'Runa' - Seiten 082 - 146

  • So, nun hat Jori den Mund ganz schön voll genommen, als er in einer der Vorlesungen von Charcot einfach aufsteht und sagt, er würde gerne in seiner Doktorarbeit Runa die Hysterie aus dem Hirn schneiden... :rolleyes
    Charcot ist gar nicht amüsiert, weil seine sorgfältig geplante Show mit Runa nicht funktioniert und das Mädchen unglaublicherweise gar nicht das macht, was sie soll! Skandalös! Unfassbar! Der Meister himself ist sehr ungehalten und reicht Runa nach 2 Tagen Überlegen einfach so an Jori weiter - er "kann sie haben". Nun, wenn er sich da mal nicht verschätzt, der Gute. (Eigentlich bezieht sich das auf beide Herren!)
    Und Jori?
    Ich glaube kaum, dass ihm Pauline so wichtig ist, wie er tut - sonst hätte er nicht 3 Jahre damit vertrödelt, ein Thema für seine Doktorarbeit zu finden. Und eine wissenschaftliche Studie über seine Braut und ähnliche Fälle der Hysterie hat er vor einigen Jahren auch schon geführt. Erscheint mir nicht gerade romantisch...
    Paul und seine Familie wollen das Problem Pauline jetzt endgültig klären, aber auf eine Art und Weise, dass mir die Haare zu Berge stehen. Jori ist genauso entsetzt und zeigt Paul das Ergenbis eines solchen Eingriffs. Der ist zwar schockiert, aber das hindert ihn anscheinend nicht daran, am ursprünglichen Plan festzuhalten. Er schiebt auch Jori die Schuld an Paulines Zustand in die Schuhe, was ich nicht ganz nachvollziehen kann - es wird ein Trara veranstaltet, als hätte er sie mißbraucht oder sonstwas mit ihr angestellt, dabei hat er sie gerade mal geküßt? :gruebel


    Zu Runa selbst kann ich noch nichts sagen, ihr erster Auftritt ist ja recht kurz und unklar. Ein paar Fakten kennen wir, aber mehr noch nicht. Widerlich an sich ist wieder der Tonfall, in dem über das Mädchen berichtet wird - sie wagt es, sich so aufzuspielen, sich dem großen Charcot zu widersetzen usw. Furchtbar.


    Lecoq soll nun eine vermißte Ehefrau finden und weigert sich. Er ist das einzige leicht unterhaltsame, ja fast komische Element im Buch für mich. Aber auch tragisch: weil er sich selbst mit allen physischen Merkmalen eines Verbrechers behaftet sieht, hat er für sich beschlossen, einer zu sein und ist aus seinem - scheinbar erfolgreichen - Polizeidienst geschieden, ehe sich seine verbrecherische Natur Bahn brechen konnte. Das finde ich schon bemerkenswert, aber auch ein wenig absurd. Ich bin neugierig, welche Rolle er weiterhin noch spielen wird.


    Bei Isabelle und Frédéric hatte ich wirklich Angst, dass sich jemand das Mädchen geschnappt hat! Ich war so erleichtert, als sie doch wieder aufgetaucht ist!
    Diese merkwürdige und unheimliche Kutsche hängt für mich mit der Salpêtrière zusammen, auf jeden Fall. Ist´s vielleicht auch die, in der Runa transportiert wurde? Die Zeichen innen scheinen ja in Zusammenhang mit denen aus dem Epilog und dem Plakat zu stehen, das Jori gesehen hat. Und wenn man dem Klappentext glaubt, hängen sie ja auch mit Runa zusammen...

  • Tja, eine Zeitlang hat man tatsächlich daran geglaubt, dass man Verbrecher an ihren Körpermerkmalen erkennt.
    Wie vieles, was uns in diesem Buch berichtet wird, kaum zu glauben.


    Noch immer tue ich mich schwer mit diesem Buch. Für mich funktioniert es einfach nicht, die damalige "Medizin" mit unserem heutigen Wissen und nach unseren Kenntnissen zu beurteilen.
    Für uns ist das alles unmenschlich und monströs, was da gemacht wurde. Für die Menschen damals sah das aber ganz anders aus. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat man übrigens Menschen Teile zu "Heilungszwecken" Teile des Gehirns entfernt. Und was man ebenfalls nicht vergessen darf, wir profitieren noch heute von Erkenntnissen, die damals gewonnen wurden.

  • Jetzt erfahren wir ein wenig mehr über Pauline. Ich vermute ja mal, dass depressiv ist. Die Erklärung darüber, dass sie zu 50 % kranke Nachfahren haben wird und Paul nicht, kann das so sein? Ich habe zu wenig Ahnung von sowas um beurteilen zu können, ob das nur eine Annahme von damals ist oder ob es immer noch Bestand hat.
    Ich frage mich auch, was sie in Jori sieht. Einen guten Freund oder wirklich einen Geliebten. Oder weiß sie es selber nicht?


    Über Lecoq haben wir auch ein wenig mehr erfahren, obwohl ich immer noch nicht weiß, welcher Arbeit oder Berufung er nachgeht. Für mich ist er immer noch ein Privatdetektiv. Vor allem, jetzt, nachdem de Commarin auf ihn zugekommen ist und ihm bei der Suche nach seiner Frau um Hilfe bittet. Ich gehe mal davon aus, dass Lecoq es tun wird. Er ist ja nicht wirklich abgeneigt.


    Langsam glaube ich, dass Charcot etwas seltsam ist. Erst mal ist er ein Selbstdarsteller bei seinen Darbietungen und dann ist er der nette alte Großvater, als er mit Jori alleine in seinem Büro ist. Was das alles zu bedeuten hatte, vor allem wie es passiert ist, verwundert mich auch. Der Mann ist total undurchsichtig.


    Und was haben Isabelle und Frédéric da gesehen? Ich dachte erst, dass sie Runa gefunden haben, aber die ist ja bereits in der Salpêtrière. Vor allem, wo kommen die beiden auf einmal her? Wer sind sie?


    In einer Amazon Rezi habe ich gelesen, dass Runa erst zum Ende hin im Buch erscheint. Das stimmt ja so gar nicht. Sie taucht zwar gerade nur am Rande auf, aber ich glaube, die nächsten Seiten wird sie nach und nach eingestreut und zwar mit den Zeichen, die im Klappentext erwähnt werden.


    Trotz der vielen medizinischen Begriffen fällt mir das Lesen gar nicht schwer und ich bin von dem Buch und dem Inhalt gefesselt.


    Zitat

    Original von Blackie


    Ich glaube kaum, dass ihm Pauline so wichtig ist, wie er tut - sonst hätte er nicht 3 Jahre damit vertrödelt, ein Thema für seine Doktorarbeit zu finden. Und eine wissenschaftliche Studie über seine Braut und ähnliche Fälle der Hysterie hat er vor einigen Jahren auch schon geführt. Erscheint mir nicht gerade romantisch...


    Ich glaube allerdings, dass Jori einfach nur hilflos ist. Er weiß nicht, was er tun soll und sucht noch nach der richtigen Lösung. Und die findet er jetzt mit Runa. Ich bin sehr gespannt, wie es hier weiter geht.


    Zitat

    Original von Rumpelstilzchen


    Noch immer tue ich mich schwer mit diesem Buch. Für mich funktioniert es einfach nicht, die damalige "Medizin" mit unserem heutigen Wissen und nach unseren Kenntnissen zu beurteilen.
    Für uns ist das alles unmenschlich und monströs, was da gemacht wurde. Für die Menschen damals sah das aber ganz anders aus. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat man übrigens Menschen Teile zu "Heilungszwecken" Teile des Gehirns entfernt. Und was man ebenfalls nicht vergessen darf, wir profitieren noch heute von Erkenntnissen, die damals gewonnen wurden.


    Mich gruselt es davor, wenn ich darüber nachdenke, wie wenig entwickelt die Technik damals war. Heute scheint es ein Leichtes zu sein, jemandem mal kurz etwas aus dem Gehirn zu schneiden. Damals gab es den Fortschritt nicht und man musste sich ganz auf das Können des Arztes oder "Arztes" verlassen. Ich bin so froh, dass wir in der heutigen Zeit leben. Nicht nur aus dem Grund, sondern auch wenn ich von den Vorführungen von Charcot lese. Das ist für mich der reinste Horror, wenn ich daran denke, wie die armen Frauen sich gefühlt haben müssen. Vor allem, wenn sie all das mitbekommen und sich auch erinnern können.

  • Mir fällt es richtig schwer zu beschreiben, was für mich an dem Buch so schwierig ist. Ich glaube, es kommt vor allem daher, dass wir heute gar nicht anders können, als die Handlung nach den Erfahrungen zu beurteilen, die wir heute machen. Nach den Kenntnissen, die wir haben. Dadurch kommt ein ganz falscher Blick auf den damaligen "Medizinbetrieb" (den es ja so noch gar nicht gab) heraus.
    Denn wie war denn die Realität derjenigen, die als verrückt oder nicht normal galten (völlig wurscht ob Männlein oder Weiblein): sie wurden weggesperrt. In irgendwelchen Ställen. Oder als Kinder gleich ausgesetzt, vernachlässigt oder gar umgebracht.
    Dagegen ist eine Anstalt wie die Salpetrière, bei allen Missständen und Grausamkeiten ein Fortschritt gewesen.

  • Ich verstehe, was du meinst. Aber gerade das macht es für mich interessant. Einfach den Fortschritt sehen, wie wir jetzt mit solchen Situationen umgehen. Den Ursprung von dem, was wir jetzt wissen. Dass die "einfachen Leute" das nicht verstehen konnten ist für mich total nachvollziehbar.

  • Hallo Rumpelstilchen


    ich finde da hast du genau Recht! Danke für diesen Kommentar :anbet
    Eine große Herausforderung beim Schreiben war es deshalb am Anfang, mich in die Köpfe dieser Ärzte und werdenden Ärzte hineinzuversetzen.
    Wenn man aber erstmal anfängt zu recherhieren und sich einzulesen und den heutigen Wissensstand so gut es geht ausblendet, dann erscheint es einem fast logisch, warum man früher so gedacht hat, wie man eben gedacht hat. Und warum selbst Operationen wie die am Gehirn als notwendig und fortschrittlich empfunden werden mussten. Das verstehen manche nicht, wenn sie zum Beispiel Jori bewerten wollen, aber heutige Maßstäbe anlegen. Jori mag kein klassischer Held aus heutiger Sicht sein, aber er ist auch kein schlechter Mensch. Er ist einfach ein Kind seiner Zeit. Das sollte man beim Lesen nicht vergessen - und das scheinst du nicht zu tun. Super!


    Nichtsdestotrotz gab es aber auch Ärzte und Wissenschaftler an der Saklpêtrière und anderen Kliniken, die ihre Rolle missbraucht haben und über das hinausgegangen sind, was für einen Fortschritt notwendig ist. Das Problem entsteht deshalb erst da, wo persönlicher Nutzen und Star-Allüren eine Rolle spielen, wie es bei Charcot, Luys und so vielen anderen der Fall ist. Über Leichen zu gehen, um in der Medizin berühmt sein zu wollen - das war weder früher noch heute in Ordnung.

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Tja, eine Zeitlang hat man tatsächlich daran geglaubt, dass man Verbrecher an ihren Körpermerkmalen erkennt.
    Wie vieles, was uns in diesem Buch berichtet wird, kaum zu glauben.


    Noch immer tue ich mich schwer mit diesem Buch. Für mich funktioniert es einfach nicht, die damalige "Medizin" mit unserem heutigen Wissen und nach unseren Kenntnissen zu beurteilen.
    Für uns ist das alles unmenschlich und monströs, was da gemacht wurde. Für die Menschen damals sah das aber ganz anders aus. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat man übrigens Menschen Teile zu "Heilungszwecken" Teile des Gehirns entfernt. Und was man ebenfalls nicht vergessen darf, wir profitieren noch heute von Erkenntnissen, die damals gewonnen wurden.


    Auch heute ncoh manchmal ;) Bei Epilepsie, aber nur, wenns nciht anders geht bzw wenn es eine sehr fokale Epilepsie ist, die dann dadurch geheilt werden kann.
    Aber natürlich sind die Methoden heute ganz anders.


    Und ja, auch ich, grade als Mediziner, mir dreht sich da echt der gesamte Magendarmtrakt rum und ich will da nur noch :yikes :bonk :yikes :bonk



    Ja, aber das ist echt sehr sehr schwer, wenn man über die Krankheiten etc so viel weiß, da im Studium gelernt...
    Aber ich versuchs!

  • Auch der zweite Abschnitt hat mir richtig gut gefallen!


    Das Geschwisterpärchen, das der unheimlichen Kutsche nachjagt, habe ich zuerst nicht einordnen können. Mittlerweile glaube ich allerdings auch, dass es was mit Runa zu tun hat. Die Zeichen an der Kiste sprechen doch eine eindeutige Sprache.


    Ich muss sagen, die Behandlungsmethoden an sich finde ich - ich habe Schwierigkeiten, das passende Wort zu finden - verkraftbar. Dass man mit dem damaligen Wissen auf Methoden zurückgegriffen hat, die uns heute barbarisch erscheinen, mag zutreffen, und das kann ich auch akzeptieren. Man neigt natürlich dazu, aus unserem heutigen Selbstverständnis zu urteilen, aber das wird weder der Geschichte noch den Figuren gerecht.


    Was mir tatsächlich sauer aufstößt ist die Präsentation der Patientinnen. Das ist der selbe Menschenzug, der manche Menschen bei Unfällen gaffen lässt. Und die Sexualisierung der Patientinnen, die da immer mit reinspielt, finde ich besonders widerwärtig.


    Und dann ist da noch Lecoq - und obwohl der Handlungsstrang um Jori und Runa natürlich der intensivere ist, mag ich auch die Handlung um Lecoq sehr gerne. Ein Mann, der zwar ein hervorragender Polizist ist bzw. war, aber selbst einen anderen Weg einschlägt, weil er glaubt, dass ein Verbrecher in ihm steckt. Das erscheint uns heute vollkommen absurd, aber irgendwie weckt es auch ein Stück Mitleid mit dieser Figur. Ich gehe mal davon aus, dass er die Kurve kriegen wird und sein Drang, zu ermitteln größer ist.


    Ich frage mich allerdings, ob das Verschwinden der Frau etwas mit der Kutsche zu tun hat, die das Geschwisterpärchen beobachtet hat. Vielleicht wurde die Frau zu irgendwelchen Versuchszwecken entführt. Aber warum hat man sich dann eine Adlige gegriffen, nach der mit Sicherheit gesucht wird? Jemand von der Straße, dessen Verschwinden nicht weiter auffällt, wäre da weitaus geeigneter :gruebel

    SUB 220 (Start-SUB 2020: 215)


    :lesend Susanne Michl u. a. - Zwangsversetzt. Vom Elsass an die Berliner Charité. Die Aufzeichnungen des Chirurgen Adolphe Jung (1940 - 1945)

    :lesend Antonio Iturbe - Die Bibliothekarin von Auschwitz

    :lesend Anthony Doerr - Alles Licht das wir nicht sehen (Hörbuch)

  • Zitat

    Original von Rumpelstilzchen
    Tja, eine Zeitlang hat man tatsächlich daran geglaubt, dass man Verbrecher an ihren Körpermerkmalen erkennt.
    Wie vieles, was uns in diesem Buch berichtet wird, kaum zu glauben.


    Noch immer tue ich mich schwer mit diesem Buch. Für mich funktioniert es einfach nicht, die damalige "Medizin" mit unserem heutigen Wissen und nach unseren Kenntnissen zu beurteilen.
    Für uns ist das alles unmenschlich und monströs, was da gemacht wurde. Für die Menschen damals sah das aber ganz anders aus. Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein hat man übrigens Menschen Teile zu "Heilungszwecken" Teile des Gehirns entfernt. Und was man ebenfalls nicht vergessen darf, wir profitieren noch heute von Erkenntnissen, die damals gewonnen wurden.


    Ja, das ist es.
    Ich finde es unglaublich schwierig, einen auch nur halbwegs objektiven Blick auf die Ärzte dieser Zeit zu haben. Sie ringen um medizinische Erkenntnisse und wollen den Patientinnen vielleicht wirklich helfen, zumindest einige von ihnen. Bei dem selbstherrlichen Charcot und seinen schleimenden Assistenten habe ich diesen Eindruck allerdings nicht.
    Charcot kommt ja bisher als reinrassiger Fiesling rüber, aber die Ansichten, die er auf S. 145 oben äußert in Bezug auf Furcht, Religion und Wissnschaft, scheinen mir sehr vernünftig und heute noch gültig.


    Noch fehlt mir ein bisschen der rote Faden in der Handlung. Joris Ziele sind nun greifbar, aber wie passt dieser bizarre Lecoq hinein? Und wie Isabelle und Frédéric ?
    Fragen, die sicher noch beantwortet werden.


    Die beklemmende Atmosphäre hält an.
    Ein bisschen gruselt es mich vor dem, was noch kommen mag.

  • Das Geschwisterpärchen verstehe ich auch nicht ganz, sie scheinen jedenfalls ein privates Irrenhaus oder etwas ähnlich gefunden zu haben? Und sie sind doch auf der Suche nach einer weiteren Schwester und sind deshalb dieser Kutsche gefolgt, oder habe ich da was falsch verstanden? Obwohl ja auch die Rede war von einem eingesperrten Tier :gruebel Vielleicht also doch nur heillose Neugierde von Isabelle?
    Leqoc (bei ihm muss ich immer an ein Hähnchen denken, kann ja kein Französisch und Coq au vin sieht ja buchstabentechnisch ähnlich aus) finde ich auch ganz lustig mit seinen Verbrechertheorien. Ob diese gesuchte Ehefrau auch in die Fänge von Irrenärzten geraten ist, bzw. von jemandem der menschliche Versuchskaninchen braucht?
    Fragen über Fragen
    Jori kommt mir auch eher hilflos vor, und sucht anscheinend verzweifelt überall nach einer eventuellen Lösung für Paulines Problem.

    Ich lese grade:


    Der Herr des Turms - Anthony Ryan
    ________
    Save the earth - it's the only planet with chocolate!

  • Naja nun, die Medizin hat sich eben doch weiterentwickelt, umso spannender finde ich eigentlich immer die Ansätze von früher zu sehen. Und der schreckliche Umgang mit Kranken und Behinderten war ja z.B. in der Nazizeit auch furchtbar, obwohl das noch garnicht so lange her ist. Und auch die Rechte der Frauen waren ja noch lange Zeit nicht solche, wie sie heute sind.


    Ich lieber ja eigentlich Bücher/Romane zur Geschichte der Medizin und auch Psychologie.


    Spannend find ich, dass auch Elektrokrampftherapien schon erwähnt werden, die man ja nach wie vor, wenn auch unter anderen Bedingungen, durchführt.


    Ein bisschen verwirren mich noch die verschiedenen Personen, da komme ich manchmal etwas durcheinander. Insgesamt mag ich aber den Schreibstil, man kommt gut in einen Lesefluss und es wird bisher nicht langweilig.

  • Zitat

    Original von Manuela2205
    Das Geschwisterpärchen verstehe ich auch nicht ganz, sie scheinen jedenfalls ein privates Irrenhaus oder etwas ähnlich gefunden zu haben? Und sie sind doch auf der Suche nach einer weiteren Schwester und sind deshalb dieser Kutsche gefolgt, oder habe ich da was falsch verstanden? Obwohl ja auch die Rede war von einem eingesperrten Tier :gruebel Vielleicht also doch nur heillose Neugierde von Isabelle?
    .


    Ich habe es so verstanden, dass mit der zweiten Schwester das Baby gemeint ist, das Frederic und Isabelle dabei haben. Der geheimnisvollen Kutsche sind die beiden aus purer Neugier gefolgt.
    Was ist mit dem Kasten auf der Kutsche auf sich hat weiß ich auch nicht. Eventuell wird ein/e psychisch Kranke/r damit transportiert?


    Dieser Abschnitt ist mit seinen vielen Personen etwas unübersichtlich und ich hoffe, die einzelnen Handlungsstränge entwirren sich bald. Die Rolle von Lecoq ist mir zur Zeit auch noch nicht ganz klar.


  • Mir geht es da genauso wie dir, auch wenn die Behandlungsmethoden für uns stellenweise regelrecht barbarisch sind, sie sind für mich auch nicht das Schlimme, die Ärzte damals wussten es nicht besser und haben versucht mit dem ihnen zur verfügung stehenden Mitteln die Patienten zu behandeln.
    Dieses Zurschaustellen der Patientinnen ist aber wirklich einfach nur widerwärtig.


    Zitat

    Original von booklooker
    Jetzt erfahren wir ein wenig mehr über Pauline. Ich vermute ja mal, dass depressiv ist. Die Erklärung darüber, dass sie zu 50 % kranke Nachfahren haben wird und Paul nicht, kann das so sein? Ich habe zu wenig Ahnung von sowas um beurteilen zu können, ob das nur eine Annahme von damals ist oder ob es immer noch Bestand hat.


    Dass Pauline ihre Krankheit mit 50% an ihre nachkommen weitergibt, würde bedeuten, dass nur ein einziges Gen für die Krankheit verantwortlich. Auch wenn die veranlagung zu psychischen Erkrankungen vererbt wird, da sind viel mehr Gene und Umweltfaktoren dran beteiligt.
    Mich wundert es, dass Paul in dem Zusammenhang die Geschlechtschromosomen erwähnt, waren die Ende des 19. Jahrhunderts schon bekannt?

  • Zitat

    Jetzt erfahren wir ein wenig mehr über Pauline. Ich vermute ja mal, dass depressiv ist. Die Erklärung darüber, dass sie zu 50 % kranke Nachfahren haben wird und Paul nicht, kann das so sein?


    Also ich glaube eher, Pauline ist weniger depressiv, zumindest aus heutiger Erkenntnis. Tippe da eher in Richtung Psychose (was schizoaffektives oder gar schizophrenes).. Sind ja an sich auch ,,alte" Krankheitsbilder, aber die Erkenntnisse waren zu der Zeit ja ganz andere als heute.


    Was die Vererbung angeht so hat man früher meines Wissens nach noch deutlicher an einen konkreten Zusammenhang gedacht. Heute ist es bei psychischen Erkrankungen eher multifaktoriell bedingt, wobei aber die Familienanamnese immer nicht unwichtig ist. Insbesondere wenn eine Verdachtsdiagnose im Raum steht, sind direkte familiäre Dispositionen ja schon nicht unwichtig. Früher hat man aber an einen viel direkteren Zusammenhang gedacht.. eigentlich völlig verrückt meiner Meinung nach.

  • Jori will seiner Jugendliebe Pauline helfen, allerdings treibt er sein Medizinstudium nicht wirklich voran, sondern dümpelt eher vor sich hin. Erst als sein Freund Paul nach Paris kommt, wird er wach. Er muss etwas tun, Pauline soll operiert werden, eine OP, die sie eher verstümmelt, als ihr helfen wird. (So habe ich es auf jeden Fall verstanden.) Die Praktiken sind auf jeden Fall sehr heftig. Als dann die Patientin Runa auftaucht, sieht Jori seine Chance als gekommen und wagt sich weit vor. Er will eine OP am offenen Gehirn machen, eine OP, die bis dato noch nicht praktiziert wird und damit seinen Doktortitel erlangen, um Pauline in der Schweiz zu helfen.


    Ich frage mich, wie will er Pauline helfen, sie scheint ja an Depressionen zu leiden und dazu ist in der Zeit ja noch viel zu wenig bekannt. Der Doktortitel kann meines Erachtens nicht weiter helfen.

  • Jori traut sich einiges zu. Da bin ich gespannt, wie diese OP ausgeht.
    Pauline ist sich sehr wohl bewußt, daß sie "geisteskrank" ist. Keiner traut sich richtig es zuzugeben. Ob ihr "bläuliches" Aussehen mit Medikamenten zu tun hat.


    Man erfährt vieles über die Geschichte der Psychiatrie. Die Diagnostik anhand von Chromosomen kannte ich nur in Bezug auf das Down-Syndrom.


    Charcot und seine Assistenten , wie demütig sie sich verhalten. Babinski wird noch berühmt. sein Test wird noch heute angewendet. Pasteur hat auch seinen Auftritt.


    Frederic und Isabelle dachten ein Tier ist in der Kutsche, aber es war ein Mensch. Ich vermute, daß Frederic sehr neugierig ist und nochmal zurück kommt um hinter die Kulissen zu gucken.


    Der Schreibstil gefällt mir sehr gut.

  • Zitat

    Original von Susannah
    Was mir tatsächlich sauer aufstößt ist die Präsentation der Patientinnen. Das ist der selbe Menschenzug, der manche Menschen bei Unfällen gaffen lässt. Und die Sexualisierung der Patientinnen, die da immer mit reinspielt, finde ich besonders widerwärtig.


    Ich gehe mal davon aus, dass er die Kurve kriegen wird und sein Drang, zu ermitteln größer ist.


    Ja, genau das stört mich auch am meisten. Aber da gibts ja sicher Quellen, die das belegen (was es umso schlimmer macht). :( Die armen Frauen, die mussten echt immer wieder viel mitmachen in der Geschichte (und auch oft heute noch)!!


    Ja, ich geh auch davon aus, dass er dann doch ermitteln wird. Hoffe ich. Ich finde seine Stellen bisher am besten, auch wenn es mich sehr amüsiert, dass er denkt, dass er eigentlich ein Verbrecher sein müsste nur wegen seines Aussehens. :lache


    Zitat

    Original von Zwergin


    Dass Pauline ihre Krankheit mit 50% an ihre nachkommen weitergibt, würde bedeuten, dass nur ein einziges Gen für die Krankheit verantwortlich. Auch wenn die veranlagung zu psychischen Erkrankungen vererbt wird, da sind viel mehr Gene und Umweltfaktoren dran beteiligt.
    Mich wundert es, dass Paul in dem Zusammenhang die Geschlechtschromosomen erwähnt, waren die Ende des 19. Jahrhunderts schon bekannt?


    Ja, da stimme ich zu. Vor allem, wenn sie "nur" an Depressionen leidet. Dachte eigentlich sie sei auch hysterisch, weil Jori bei Charcot gelandet ist!?!?! ?( Mir sind es ehrlich gesagt zu wenig Einblicke in Paulines (Kranken-)Geschichte. Das stört mcih ein wenig, da es ja ein starker Beweggrund für alles mögliche, was Jori so tut, zu sein scheint oder er sich das zumindest einbildet...


    Zitat

    Original von Lucy1987


    Also ich glaube eher, Pauline ist weniger depressiv, zumindest aus heutiger Erkenntnis. Tippe da eher in Richtung Psychose (was schizoaffektives oder gar schizophrenes).. Sind ja an sich auch ,,alte" Krankheitsbilder, aber die Erkenntnisse waren zu der Zeit ja ganz andere als heute.


    Wie kommst du dadrauf? Ich konnte bisher nichts Schizophrenes entdecken an ihr?


    Übrigens Charcot ist ein totaler Widerling für mich! Auch seine Gedankensprünge sind doch nciht normal... Vll sollte bei dem auch mal jmd was diagnostizieren...

  • Ein etwas kürzerer Abschnitt, aber man erfährt schon um einiges mehr. In dem Rückblick zu Pauline wirkt es erst mal so, als ob sie einfach an einer gewissen Melancholie / Depression leidet. Allerdings wird auch von "Anfällen" gesprochen und sie reagiert sehr plötzlich sehr agressiv auf Joris Kuss. Vielleicht liegt es aber auch schlicht daran, dass sie als intelligente Frau durchaus mitbekommt was die Leute um sie herum von ihr denken und sie für "irre" halten.


    Lecoqs Storyline geht erst mal unabhängig vom Rest der Geschichte weiter. Er soll den Fall einer verschwundenen Adligen-Gattin untersuchen, will aber nicht, weil er jetzt endlich weiß, dass er gar kein wirklicher Polizist, sondern vielmehr der geborene Verbrecher ist. Einerseits möchte man Schmunzeln, aber andererseits ist da auch ein bitterer Nachgeschmack. Ich kann mir gut vorstellen, dass es wirklich Leute gab, die sich von dieser Einstufung haben einschüchtern lassen (oder eben von Polizisten so eingestuft wurden, unabhängig davon ob sie tatsächlich schuldig waren). Ob die Ehefrau in Charcots Schauerkabinett gelandet ist? Vielleicht hat sie auf der Straße einen "hysterischen Anfall" bekommen und wurde direkt eingewiesen und es konnte nicht festgestellt werden zu wem sie gehört?


    Das Geschwister-Paar hat wohl die Schreie von "Runa" gehört, die noch um einiges jünger ist als ich gedacht hatte. Ich hatte so mit einem 12- oder 13-jährigem Mädchen gerechnet, also so am Anfang der Pubertät. Ob sie auch noch eine weitere Rolle spielen oder nur dazu da waren um zu schildern wie die ganze Prozedur auf Außenstehende wirken musste? Ein Kind, das schreit wie ein Tier, aber dann jeglichen Hypnoseversuchen widersteht und dem Herrn Professeur die Tour vermasselt. Ich fürchte, sie wird das noch schwer büßen. Gut, sollte Jori tatsächlich an ihrem Gehirn rumschneiden dürfen, ist das wohl schon schlimm genug, aber da gibt es bestimmt noch mehr im Schauerkabinett.


    Charcot scheint sehr viel Wert darauf zu legen, dass man ihn liebt oder fürchtet oder am besten beides. Die eine oder andere Ansicht die er vertritt ist auf gewisse Weise auch plausibel, aber das meiste ist schon von einer ziemlichen Arroganz und Überheblichkeit geprägt. Wäre er wirklich so ein großer Arzt, dann wäre er nicht so sehr an dem Ansehen interessiert, das er vor den anderen hat sondern er würde diesen neuen Fall als Herausforderung betrachten, anstatt wie ein schmollendes Kind rumzunölen, weil das Mädchen bei seiner tollen Show nicht mitspielt.


    In diesem Abschnitt ist noch ein bekannter Name gefallen, der Herr Pasteur der sich so mit dem Alkohol auskennt. :lache Da sind ja wirklich einige Berühmtheiten im Hörsaal, bin gespannt wer uns da sonst noch so begegnet und vor allem auch was für eine Meinung diese Leute von Charcot und seiner Marionettenshow haben.


    Jetzt bin ich erst mal neugierig auf die namensgebende Runa, was es genau mit ihr auf sich hat und wie Jori mit ihr umgehen wird...

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda