Mechtild Borrmann - Der Geiger

  • "Nie habe ich eine Geige mit einem solchen Klang besessen. Es ist, als folge meine Seele den Tönen in tiefste Schatten und hellstes Licht."


    1948 wird in Russland der gefeierte Geiger Ilja Grenko direkt nach einem Konzert verhaftet. Seine wertvolle Geige, eine Stradivari, hat er bei sich. Anfangs glaubt er noch an ein Missverständnis, doch nach und nach muss er sich der Erkenntnis beugen, dass dem nicht so ist. Man beschuldigt ihn der geplanten Landesflucht und zwingt ihn, ein Geständnis zu unterschreiben. Als Druckmittel setzt man seine Familie ein und so gibt Ilja irgendwann nach und kommt in ein Arbeitslager. Doch sein Opfer rettet seine Frau Galina und die beiden Söhne nicht, sie werden in die Verbannung nach Kasachstan geschickt.


    2008 erhält sein Enkelsohn Alexander, genannt Sascha, einen merkwürdigen Anruf. Seine Schwester, zu der er schon seit vielen Jahren keinen Kontakt mehr hat, bittet ihn um Hilfe. Er macht sich auf den Weg nach München, doch er kommt zu spät. Er findet in Vikas Sachen Unterlagen über seinen Großvater und den wiederholten Versuch der Familie, die Geige zurückzubekommen. In welches Wespennest haben sie damit gestochen?


    Der neue Roman von Mechtild Borrmann nimmt sich eines spannenden Themas an. Anhand des fiktiven Schicksals von Ilja Grenko erzählt sie den Leidensweg unschuldiger Gulag-Häftlinge nach und zeigt die Leichtigkeit, mit der in diesem großen Land einzelne Menschen aufgrund einer kleinen Fehlentscheidung verschwinden konnten. Ebenso zeigt sie die Macht, die einflussreiche Militärs, Politiker und Verbrecher-Syndikate in Russland bis heute haben. Auf der anderen Seite zeichnet sie aber auch ein Bild von Menschen, die einander helfen und füreinander einstehen.


    Die Verknüpfung zweier Zeitebenen gelingt ihr auch in diesem Buch wieder sehr gut, einerseits das Schicksal von Ilja und Galina in der Vergangenheit und andererseits die beinahe schon thrillermäßige Handlung um Sascha in der Gegenwart. Hier hätte mir ein bisschen weniger Action allerdings auch nichts ausgemacht.


    Obwohl mich die Thematik an sich anfangs nicht unbedingt interessiert hat, ist es der Autorin einmal mehr gelungen, mich durch ihren wunderbaren Schreibstil zu fesseln und zu begeistern.

  • Mechthild Borrmann: Der Geiger
    Verlag: Droemer 2012. 304 Seiten
    ISBN-13: 978-3426199251. 19,99€


    Verlagstext
    In einer Nacht im Mai 1948 verliert der begnadete Geiger Ilja Grenko seine beiden wertvollsten Schätze: seine Familie und seine Stradivari. Erst dem eigensinnigen Sascha Grenko, Iljas Enkel, wird es viele Jahrzehnte später gelingen, Licht in das grausame Geschehen von damals zu bringen. Doch der Preis dafür ist hoch - viel zu hoch …


    Die Autorin
    Mechtild Borrmann wurde 1960 geboren und lebt heute in Bielefeld. Ihre Kindheit und Jugend verbrachte sie am Niederrhein. Bevor sie sich dem Schreiben von Kriminalromanen widmete, war sie u.a. Tanz- und Theaterpädagogin, Groß- und Außenhändlerin und als Gastronomin tätig. Seit 2011 ist Frau Borrmann freie Schriftstellerin und Mitherausgeberin des Literaturmagazin “Tentakel”. 2012 wurde ihr Roman “Wer das Schweigen bricht” mit dem Deutschen Krimi Preis 2012 ausgezeichnet.


    Inhalt
    Alexander Ossipowitsch Grenko hat so ziemlich alles erlebt - er ist wegen mangelnder Intelligenz in die Sonderschule geschickt worden, landete nach dem Tod seiner Eltern im Heim, bald darauf im Knast. Weil in Deutschland kein Vatersname nach dem Vornamen benötigt wird, ist aus dem jungen Mann inzwischen Sascha Grenko geworden, Mitarbeiter eines Kölner Personenschutz-Unternehmens, das beste Kontakte zu Informanten in den verschiedensten Ländern unterhält. Ein Anruf, den Sascha für geschäftlich hält, entpuppt sich als privat. "Sascha, ich bin in Schwierigkeiten. Es geht um unsere Vergangenheit, und ich brauche deine Hilfe." Nach fast 20 Jahren hört Sascha zum ersten Mal wieder die Stimme seiner Schwester Viktoria. Die Geschwister waren kurz nach der Übersiedlung der Familie aus Kasachstan und dem plötzlichen Tod ihrer Eltern voneinander getrennt worden. Seither hatte Sascha gehofft, Viktoria hätte es gut getroffen, aber nicht gewagt, seine Hoffnung zu überprüfen.


    In zwei weiteren Erzählsträngen führt Mechthild Borrmann ihre Leser nach Russland, wo 1948 Saschas Großvater Ilja, ein berühmter Geiger, wegen seiner Auslandskontakte verhaftet und in ein Arbeitslager deportiert wird. Seit diesem Tag ist Grenkos Stradivari verschwunden, die sein Vorfahr als Geschenk des Zaren erhalten hatte. Auch Grenkos Frau Galina und die beiden kleinen Söhne werden als Angehörige eines Häftlings für ein Jahrzehnt nach Karaganda in Kasachstan deportiert. Galina schlägt sich dort, wo der Winter in manchen Jahren schon im September beginnt, mit schwerster Arbeit durch. Sie glaubt der Auskunft der Behörden, ihr Mann habe sich ins Ausland abgesetzt. Die Umsiedlung nach einigen Jahren ins mildere Klima Almatys empfindet sie bereits als Erleichterung ihrer Lebensbedinungen. Der Anlass, warum sich in der Gegenwart in Deutschland Viktoria um Hilfe an ihren Bruder wandte, verwickelt Sascha in eine lebensgefährliche Schnitzeljagd durch Deutschland und Russland. Sascha hat zwischen dem Tod seiner Eltern, dem seines Onkels in Kasachstan und der Lagerhaft des Großvaters eine Verbindung hergestellt und ist nun mit dem einzigen Beweismittel für diesen Zusammenhang auf der Jagd nach der Person, die Ilja Grenko vor 60 Jahren um seine kostbare Stradivari betrogen hat. Sascha als Nachkomme des Musikers steht nach deutschem Rechtsempfinden das seltene Instrument zu.


    Fazit
    Aus der Vergangenheit berichtet Mechthild Borrmann eindringlich und schnörkellos. Die Erlebnisse des Ehepaars Grenko in der Verbannung während der Stalin-Dikatatur wirken durch Parallelen zu Berichten von Zeitzeugen, die damals in Kasachstan lebten, sehr glaubwürdig und sind spannend zu lesen. Die Jagd nach der Stradivari als Handlungsstrang der Gegenwart fällt dagegen sehr schmal aus und wirkt auf mich weniger rund als die Vorgeschichte Iljas und Galinas. Ein gelungener historischer Krimi für Leser mit Interesse an der Stalin-Ära oder dem Schauplatz Kasachstan.


    7 von 10 Punkten

  • Eigentlich hatte mich der Klappentext garnicht so sehr angesprochen. Aber da ich neulich "Wer das Schweigen bricht" von M. Borrmann mit Begeisterung gelesen habe, hat mich auch ihr neues Buch interessiert.


    Und dann hat mich Ilja Grenkos Geschichte von der ersten Seite an in ihren Bann gezogen. Sein Schicksal und das Schicksal seiner Familie hat mich berührt und ich war beim Lesen richtig wütend auf die Leute, die ihm das angetan haben.
    Das Buch spielt abwechselnd in der Vergangenheit und in der Gegenwart, wo sich Iljas Enkel Sascha auf Spurensuche begibt. In der Gegenwart entwickelt sich diese Suche schnell zu einem Krimi - spannend und schlüssig, aber die Geschichte in der Vergangenheit hat mir noch besser gefallen.


    Das Buch hat knapp 300 Seiten - es wird aber mehr und intensiver erzählt als in manch dickem Schinken. Dabei wird das Schicksal der Familie Grenko fühlbar - und das Buch wird mich sicher noch eine Weile beschäftigen.


    Von mir bekommt das Buch 9 Punkte.

  • Diesen Roman habe ich zur richtigen Zeit mit der richtiger Stimmung gelesen. Es fing schon bei dem Konzert an, ich habe mir eingebildet die Geige zu hören.


    Für mich war das eine realistische traurige Familiengeschichte. Der Geiger Ilja Grenko wird 1948 nach einem Konzert verhaftet und verschwindet für die Welt und die Familie.


    Gerade weil man von den Gefangenen des Stalinregimes schon viel gehört und gelesen hat, nehmen mich diese Erniedriegungen und Grausamkeiten ganz schön mit.
    Seine Frau Galina erlebt mit ihren zwei Söhnen auch ein Drama. Die Ungewissheit und die eigene Verbannung, bringt sie oft ans Ende ihrer Kräfte.


    Der Roman springt zwischen den Erlebnissen und Gedanken Iljas, der seiner Frau Galina und seines Enkels Sascha hin und her.


    Sascha fliegt nach Moskau und gibt nicht auf, bis er alle Hintergründe auflöst.


    Mechtild Borrmanns Schreibstil ist fesselnd und einfühlsam.


    Ich habe dem Roman 9 Punkte gegeben.
    :lesend

  • Wow, was für ein Buch! :anbet Die ersten Kapitel von "Der Geiger" hatten mich bereits davon überzeugt, dass ich eine „Perle“ vor mir habe. Ich war sofort von der Geschichte gefesselt, obwohl ich damit ehrlich gesagt gar nicht gerechnet habe. Ehrlich gesagt kannte ich die Autorin bisher überhaupt nicht.
    Es werden drei Handlungsstränge erzählt:
    Ilja der verhaftet wird, weil die Stalinisten davon überzeugt sind, er hege Fluchtpläne.
    Galina, Iljas Frau, die verzweifelt nach ihrem Mann sucht und nun glauben muss, er sei ohne ihr Wissen geflüchtet.
    In der Gegenwart, der Enkel, der mit ansehen muss, wie seine Schwester, die er vor vielen Jahren aus den Augen verloren hatte, ermordet wird.
    Die drei Handlungsstränge sind in den ersten Kapiteln durch Zeit- und Ortsangaben zuordenbar. Diese Angaben fehlen aber bald, was mich persönlich jedoch überhaupt nicht gestört hat, da man eigentlich immer nach wenigen Worten weiß in welchem Handlungsstrang man sich befindet.
    Der Roman erzählt eine Familiengeschichte, enthält aber auch sehr viele Krimielemente. Mechthild Borrmann schreibt in einer tollen Sprache und ich werde garantiert nach ihren anderen Büchern Ausschau halten.
    Für mich ein Highlight, das die volle Punktzahl auf jeden Fall verdient hat.

  • Zitat

    Klappentext


    In einer Nacht im Mai 1948 verliert der begnadete Geiger Ilja Grenko seine beiden wertvollsten Schätze: seine Familie und seine Stradivari. Erst dem eigensinnigen Sascha Grenko, Iljas Enkel, wird es viele Jahrzehnte später gelingen, Licht in das grausame Geschehen von damals zu bringen. Doch der Preis dafür ist hoch - viel zu hoch…


    Eigentlich war ich mir zuerst nicht sicher, ob mir das Buch wirklich zusagen würde.
    Als ich dann jedoch zu lesen begann, war ich bereits nach wenigen Seiten von diesem Buch wirklich begeistert.


    Ausgesprochen gut hat mir die Einteilung in drei Handlungsstränge gefallen: Zum einen die grausamen Schicksale von Galina Grenko bzw. ihres Mannes Ilja Grenko in der Vergangenheit – zum anderen die gegenwärtigen Erlebnisse des Enkels Sascha Grenko, welcher versucht, den tatsächlichen Geschehnissen in der Vergangenheit auf den Grund zu gehen.


    Dies alles schildert die Autorin sprachlich auf eine schlichte, jedoch auch sehr eindringliche Art und Weise. Sie beschreibt das Schicksal der Grenkos wirklich intensiv und nachfühlbar.


    Da meine anfänglichen Erwartungen total übertroffen wurden, werde ich mich auf alle Fälle noch nach Mechtild Borrmanns anderen Büchern umschauen.


    Alles in allem vergebe ich 8 / 10 Punkten.

  • Ich habe dieses Buch in einer Testleserunde vom Verlaggewonnen und kann vorab eins sagen- wenn esdas Marketingziel des Verlages war der Autorin Mechthild Borrmann neue Leser zu erschließen, dann kann ich bei mir feststellen: 100% Planerfüllung. Ich kannte die Autorin bisher nicht und auch an diesem Buch mit seinem so schlichten, aber präzisen Titel wäre ich wohl vorbeigegangen, wäre mir das Buch hier nicht zugeflogen. Was wäre mir da entgangen! Eine in mehreren Erzählebenen und Zeitperspektiven geschriebene, hoch spannende und dramatische Geschichte in einer Mischung aus Krimi und historischer Erzählung.


    Beschrieben wird das Schicksal des Geigers, eines russischen hochbegabten Musikers, der von seinem Urahn eine Stradivari geerbt hat und diese auf den Bühnen Europas spielt. 1948, in der Stalinära, als ein falsches Blinzeln schon zu zwanzig Jahren Arbeitslager reichte begeht er den Fehler seiner Frau Wien zeigen zu wollen und will sie mitnehmen auf eine Konzertreise. Das wird ihm als Vaterlandsverat, als Fluchtversuch ausgelegt und sein Weg in die Lublianka und nach Workuta beginnt. Namen die bei jedem, der sich mit europäischer Geschichte beschäftigt hat das nackte Grauen auslösen. Aus Sicht des Geigers wird beschrieben wie er das ganze erlebt. Der zweite Personalstrang in derselben Zeitebene ist die Sicht seiner Frau, der erklärt wird ihr Mann sei geflohen, habe Kinder und sie im Stich gelassen und sie wird nach Sibirien verbannt. Der dritte Erzählstrang spielt in der nahen Vergangenheit und erzählt die Deschichte des Enkels Sascha, der die Suche nach der Stradivari und dem Schicksal seiner Familie aufnimmt.


    Eine spannende und ergreifende Geschichte, das Buch konnte ich kaum aus der Hand legen. von der Autorin lese ich definitiv noch mehr.

  • 1948 – Moskau. Als der Geiger Ilja Grenko eines Abends verhaftet wird, glaubt er an einen Irrtum und ist sich keiner Schuld bewusst. Er hofft, sehr bald wieder bei seiner Familie sein zu können. Doch man nimmt ihm seine wertvolle Stradivari und schickt ihn in Lagerhaft. Auch seine Frau Galina wird mit den beiden Kindern in die Verbannung geschickt und muss dort unter unmenschlichen Bedingungen leben.
    Jahrzehnte später wird ihr Enkel Sacha Grenko durch den Tod seiner Schwester in den Fall hineingezogen und versucht die Rätsel in der Vergangenheit seiner Familie aufzuklären, sowie die Stradivari wieder zu bekommen.


    Es ist sehr beeindruckend, wie wenig Seiten es braucht, um solch eine umfangreiche Geschichte zu erzählen. Ich kannte bisher die Bücher der Autorin Mechthild Borrmann nicht, doch das wird sich nun ändern, denn ihr Schreibstil hat mir sehr gut gefallen. Ohne Ausschmückungen und Klischees zu bedienen bringt sie das, was sie zu sagen hat, mit präziser Sprache auf den Punkt. Mit der äußerst spannenden Familiengeschichte um die Grenkos hat sie den vielen Opfern der staatlichen Willkür in Russland zu der damaligen Zeit ein Gesicht gegeben. Man nimmt Anteil an ihren Schicksalen und - so erging es mir, ist erschrocken, was ein Staat mit den Menschen anrichten kann, die ihm ausgeliefert sind.


    Drei Handlungsfäden gibt es in dieser so brisanten Story – in einem wird das Augenmerk des Lesers auf Iljas Lagerhaft gelenkt, der andere berichtet von Galina und dem Leben in der Verbannung. Der dritte Handlungsfaden zeigt auf, was Sascha in der Gegenwart unternimmt, um Licht in die Dunkelheit seiner Familienvergangenheit zu bringen. Am Schluss vereinen sich alle Fäden und ergeben für Sascha ebenso wie für den Leser ein erschreckendes Gesamtbild ab.


    Mein Fazit: Ein Buch, das ich aufgrund seiner permanenten Spannung und des tollen Schreibstils sehr schnell und sehr gerne gelesen habe. Ich weiß nicht, ob man es als „Polit-Thriller“, Kriminalroman oder tragische Familiengeschichte einordnen kann. Von allem steckt etwas in diesem Roman, der mich auf eine mir bisher unbekannte Autorin aufmerksam gemacht hat, von der ich sicherlich nun noch mehr lesen werde.

  • Meine Meinung:


    Dieses Buch hat mich sehr beeindruckt. Mechthild Borrmann schafft es mit ihrer klaren, präzisen und schnörkellosen Sprache die Gedanken und Gefühle ihrer drei Protagonisten auf den Leser zu übertragen. Man spürt förmlich die Angst, Verwirrung und die Zweifel am geliebten Ehepartner, die Ilja und Galina durch die Lügen der stalinistischen Offiziere wie Gift eingeträufelt werden. Welch ein perfides Spiel wurde damals mit unschuldigen Bürgern getrieben!
    Die beiden historischen Erzählstränge um Ilja und Galina haben mich am meisten beeindruckt.
    Der dritte Teil um Sascha, den Enkel der Beiden, der auf der Suche nach dem verschollenen kostbaren Instrument seines Großvaters ist, ist auch packend geschrieben, kommt in seiner Eindringlichkeit aber nicht ganz an die tragische Geschichte seiner Großeltern heran. Auch ist das Ende etwas kompliziert. Man muss schon sehr genau lesen um alle Geschehnisse richtig einzuordnen. Trotzdem hat mir die Verknüpfung von historischen Elementen mit einer aktuellen Krimihandlung sehr gut gefallen.


    Von mir gibt es 9 von 10 Punkten.

  • Mai 1948, Moskau. Der berühmte Geigen-Spieler Ilja Wassiljewitsch Grenko wird nach einem Konzert vom Staatssicherheitsdienst verhaftet, ohne Prozess zu 20 Jahren Arbeitslager verurteilt und danach nie wiedergesehen. Offiziell ist er ins Ausland geflüchtet. Seine Frau und Kinder werden als Angehörige eines Landesverräters in die Verbannung geschickt. Jahrzehnte später begibt sich der Enkel Sascha Grenko auf die Suche nach der Wahrheit. Er ist der einzige Überlebende seiner Familie, seine Eltern und sein Onkel sind vor Jahren bei Unfällen ums Leben gekommen, seine Schwester hatte er danach nie wiedergesehen und kurz vor einem Zusammentreffen wird diese vor seinen Augen erschossen. Er kämpft um die Wahrheit, sucht nach Iljas Geige und noch mehr nach seinen Wurzeln.


    Der Autorin Brechthild Borrmann gelingt ein Buch, das unglaublich faszinierend und schockierend zugleich ist. Sie erzählt auf verschiedenen Handlungsebenen, in verschiedenen Zeiten die Geschichte der Familie Grenko. Das unbeschreiblich schockierende Leben Iljas nach der Verhaftung im Arbeitslager, die Erlebnisse seiner zurückgelassenen Familie in der Verbannung, die der offiziellen Variante folgen und denken, dass er sich abgesetzt hat - und der Kampf des Enkels Sascha um Aufklärung.


    Mein absolutes Highlight bis jetzt in diesem Jahr - 10 von 10 Punkten!

  • Inhalt:


    Mechthild Borrmann entführt den Leser ins Jahr 1948. Stalin regiert Russland. Moskau ist eine Stadt in Angst. Viele Menschen werden verschleppt und landen in sibirischen Arbeitslagern. Der bekannte Geiger Ilja Grenko wähnt sich in Sicherheit. Bis die Geheimpolizei zuschlägt, ihm eine wertvolle Stradivari Geige und seine Familie raubt. Seine Frau. Seine Frau Galina wird Glauben gemacht, er hätte sie in Richtung Westen verlassen. Sie kommt ebenfalls in ein Arbeitslager.


    Sechzig Jahre später verliert ihr Enkel Sascha Grenko seine verloren geglaubte Schwester für immer. Sie stirbt bei einem Mordanschlag und hinterlässt ihm ein Paket, das die Vergangenheit mit der Gegenwart verknüpft. Anscheinend existiert die Stradivari des Großvaters immer noch. Sascha Grenko macht sich auf die Suche und stößt auf ein Geheimnis.


    Inhalt:


    Es gibt selten Bücher, an denen ich nichts zu bekritteln habe. „Der Geiger“ ist so ein Buch. Von der ersten Seite an war ich fasziniert von der stimmigen Geschichte, den glaubhaften Figuren, einem glänzenden Spannungsaufbau, der ein furioses Finale erfährt. Der Roman ist prall von menschlichen Schicksalen, die zu Herzen gehen. Zeitgeschichtliches wird hautnah erlebbar gemacht. Dazu begeistert ein ungeheuer präziser Schreibstil, der eine perfekte Balance zwischen Tempo und Einfühlsamkeit hält. Inhalt geht über sprachlichen Schnickschnack. Ein Buch mit Sogwirkung und Gehalt. Das hat Seltenheitswert in der Unterhaltungsliteratur. 9 von 10 Punkten.

  • Der Roman handelt von der Geschichte der Familie Grenko und die verschwundene Stradivari Geige in Moskau im Jahr 1948. Viele Jahrzehnte später macht sich durch Zufall Sascha, ein Enkel der Familie Grenko, auf die Suche nach der verschwundenen Geige...


    Dieses Buch zog mich gleich nach den ersten Seiten in seinem Bann und ich konnte es nur schwer aus der Hand legen. Es war durchweg spannend und die Auflösung am Ende des Buches enthielt noch ein paar Wendungen, mit denen ich so nicht gerechnet hätte.


    Auf jeden Fall mein Jahreshighlight. 10 Punkte.

  • Inhalt/amazon.de:


    Zitat

    In einer Nacht im Mai 1948 verliert der begnadete Geiger Ilja Grenko seine beiden wertvoll s ten Schätze: seine Familie und seine Stradivari. Erst dem eigensinnigen Sascha Grenko, Iljas Enkel, wird es viele Jahrzehnte später gelingen, Licht in das grausame Geschehen von damals zu bringen. Doch der Preis dafür ist hoch - viel zu hoch …


    Mit eigenen Worten/Meinung:


    Das Schicksal des gefeierten Geigers Ilja Wassiljewitsch Grenko, der aufgrund eines Fluchtverdachts gefangengenommen und in`s Arbeitslager gesteckt wird, fesselt von der ersten Seite an. Die Erzählung wechselt in drei Strängen immer wieder zwischen dem Leben von Ilja, Gallina seiner Frau und Sascha Grenko, dem in Deutschland lebenden Enkel hin und her. Mechthild Borrmann hält sich nicht mit irgendwelchen Schnörkeln auf sondern beschränkt sich auf`s Wesentliche, so schreitet die Geschte zügig und vor allem spannend voran, dennoch versteht es die Autorin hervorragend, Gefühle zu Papier zu bringen und diese schrecklichen Zustände in der Gefangenschaft bzw. Verbannung zu verdeutlichen, so hat mich das Schicksal von Ilja und Gallina sehr berührt.


    Mit dem Ende tat ich mich zugegebenermassen zuerst ein wenig schwer und musste nochmal etwas weiter vorblättern, um die Beweggründe zu verstehen, das tat meinem Lesevergnügen aber keinesfalls einen Abbruch so dass dieses Buch auf alle Fälle zu einem Highlight geworden ist.


    Bisher kannte ich noch kein Buch der Autorin, werde sie aber definitiv weiter im Auge behalten. Das Buch durfte ich im Rahmen einer Leserunde lesen und danke hiermit nochmals allen Beteiligten für die Möglichkeit dazu.


    Von mir bekommt das Buch 9/10 Punkte.

    Be yourself; everyone else is already taken (Oscar Wilde)

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Sandrah ()

  • Ein tolles und berührendes „kleines“ Buch.
    Mechtild Borrmann erzählt hier die Geschichte von dem Geiger Iljia Wassiljewitsch Grenko. Iljia, ein leidenschaftlicher Geiger, wird eines Tages plötzlich verhaftet. Somit verliert er mit einem Schlag seine Familie und seine geliebte Stradivari. Niemand weiß tatsächlich was mit ihm geschehen ist. Bis plötzlich Jahre später sein Enkel Sascha versucht die Wahrheit ans Licht zu bringen..

    Wir erleben die Geschichte aus drei unterschiedlichen Perspektiven. Zum Einen aus der Vergangenheit aus Sicht von Iljia selbst und von seiner Frau Galina. Zum Anderen aus der Gegenwart von seinem Enkel Sascha.
    Die einzelnen Abschnitte sind wirklich spannend und interessant. Vor allem die aus der Vergangenheit, wenn wir erfahren, was mit Iljia und mit seiner Frau passiert ist. Aber auch die Geschehnisse aus der Gegenwart und der eigentlichen Aufklärung um Iljias Gründe für das Verschwinden sind interessant. Es ist doch immer wieder erschreckend wenn man liest wie würdelos unschuldige Menschen zur damaligen Zeit behandelt wurden.
    Am Schluss musste ich bei der Auflösung erst zweimal überlegen wie nun die Zusammenhänge sind, aber nach dem zweiten lesen hat man es dann auch verstanden.


    Die Autorin hat einen flüssigen Schreibstil, mit dem sie ihre Leser in den Bann zieht. Von mir aus hätte die Geschichte ruhig etwas länger sein können. Dies war mein erstes, aber bestimmt nicht mein letztes Buch von der Autorin Mechtild Borrmann.


    Fazit: Ein wirklich lesenswertes Buch, welches mir sehr gefallen hat. Ich vergebe 9 von 10 Punkten.

    Einige Bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen.

  • Ich habe das Buch im Rahmen der Testleserunde gelesen und kann vorwegnehmen, dass mich das Buch sehr berührt hat.


    Auf mehreren Zeitebenen erfährt der Leser das Schicksal der Grenkos, einer russischen Familie, der der Stalinismus und die Stradivari, die sich seit langem im Besitz der Familie befand, zum Verhängnis wird.


    Zum Inhalt möchte ich eigentlich gar nicht viel sagen. Auf drei Zeitebenen wird das Schicksal des erfolgreichen Geigers Ilja, Grenko, seiner Frau und seinem Enkel Sascha, der sich Jahrzente später in der Gegenwart auf die Suche nach der Stradivari und der Familiengeschichte begibt.


    Dabei schafft es die Autorin, den Leser mit einem grandiosen Erzählstil zu fesseln, kein Wort ist zu viel, gerade in Anbetracht der drei Zeitebenen habe ich mir kaum vorstellen können, dass ein Buch von unter 300 Seiten eine solche Intensität erreichen kann.


    Bis zum Schluss haben mich die Abschnitte um Ilja und Galina am meisten gefesselt, am meisten berührt, weil sie einfach intensiver geschildert wurden.


    Aber auch die Krimihandlung in der Gegenwart war überdurchschnittlich gut,
    Mir gefällt, wie sich damit der Kreis schließt, wie sämtliche kleinen Andeutungen am Ende einen Sinn ergeben, sämtliche Fährten aufgeklärt werden. Ganz großes Kino!


    Fazit: Eine klare Lesemepfehlung für Freunde der anspruchsvolleren Kriminalliteratur.


    Ich vergebe 9 Punkte.


    Und ich freue mich, "Wer das Schweigen bricht" auf dem SUB zu haben. Wir planen gerade eine Leserunde, vielleicht mag sich ja noch jemand dazugesellen.
    LR-Vorschlag "Wer das Schweigen bricht"

  • Eindeutig 10 Punkte, ich bin rundherum begeistert.


    Thematisch interessant und dramatisch, vom Sprachstil perfekt. Mechthild Borrmann schreibt keine Bücher, sie erzählt Geschichten und packt diese zwischen zwei Buchdeckel. Sie schafft eine Themenvielfalt (Russenmafia, Gulag-Verhältnisse, Mord, Vergewaltigung, Bereicherung usw.) auf wenigen bzw. genau stimmigen Seiten zu erzählen, wofür andere 1000 Seiten verwandt hätten. Und Dramatik und Spannung erzielt sie mit Worten und gefühlvollen Beschreibungen, sie lässt die Bilder im Kopf zum Kino werden. Andere Autoren benötigen dafür literweise Blut. Bei Borrmann steht aber nicht die eigentliche Tat im Vordergrund, sondern die Auswirkung auf die Seele der Menschen. Und sie erreicht auch die Seele der Leser. Furchtbare Themen erzählt sie so mitfühlend, dass der Leser am Ende trotzdem sagen muss "schöne Geschichte". Ich hätte noch stundenlang weiterlesen und mich von der Stimmung einfangen lassen können. :anbet

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich habe dieses Buch in einer Testleserunde vom Verlaggewonnen und kann vorab eins sagen- wenn esdas Marketingziel des Verlages war der Autorin Mechthild Borrmann neue Leser zu erschließen, dann kann ich bei mir feststellen: 100% Planerfüllung. Ich kannte die Autorin bisher nicht [...] von der Autorin lese ich definitiv noch mehr.


    :write ging mir genau so! Zum Inhalt und zur Autorin brauche ich wohl nichts mehr zu sagen, daher hier gleich meine Meinung:


    Auch ich war sehr angetan von dem schnörkellosen, kappen Sprache der Autorin. Am meisten fasziniert aber hat mich die Art, wie Mechthild Bormann ihre Geschichte auf den Leser wirken lässt: ihre Figuren und deren Erlebnisse sprechen für sich, es gibt keine langen Erklärungen oder Ausführungen zur Stalin- Zeit oder dem politischen System im heutigen Russland, und trotzdem weiss der Leser nach diesem Buch mehr über das absurde und menschenverachtende System als es ein Sachtext zum gleichen Thema jemals hätte sagen können.


    Der Verlag lässt die Genre-Einordnung offen - besser kann man dieses Buch wohl nicht beschreiben. Wirkliche Schätze brauchen keine Schubladen.


    Edit: 9 von 10 punkten

  • Ich habe das Buch im Rahmen der Testleserunde gewonnen und gelesen, dafür nochmals vielen Dank an Wolke und den Verlag.


    Die Geschichte spielt sich zwischen zwei Welten ab. Einerseits Moskau 1948 und andererseits Deutschland 2008. Durch kurz gehaltene klare Kapitel fallen die Jahressprünge - zumindest für mich - gar nicht so ins Gewicht.


    Ich konnte mir Russland so richtig vorstellen. Die kalten Winter und die heißen Sommer und war richtig gefesselt vom Schicksal der einzelnen Personen.


    Bis zum Schluss wusste ich nicht wer hinter der ganzen Geschichte der Drahtzieher ist - die Spannung blieb bis zum Schluss.


    Ein tolles Buch das von mir die vollen 10 Punkte bekommt.


    Viele Grüße :wave

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich habe dieses Buch in einer Testleserunde vom Verlaggewonnen und kann vorab eins sagen- wenn esdas Marketingziel des Verlages war der Autorin Mechthild Borrmann neue Leser zu erschließen, dann kann ich bei mir feststellen: 100% Planerfüllung.


    Das kann ich dir nur empfehlen. Allen voran "Wer das Schweigen bricht", aber auch ihre anderen Bücher fand ich alle lesenswert.
    Ich bin inzwischen so weit, dass ich ihre Bücher, völlig unabhängig von der Buchbeschreibung, alle kaufe/lese :-)

  • Von Mechtild Borrmann hatte ich bisher noch nichts gelesen und die Thematik des Romans weckte nicht unbedingt mein Interesse. Aber schon während der kurzen Leseprobe hat mich der Erzählstil gefesselt und neugierig gemacht – und ich wurde nicht enttäuscht.


    In einer atemberaubenden Mischung aus Familiendrama und Politthriller erzählt die Autorin eine Geschichte um Willkür und Demütigung, Schuldgefühle und Mitmenschlichkeit, die mich vom ersten bis zum letzten Satz in den Bann geschlagen hat. Nie hätte ich vermutet, dass mich ein Roman über eine Geige und Deportationen in stalinistische Arbeitslager dermaßen fesseln könnte, aber schon der Aufbau in drei Erzählstränge auf zwei Zeitebenen sorgte durchweg für Spannung und ließ keinerlei Längen aufkommen. Iljas und Galinas Schicksal geht unter die Haut und steht stellvertretend für unzählige Menschen, die unter dem Stalin-Regime zu leiden hatten – und nicht nur damals und dort…!


    Die Auswirkungen dieses Dramas um die Familie Grenko und ihre Stradivari reichen bis in die heutige Zeit und sechzig Jahre später gelingt es Sascha Grenko, dem Enkel von Ilja und Galina, die Geschehnisse von damals zu entschlüsseln, die auch sein eigenes Leben entscheidend geprägt haben. Dieser Handlungsstrang in der Gegenwart fällt gegenüber den tragischen Ereignissen der Vergangenheit etwas ab, aber mit hat auch dieser Teil sehr gut gefallen. Sascha ist für mich ein spannender und interessanter Protagonist, dessen Vielschichtigkeit und Tiefe in diesem „actionlastigeren „Teil vielleicht nicht so richtig zur Geltung kommt.


    Letztlich am faszinierendsten empfand ich den Sprach- und Erzählstil der Autorin. Verblüffend und genial, wie sie mit so wenigen, präzisen Worten eine derart komplexe Geschichte erzählen kann, eine so dichte Atmosphäre und einen immensen Lesesog entstehen lässt.


    Ein wirklich besonderes Buch, das man gelesen haben sollte und welches sicher keinen Leser unberührt lassen wird.



    Ich bin sehr froh, diese Autorin für mich entdeckt zu haben und werde auf jeden Fall weitere Bücher von ihr lesen. Ein dickes Dankeschön an Wolke für diese Testleserunde!


    Edit: 10 Punkte