Susanne Goga - Das Haus in der Nebelgasse

  • Das Buch beginnt mit einem Prolog, der in London im Jahr 1665 spielt, zur Zeit der großen Pestplage. Die siebzehnjährige Katie versteckt mit letzter Kraft im Keller des Elternhauses hinter einem losen Stein einen geheimnisvollen Kasten.


    Dann springt die Geschichte zeitlich mit dem ersten Kapitel in das Jahr 1900. Wir lernen die junge unverheiratete Matilda Gray und ihre verwitwete Vermieterin Mrs. Westlake kennen. Matilda Gray ist seit einem Jahr in London Lehrerin an der Mädchenschule Riverview. Es ist gerade der Anfang des Schuljahres und gleich am ersten Tag erscheint ihre siebzehnjährige Lieblingsschülerin Laura Ancroft nicht zum Unterricht. Sie wurde anscheinend von ihrem gutaussehenden Vormund Mr. Charles Easterbrook abgeholt. Er ist ein angesehener Rechtsanwalt.


    Im zweiten Kapitel geht es mit einem Rücksprung um 3 Monate weiter, Mathilda erinnert sich. Laura hat sie zu einem unzulässigen Buch angesprochen, das wohl ihre Leidenschaften geweckt hat und sich mit der Liebe zwischen Frauen beschäftigt. Laura scheint sich in Mathilda verliebt zu haben, aber Mathilda muss sie abweisen. In den folgenden Ferien hat sich Mathilda manche Gedanken und Sorgen um die Schülerin gemacht. War Laura wegen dieser Zurückweisung nicht zur Schule zurück gekehrt? Sie erfährt, dass sie mit ihrem Vormund aus gesundheitlichen Gründen eine Reise nach Griechenland und Italien machen wird. Als Laura ihr eine Postkarte mit einem versteckten Rätsel schickt, lässt es Mathilda keine Ruhe mehr. Mit den Hinweisen auf der Karte findet sie in Lauras Zimmer einen verborgenen hölzernen Kasten. So beginnt eine wahre Schnitzeljagd, nach den wahren Hintergründen zu Lauras Verschwinden. Jeder Lösungsschritt birgt nur wieder neue Rätsel. Mathilda versucht sie neugierig und abenteuerlustig zu lösen.


    Nach einem Drittel des Buches betritt dann der Historiker Professor Flemming die Bühne. Er unterstützt sie höflich und witzig mit Rat und Tat bei der Aufklärungsarbeit. Im Laufe der Geschichte werden sie miteinander vertrauter und genießen die gegenseitige Anwesenheit.


    Lauras Vormund gerät in Verdacht, sie mochte ihn wohl nicht und hat ihm nicht vertraut.


    Während sie sich immer weiter der Lösung entgegen rätseln, kann sich die zart aufkeimende Romanze zwischen Mathilda und dem Professor doch nicht so ungetrübt entwickeln wie man vielleicht zunächst denkt.


    Gegen Ende des Buches, nach Aufklärung der Rätsel, sind aber noch einige mutige, beherzte Schritte notwendig um Laura wirklich zu helfen. Zum Ende kommt es zu einer klassischen Konfrontation der Beteiligten bei der alle Karten auf den Tisch gelegt werden.


    Als letztes bildet das wiedergefundene historische Schriftstück von Katie mit dem Beginn der Geschichte einen gelungenen Rahmen um die Handlung.


    Das Buch ist flüssig zu lesen, man folgt Mathilda gespannt von Rätseln zu Rätsel. Sie wird von einem unermüdlichen Forscherdrang getrieben. Die Beschreibungen von Straßen, Gebäuden, Menschen und Ereignissen sind historisch detailliert und lebendig. Man erfährt viel über das historische London und kann sich gut in das damalige Leben hinein versetzen. Die Autorin Susanne Goga macht wie Professor Flemming in seinen Vorlesungen die Geschichte erlebbar.


    Es handelt sich um einen sehr atmosphärischen Roman. Bei den Ermittlungen herrscht eine schaurige, geheimnisvolle Stimmung vor, wobei die Umgebung der Vermieterin heiter und gemütlich wirkt. Das Buch passt sehr gut in die jetzige Winterzeit.


    Geschichten, in denen Autoren vorkommen, mag ich sehr gerne. Die Vermieterin Mrs. Westlake ist eine gelungene Figur, ihre Einfälle für ihre eigenen Heftromane um Adela Mornington ergänzen die Hauptgeschichte auf heitere Art. Quasi ein Buch im Buch.


    Das Cover und der Titel passen hervorragend zur Geschichte.


    Interessant sind auch die anschließenden Anmerkungen der Autorin zur Entstehungsgeschichte des Romans und den verwendeten Orten in London. Den Zugang zum geheimen Fluß werden wir sicher bei einer der nächsten Reisen nach London aufsuchen.


    10 von 10 Punkten

  • Das Haus in der Nebelgasse ist ein Roman, in den man richtig tief eintauchen kann, um längst vergangene Zeiten zu entdecken und einem düsteren Geheimnis auf die Spur zu kommen. Dabei bleibt es immer spannend: Ich habe vom Prolog bis zum Schluss ständig mitgefiebert, ob Matilda alles aufklären kann, und mochte das Buch eigentlich kaum aus der Hand legen. Zumal auch eine schöne Liebesgeschichte im Roman verwoben ist, die ohne jeden Kitsch auskommt.


    Zum Inhalt selbst brauche ich nichts mehr zu sagen, hier hat Betty bereits eine gute Zusammenfassung geliefert.


    Die Atmosphäre Londons zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist wunderschön beschrieben. Ich konnte mir alles bildlich vorstellen und bin Matilda gerne auf ihren Spaziergängen und Erkundungstouren gefolgt. Man bekommt eine gute Vorstellung davon, wie pulsierend das Leben in London schon damals war. Verschiedene historische Orte, die im Roman vorkommen, kann man auch im heutigen London noch finden, und ein Haus in der Laurence Pountney Hill spielt eine besondere Rolle im Roman. So macht Städteerkundung Spaß!


    Die Romanfiguren, die Matilda mehr oder weniger bei ihrer Suche unterstützen, geben der Geschichte die richtige Würze. Allen voran Mrs. Westlake, ich möchte fast sagen die gute Seele des Romans, die nicht nur Matilda stets mit Rat und Tat zu Seite steht, sondern auch mit Adela Mornington selbst eine abenteuerlustige Romanheldin geschaffen hat, an deren Erlebnissen der Leser zwischendurch immer wieder teilhaben darf.


    Weniger nahbar ist sicher Mr. Arkwright, ein Sonderling sonders gleichen, der kaum Sympathiepunkte einsammelt. Von ihm erfährt man jedoch sehr viel Wissenswertes über London – die hier eingestreuten Wissenshäppchen fand ist besonders interessant.


    Natürlich darf ich auch Stephen Fleming nicht unerwähnt lassen, der wahrscheinlich nicht nur Matilda verzaubert. Sein Fachwissen und seine besonnene Art sind ein Grundstein für die letztliche Auflösung des Rätsels. Bei ihm hätte ich gern eine Vorlesung erlebt. Aber auch er hütet ein Geheimnis, das die Verbindung zu Matilda zu überschatten droht…


    Alles in allem kann ich diesen Roman nur empfehlen. Er hat mir einige sehr vergnügliche und spannende Lesestunden bereitet. 9 von 10 Eulenpunkten.

  • Was für ein spannender Roman, der im Jahre 1900 in London spielt und der uns ab und an in das 17. Jahrhundert führt, als die Pest in der Stadt wütete.


    Matilda ist eine gelungene Hauptfigur. Sie ist Lehrerin und hat als Frau, für die damalige Zeit, schon sehr modere Ansichten. Als eine ihrer Schülerinnen nach den Ferien nicht mehr an die Schule zurückkommt macht sie sich Sorgen. Als sie eine Botschaft von dem Mädchen bekommt, macht sie sich auf, ein Rätsel zu lösen.
    Eine besondere Hilfe bekommt sie dabei von Professor Fleming, der sich mir ihr auf eine spannende Schatzsuche und Schnitzeljagd durch London macht. Allerdings droht da etwas die Verbindung der beiden zu beeinträchtigen.


    Wie schon geschrieben, hat mir dieser Roman sehr gut gefallen. Ich habe beim Lesen direkt Lust bekommen nach London zu reisen und mir die Schauplätze anzusehen.


    Mein besonderes Highlight ist Mrs. Westlake, eine Autorin und die Vermieterin von Matilda. Sie ist ein warmherziger und herzlicher Mensch. :-]


    Ich vergebe begeisterte 9 von 10 Eulenpunkten.

  • Zum Inhalt:


    London 1900: Matilda Gray ist Lehrerin an einer Mädchenschule und führt das Leben einer unabhängigen Frau. Als ihre Lieblingsschülerin Laura nicht mehr zum Unterricht erscheint, ahnt Matilda, dass diese in Gefahr ist. Zu plötzlich ist ihr Verschwinden, zu fadenscheinig sind die Begründungen des Vormunds. Eine verschlüsselte Botschaft, die ihr Laura auf einer Postkarte schickt, bringt Matilda auf die Spur des Mädchens. Ihre Suche führt sie zu dem Historiker Stephen Fleming und mit ihm zu einem jahrhundertealten Geheimnis, tief hinein in die verborgensten Winkel der Stadt.



    Über die Autorin:


    Susanne Goga, 1967 geboren, ist eine renommierte Literaturübersetzerin und Autorin. Sie wurde mit dem DeLiA-Literaturpreis sowie dem Goldenen Homer ausgezeichnet und ist seit 2016 Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Mönchengladbach.


    Meine Meinung:


    Ich hatte mich schon sehr auf dieses neue Buch von Susanne Goga gefreut, weil mir "Der dunkle Weg" von ihr so gut gefallen hat. Und ich wurde nicht enttäuscht! Auch "Das Haus in der Nebelgasse" finde ich wieder sehr gelungen und ich habe es sehr gerne gelesen.


    Der Leser begibt sich hier mit der sympathischen Lehrerin Matilda auf eine Schatzsuche und Schnitzeljagd durch ein historisches London. Die Geschichte ist sehr spannend und fesselnd erzählt, ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.
    Was mir besonders gefallen hat, ist die tolle und stimmige Atmosphäre des historischen Londons, die die Autorin hier erschaffen hat. Ich kam mir vor, wie wenn ich selber in den dunklen und nebeligen Gassen in London herumspazieren und alte und geheimnisvolle Keller erforschen würde.


    Ich denke, die Autorin hat sehr genau für diesen Roman recherchiert. Immer wieder lässt sie interessante Informationen über die Stadt und ihre Geschichte in die Story mit ein fliesen.


    Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, Matilda auf ihrer Suche zu begleiten. Für mich ist das Buch ein perfekter Schmöker für kalte Wintertage.
    Ich gebe dem Buch eine gute Leseempfehlung und 8 Eulenpunkte.

  • Mathilda Gray ist Lehrerin in einer Mädchenschule in Richmond. Sie bewohnt ein Zimmer bei Mrs. Westlake, die Groschenromane schreibt und für Mathilda immer einen passenden Rat parat hat. Mathilda hat nur noch ihren Bruder als Familie, der zu ihrem Leidwesen in Afrika gegen die Buren kämpft. Die junge Frau ist bei ihren Schülerinnen beliebt, sodass es nicht verwunderlich ist, dass eine ihr sogar ein streng gehütetes Geheimnis anvertraut. Laura wird überraschend von ihrem Vormund aus der Schule genommen und auf eine Genesungsreise ans Mittelmeer geschickt. Als Mathilda von ihr eine Postkarte erhält, entdeckt sie eher zufällig die Botschaft unter der Briefmarke, die sie zu einem versteckten Holzkästchen führt. Mit Hilfe eines Antiquitätenhändlers und eines Historikers macht sie sich daran, Lauras Familiengeheimnis zu lüften.


    Susanne Goga bleibt ihrer Erzählkunst auch mit diesem fünften historischen Roman treu. Sie versetzt ihre Leser in das beginnende 20. Jahrhundert, dass sie bildhaft mit seinen charakteristischen Merkmalen beschreibt. Die Rolle der Frau, die sich für ihre eigenen Rechte einsetzen, ändert sich spürbar. Mathilda ist zwar modern eingestellt, muss sich aber immer wieder den Anweisungen ihrer Direktorin unterordnen, die noch an den bisherigen Traditionen festhält. Ganz anders ist ihr Verhältnis zu der ebenfalls älteren Vermieterin, die ihrer Fantasie in den Romanen freien Lauf lässt.


    London mit seinen Gaslampen in nebliger Umgebung bietet obendrein eine perfekte Kulisse für Zwielichtiges. Um Lauras Geheimnis zu klären, begeben sich Mathilda und der Historiker Stephen an verbotene Stellen zu ungewöhnlichen Zeiten. Vorbeiziehende Mandelverkäufer verbreiten ihren Aberglauben und lassen ein mulmiges Gefühl zwischen den Zeilen entstehen. Manchmal scheint es, als würde das Rätsel nicht rasch genug gelöst werden können, was auch den Leser ein bisschen in Atemnot versetzt. Erklärungen zur Stadtgeschichte fließen immer wieder ein, sodass man den nächsten Besuch der Metropole sicher mit anderen Augen sieht. Zur ganzen Spannung gibt es aber auch eine Portion Romantik, wenn Stephen seine zarten Bande knüpfen will.


    Gogas Schreibstil ist eingängig und schnell will man wissen, was es mit dem Inhalt des Holzkästchens auf sich hat. Nicht nur die Lösung ist geschickt angelegt, sondern auch der Vorfall in der Vergangenheit. Sie zeichnet sowohl ihre Charaktere als auch die Örtlichkeiten mit viel Liebe zum Detail. Das verrufene East-End ist ebenso plastisch dargestellt wie das noble Richmond. Trotz der atmosphärischen Dichte hat man nie das Gefühl, eine unnötige Information zu bekommen. Das Buch war wieder einmal gute Unterhaltung und hätte gerne noch mehr Kapitel haben dürfen. Ganz habe ich die Hoffnung auf ein Wiederlesen mit Mathilda und Stephen nicht aufgegeben. Gerne würde ich mich noch einmal ins ausklingende viktorianische London versetzen lassen.

  • Matilda Gray ist ihrer Zeit voraus. Sie lebt bei der Witwe Mrs. Westlake und ist Lehrerein an einer Mädchenschule in London 1900. Als auf einmal ihre Lieblingsschülerin Laura nicht mehr zur Schule kommt, macht sie sich große Sorgen. Zu plötzlich ist ihr verschwinden. Die Begründung ihres Vormundes ist nicht plausibel. Dann erhält sie eine Postkarte von Laura, auf der sich eine geheime Botschaft befindet. Ihre Neugierde ist geweckt und sie möchte das Rätsel um Laura lösen und begibt sich auf Spurensuche. Der Historiker Stephen Fleming hilft ihr dabei.


    Ich fühlte mich gleich hineinversetzt ins düstere London 1900. Und habe richtig mit gefiebert, ob Matilda das Rätsel um Laura rechtzeitig lösen kann. Nebenbei erfährt man viel über die Geschichte Londons. Matilda und Mrs. Westlake sind zwei liebenswerte Charaktere, die ihrer Zeit weit voraus sind und leider ecken sie deshalb auch schon mal an.


    Eine spannende "Zeitreise" ins alte London.


    Ich vergebe 10 Punkte.

  • Susanne Goga entführt uns ins London der Jahrhundertwende. Matilda ist Lehrerin an einer Mädchenschule und recht fortschrittlich eingestellt. Als eines Tages eine ihrer Schülerinnen nicht mehr an der Schule erscheint und mit ihrem Vormund durch Südeuropa reist um sich von einer Krankheit zu erholen, wird Matilda stutzig. Vor allem als sie eine Postkarte bekommt, auf der sich eine verborgene Botschaft befindet.


    Matilda beginnt nachzuforschen und stösst mit Hilfe Stephen Flemings, eines Historikers, auf ein Familiengeheimnis, das am Ende nicht nur ihre Schülerin bedroht.


    Das Buch hatte alles was ich mir von einem historischen Roman wünsche. Ich habe ein Gefühl für die Zeit bekommen, was dabei gelernt und mich gleichzeitig unglaublich wohl gefühlt. Was unter anderem auch an Mrs. Westlake, der Vermieterin Matildas, lag.
    Und spannend war es am Ende auch noch!



    Von mir 9 Punkte

  • Meine Meinung:
    Wissen ist wie Liebe. Es hat nur Sinn, wenn man es teilt.“ (S. 209)
    Es gibt Bücher, die uns bereits nach den ersten Seiten absolut gefangen nehmen, so ging es mir mit „Das Haus in der Nebelgasse“. Bereits die ersten Kapitel haben einen Sog in mir ausgelöst, dass ich dieses Buch kaum aus der Hand legen konnte.
    Das Cover ist sehr passend zum Roman gestaltet worden, es strahlt diese mysteriöse und geheimnisvolle Stimmung, die in dem Buch vorherrschend ist, sehr gut aus. Genau diese Stimmung ist es, die mir an diesem Buch so unglaublich gut gefallen hat. Nicht vielen Autoren gelingt es von der ersten bis zur letzten Seite eine Stimmung zu kreieren und auch durchzuhalten, die in sich schlüssig und überzeugend ist. Einige Szenen haben sogar etwas beklemmendes, provozieren Gänsehaut und lassen den Leser innerlich erschaudern. Susanne Goga ist es mit diesem Roman gelungen. Auch die Schnitzeljagd bzw. das Puzzle welches im Laufe des Romans immer mehr Form annimmt, ist logisch und konsequent aufgebaut. Das Zusammenspiel des Rätsel und den historischen Gegebenheiten hat mir sehr gut gefallen. Der Leser lernt einiges über das historische London, auch über das was unter der sichtbaren Oberfläche verborgen ist. Die Verschmelzung von Fakten und Fiktion ist der Autorin sehr gut gelungen.
    Mir hat es sehr großen Spaß gemacht Mathilda auf der Suche nach des Rätsels Lösung zu begleiten. Mathilda ist zwar eine recht klassische Hauptfigur, dennoch ist sie einem sympathisch, denn jeder wünscht sich wohl eine solche Lehrerin, die sich für ihre Schüler einsetzt. Ihr männlicher Gegenpart, Stephen Fleming, ist vielmehr ihr Pendent als ihr Gegenpart, sie ergänzen sich perfekt, ohne dass der eine das Gegenteil des anderen wäre. Die Liebesgeschichte deutet sich im Klappentext schon an, aber bis zu einem Happy-End ist es noch ein ehr langer Weg für Mathilda und Stephen. Wissen und Liebe sind die beiden großen Komponenten in diesem Roman, wobei sich die Liebe nicht nur auf die zwischen Mann und Frau bezieht, sondern auch die Liebe zur Wissenschaft bzw. zur Wahrheit.
    Die für mich herausragendste Figur in diesem Roman ist Mrs. Westlake, die Vermieterin von Mathilda. Sie ist sehr erfrischend und lustig. Sie trifft die Pointen, sodass dem Leser ein Lächeln übers Gesicht huscht und man sich einfach nur an ihr erfreut, ohne sie wäre dieser Roman ärmer.
    Als Besonderheit möchte ich noch erwähnen, dass sich in den Innenklappen des Covers eine historische Stadtkarte von London befindet, die einfach sehr schön anzuschauen ist. Diesen Roman lege ich allen ans Herz, die sich gerne etwas genauer mit der Metropole London auseinandersetzten möchten. Aber auch die Fans von historischen Romanen werden auf ihre Kosten kommen, ob Männer oder Frauen die Zielgruppe sind, mag ich nicht entscheiden. Ich denke beide Geschlechter werden an diesem Roman ihre Freude haben.
    Ein sehr spannender und nicht minder unterhaltsamer Roman, lehrreich und faszinierend zugleich. Von mir gibt es deshalb eine ganz klare Leseempfehlung!


    10/10 P.

  • Ich habe mich sehr auf den neuen Roman von Susanne Goga gefreut.
    Das Haus in der Nebelgasse - schon der Titel weckt die Vorfreude auf die Geschichte, die in London im Jahre 1900 spielt. Und doch weit in die Vergangnheit zurück reicht.
    Matilda Gray, eine Lehrerin an einer Mädchenschule, gerät durch ihre verschwundene Schülerin Laura mitten hinein in dieses Rätsel um ein verborgenes "Schatzkästchen".
    Dies ist erst der Anfang - und bis Matilda zusammen mit Prof. Fleming die Lösung gefunden hat, vergeht einiges an Zeit.
    Zum Glück - denn es ist einfach wunderbar, Matilda auf ihren Spuren durch das alte und oft längst vergessene London zu begleiten.


    Der Schreibstil ist sehr schön, die Story spannend aufgebaut, bei manchen Szenen meint man, direkt mit dabei zu sein.
    Ich habe diesen Roman sehr, sehr gerne gelesen und jede Seite genossen.
    Die Protagonisten sind allesamt sehr liebenswert dargestellt und besonders die Vermieterin von Matilda, Mrs Westlake, ist mir direkt ans Herz gewachsen.
    Bis jetzt konnte mich noch jedes Buch von Susanne Goga begeistern - dieses gehört aber ganz sicher zu meinen Favoriten.


    Dafür gibt es von mir 10 Punkte.

  • Zunächst einmal vielen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar :wave


    Nachdem ich bisher nur die Leo-Wechsler-Krimis von Susanne Goga kannte, war ich auf diese neue Erfahrung gespannt: andere Epoche, Roman statt Krimi und weibliche statt männlicher Perspektive.


    Inhalt:


    London, 1900. Mathilda Grey unterrichtet als Lehrerin am Riverview College. Sie möchte die Mädchen zu starken, selbst denkenden Frauen erziehen - besondere Hoffnungen setzt sie unter anderem in Laura Ancroft. Doch dann verschwindet Laura und scheint die Schule verlassen zu wollen - doch mit einem verzweifelten Hinweis schickt die Schülerin Mathilda auf eine geheimnisvolle Suche, die sie nicht nur in Londons Vergangenheit und die tiefsten Geheimnisse der Stadt führt, sondern auch an die Seite eines besonderen Mannes ...


    Meine Meinung:


    Susanne Goga hat mich einmal mehr überzeugt - mit "Das Haus in der Nebelgasse" ist ihr ein spannender und atmosphärisch dichter Roman gelungen, der den Leser von Beginn an fesselt und ihn mitnimmt auf eine Reise ins London des Jahres 1900. Um das Verschwinden der Schülerin Laura strickt die Autorin eine Geschichte, die im 17. Jahrhundert ihren Anfang nahm. Die Schatzsuche führt sie in dunkle Gassen und zu düsteren Geschichten von einem London, dass sie so noch nicht kannte. Gemeinsam mit Mathilda entdeckt der Leser die Geheimnisse des alten London und verfällt dem Charme der Stadt. Dabei gelingt es der Autorin besonders gut, die Stimmung einzufangen, die damals in London geherrscht haben muss - beim Lesen meint man geradezu, Big Ben schlagen zu hören.


    Auch stilistisch zeigt die Autorin sich von ihrer besten Seite - das Buch lässt sich sehr gut lesen, ohne dass der Stil monoton oder banal wirkt. Im Gegenteil wird die Geschichte durch die anschaulichen Beschreibung der Stadt und der Charaktere immer lebendiger. Stichwort Charaktere: auch die sind ausgezeichnet gelungen. Nicht nur die Hauptfiguren Mathilda Grey und Stephen Fleming, auch die Nebenfiguren zeichnen sich durch eine hohe Glaubwürdigkeit aus. Ob es um den unheimlich Antiquitätenhändler geht oder um Mathildas großartige Vermieterin, die Autorin fesselt mit ihren Figuren und gibt jedem Charakter Stimme, Gesicht und Geschichte.


    Bleibt zu hoffen, dass Susanne Goga noch mehr schreibt. Mich hat sie wieder vollends überzeugen können und ihr neuester Roman erhält 9/10 Punkten von mir!

    SUB 220 (Start-SUB 2020: 215)


    :lesend Susanne Michl u. a. - Zwangsversetzt. Vom Elsass an die Berliner Charité. Die Aufzeichnungen des Chirurgen Adolphe Jung (1940 - 1945)

    :lesend Antonio Iturbe - Die Bibliothekarin von Auschwitz

    :lesend Anthony Doerr - Alles Licht das wir nicht sehen (Hörbuch)

  • Eine spannende Schatzsuche quer durch London mit vielen Details über diese großartige Stadt. Diese Mischung fand ich wirklich schön und mit der sehr flüssigen Sprache machte es großen Spaß, gemeinsam mit der Protagonistin Matilda im London um 1900 hinter das Geheimnis des titelgebenden Hauses zu kommen. Die damalige Atmosphäre, aber auch die Probleme dieser Zeit, fand ich sehr gut wiedergegeben. Immer wieder tauchen Matilda und ihre Helfer in das London vergangener Zeiten ein, um das Rätsel zu lösen.


    Neben Matilda und weiteren Hauptpersonen bestechen vor allem die sehr sorgfältig ausgearbeiteten Nebencharaktere, allen voran natürlich die äußerst sympathische Vermieterin Mrs Westlake. Aber jeder, auch das unscheinbare Hausmädchen, bekommt eine Geschichte und somit ein Gesicht. Verbunden mit der genauen Beschreibung von Orten, Wegen und Eindrücken entsteht bestes Kopfkino.


    Fazit: Ein Buch zum Unterhalten, Entspannen und gleichzeitig etwas Unbekanntes entdecken! Ausgezeichnete 9 Punkte dafür von mir.

    "Alles vergeht. Wer klug ist, weiß das von Anfang an, und er bereut nichts." Olga Tokarczuk (übersetzt von Doreen Daume), Gesang der Fledermäuse, Kampa 2021

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  • Gleich vorneweg: Es gibt sie, diese Bücher, in die man eintauchen kann, um dann am Ende mit einem zufriedenen Gefühl wieder in die Wirklichkeit zurück zu kehren. Und „Das Haus in der Nebelgasse“ gehört für mich definitiv zu dieser Art Lektüre. Aber der Reihe nach… ;-)


    Susanne Gogas neuer historischer Roman nimmt uns Leser mit in das London von 1900. In einer Zeit, in der die Position der Frauen im Umbruch ist, unterrichtet die junge, unabhängige Matilda Gray an einer Mädchenschule. Mit Laura, ihrer Lieblingsschülerin, scheint sie etwas Besonderes zu verbinden. Und als Letztere nicht mehr zum Unterricht erscheint und Matilda eine verschlüsselte Botschaft zukommen lässt, setzt die engagierte Lehrerin alles daran, um dem Mädchen zu helfen, nicht ahnend, dass sie gleichzeitig einem sehr alten Familiengeheimnis auf der Spur ist.


    Die Protagonistin Matilda war mir mit ihrer offenen und patenten Art von Anfang an sympathisch. Auch ihre Wegbegleiter sind farbenfroh und lebendig gezeichnet und bestechen mit ihren ganz eigenen Charakterzügen, sei es der schrullige Antiquitätenhändler Mr. Arkwright bis hin zu Mrs. Westlake, Matildas gewitzter Hauswirtin. Diese lebensnahe Figuren, die man am Ende des Buches nur ungern wieder verlässt, ein gut durchdachter und in sich schlüssiger Plot und eine überaus angenehme und flüssige Erzählweise haben mir es sehr leicht gemacht, schon von Beginn an in die Geschichte einzutauchen. Ich bin sehr gerne zusammen mit Matilda durch Londons elegantere Strassen mit ihrem bunten Treiben oder den düstereren Gassen, in denen der Nebel für den Leser schier spürbar aufstieg, gewandert. Mein Kopfkino lief durchwegs auf Hochtouren. Viele spannende Momente und der wohldosierte Humor haben dieses Lesevergnügen perfekt abgerundet.


    Einfach ein wunderbares Buch, das mir tolle Lesestunden beschert hat und das ich allen Freunden des historischen Romans sehr gerne weiterempfehle!



    Edit hat mich daran erinnert, dass ich ganz begeistert die volle Punktzahl vergebe. :wave

    Lesen ist ein grosses Wunder

    Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach

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  • Mathilda Gray ist eine junge und engagierte Lehrerin an einer Londoner Mädchenschule. Eine ihrer Schülerin geht unerwartet von der Schule ab und nimmt nochmal auf geheimnisvolle Weise mit Mathilda Kontakt auf und eine spannende Schatzsuche beginnt.


    Wir begleiten Mathilda durch Londons Straßen im Jahr 1900 und erfahren viel über die Stadt und ihre Geschichte und auch über die Gepflogenheiten der damaligen Zeit. Diese historischen Einblicke fand ich wunderbar!


    Mathilda mochte ich sehr gern und auch die anderen Figuren fand ich sehr gelungen und stimmig - mein absoluter Liebling war Mathildas Vermieterin, Mrs. Westlake, herrlich erfrischend und ihrer Zeit voraus!


    Von mir bekommt das Buch 9 Punkte!

  • Susanne Goga: Das Haus in der Nebelgasse. Roman, München 2016, Diana Verlag, ISBN 978-3-453-35885-0, Klappenbroschur, 447 Seiten, Format: 11,8 x 3,6 x 18,8 cm, Buch: EUR 9,99 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 8,99.


    „Sie sehen es aus einer anderen Perspektive, weil Ihre Schülerinnen es bis an die Universität geschafft haben. Aber die meisten Mädchen nutzen ihr Wissen noch immer, um Konversation zu machen, nicht mehr. Und das ist traurig. (…) Und dann kommt eine, die wirklich anders ist, in die Sie große Hoffnungen setzen, und dann verschwindet sie einfach aus der Schule.“ (Seiten 243/244)


    London, 1900: Matilda Gray ist eine junge und selbstbewusste Lehrerin an der Mädchenschule Riverview. Bildung ist für sie ein Grundrecht. Es stört sie sehr, dass viele ihrer Schülerinnen nur ausgebildet werden, um ihrem Mann später eine angenehme Gesprächspartnerin zu sein und ihn auf dem gesellschaftlichen Parkett nicht zu blamieren.


    Eine Schülerin verschwindet
    Die blitzgescheite siebzehnjährige Laura Ancroft hat da ganz andere Ambitionen. Heiraten ist für sie keine Option, sie macht sich nichts aus Männern. Sie will studieren und selbstbestimmt leben. Matilda fördert die Schülerin nach Kräften. Umso entsetzter ist sie, als sie eines Tages erfährt, dass Laura von ihrem Vormund, dem Rechtsanwalt Charles Easterbrook, von der Schule abgeholt wurde und nun mit ihm durch Europa reist. Nachdem in der Klatschpresse zu lesen ist, dass die beiden sich verlobt hätten, ist klar, dass die ehrgeizige Laura nie mehr nach Riverview zurückkehren wird.


    Matilda kommt das merkwürdig vor. Was hier gerade geschieht, steht im krassen Gegensatz zu Lauras eigenen Lebensplänen und kann unmöglich ihre Idee gewesen sein. Jemand muss sie zu dieser Ehe zwingen. Als Matilda von Laura eine Urlaubskarte mit einer verschlüsselten Nachricht bekommt, erhält dieser Verdacht neue Nahrung.


    Das alte Tagebuch birgt viele Geheimnisse
    Matilda schließt aus Lauras Botschaft, dass sie in deren Internatszimmer nach etwas suchen soll. Sie verschafft sich unbefugt Zutritt und findet an der angegebenen Stelle tatsächlich ein Holzkästchen mit diversen Gegenständen aus dem 17. Jahrhundert, darunter ein Medaillon und ein durch Feuchtigkeit nahezu unleserlich gewordenes Tagebuch einer gewissen Katherine. Was soll sie jetzt damit tun? Laura hat offensichtlich versucht, die Gegenstände vor ihrem Vormund zu verbergen, also stellt Matilda sich unwissend, als Anwalt Easterbrook an die Schule schreibt und die Herausgabe von Lauras persönlichen Erinnerungsstücken verlangt.


    Matilda hat niemanden, mit dem sie ihr weiteres Vorgehens besprechen könnte. Ihre Eltern leben nicht mehr, ihr Bruder kämpft im Burenkrieg ... bleibt eigentlich nur noch Beatrice Westlake, die Witwe, bei der Matilda zur Untermiete wohnt. Mrs. Westlake ist phantasievoll, klug und lebenserfahren, aber sie schreibt Groschenromane, und es besteht immer die Gefahr, dass das, was man ihr unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt, in irgendeiner Form in ihren Romanen auftaucht. Aber sie ist von Matildas aufregendem Problem hingerissen und sie ist gut vernetzt. So kommen der Journalist Edward Marsden und der Historiker Professor Stephen Fleming mit ins Boot.


    Das Team kann die Tagebuchaufzeichnungen aus dem 17. Jahrhundert zum Teil entziffern und vermutet, dass die damaligen Bewohner von Laura Ancrofts Elternhaus dort während der Pest-Epidemie 1665 Wertgegenstände versteckt haben. Wenn das Wissen darum seit 235 Jahren in diesem Tagebuch verborgen gewesen ist, sind die Gegenstände vielleicht heute noch dort. Professor Fleming und Matilda beschließen, das bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit persönlich zu überprüfen.


    Familientragödien – damals und heute
    Je eingehender sich Matilda und ihre Helfer mit dem Leben und der Geschichte der Familie Ancroft beschäftigen, desto mehr Fragen tun sich auf. Wie sind Lauras Eltern vor vier Jahren tatsächlich ums Leben gekommen? Die offiziellen Berichte sind nicht sehr überzeugend. Und wem hat das Haus in der Laurence Pountney Hill-Straße eigentlich vor den Ancrofts gehört? Die haben es erst im 17. Jahrhundert erworben, doch es ist deutlich älter.


    Matilda und der Professor stoßen bei ihren Nachforschungen auf eine unfassbare Familientragödie, die Auswirkungen bis in die Gegenwart hat. Dabei kommen sie einander näher. Matilda schwebt im siebten Himmel, doch es gibt etwas, das sie wissen sollte ...


    Vor lauter Familienforschung , Schatzsuche und privaten Befindlichkeiten verlieren die Helden den eigentlichen Zweck ihres Unternehmens vorübergehend aus dem Blick. Eigentlich waren sie losgezogen, um zu verhindern, dass Laura Ancroft zwangsverheiratet wird, was immer noch eine pure Vermutung ist. Niemand weiß, was Easterbrook tatsächlich im Schilde führt. Doch als Laura ihrer ehemaligen Lehrerin eine Notiz zukommen lässt, die ohne jeden Zweifel ein Hilferuf ist, muss Matilda handeln - und zwar schnell.


    Spannend, faszinierend und vielschichtig
    Es ist spannend und faszinierend, Matilda und den Professor bei ihren ungewöhnlichen Recherchen zu begleiten, vor allem, weil sie dabei nicht immer vorschriftsmäßig vorgehen. Regeln um der Regeln Willen zu befolgen oder nur, um der Missbilligung durch seine Mitmenschen zu entgehen, halten die beiden für ziemlich überflüssig. In ihrer modernen, rebellischen Art sind sie sehr sympathisch. Der Leser wird gern zu ihrem Komplizen und darf sich abwechselnd als Archäologe, Familienforscher, Schatzsucher, Einbrecher und Schwindler fühlen. Aber alles geschieht im Dienst einer guten Sache. Schließlich geht es darum, die geheimnisvollen Hinweise in dem alten Tagebuch zu entschlüsseln und dafür zu sorgen, dass Laura Ancroft ihr Leben so leben darf, wie sie es für richtig hält.


    Damit die Geschichte nicht in Düsternis abgleitet, gibt’s die herrliche Nebenfigur der Beatrice Westlake, Matildas schriftstellernder Vermieterin. Sie ist neugierig und etwas exzentrisch, aber nie so, dass es lächerlich wird. Wenn sie voller Begeisterung über ihre haarsträubenden Romanplots spricht, lockert das die Handlung schlagartig auf. Auch wenn’s hier um Familientragödien geht, ist die Nebelgasse keine humorfreie Zone. Ganz nebenbei erfährt man einiges über die Rolle der Frau im Wandel der Zeit und vieles über London. Vor allem über das, was sich unter der Stadt verbirgt.


    Lauras leerstehendes Elternhaus, das Matilda Gray und Professor Stephen Fleming so gründlich durchleuchten, hat ein reales Vorbild: http://www.colat.org.uk/assets…urence-pountney-house.pdf Genau wie das Gebäude in dem Roman hat dieses Haus zwei Untergeschosse und mittelalterliche sowie römische Mauern im Keller.


    Die Romanhandlung ist ein bisschen wie das Haus: Sie hat Jahrhunderte alte Schichten, die aufeinander aufbauen. Was heute geschieht, hat seine Wurzeln oft tief in der Vergangenheit. Was aber nicht heißt, dass man sich blind in sein Schicksal ergeben muss. Man kann sein Leben in die eigene Hand nehmen. Und was für damalige Verhältnisse vielleicht unerhört war: man kann das auch als Frau.


    Die Autorin
    Susanne Goga, 1967 geboren, ist eine renommierte Literaturübersetzerin und Autorin. Sie wurde mit dem DeLiA-Literaturpreis sowie dem Goldenen Homer ausgezeichnet und ist seit 2016 Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Mönchengladbach. www.susannegoga.de

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Das war mein erstes Buch von Susanne Goga und ich hatte es gekauft, weil ich großer London-Fan bin und "Schnitzeljagd"-Romane liebe. :-)


    Ich habe es innerhalb eines Tages durchgelesen und konnte es nicht weglegen (Osterferien sei Dank). Dabei wollte ich nur mal kurz reinlinsen, weil eigentlich noch so viele andere Bücher auf mich warten. Es spricht für die Nebelgasse, dass es mich alles andere hat vergessen lassen.


    Inhalt (amazon):
    London 1900: Matilda Gray ist Lehrerin an einer Mädchenschule und führt das Leben einer unabhängigen Frau. Als ihre Lieblingsschülerin Laura nicht mehr zum Unterricht erscheint, ahnt Matilda, dass diese in Gefahr ist. Zu plötzlich ist ihr Verschwinden, zu fadenscheinig sind die Begründungen des Vormunds. Eine verschlüsselte Botschaft, die ihr Laura auf einer Postkarte schickt, bringt Matilda auf die Spur des Mädchens. Ihre Suche führt sie zu dem Historiker Stephen Fleming und mit ihm zu einem jahrhundertealten Geheimnis, tief hinein in die verborgensten Winkel der Stadt.


    Meine Meinung:
    Es wurde in diesem Thread schon mehrmals genannt und auch ich sehe es als größte Stärke des Romans: das Buch ist unheimlich atmosphärisch geschrieben und entwickelt eine ganz eigene Dynamik während des Lesens. Ich kenne London, aber ich kannte London noch nicht so. Das Jahr 1900 wird regelrecht lebendig und ich hatte das Gefühl, während Matildas Suche ständig direkt an ihrer Seite zu sein und zu erleben, was sie erlebt. Das ist großes Kino.
    Das gesamte Umfeld wirkt sehr realistisch, angefangen bei den Zugfahrten, den gesellschaftlichen Standards bis zu den Rollenverständnissen und den Manieren der auftretenden Personen. Es passt alles perfekt zueinander, auch wenn die Zeit und die Umstände bei weitem nicht perfekt sind.


    Matilda ist mir sehr sympathisch. Es muss schwierig gewesen sein, sich in dieser Zeit durchzusetzen, ohne überall anzuecken und sich zum Außenseiter zu entwickeln. Matilda stößt oft an Grenzen und zweifelt auch an ihren Überzeugungen, was mir sehr gefallen hat. Zum Glück ist sie nicht alleine, sondern hat tatkräftige Unterstützung. Mrs. Westlake ist ein wahres Highlight im Buch, ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn sie auftauchte und wieder mal über ihre neuen Romanideen sinnierte. Auch Fleming passt als vom Schicksal geprüfter Gentleman gut ins Bild.


    Ich wurde 24 Stunden sehr gut unterhalten und habe viel Neues gelernt. Besonders in Erinnerung bleiben mir die unterirdischen Flüsse Londons, der Burenkrieg und natürlich die Insel Lesbos und ihre Verbindung zur gleichgeschlechtlichen Liebe zwischen Frauen.
    Ein sehr intensiver und atmosphärisch dichter Roman im nebligen London, der im Herbst/Winder bestimmt noch einen Tacken besser wirkt als jetzt im April.
    10 Punkte für ein tolles Leseerlebnis, Susanne Goga wird vorgemerkt.

  • Das Haus in der Nebelgasse in London gibt es wirklich. Susanne Goga hat eine Geschichte darum herum erfunden und erzählt sie so bildhaft, so lebendig mit so wunderbaren Charakteren, dass man glauben könnte, es hätte sich tatsächlich so abgespielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Erwähnung zeitgenössischer Personen wie Oscar Wilde geben dem Buch sein ganz besonderes Flair.


    Susanne Goga gehört für mich zu den Autorinnen, bei denen ich mich auf jedes neue Buch freue und noch nie enttäuscht wurde.

  • London im Jahr 1900. Matilda Gray arbeitet als Lehrerin in der Privatschule Riverview. Nach dem Tod ihrer Eltern hat ihr älterer Bruder sie darin unterstützt, einen Beruf zu ergreifen und unabhängig zu sein. Nicht selbstverständlich zur damaligen Zeit. Auch die meisten ihrer Schülerinnen werden durch die Bildung in der Schule darauf vorbereitet, an der Seite ihrer künftigen Ehemänner einen guten Eindruck zu machen und bei gesellschaftlichen Anlässen Konversation betreiben zu können. Matildas Bemühen, die Mädchen zu unabhängigen, eigenständig denkenden jungen Frauen zu erziehen, wird von der Schulleitung nicht immer gern gesehen. Als Laura Ancroft, eine Schülerin, in die Matilda besonders viel Hoffnung gesetzt hat, plötzlich nicht mehr zur Schule kommt, um stattdessen mit ihrem Vormund eine ausgedehnte Europareise zu unternehmen, kommt ihr das merkwürdig vor. Und als sie dann von Laura eine Postkarte mit einer verschlüsselten Botschaft aus Italien bekommt, ist sie überzeugt, dass das Mädchen nicht freiwillig die Schule verlassen hat und ihr Vormund es keineswegs so gut mit ihr meint, wie er es in der Öffentlichkeit darstellt. Und was bedeuten die Dinge, die Matilda in Lauras Zimmer findet, u.a. anscheinend ein mehr als zweihundert Jahre altes Tagebuch? Zusammen mit dem Historiker Stephen Fleming begibt sie sich auf Spurensuche in die Vergangenheit, in eine dunkle Zeit Londons, als die Pest in der Stadt wütete.

    "Das Haus in der Nebelgasse" ist mein drittes Buch von Susanne Goga und auch dieses hier hat mir wieder richtig gut gefallen. Der Autorin gelingt es mit ihrem bildhaften Schreibstil das London um die Jahrhundertwende 1900 wieder lebendig werden zu lassen. Zusammen mit Matilda begibt sich der Leser auf Spurensuche in die teilweise dunklen Straßen der Stadt und begleitet eine mutige junge Frau auf ihrem Weg, um ein Rätsel zu lösen, das mehr als zweihundert Jahre verborgen war. Nach und nach setzen sich die Puzzleteile zusammen und ergeben ein schlüssiges Gesamtbild.

    Auch erhält man einen guten Einblick in die damaligen Konventionen und Lebensumstände, besonders was die Stellung der Frau in der Gesellschaft betraf. Oft wird davon gesprochen, was sich "nicht schickte" oder "unziemlich" war.

    Ein bisschen Romantik ist auch dabei, aber wohl dosiert und "Das Haus in der Nebelgasse" ist keinesfalls ein Liebesroman. Es ist die Geschichte einer mutigen Frau, die trotz aller Widrigkeiten versucht, ihren Weg zu gehen und ihr Leben so zu leben, wie sie es möchte.

    Wer andere Bücher der Autorin mochte, wie z. B. "Der verbotene Fluss" oder "Der dunkle Weg" wird auch dieses hier gerne lesen.