Ich freu mich einfach, weil... (neu ab 10.01.2014)

  • Tante Li und Bücherdrache, es ist ja meist nur die Angst, sich falsch zu verhalten. Dabei ist es gut, einfach da zu sein und nicht etwa Abstand zu halten.

    Meine Erfahrung, gerade mit krebskranken Menschen ist, über die eigene Unsicherheit im Umgang mit der Situation zu sprechen. Auch darüber, gerade gar keine Worte zu finden.


    Es ist jedes Mal schlimm und leider im Laufe des Lebens unvermeidlich - egal um welche Krankheiten es sich handelt.

    Ich finde, dass ein ehrliches Wort sowieso in den meisten Fällen die allerbeste Lösung ist, egal ob es um den Umgang mit Mitmenschen oder um andere Dinge geht. Reden hilft fast immer. Wenn man den Menschen gut kennt, ist es meist auch nicht so schwer, über solche Dinge zu sprechen, wenn man denjenigen jedoch nicht so gut kennt, dann traut man sich das aber vielleicht nicht, aus Angst, ins Fettnäpfchen zu treten.


    Aber es ist besser, ab und zu ein Fettnäpfchen zu erwischen, als der Person das Gefühl zu geben, dass man sie meidet und einen riesigen Bogen um sie macht, das tut mit Sicherheit mehr weh. So habe ich das selbst erlebt in meinen Jahren mit Depression, als Angehörige und Arbeitskollegen mich aus lauter Angst, etwas falsch zu machen, kaum mehr angesprochen und nur noch von weitem vorsichtig beäugt haben. Dann lieber ein falsches Wort als gar keines.


    Und ein generell "richtiges" Verhalten in solchen Situationen gibt es wahrscheinlich auch gar nicht, da ja jeder Betroffene anders mit seiner Krankheit umgeht. Was den einen zum weinen bringt, muntert den anderen auf ... das wird man im Einzelfall einfach herausfinden müssen, schätze ich.


    Oft signalisiert derjenige ja auch selbst, wie er sich den Umgang wünscht, oder spricht es von sich aus an. Das war bei meiner Schwägerin glücklicherweise so. Die hatte nur noch kurze Zeit zu leben und ihr ging es oft auch richtig schlecht, aber sie hat nie gejammert und sie hat das auch von uns anderen nicht geduldet. Wenn wir ab und zu - natürlich! - in tränenreiche Endzeitstimmung verfallen sind, hat sie uns ausgeschimpft und deutlich zu verstehen gegeben, dass sie das nicht will. Am zufriedensten war sie, wenn alle um sie herum fröhlich waren, daran hat sie sich hochgezogen und das hat ihr wohl auch Kraft gegeben.

  • Ich halte es immer so, dass ich sage, dass ich nicht weiß, wie ich mich verhalten soll und dass ich ein offenes Ohr oder was auch immer benötigt wird habe. Das kam bisher immer gut an und die Leute melden sich, wenn Sie möchten.

  • Ich weiß auch nicht unbedingt, was ich sagen soll. Vor einigen Jahren hatte ich eine Kollegin mit Diagnose Brustkrebs, während ihrer Krankschreibung war ich ab und an mal auf einen Kaffee bei ihr. Da hat es ihr wohl schon geholfen, daß ich da war und sie mit Neuigkeiten aus dem Laden versorgt habe. Úber ihre Krankheit haben wir auch geredet, obwohl der Impuls, glaube ich, von ihr kam. Ich hab da, soweit ich mich erinnern kann, kaum Fragen gestellt. Und doch glaube ich, haben ihr meine Besuche gut getan. Heute gilt sie als geheilt und hat 3 Kinder. Wir sehen uns aber kaum noch.


    Letzte Woche war ich auf einen Kaffee bei einer anderen Kollegin/Freundin. Sie ist schwanger, also nicht krank ;) aber auch sie sagt, ich wäre die einzige, die sich mal nach ihrem Befinden erkundigt und eben auch mal vorbei kommt. Ich gebe zu, so ganz uneigennützig mache ich das nicht. Hilft es mir doch aich über einen einsamen nachmittag bei mir zu Hause. Sie ist damals einen Monat nach unserer Neueröffnung des Ladens zum Team gestossen. Und auch da war ich wohl - jedenfalls hat sie mir das mal gesagt, ich selbst hab das gar nicht so mitbekommen - die erste, die sich mit ihr unterhalten hat. Ich bin halt nicht so ein oberflächlicher Mensch. Und anscheinend habe ici auch etwas an mir, das die Leute dazu bringt, sich mir anzuvertrauen.


    Ich hab es aber auch selbst erlebt, daß Menschen einfach manchmal nicht wissen, wie sie reagieren sollen. Als im Juni 2017 Herr mazian von mir gegangen ist, war ich für Kollegen und - so genannte - Freunde mal kurzzeitig "interessant", ich wurde sogar mitten in der nacht angerufen, um zu wissen, wie es mir geht. Nach einer Woche sah das schon ganz anders aus. Es waren nur noch wenige Leute, die sich von sich aus meldeten. Und diese Leute bezeichne ich heute als freunde, denn die waren da und haben nicht Abstand genommen, auch wenn ich mal nicht die lustige, stets ein Lächeln im Gesicht habende Person war, die sie kennen. Es war auch in der ersten Zeit immer ziemlich interessant, die Reaktionen der Menschen zu beobachten. Wenn man mich fragte, wie es mir geht, was es neues gibt und ich sagte, seit Juni wäre ich Witwe... zu 80% war die reaktion ein fast nicht erkennbares Zurúckzucken meines Gegenübers, bevor dann die Beileids-Floskel kam. Soweit zu meinen Erfahrungen :wave

  • Ich versuche die Beileidsfloskel zu vermeiden, denn für mich klingt die immer wie „Glücklicherweise hat es mich nicht getroffen.“

    Es ist aber auch total schwer im so einer Situation angemessen zu reagieren. Jeder braucht ja auch was anderes. Daher würde ich dann wohl auch sagen, dass ich sprachlos bin und da wäre, wenn ich gebraucht werde. Und womöglich würde ich denjenigen dann auch noch zwangsknuddeln :yikes

    Ich bin froh, dass mir das so noch nie passiert ist.


    Der einzige, bei dem ich wohl nicht angemessen reagiert habe, war unser Nachbar. Der ist mir total unsympathisch und ich wollte den einfach nicht in meiner Wohnung sitzen haben. Das tat mir hinterher schon leid, aber der ist meiner Meinung nach so ein Typ, der sich dann dauerhaft eingenistet hätte. Das möchte ich nicht.

  • Es ist ein schwieriges Kapitel und mir fällt es inzwischen leichter, weil ich von mir nicht mehr unbedingt erwarte, immer ganz richtig zu reagieren und auch mal was falsch zu machen.

    Immerhin behaupte ich von mir, lernfähig zu sein. :)

    :write

    Das erwarten die Betroffenen auch nicht, zumindest war es meiner Erfahrung bis jetzt immer so. Ich bin in dieser Beziehung ein Bauchmensch und reagiere spontan, sicher manchmal nicht immer richtig, aber immer offen und von Herzen. Auch ein "ich weiß nicht, was ich sagen soll", also dieses sprachlose Enzsetzen einfach nur zu teilen, kann hilfreich sein.

  • Ich hab es aber auch selbst erlebt, daß Menschen einfach manchmal nicht wissen, wie sie reagieren sollen. Als im Juni 2017 Herr mazian von mir gegangen ist, war ich für Kollegen und - so genannte - Freunde mal kurzzeitig "interessant", ich wurde sogar mitten in der nacht angerufen, um zu wissen, wie es mir geht. Nach einer Woche sah das schon ganz anders aus. Es waren nur noch wenige Leute, die sich von sich aus meldeten. Und diese Leute bezeichne ich heute als freunde, denn die waren da und haben nicht Abstand genommen, auch wenn ich mal nicht die lustige, stets ein Lächeln im Gesicht habende Person war, die sie kennen. Es war auch in der ersten Zeit immer ziemlich interessant, die Reaktionen der Menschen zu beobachten. Wenn man mich fragte, wie es mir geht, was es neues gibt und ich sagte, seit Juni wäre ich Witwe... zu 80% war die reaktion ein fast nicht erkennbares Zurúckzucken meines Gegenübers, bevor dann die Beileids-Floskel kam. Soweit zu meinen Erfahrungen :wave

    Das tut mir sehr leid, dass dein Mann gestorben ist, das hatte ich nicht mitbekommen. Da hast du sicher eine schwere Zeit im Moment ... "hinter dir" will ich gar nicht sagen, denn du hast sie bestimmt immer noch, bei geliebten Menschen hört das ja irgendwie nie auf. Wenigstens hast du ein paar enge Freunde, die dich auch dann nicht allein lassen, wenn es dir schlecht geht. Fühl dich gedrückt :knuddel1


    Ich glaube, die meisten Menschen haben Probleme damit, wenn das Gegenüber aus der "Rolle" fällt, die es sonst immer hat und in der sie denjenigen kennen. Wenn jemand immer freundlich und fröhlich ist, und dann auf einmal voller Trauer und Kummer, weckt das Unsicherheit, weil die gewohnte Art, mit demjenigen umzugehen und mit ihm zu reden auf einmal nicht mehr passt und man nicht weiß, wie man sich stattdessen verhalten soll. Also flüchtet man sich in solche Floskeln :rolleyes:


  • Bücherdrache

    Da hast Du so recht! Ich habe festgestellt, daß die Leute eigentlich gar nicht so richtig wissen wollen, wie es dir geht. Zumindest die flüchtigen Bekannten. Die fragen, wie es dir geht, weil man das so macht. Erzählt man ihnen etwas, merkt man, es interessiert sie nicht wirklich. Bei den näheren Bekannten/Freunden ist das etwas anderes. Da wird vorsichtig gefragt und wenn man möchte, redet man und wenn nicht, ist es auch in Ordnung.

    So habe ich es mir angewöhnt, immer fröhlich rüberzukommen, was die Leute wahrscheinlich sehr erleichtert - und ich erspare mir blöde Floskeln. Auch wenn es vielleicht den Eindruck erweckt, man hat seinen Kummer gut und schnell weggesteckt. Ist mir aber egal; die, die mich wirklich kennen, wissen, daß es nicht so ist.

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein... (Albert Einstein)

  • So habe ich es mir angewöhnt, immer fröhlich rüberzukommen, was die Leute wahrscheinlich sehr erleichtert - und ich erspare mir blöde Floskeln.

    Unterschreibe ich blind...

    Bei engeren Freunden ist das allerdings anders.

  • Unterschreibe ich blind...

    Bei engeren Freunden ist das allerdings anders.

    Ja, die merken, ob man reden möchte oder nicht. Die drängen auch nicht Mitleid auf, sie behandeln einen „normal“, sind aber sehr einfühlsam, wenn es einem nicht so gut geht.

    Wenn die Menschen nur über das sprächen, was sie begreifen, dann würde es sehr still auf der Welt sein... (Albert Einstein)

  • Die Frau eines Kollegen (sie hat auch bei uns gearbeitet) hat vor 2 Jahren eine Krebsdisgnose bekommen. Letzten Sommer ist sie dann gestorben.


    Das ganze Jahr der Krankheit war ich quasi in der ersten Reihe mit dabei. Ich habe nichts groß getan, ich habe ihm anfangs gesagt, dass ich da bin, wenn er jemanden braucht. Ihr natürlich auch. Er hat es genutzt und kam zum reden oder telefonieren, wenn er es wollte. Ich habe aber ganz selten gefragt, wie es aussieht. Man will sich ja auch nicht aufdrängen. Im Büro haben wir versucht uns ganz normal zu verhalten und ihm einfach normalen Alltag zu geben. Auch nach ihrem Tod führen wir das so weiter. Ein Stück weit Normalität, aber immer mit einem offenen Ohr und viele Gespräche über sie.


    Mit ihr habe ich während ihrer Erkrankung telefoniert, oder habe sie besucht. Ihr größter Wunsch war auch ein normaler Umgang mit ihr. Sie hat von sich aus über die Krankheit erzählt, aber halt dann, wenn sie es wollte.

  • mazian  

    An den Tod von Herrn Mazian kann ich mich noch sehr gut erinnern und auch die erste Zeit danach, was du geschrieben hast. Ich habe auch einige Jahre im Süden gelebt und habe dich bewundert, daß du dort geblieben bist und nicht zurück nach Deutschland gegangen bist. Ich freu mich immer wieder von dir zu lesen, daß du dich jetzt mit Leuten triffst und dich, zumindest aus der Ferne betrachtet, wieder am Leben teilnimmst :knuddel1

  • Richie ja, die Zeit war nicht so einfach. Komischerweise war ich die Einzige, die sich die Frage nach dem "Zurückgehen" nie gestellt hat :knuddel1 die Arbeit hat mir sehr geholfen, einfach Leute sehen und nicht nachdenken müssen.


    Bücherdrache schon klar, daß das an dir vorbei gegangen ist. Du bist erst seit Oktober 2017 dabei :wave


    Ich hatte Glück mit meinen echten Freunden, ob hier oder weiter weg. Eine Freundin im Elsass, die das Gleiche erlebt hatte und die ich immer erreichen konnte. Und auch hier bei der Büchereule bin ich aufgefangen worden. Auch wenn wir uns nicht persönlich kennen. Und deshalb, um auf das Thema des Beitrags zurück zu kommen:


    Ich freu mich einfach, weil...


    ... ich eine Büchereule bin :knuddel1:wave:knuddel1

  • Diese Woche hat sich noch niemand gefreut? :yikes Das geht aber nicht! Haut mal raus, was macht euch heute froh? :)


    Ich freu mich, weil heute Donnerstag ist, das ist zwar immer ein laaanger Tag, aber d.h. auch, dass morgen schon Freitag ist und das Wochenende in greifbare Nähe rückt. Außerdem geht's meinem Mann besser, mein Sohn ist wieder quietschfidel und bei meiner Mama geht's hoffentlich auch bald bergauf. Und heute Abend geht GNTM los, da freu ich mich auch schon drauf :lache :wave

  • Ich freue mich auf Sonntag, da werde ich von meiner Tante zum Brunchen eingeladen. :mahlzeit

    Wir feiern die Zusage für meinen Job - über den ich mich natürlich auch sehr freue. :freude ist sogar genau die Stelle geworden, die ich haben wollte. :frech Leider erst zum April, aber man kann ja nicht alles haben. :zwinker


    Und ich freue mich über die Note meiner Masterarbeit, die ich diese Woche endlich bekommen habe und mit der ich mehr als zufrieden bin :-]

    :lesend Jay Kristoff; Nevernight - Die Rache

    :lesend Laura Imai Messina; Die Telefonzelle am Ende der Welt (eBook)

    :lesend Rebecca Gablé; Teufelskrone (Hörbuch: Detlef Bierstedt)