen an, entwirft diese aber auch, was mir sehr gut gefallen hat. Generell bringt Heidi Rehn viel Mode - Geschichte in ihrem Roman unter, ein Thema das mich sehr interessiert und mir wirklich gut gefallen hat. Mit Lou konnte ich mich im Gegensatz zu Hauptfigur Selma aus "Der Sommer der Freiheit" sofort anfreunden, sie ist eine wunderbare Dame ihrer Zeit, die ihren Weg geht, an ihrer Seite immer gute Freunde, die ihr auch mal unter die Arme greifen....



    Für mich ist "Tanz des Vergessens" eine tolle Geschichte die von mir die volle Punktzahl verdient!


    Ich bedanke mich bei Heid Rehn für die tolle Begleitung unserer Leserunde, und beim Verlag für mein Leseexemplar!



    10 von 10 Punkten von mir!!

  • Endlich schweigen die Waffen, die während der Kämpfe zwischen den Weißen und den Roten in München ständig zu hören waren. Das treibt die Menschen wieder auf die Straße. Doch ein Querschläger tötet Curd. Seine Verlobte Lou plagen Schuldgefühle und Trauer. Sie sucht ihr Vergessen, indem sie tanzt.
    Es ist keine einfache Zeit, durch die wir Lou und ihre Freunde begleiten. Der 1. Weltkrieg ist noch nicht lange vorbei und noch immer muss man viele Entbehrungen in Kauf nehmen. Die Menschen sind hungrig nach Unterhaltung und Vergessen. Doch das Leben ist teuer, die Inflation galoppiert schneller als man schauen kann.
    Auch Lou und ihre Freunde suchen das Vergnügen in dieser wilden Zeit. Einige ihrer Freunde zieht es wegen der politischen Veränderungen weg von München nach Berlin. Lou hängt sich an einen älteren Mann, der ihr die Vergnügungen finanzieren kann. Sie trifft einige ungewöhnliche Entscheidungen und verliert sich ein wenig selbst. Da ist es gut, dass sie Freunde hat, die sie auffangen, wenn sie Hilfe braucht.
    Die Geschichte lebt von den außergewöhnlichen Charakteren, die man oft falsch einschätzt. Gerade manche Nebenfiguren, die sehr lebendig und authentisch beschrieben sind, geben der Geschichte eine entscheidende Wendung. Nicht alle Personen sind einem sympathisch, auch Lou sehe ich mit zwiespältigen Gefühlen. Sie hat ihre Schwächen und macht eine Reihe von Fehlern. Dennoch oder gerade deshalb ist sehr glaubwürdig. Sie ist ein Kind der Zeit, nimmt sich alles, von dem sie meint, dass es ihr zusteht. Oft handelt sie sehr impulsiv und unverständlich und merkt erst mit der Zeit, dass es ihr nicht gut tut. Aber da ist immer jemand, der sie auffängt.
    Spannend fand ich, dass ich eine Überblick erhalten habe über die Lebensumstände jener Zeit, das gesellschaftliche Leben und auch über die politischen Verhältnisse. Es ist schon deutlich spürbar, was die Zukunft bringen wird, wie man an dem Überfall auf den Boxclub sieht. Bedrückend fand ich es, dass die Damen der besseren Münchner Gesellschaft Hitler so anhimmelten und nie eine seiner Bemerkungen in Frage stellten.
    Obwohl ich mit Lou nie warm geworden bin, hat mich ihre Geschichte angesprochen, da sie in das Lebensgefühl der Zeit passt.


    4/5

  • Klappentext:
    Frühling 1919: Die junge Lou will nach dem tragischen Tod ihres Verlobten in den Wirren der Münchner Räterepublik nur noch eines: vergessen! Um ihren Schmerz zu betäuben, stürzt sie sich in das Bohème-Leben der frühen Zwanzigerjahre. Doch wie ein schwarzer Schatten hängt die Vorstellung über ihr, allen Menschen, die ihr nahestehen, Unglück zu bringen. Als sich dieser Glaube ein weiteres Mal zu bewahrheiten scheint, bleibt ihr nur noch ein letzter Ausweg ...


    Produktinformation
    • Taschenbuch: 560 Seiten
    • Verlag: Knaur TB (1. Juli 2015)
    • Sprache: Deutsch
    • ISBN-10: 3426515911
    • ISBN-13: 978-3426515914


    Meine Meinung:
    Ich habe das Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen. Da dies nicht mein erstes Buch der Autorin ist, bin ich mit ihrem Schreibstil vertraut und auch dieses Buch hat mich nicht enttäuscht.
    München in den 20er Jahren, der Krieg ist beendet, als Curd durch einen unglücklichen Zufall auf offener Straße von einer verirrten Kugel getötet wird. Für Lou bricht eine Welt zusammen, war Curd doch für sie unterwegs. Halt bieten ihr in dieser schweren Zeit die Freunde von Curd, Judith und Max. Obwohl bereits dort die ersten Gefühle für Max aufkommen, kämpft Lou dagegen an, empfindet es als Verrat gegenüber Max.
    Als Täschnerin begibt sie sich auf Arbeitssuche und als es ihr gelingt, beruflich Fuß zu fassen, beginnt ihr Leben wieder in geordneten Bahnen zu verlaufen. Während sie das Münchener Nachtleben auskostet, lernt sie Ernst kennen, verheiratet, einiges älter als sie und wohlhabend. Sie beginnt eine Affäre mit ihm. Ernst kommt eines Tages auf die Idee, Lou zu adoptieren, um weiterhin das Verhältnis aufrecht erhalten zu können. Nach einigen Überlegungen stimmt Lou zu und genießt das angenehme Leben, wenn sie auch mit der Frau von Ernst ihre Probleme hat. Doch das Leben hält noch einige Überraschungen für sie bereit.
    Die Autorin versteht es hervorragend die Charaktere glaubhaft zu beschreiben. Es ist mir nicht schwer gefallen, meine Sympathien zu verteilen. Auch die Atmosphäre nach dem Krieg und die aufkeimende Begeisterung über Hitlers erste Aktivitäten wurden authentisch dargestellt. Für mich heutzutage immer noch erschreckend.
    Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen und bedanke mich besonders bei Heidi Rehn für die Begleitung dieser Leserunde.


    Ich gebe 9 von 10 Eulenpunkten

  • Das Buch "Tanz des Vergessens" beginnt im Frühling 1919. Der erste Weltkrieg ist gerade zu Ende. Lou Seybold verliert durch einen Unglücksfall ihren Verlobten Curd. Seit dem muss sie versuchen ihr Leben zu meistern. Unterstützung erhält sie durch die Freunde Judith und Max. Um zu vergessen, taucht Lou in das Bohème-Leben der zwanziger Jahre ein. Es wird viel gefeiert und getrunken. Hier lernt sie auch Ernst kennen. Er ist einige Jahre älter als sie und ist verheiratet. Mit ihm geht sie eine Affäre ein. Lou lernt in der ganzen Zeit auch noch so manche andere Person kennen. Die Politik wird in dieser Geschichte nur am Rande erwähnt. Man wird aber mit dem nationalsozialistischen Aufstieg konfrontiert.


    Lou erfährt so manche Höhen und Tiefen bis sie am Ende doch wieder erfährt was Glück bedeutet.


    Ich finde dieses Buch sehr gut gelungen. Der Schreibstil ist sehr flüssig geschrieben.


    Ich bedanke mich bei Heidi Rehn für die Begleitung der Leserunde.


    Ich gebe diesen Buch 9/10 Punkten.

  • Tanz des Vergessens war mein zweites Buch von Heidi Rehn. Es spielt in München und Berlin. Da ich letztes Jahr selbst ein paar Tage in München war, waren einige der beschriebenen Orte für mich nicht unbekannt. Das hat mir sehr gefallen und mich noch ein Stück weiter in die Geschichte um Lou, Judith und Max hinein gezogen. Für mich war es der erste Ausflug in die 1920er Jahre. Ich bringe damit immer nur Josephine Baker in Verbindung. Somit wurde für mich mit dem Buch auch eine Wissenslücke geschlossen. :-)
    Interessant fand ich auch zu erfahren, wie der Nationalsozialismus schon in dieser Zeit in der feinen Gesellschaft Münchens seinen Anfang nahm. Das war mir gar nicht so bewusst.
    Die Figuren sind allesamt gut beschrieben. Keine ist nur schwarz oder weiss, alle haben ihre Stärken, aber auch ihre Fehler.
    Von mir bekommt Tanz des Vergessens 9 von 10 Punkten.
    Und auch hier möchte ich mich nochmal bei Heidi für die nette Begleitung der Leserunde bedanken.

  • ''Tanz des Vergessens'' war mein erstes Buch von Heidi Rehn und es hat mir gut gefallen. Daraus schließe ich, dass ich definitiv noch weitere Bücher der Autorin lesen werde.


    Mit diesem Buch wurde ich zum ersten Mal auf eine Lesereise in die 20er Jahre entführt und dabei nicht enttäuscht. Nach ein paar kleinen Einstiegsschwierigkeiten habe ich mich sehr wohl in der Geschichte um Lou und ihre Freunde gefühlt. Die Autorin schafft es, ein Gesellschaftsbild mit all seinen Facetten aufzuzeigen. Man spürt die Aufbruchsstimmung nach dem verlorenen 1. Weltkrieg und die Hoffnung auf bessere Zeiten, die in den Gliedern der Charaktere steckt. Auch vor Drogeneskapaden, Homosexualität und allgemeiner sexueller Offenheit, Diebstahl und verruchten Partys macht die Autorin nicht halt. Vor allem, dass auch solche Aspekte ihre Erwähnung in dem Buch finden, hat mir gut gefallen und verlieh dem Ganzen etwas sehr authentisches.
    Ebenso toll war die Darstellung Münchens und später auch Berlins. Gerade wenn man diese Städte schon kennt, fühlt man sich als würde man direkt vor Ort sein.
    Der Schreibstil Heidi Rehns war sehr schön zu lesen und wurde zeitgemäß angepasst. Zudem beinhaltete er ein vielseitiges Vokabular, das es mir ermöglichte, auch meinen Wortschatz zu erweitern.
    Ich wurde zwar nicht mit allen Charakteren warm, dennoch schaffte es die Autorin mich mit fast jeder Person, auch der unwichtigsten Nebenrolle, zu überzeugen. Denn Lou und ihr Bekanntenkreis waren sehr abwechslungsreich, durch ihre Fehler glaubhaft und vor allem mit den unterschiedlichsten Persönlichkeitsmerkmalen gekennzeichnet. Diese Vielfalt hat mir besonders gefallen und ich denke, es wurde sich mit jedem einzelnen Charakter sehr viel Mühe gegeben. Man leidet und freut sich mit ihnen und vor allem wuchsen sie einem ans Herz.
    Insgesamt ein sehr positiver, abwechslungsreicher Gesellschaftsroman, der eben diese sehr detailliert und authentisch dargestellt hat. Ich vergebe sehr gute 8 Punkte und würde das Buch auch definitiv empfehlen.

  • Die junge Lou zieht es nach dem Tod der Eltern von Augsburg nach München. Mit den Wiener Juden Max, Judith und Curd findet sie aber neue Freunde.


    In den 1920er Nachkriegsjahren muss sie aber nicht nur den Tod ihres Verlobten Curd ertragen, sondern auch noch den einen oder anderen weiteren Schicksalsschlag hinnehmen.
    Mit ihrer neuen Vermieterin findet sie aber schnell eine weitere Freundin, die sie unterstützt.
    Als die NSDAP in München immer stärker wird, treibt es die 3 jungen Freunde nach Berlin. Hier lernt Lou nicht nur die Sonnenseite dieser aufregenden Stadt kennen. Mit Hilfe von alten und neuen Freunden will Lou es endlich schaffen einfach nur glücklich zu sein.


    Heide Rehn erzählt eine wunderbare Geschichte aus der aufregenden Zeit zwischen den beiden Weltkriegen.
    Die Menschen leiden unter der Depression, es mangelt so kurz nach dem Krieg an allem. Gleichzeitig ist da aber auch der Hunger nach dem Leben. Vergnügungen aller Art entstehen, Drogen sind genauso allgegenwärtig wie die Musik. Und alle haben nur ein Ziel: Überleben!


    Mir hat das Buch sehr gefallen. Die Stimmung in den "roaring twenties" war fast greifbar.
    Lou war mir sehr sympathisch, auch wenn ich sie am liebsten manchmal schütteln und fragen wollte "was tust du nur?"
    Aber zu der Zeit waren es eben andere Umstände...
    Die Idee mit dem regelmäßigin Treffen am Friedhof und dem Tanz am Grab fand ich sehr bewegend.

  • Danke Dir für die Rezension! Und wie schön, dass Du zu Lou einen Zugang gefunden hast. Gelegentlich bräuchte sie sicherlich ein Schütteln und Wachrütteln, denn sie träumt sich da doch in ihre ganz eigene Welt hinein, während sie ihren Tanz um Curds Grab tanzt. Aber genau das ist es ja, was damals - und sicher nicht nur damals - viele getan haben: die Augen verschließen vor dem, was ist, weil es einfach zu unangenehm ist ;-)

  • Meine Meinung:
    Auch mit diesem Roman hat mich Heidi Rehn wieder überzeugt. Die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts werden lebendig und die Autorin liefert ein beeindruckendes Frauenportrait dieser Zeit ab.
    Das Cover ist nicht so ganz mein Geschmack, der Blick wirkt doch etwas durchdringend, auch wenn die Kleidung und der Kopfschmuck, sowie das Make-up eine absolute Eleganz ausstrahlt. Der Klappentext hat mich dann wirklich neugierig gemacht, man fragt sich als Leser unweigerlich, wie es mit Lou weitergehen mag.
    Die Schatten der Zeit liegen wie ein böser Fluch auf den Menschen dieser Zeit und das neue Unheil ist für einige schon am Horizont sichtbar, wogegen andere der Wahrheit dessen, was da kommen mag, noch nicht ins Auge schauen können, bzw. das Unheil schlicht und ergreifend nicht erkennen.
    Wie schafft es diese Generation mit dem Erbe der Vergangenheit umzugehen, ohne ihre eigene Identität zu verlieren, genau dies versucht Heidi Rehn in diesem Roman zu beantworten. Der Autorin gelingt dies auch sehr gut. Man bekommt einen guten Einblick in die Sorgen und Nöte der Zeit, aber auch von den Träumen und Sehnsüchten einer Generation. Der Roman wird chronologisch erzählt, die Autorin arbeitet neben Zeitraffungen auch mit Zeitsprüngen, um den Roman geschmeidig zu erzählen und keine Langeweile aufkommen zu lassen.
    Die Themen: Politik, Gesellschaft, Mode, aber auch das Nachtleben kommen in diesem Roman nicht zu kurz. Die Autorin hat akribisch recherchiert, um ein beeindruckendes Portrait einer Zeit einzufangen. Mich hat die Geschichte zwar beeindruckt, dennoch bin ich nicht zu 100% mit der Protagonistin Lou warm geworden. Sie mag zwar ein Kind ihrer Zeit sein, dennoch hätte ich sie mir beispielsweise nicht als beste Freundin vorstellen können. Oft war ihr Handeln für mich nicht nachvollziehbar, bzw. ich hätte es als ihre beste Freundin nicht billigen können, was sie tat. Dies ist mein ganz persönlicher Eindruck, meine Neugier hingegen hat die Autorin mit dieser Figur in mir geweckt. Auch die anderen Figuren, waren zwar sehr gut gezeichnet, dennoch bleiben sie mir ein wenig fremd, da auch ihr Handeln für mich nicht immer akzeptabel war. Oft war alles mehr Schein als Sein und genau damit habe ich mir in einigen Situationen des Romans schwer getan.
    Der Schreibstil der Autorin ist sehr feinfühlig und intensiv, einmal angefangen reißt er mit und man möchte am liebsten mit dem Lesen nicht mehr aufhören. Ich kann diesen Roman nur allen empfehlen, die mehr über diese besondere Zeit zwischen den zwei Weltkriegen erfahren möchten. Ein Roman der zum Nachdenken anregt, der aber auch gleichzeitig die unbändige Lebensfreude einer Generation thematisiert.